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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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vom wittume, und leibgedinge.
mit an: daß es anginge, wenn die frau ire mitgift
wollte faren (schwinden) lassen, alsdann sie aus
dem gute iren unterhalt zihen sollte. Die sächsi-
sche rechtsgelehrte zihen zu irem behufe die glosse
über das sächsische weichbild, art. 22, an, welche
aber kein gesäz ist, Joh. Ge. Scherz de dotalitio
s. 33, 1701, 4t, noch gibet das sprüchwort: leib-
zucht schwindet haubtgut, den ausschlag, Lüder
Menken
de quantitate dotalitii praecipue Sax. Leipz.
1706. Jm Reiche ist das sächsische spilwerk nicht
bräuchlich, noch zuträglich; bevorab, wenn die
witben vermittels des wittumes ire eingebrachten
ehegelter verliren sollen.

§ 815

Das wort leib, verstehet sich von einem jedenvom leibge-
dinge.

menschen, 1) bedeutet auch das leben Haltaus sp.
1236 fgg.; imgleichen die person, sihe die abhan-
delung de iuribus viduarum etc s. 34 fg. Der leib
dauert auf seine lebenszeit; mithin auch nach ab-
sterben des ehemannes, zu seiner schuldigkeit, bei
der frau, so lange sie witbe ist. Geding bedeutet
so vil: als pactum, conuentio, dahir das wort:
leibgeding (§ 742) finde ich schon im jare 1274,
Haltaus sp. 1239, und begreiffet: 1) conuentio-
nem de sustentatione ad dies vitae,
2) den unter-
halt selbst, 3) das geding über den persönlichen teut-
schen nüßbrauch Haltaus sp. 1239 fgg. Es wird
auch leibgut genennet, Haltaus sp. 1244 fg.; nicht
minder leibrecht, eb. sp. 1247. Jn dem anhalti-
schen fürstl. hause entstand zwischen der witbe des
fürsten Lebrechts zu Cöthen, einer gebornen Prin-
zeßin von Nassau-Siegen, ein streit am kammer-
gerichte, wider den landesfolger im fürstentume.
Sie hatte 6000 rthl. eingebracht; dafür sollte sie
das leibgeding im ambte Nienburg haben; sie vor-

mälete

vom wittume, und leibgedinge.
mit an: daß es anginge, wenn die frau ire mitgift
wollte faren (ſchwinden) laſſen, alsdann ſie aus
dem gute iren unterhalt zihen ſollte. Die ſaͤchſi-
ſche rechtsgelehrte zihen zu irem behufe die gloſſe
uͤber das ſaͤchſiſche weichbild, art. 22, an, welche
aber kein geſaͤz iſt, Joh. Ge. Scherz de dotalitio
ſ. 33, 1701, 4t, noch gibet das ſpruͤchwort: leib-
zucht ſchwindet haubtgut, den ausſchlag, Luͤder
Menken
de quantitate dotalitii praecipue Sax. Leipz.
1706. Jm Reiche iſt das ſaͤchſiſche ſpilwerk nicht
braͤuchlich, noch zutraͤglich; bevorab, wenn die
witben vermittels des wittumes ire eingebrachten
ehegelter verliren ſollen.

§ 815

Das wort leib, verſtehet ſich von einem jedenvom leibge-
dinge.

menſchen, 1) bedeutet auch das leben Haltaus ſp.
1236 fgg.; imgleichen die perſon, ſihe die abhan-
delung de iuribus viduarum etc ſ. 34 fg. Der leib
dauert auf ſeine lebenszeit; mithin auch nach ab-
ſterben des ehemannes, zu ſeiner ſchuldigkeit, bei
der frau, ſo lange ſie witbe iſt. Geding bedeutet
ſo vil: als pactum, conuentio, dahir das wort:
leibgeding (§ 742) finde ich ſchon im jare 1274,
Haltaus ſp. 1239, und begreiffet: 1) conuentio-
nem de ſuſtentatione ad dies vitae,
2) den unter-
halt ſelbſt, 3) das geding uͤber den perſoͤnlichen teut-
ſchen nuͤßbrauch Haltaus ſp. 1239 fgg. Es wird
auch leibgut genennet, Haltaus ſp. 1244 fg.; nicht
minder leibrecht, eb. ſp. 1247. Jn dem anhalti-
ſchen fuͤrſtl. hauſe entſtand zwiſchen der witbe des
fuͤrſten Lebrechts zu Coͤthen, einer gebornen Prin-
zeßin von Naſſau-Siegen, ein ſtreit am kammer-
gerichte, wider den landesfolger im fuͤrſtentume.
Sie hatte 6000 rthl. eingebracht; dafuͤr ſollte ſie
das leibgeding im ambte Nienburg haben; ſie vor-

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[493/0517] vom wittume, und leibgedinge. mit an: daß es anginge, wenn die frau ire mitgift wollte faren (ſchwinden) laſſen, alsdann ſie aus dem gute iren unterhalt zihen ſollte. Die ſaͤchſi- ſche rechtsgelehrte zihen zu irem behufe die gloſſe uͤber das ſaͤchſiſche weichbild, art. 22, an, welche aber kein geſaͤz iſt, Joh. Ge. Scherz de dotalitio ſ. 33, 1701, 4t, noch gibet das ſpruͤchwort: leib- zucht ſchwindet haubtgut, den ausſchlag, Luͤder Menken de quantitate dotalitii praecipue Sax. Leipz. 1706. Jm Reiche iſt das ſaͤchſiſche ſpilwerk nicht braͤuchlich, noch zutraͤglich; bevorab, wenn die witben vermittels des wittumes ire eingebrachten ehegelter verliren ſollen. § 815 Das wort leib, verſtehet ſich von einem jeden menſchen, 1) bedeutet auch das leben Haltaus ſp. 1236 fgg.; imgleichen die perſon, ſihe die abhan- delung de iuribus viduarum etc ſ. 34 fg. Der leib dauert auf ſeine lebenszeit; mithin auch nach ab- ſterben des ehemannes, zu ſeiner ſchuldigkeit, bei der frau, ſo lange ſie witbe iſt. Geding bedeutet ſo vil: als pactum, conuentio, dahir das wort: leibgeding (§ 742) finde ich ſchon im jare 1274, Haltaus ſp. 1239, und begreiffet: 1) conuentio- nem de ſuſtentatione ad dies vitae, 2) den unter- halt ſelbſt, 3) das geding uͤber den perſoͤnlichen teut- ſchen nuͤßbrauch Haltaus ſp. 1239 fgg. Es wird auch leibgut genennet, Haltaus ſp. 1244 fg.; nicht minder leibrecht, eb. ſp. 1247. Jn dem anhalti- ſchen fuͤrſtl. hauſe entſtand zwiſchen der witbe des fuͤrſten Lebrechts zu Coͤthen, einer gebornen Prin- zeßin von Naſſau-Siegen, ein ſtreit am kammer- gerichte, wider den landesfolger im fuͤrſtentume. Sie hatte 6000 rthl. eingebracht; dafuͤr ſollte ſie das leibgeding im ambte Nienburg haben; ſie vor- maͤlete vom leibge- dinge.

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/517>, abgerufen am 23.04.2024.