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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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von den erben und erbnemen.
keiner aus den lenden des ersten erwerbers mehr
übrig ist, nämlich im mannsstamme. Es fraget
sich demnach: ob sämmtliche lebende gevättern
das pactum successorium aufheben können? Die
Sachsen bejahen dise frage; als Heydenreich de
alienatione fideicommissorum,
Jena 1737, 4to,
Stieglitz de sideicommissis familiae ab iis, quo-
rum interest, sublatis
1752 in 4to; Allein dise lehre
streitet mit den teutschen sätzen: du sollst das ge-
schlecht erhalten; aber nicht schwächen, noch weni-
ger deren güter verschwenden, oder veräussern.

ad c

Die Teutsche, welche herzensfreunde waren,
nannten sich brüder, bräuder (§ 899). Die Rö-
mer spotteten darüber, und nannten sie germanos,
das wären lauter brüder. Häuser, die es mit ein-
ander gut, und rechtschaffen meineten, gingen des-
wegen brüderschaften unter einander ein, wie z. e.
in Pommern die herzoge und gebrüder: Johann
Friderich Bogislaus XIII im jare 1569, in der pom-
merischen lehnhistori s. 812. Hessen, und Thürin-
gen stunden auf schwachen füßen, (besage der 123
ten seite des 2ten th.). von Sachsen-Thüringen
lebeten nur noch drey gebrüdere: Fritz, Baltha-
sar und Wilhelm, von Hessen war nur Herrmann,
und sein sehr alter vaters bruder übrig, deshalber
sie eine erbverbrüderung unter sich schlossen. So-
wohl über lehngüter, als lande findet solche statt;
Jedoch bei den lehngütern ist des lehnherrns ein-
willigung nötig. Die erbverbrüderung ist man-
cherlei (§ 3137 des 2ten th.). Man hat sie ent-
weder zu gleichen theilen einander zu folgen, oder
in ungleichen teilen. Allso stehen Sachsen, und
Hessen in gleicher verbrüderung; Brandenburg
aber mit diesen in ungleicher. Sie ist bald mit

einer

von den erben und erbnemen.
keiner aus den lenden des erſten erwerbers mehr
uͤbrig iſt, naͤmlich im mannsſtamme. Es fraget
ſich demnach: ob ſaͤmmtliche lebende gevaͤttern
das pactum ſucceſſorium aufheben koͤnnen? Die
Sachſen bejahen diſe frage; als Heydenreich de
alienatione fideicommiſſorum,
Jena 1737, 4to,
Stieglitz de ſideicommiſſis familiae ab iis, quo-
rum intereſt, ſublatis
1752 in 4to; Allein diſe lehre
ſtreitet mit den teutſchen ſaͤtzen: du ſollſt das ge-
ſchlecht erhalten; aber nicht ſchwaͤchen, noch weni-
ger deren guͤter verſchwenden, oder veraͤuſſern.

ad c

Die Teutſche, welche herzensfreunde waren,
nannten ſich bruͤder, braͤuder (§ 899). Die Roͤ-
mer ſpotteten daruͤber, und nannten ſie germanos,
das waͤren lauter bruͤder. Haͤuſer, die es mit ein-
ander gut, und rechtſchaffen meineten, gingen des-
wegen bruͤderſchaften unter einander ein, wie z. e.
in Pommern die herzoge und gebruͤder: Johann
Friderich Bogislaus XIII im jare 1569, in der pom-
meriſchen lehnhiſtori ſ. 812. Heſſen, und Thuͤrin-
gen ſtunden auf ſchwachen fuͤßen, (beſage der 123
ten ſeite des 2ten th.). von Sachſen-Thuͤringen
lebeten nur noch drey gebruͤdere: Fritz, Baltha-
ſar und Wilhelm, von Heſſen war nur Herrmann,
und ſein ſehr alter vaters bruder uͤbrig, deshalber
ſie eine erbverbruͤderung unter ſich ſchloſſen. So-
wohl uͤber lehnguͤter, als lande findet ſolche ſtatt;
Jedoch bei den lehnguͤtern iſt des lehnherrns ein-
willigung noͤtig. Die erbverbruͤderung iſt man-
cherlei (§ 3137 des 2ten th.). Man hat ſie ent-
weder zu gleichen theilen einander zu folgen, oder
in ungleichen teilen. Allſo ſtehen Sachſen, und
Heſſen in gleicher verbruͤderung; Brandenburg
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[1087/1111] von den erben und erbnemen. keiner aus den lenden des erſten erwerbers mehr uͤbrig iſt, naͤmlich im mannsſtamme. Es fraget ſich demnach: ob ſaͤmmtliche lebende gevaͤttern das pactum ſucceſſorium aufheben koͤnnen? Die Sachſen bejahen diſe frage; als Heydenreich de alienatione fideicommiſſorum, Jena 1737, 4to, Stieglitz de ſideicommiſſis familiae ab iis, quo- rum intereſt, ſublatis 1752 in 4to; Allein diſe lehre ſtreitet mit den teutſchen ſaͤtzen: du ſollſt das ge- ſchlecht erhalten; aber nicht ſchwaͤchen, noch weni- ger deren guͤter verſchwenden, oder veraͤuſſern. ad c Die Teutſche, welche herzensfreunde waren, nannten ſich bruͤder, braͤuder (§ 899). Die Roͤ- mer ſpotteten daruͤber, und nannten ſie germanos, das waͤren lauter bruͤder. Haͤuſer, die es mit ein- ander gut, und rechtſchaffen meineten, gingen des- wegen bruͤderſchaften unter einander ein, wie z. e. in Pommern die herzoge und gebruͤder: Johann Friderich Bogislaus XIII im jare 1569, in der pom- meriſchen lehnhiſtori ſ. 812. Heſſen, und Thuͤrin- gen ſtunden auf ſchwachen fuͤßen, (beſage der 123 ten ſeite des 2ten th.). von Sachſen-Thuͤringen lebeten nur noch drey gebruͤdere: Fritz, Baltha- ſar und Wilhelm, von Heſſen war nur Herrmann, und ſein ſehr alter vaters bruder uͤbrig, deshalber ſie eine erbverbruͤderung unter ſich ſchloſſen. So- wohl uͤber lehnguͤter, als lande findet ſolche ſtatt; Jedoch bei den lehnguͤtern iſt des lehnherrns ein- willigung noͤtig. Die erbverbruͤderung iſt man- cherlei (§ 3137 des 2ten th.). Man hat ſie ent- weder zu gleichen theilen einander zu folgen, oder in ungleichen teilen. Allſo ſtehen Sachſen, und Heſſen in gleicher verbruͤderung; Brandenburg aber mit dieſen in ungleicher. Sie iſt bald mit einer

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 1087. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1111>, abgerufen am 29.03.2024.