Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757.

Bild:
<< vorherige Seite

LV. haubtst. von den
in praxi zugelassen, Stryk im vsu moderno D.
lib.
28 tit. 1 § 17. Wegen der erbfolge ab inte-
stato wird es nach den gemeinen Teutschen rech-
ten gehalten, iedoch nach maaßgebung des Ostfri-
sischen landrechtes vermögen die leibeigene kinder
ihre ältern nicht zu erben, im IIten Buche cap. 24.
Sie können contrahiren über dasjenige, was ih-
nen eigentümlich zustehet, und sich desfalls ver-
bindlich machen. In ansehung der strafen wer-
den sie gehalten, wie die freien, sie haben perso-
nam standi in judicio, welches iedoch inhalts des
Ostfrisischen landrechtes, Buche I, cap. 3 § 9 der-
gestalt wegfället, daß auch ein leibeigener seinen
herrn nicht für gericht fodern lassen kan, cap. 6
des ersten Buches s. 16, der ausgabe D. Matthi-
as von Wicht,
1746, 4t. Sie gehören nicht
zum gesinde des leibherrns. Man lässet sie zeugen,
sogar wider ihre herren, nach erlassener erbhuldi-
gungspflicht. Sie dürfen mit ihren herren con-
trahiren, woraus sich also offenbaret, daß sie von
den Römischen knechten unterschiden seyn.

§ 368
den flüchti-
gen leibei-
genen kan
der herr
zurück fo-
dern.

Wenn ein solcher leibeigener durchgehet, hat
der eigentumsherr das recht ihn zurück zu fodern,
Potgiesser de statu seruorum, lib. II cap. 8, 9
s. 492 fg., Johann Ernst von der Linde in der
disp. de vindicatione hom. propr. Mevius am
a. o.

§ 369
das erbrecht
der kinder,

Die kinder des leibeigenen haben das erbrecht,
und zwar in Westphalen der jüngste sohn, oder
wenn keiner vorhanden ist, die jüngste tochter.

§ 370
des überle-
benden ehe-
gattens;

Sind keine kinder vorhanden, so behält der
längst lebende ehegatte den hof, nach dem sprüch-
worte: längst leib, längst gut, landbrauch im

grunde

LV. haubtſt. von den
in praxi zugelaſſen, Stryk im vſu moderno D.
lib.
28 tit. 1 § 17. Wegen der erbfolge ab inte-
ſtato wird es nach den gemeinen Teutſchen rech-
ten gehalten, iedoch nach maaßgebung des Oſtfri-
ſiſchen landrechtes vermoͤgen die leibeigene kinder
ihre aͤltern nicht zu erben, im IIten Buche cap. 24.
Sie koͤnnen contrahiren uͤber dasjenige, was ih-
nen eigentuͤmlich zuſtehet, und ſich desfalls ver-
bindlich machen. In anſehung der ſtrafen wer-
den ſie gehalten, wie die freien, ſie haben perſo-
nam ſtandi in judicio, welches iedoch inhalts des
Oſtfriſiſchen landrechtes, Buche I, cap. 3 § 9 der-
geſtalt wegfaͤllet, daß auch ein leibeigener ſeinen
herrn nicht fuͤr gericht fodern laſſen kan, cap. 6
des erſten Buches ſ. 16, der ausgabe D. Matthi-
as von Wicht,
1746, 4t. Sie gehoͤren nicht
zum geſinde des leibherrns. Man laͤſſet ſie zeugen,
ſogar wider ihre herren, nach erlaſſener erbhuldi-
gungspflicht. Sie duͤrfen mit ihren herren con-
trahiren, woraus ſich alſo offenbaret, daß ſie von
den Roͤmiſchen knechten unterſchiden ſeyn.

§ 368
den fluͤchti-
gen leibei-
genen kan
der herr
zuruͤck fo-
dern.

