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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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XCIX haubtstück,
zufriden ist, da es ihr der mann saget; so lässet
er sich verlauten: die frau wolle nicht. Verschi-
dene vermischen dahir die eheliche vormundschaft
mit des ehemannes gewalt über seine frau. Man
liset öfters in acten: in ehevogtsnamen meiner
frau etc; allein dises ist zu verstehen: von der vor-
mundschaft über das weibliche geschlecht. Einige
glauben: der ehemalige kauf der weiber bei den
Teutschen hätte eine solche gewalt dem ehemanne
über seine frau gegeben; allein sotaner handel ist
von keinem waren kaufe; sondern von dem soge-
nannten weinkaufe zu verstehen, und dem ehe-
manne eignete er keine gewalt, als über eine wirk-
lich gekaufete sache zu. Das vermeintliche impe-
rium ist römisch. Die gewalt über die unartigen,
auch ehebrecherischen eheweiber wurde zwar den
ehemännern, nach den teutschen sitten, und ge-
wonheiten, beigeleget; allein im übrigen waren sie
mit iren ehemännern, als ehegenossinnen, in ge-
meinschaft; worin dem ehemanne zwar das dire-
ctorium gebüret; jedoch ist das eheweib darin, als
eine teilhaberin, und gemeinerschafterin, oder mit-
herrin, den teutschen rechten nach, zu betrachten.

§ 702
von der kau-
fung der bräu-
te in den alten
zeiten.

Den kauf bestärket besonders das alte gesäz
der Sachsen, tit. 6, de conjugiis, worin die kau-
fung des eheweibes gegründet ist, und woher dise
sache iren ursprung hat; welche den Sachsen an-
fänglich allein eigen war; nachher aber ist sie auch
von andern teutschen völkern angenommen worden;
folglich dinet diser tit. 6 zur erläuterung der mor-
ge[n]-gabe, und des wittumes. Das kaufgelt,
oder der weinkauf war bei den Teutschen noht-
wendig; die übrige geschenke gehöreten nur zum
natürlichen, Carl Wilh. Gaertners abh. iuris

Rom.

XCIX haubtſtuͤck,
zufriden iſt, da es ihr der mann ſaget; ſo laͤſſet
er ſich verlauten: die frau wolle nicht. Verſchi-
dene vermiſchen dahir die eheliche vormundſchaft
mit des ehemannes gewalt uͤber ſeine frau. Man
liſet oͤfters in acten: in ehevogtsnamen meiner
frau ꝛc; allein diſes iſt zu verſtehen: von der vor-
mundſchaft uͤber das weibliche geſchlecht. Einige
glauben: der ehemalige kauf der weiber bei den
Teutſchen haͤtte eine ſolche gewalt dem ehemanne
uͤber ſeine frau gegeben; allein ſotaner handel iſt
von keinem waren kaufe; ſondern von dem ſoge-
nannten weinkaufe zu verſtehen, und dem ehe-
manne eignete er keine gewalt, als uͤber eine wirk-
lich gekaufete ſache zu. Das vermeintliche impe-
rium iſt roͤmiſch. Die gewalt uͤber die unartigen,
auch ehebrecheriſchen eheweiber wurde zwar den
ehemaͤnnern, nach den teutſchen ſitten, und ge-
wonheiten, beigeleget; allein im uͤbrigen waren ſie
mit iren ehemaͤnnern, als ehegenoſſinnen, in ge-
meinſchaft; worin dem ehemanne zwar das dire-
ctorium gebuͤret; jedoch iſt das eheweib darin, als
eine teilhaberin, und gemeinerſchafterin, oder mit-
herrin, den teutſchen rechten nach, zu betrachten.

§ 702
von der kau-
fung der braͤu-
te in den alten
zeiten.

Den kauf beſtaͤrket beſonders das alte geſaͤz
der Sachſen, tit. 6, de conjugiis, worin die kau-
fung des eheweibes gegruͤndet iſt, und woher diſe
ſache iren urſprung hat; welche den Sachſen an-
faͤnglich allein eigen war; nachher aber iſt ſie auch
von andern teutſchen voͤlkern angenommen worden;
folglich dinet diſer tit. 6 zur erlaͤuterung der mor-
ge[n]-gabe, und des wittumes. Das kaufgelt,
oder der weinkauf war bei den Teutſchen noht-
wendig; die uͤbrige geſchenke gehoͤreten nur zum
natuͤrlichen, Carl Wilh. Gaertners abh. iuris

Rom.
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[422/0446] XCIX haubtſtuͤck, zufriden iſt, da es ihr der mann ſaget; ſo laͤſſet er ſich verlauten: die frau wolle nicht. Verſchi- dene vermiſchen dahir die eheliche vormundſchaft mit des ehemannes gewalt uͤber ſeine frau. Man liſet oͤfters in acten: in ehevogtsnamen meiner frau ꝛc; allein diſes iſt zu verſtehen: von der vor- mundſchaft uͤber das weibliche geſchlecht. Einige glauben: der ehemalige kauf der weiber bei den Teutſchen haͤtte eine ſolche gewalt dem ehemanne uͤber ſeine frau gegeben; allein ſotaner handel iſt von keinem waren kaufe; ſondern von dem ſoge- nannten weinkaufe zu verſtehen, und dem ehe- manne eignete er keine gewalt, als uͤber eine wirk- lich gekaufete ſache zu. Das vermeintliche impe- rium iſt roͤmiſch. Die gewalt uͤber die unartigen, auch ehebrecheriſchen eheweiber wurde zwar den ehemaͤnnern, nach den teutſchen ſitten, und ge- wonheiten, beigeleget; allein im uͤbrigen waren ſie mit iren ehemaͤnnern, als ehegenoſſinnen, in ge- meinſchaft; worin dem ehemanne zwar das dire- ctorium gebuͤret; jedoch iſt das eheweib darin, als eine teilhaberin, und gemeinerſchafterin, oder mit- herrin, den teutſchen rechten nach, zu betrachten. § 702 Den kauf beſtaͤrket beſonders das alte geſaͤz der Sachſen, tit. 6, de conjugiis, worin die kau- fung des eheweibes gegruͤndet iſt, und woher diſe ſache iren urſprung hat; welche den Sachſen an- faͤnglich allein eigen war; nachher aber iſt ſie auch von andern teutſchen voͤlkern angenommen worden; folglich dinet diſer tit. 6 zur erlaͤuterung der mor- gen-gabe, und des wittumes. Das kaufgelt, oder der weinkauf war bei den Teutſchen noht- wendig; die uͤbrige geſchenke gehoͤreten nur zum natuͤrlichen, Carl Wilh. Gaertners abh. iuris Rom.

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/446>, abgerufen am 20.04.2024.