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Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757.

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VII haubtst. vom zustande
Sibentes haubtstück
vom zustande der Teutschen nach dem
alter.
§ 78
von den
stufen des
alters.

In ansehung des alters sageten sie: zehn jahre
ein kind, 20 jahre ein jüngling, 30 jahre ein
mann, 40 jahre wohlgethan, 50 jahre stille stahn,
60 jahre gehets alter an, 70 jahre der kinder spott,
100 jahre, gnade Gott! Pistorius, cent. II, par-
oem.
20 s. 157, oder wie der herr graf Tessin
in den brifen an einen jungen prinzen von einem
alten manne, im 36ten brife s. 331 schreibet: "unsere
"ganze lebenszeit ist eingeteilet, und hat ihre ab-
"wechselungen, welche wir theils unter anderer
"pflege und handleitung, theils unter eigenen nach-
"dencken durchgehen müssen. Das schlafjahr, das
"kinderjahr, das fragejahr, das sitten- und fabel-
"jahr, die geschichtjahre, die kunstjahre, die wissen-
"schaftsjahre, die übungsjahre, die dienstjahre, die
"nuzenden ruhejahre, und endlich die jahre der ge-
"brechlichkeit und pflege. Die kindheit gefället
"wegen ihrer offenherzigkeit und frölichkeit, die ju-
"gend wegen ihrer ehrbarkeit und lust zu lernen,
"das männliche alter wegen der edelen eigenschaf-
"ten des herzens, das alter wegen des verlangens
"nach anderer glückseligkeit und vergnügen. Und
"solchergestalt hat ein iedes alter seinen nuzen, wenn
"die erzihung gut und vernünftig gewesen ist."
Wenn man zur rechten zeit säet, so kan man früch-
te einerndten; säet man aber zu spät, so muß man
mißwachs erwarten. Dises brauchet man wegen
des hagenstolzen-rechtes. Die über 10 jahre hiesen
fentgen, die mägdlein backfische. Die kleine und
grose knaben nennete man buben, jungen, gegen

das
VII haubtſt. vom zuſtande
Sibentes haubtſtuͤck
vom zuſtande der Teutſchen nach dem
alter.
§ 78
von den
ſtufen des
alters.

In anſehung des alters ſageten ſie: zehn jahre
ein kind, 20 jahre ein juͤngling, 30 jahre ein
mann, 40 jahre wohlgethan, 50 jahre ſtille ſtahn,
60 jahre gehets alter an, 70 jahre der kinder ſpott,
100 jahre, gnade Gott! Piſtorius, cent. II, par-
oem.
20 ſ. 157, oder wie der herr graf Teſſin
in den brifen an einen jungen prinzen von einem
alten manne, im 36ten brife ſ. 331 ſchreibet: „unſere
„ganze lebenszeit iſt eingeteilet, und hat ihre ab-
„wechſelungen, welche wir theils unter anderer
„pflege und handleitung, theils unter eigenen nach-
„dencken durchgehen muͤſſen. Das ſchlafjahr, das
„kinderjahr, das fragejahr, das ſitten- und fabel-
„jahr, die geſchichtjahre, die kunſtjahre, die wiſſen-
„ſchaftsjahre, die uͤbungsjahre, die dienſtjahre, die
„nuzenden ruhejahre, und endlich die jahre der ge-
„brechlichkeit und pflege. Die kindheit gefaͤllet
„wegen ihrer offenherzigkeit und froͤlichkeit, die ju-
„gend wegen ihrer ehrbarkeit und luſt zu lernen,
„das maͤnnliche alter wegen der edelen eigenſchaf-
„ten des herzens, das alter wegen des verlangens
„nach anderer gluͤckſeligkeit und vergnuͤgen. Und
„ſolchergeſtalt hat ein iedes alter ſeinen nuzen, wenn
„die erzihung gut und vernuͤnftig geweſen iſt.„
Wenn man zur rechten zeit ſaͤet, ſo kan man fruͤch-
te einerndten; ſaͤet man aber zu ſpaͤt, ſo muß man
mißwachs erwarten. Diſes brauchet man wegen
des hagenſtolzen-rechtes. Die uͤber 10 jahre hieſen
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groſe knaben nennete man buben, jungen, gegen

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[32/0042] VII haubtſt. vom zuſtande Sibentes haubtſtuͤck vom zuſtande der Teutſchen nach dem alter. § 78 In anſehung des alters ſageten ſie: zehn jahre ein kind, 20 jahre ein juͤngling, 30 jahre ein mann, 40 jahre wohlgethan, 50 jahre ſtille ſtahn, 60 jahre gehets alter an, 70 jahre der kinder ſpott, 100 jahre, gnade Gott! Piſtorius, cent. II, par- oem. 20 ſ. 157, oder wie der herr graf Teſſin in den brifen an einen jungen prinzen von einem alten manne, im 36ten brife ſ. 331 ſchreibet: „unſere „ganze lebenszeit iſt eingeteilet, und hat ihre ab- „wechſelungen, welche wir theils unter anderer „pflege und handleitung, theils unter eigenen nach- „dencken durchgehen muͤſſen. Das ſchlafjahr, das „kinderjahr, das fragejahr, das ſitten- und fabel- „jahr, die geſchichtjahre, die kunſtjahre, die wiſſen- „ſchaftsjahre, die uͤbungsjahre, die dienſtjahre, die „nuzenden ruhejahre, und endlich die jahre der ge- „brechlichkeit und pflege. Die kindheit gefaͤllet „wegen ihrer offenherzigkeit und froͤlichkeit, die ju- „gend wegen ihrer ehrbarkeit und luſt zu lernen, „das maͤnnliche alter wegen der edelen eigenſchaf- „ten des herzens, das alter wegen des verlangens „nach anderer gluͤckſeligkeit und vergnuͤgen. Und „ſolchergeſtalt hat ein iedes alter ſeinen nuzen, wenn „die erzihung gut und vernuͤnftig geweſen iſt.„ Wenn man zur rechten zeit ſaͤet, ſo kan man fruͤch- te einerndten; ſaͤet man aber zu ſpaͤt, ſo muß man mißwachs erwarten. Diſes brauchet man wegen des hagenſtolzen-rechtes. Die uͤber 10 jahre hieſen fentgen, die maͤgdlein backfiſche. Die kleine und groſe knaben nennete man buben, jungen, gegen das

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/42>, abgerufen am 25.04.2024.