Wenn ein ſolcher leibeigener durchgehet, hat
der eigentumsherr das recht ihn zuruͤck zu fodern,
Potgieſſer de ſtatu ſeruorum, lib. II cap. 8, 9
ſ. 492 fg., Johann Ernſt von der Linde in der
diſp. de vindicatione hom. propr. Mevius am
a. o.

§ 369
das eꝛbrecht
der kinder,

Die kinder des leibeigenen haben das erbrecht,
und zwar in Weſtphalen der juͤngſte ſohn, oder
wenn keiner vorhanden iſt, die juͤngſte tochter.

§ 370
des uͤberle-
benden ehe-
gattens;

Sind keine kinder vorhanden, ſo behaͤlt der
laͤngſt lebende ehegatte den hof, nach dem ſpruͤch-
worte: laͤngſt leib, laͤngſt gut, landbrauch im

grunde
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0170" n="158"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">LV.</hi> haubt&#x017F;t. von den</hi></fw><lb/>
in praxi zugela&#x017F;&#x017F;en, <hi rendition="#fr">Stryk</hi> im <hi rendition="#aq">v&#x017F;u moderno D.<lb/>
lib.</hi> 28 tit. 1 § 17. Wegen der erbfolge ab inte-<lb/>
&#x017F;tato wird es nach den gemeinen Teut&#x017F;chen rech-<lb/>
ten gehalten, iedoch nach maaßgebung des O&#x017F;tfri-<lb/>
&#x017F;i&#x017F;chen landrechtes vermo&#x0364;gen die leibeigene kinder<lb/>
ihre a&#x0364;ltern nicht zu erben, im <hi rendition="#aq">II</hi>ten Buche cap. 24.<lb/>
Sie ko&#x0364;nnen contrahiren u&#x0364;ber dasjenige, was ih-<lb/>
nen eigentu&#x0364;mlich zu&#x017F;tehet, und &#x017F;ich desfalls ver-<lb/>
bindlich machen. In an&#x017F;ehung der &#x017F;trafen wer-<lb/>
den &#x017F;ie gehalten, wie die freien, &#x017F;ie haben per&#x017F;o-<lb/>
nam &#x017F;tandi in judicio, welches iedoch inhalts des<lb/>
O&#x017F;tfri&#x017F;i&#x017F;chen landrechtes, Buche <hi rendition="#aq">I</hi>, cap. 3 § 9 der-<lb/>
ge&#x017F;talt wegfa&#x0364;llet, daß auch ein leibeigener &#x017F;einen<lb/>
herrn nicht fu&#x0364;r gericht fodern la&#x017F;&#x017F;en kan, cap. 6<lb/>
des er&#x017F;ten Buches &#x017F;. 16, der ausgabe <hi rendition="#aq">D.</hi> <hi rendition="#fr">Matthi-<lb/>
as von Wicht,</hi> 1746, 4t. Sie geho&#x0364;ren nicht<lb/>
zum ge&#x017F;inde des leibherrns. Man la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ie zeugen,<lb/>
&#x017F;ogar wider ihre herren, nach erla&#x017F;&#x017F;ener erbhuldi-<lb/>
gungspflicht. Sie du&#x0364;rfen mit ihren herren con-<lb/>
trahiren, woraus &#x017F;ich al&#x017F;o offenbaret, daß &#x017F;ie von<lb/>
den Ro&#x0364;mi&#x017F;chen knechten unter&#x017F;chiden &#x017F;eyn.</p>
        </div><lb/>
        <div n="3">
          <head>§ 368</head><lb/>
          <note place="left">den flu&#x0364;chti-<lb/>
gen leibei-<lb/>
genen kan<lb/>
der herr<lb/>
zuru&#x0364;ck fo-<lb/>
dern.</note>
          <p>Wenn ein &#x017F;olcher leibeigener durchgehet, hat<lb/>
der eigentumsherr das recht ihn zuru&#x0364;ck zu fodern,<lb/><hi rendition="#fr">Potgie&#x017F;&#x017F;er</hi> <hi rendition="#aq">de &#x017F;tatu &#x017F;eruorum, lib. II</hi> cap. 8, 9<lb/>
&#x017F;. 492 fg., <hi rendition="#fr">Johann Ern&#x017F;t von der Linde</hi> in der<lb/>
di&#x017F;p. <hi rendition="#aq">de vindicatione hom. propr.</hi> <hi rendition="#fr">Mevius</hi> am<lb/>
a. o.</p>
        </div><lb/>
        <div n="3">
          <head>§ 369</head><lb/>
          <note place="left">das e&#xA75B;brecht<lb/>
der kinder,</note>
          <p>Die kinder des leibeigenen haben das erbrecht,<lb/>
und zwar in We&#x017F;tphalen der ju&#x0364;ng&#x017F;te &#x017F;ohn, oder<lb/>
wenn keiner vorhanden i&#x017F;t, die ju&#x0364;ng&#x017F;te tochter.</p>
        </div><lb/>
        <div n="3">
          <head>§ 370</head><lb/>
          <note place="left">des u&#x0364;berle-<lb/>
benden ehe-<lb/>
gattens;</note>
          <p>Sind keine kinder vorhanden, &#x017F;o beha&#x0364;lt der<lb/>
la&#x0364;ng&#x017F;t lebende ehegatte den hof, nach dem &#x017F;pru&#x0364;ch-<lb/>
worte: la&#x0364;ng&#x017F;t leib, la&#x0364;ng&#x017F;t gut, <hi rendition="#fr">landbrauch</hi> im<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">grunde</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0170] LV. haubtſt. von den in praxi zugelaſſen, Stryk im vſu moderno D. lib. 28 tit. 1 § 17. Wegen der erbfolge ab inte- ſtato wird es nach den gemeinen Teutſchen rech- ten gehalten, iedoch nach maaßgebung des Oſtfri- ſiſchen landrechtes vermoͤgen die leibeigene kinder ihre aͤltern nicht zu erben, im IIten Buche cap. 24. Sie koͤnnen contrahiren uͤber dasjenige, was ih- nen eigentuͤmlich zuſtehet, und ſich desfalls ver- bindlich machen. In anſehung der ſtrafen wer- den ſie gehalten, wie die freien, ſie haben perſo- nam ſtandi in judicio, welches iedoch inhalts des Oſtfriſiſchen landrechtes, Buche I, cap. 3 § 9 der- geſtalt wegfaͤllet, daß auch ein leibeigener ſeinen herrn nicht fuͤr gericht fodern laſſen kan, cap. 6 des erſten Buches ſ. 16, der ausgabe D. Matthi- as von Wicht, 1746, 4t. Sie gehoͤren nicht zum geſinde des leibherrns. Man laͤſſet ſie zeugen, ſogar wider ihre herren, nach erlaſſener erbhuldi- gungspflicht. Sie duͤrfen mit ihren herren con- trahiren, woraus ſich alſo offenbaret, daß ſie von den Roͤmiſchen knechten unterſchiden ſeyn. § 368 Wenn ein ſolcher leibeigener durchgehet, hat der eigentumsherr das recht ihn zuruͤck zu fodern, Potgieſſer de ſtatu ſeruorum, lib. II cap. 8, 9 ſ. 492 fg., Johann Ernſt von der Linde in der diſp. de vindicatione hom. propr. Mevius am a. o. § 369 Die kinder des leibeigenen haben das erbrecht, und zwar in Weſtphalen der juͤngſte ſohn, oder wenn keiner vorhanden iſt, die juͤngſte tochter. § 370 Sind keine kinder vorhanden, ſo behaͤlt der laͤngſt lebende ehegatte den hof, nach dem ſpruͤch- worte: laͤngſt leib, laͤngſt gut, landbrauch im grunde

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/170
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/170>, abgerufen am 28.03.2024.