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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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von der ehescheidung.
der den ehebruch vergeben und erlassen wollten.
Dergleichen geschah bei dem gradgerichte unter
den adelichen bei Weissenfels, Haltaus sp. 747,
und sp. 653 fg., unter genade. Die ehebruchs-
kinder hissen die alten: sprüchworts-kinder.

Hundert und virzehntes haubtstück
von den hagenstolzen.
§ 850

Der Teutsche libete die ehe, und hassete so sehr
die widriggesinneten zum heiraten, oder wel-
che sich zur verehelichung nicht entschlüssen woll-
ten, als die andere ehe (§ 830). Den geistlichen
waren sie auch nicht angenem, da sie keine ein-
künfte vom copuliren, taufen etc erhilten; dar-
nebst als sacrament-verächter angesehen wurden.
Daher haben die geistliche viles hirzu beigetragen,
Harpprecht am a. o. s. 44. Sie hisen auch hof-
stolze, hofestolte, Haltaus sp. 779. Daher sa-
gete man im sprüchworte: die alte jungfern, und
junggesellen gehören dem oberjägermeister, wie die
hirschhäute. Nach dem 30ten jare hiß eine ledi-
ge weibesperson eine alte jungfer, welches eine ver-
ächtliche, auch schimpfliche redensart war; dar-
nebst pflegeten sie auch wohl die jungen bursche zu
gewissen zeiten aufzuzihen, wie z. e. zu Wipach,
im Crain, an der ascher-mittwoche mit dem bloch-
zihen sich zuträget; dafern sich die alte jungfern
mit den jungen burschen nicht abfinden, besage des
Pommers sonst Bugenhagen am a. o. s. 118,
Grupens teutsche frau s. 216, Pfeffinger im vitr.
ill.
vol. III, s. 902. Bei dem junggesellen sahe
man vom 30sten, biß zum 50sten jare, und wenn
er binnen der zeit sich nicht verehelichte, noch zum

heira-
III. Teil. K k

von der eheſcheidung.
der den ehebruch vergeben und erlaſſen wollten.
Dergleichen geſchah bei dem gradgerichte unter
den adelichen bei Weiſſenfels, Haltaus ſp. 747,
und ſp. 653 fg., unter genade. Die ehebruchs-
kinder hiſſen die alten: ſpruͤchworts-kinder.

Hundert und virzehntes haubtſtuͤck
von den hagenſtolzen.
§ 850

Der Teutſche libete die ehe, und haſſete ſo ſehr
die widriggeſinneten zum heiraten, oder wel-
che ſich zur verehelichung nicht entſchluͤſſen woll-
ten, als die andere ehe (§ 830). Den geiſtlichen
waren ſie auch nicht angenem, da ſie keine ein-
kuͤnfte vom copuliren, taufen ꝛc erhilten; dar-
nebſt als ſacrament-veraͤchter angeſehen wurden.
Daher haben die geiſtliche viles hirzu beigetragen,
Harpprecht am a. o. ſ. 44. Sie hiſen auch hof-
ſtolze, hofeſtolte, Haltaus ſp. 779. Daher ſa-
gete man im ſpruͤchworte: die alte jungfern, und
junggeſellen gehoͤren dem oberjaͤgermeiſter, wie die
hirſchhaͤute. Nach dem 30ten jare hiß eine ledi-
ge weibesperſon eine alte jungfer, welches eine ver-
aͤchtliche, auch ſchimpfliche redensart war; dar-
nebſt pflegeten ſie auch wohl die jungen burſche zu
gewiſſen zeiten aufzuzihen, wie z. e. zu Wipach,
im Crain, an der aſcher-mittwoche mit dem bloch-
zihen ſich zutraͤget; dafern ſich die alte jungfern
mit den jungen burſchen nicht abfinden, beſage des
Pommers ſonſt Bugenhagen am a. o. ſ. 118,
Grupens teutſche frau ſ. 216, Pfeffinger im vitr.
ill.
vol. III, ſ. 902. Bei dem junggeſellen ſahe
man vom 30ſten, biß zum 50ſten jare, und wenn
er binnen der zeit ſich nicht verehelichte, noch zum

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III. Teil. K k
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[513/0537] von der eheſcheidung. der den ehebruch vergeben und erlaſſen wollten. Dergleichen geſchah bei dem gradgerichte unter den adelichen bei Weiſſenfels, Haltaus ſp. 747, und ſp. 653 fg., unter genade. Die ehebruchs- kinder hiſſen die alten: ſpruͤchworts-kinder. Hundert und virzehntes haubtſtuͤck von den hagenſtolzen. § 850 Der Teutſche libete die ehe, und haſſete ſo ſehr die widriggeſinneten zum heiraten, oder wel- che ſich zur verehelichung nicht entſchluͤſſen woll- ten, als die andere ehe (§ 830). Den geiſtlichen waren ſie auch nicht angenem, da ſie keine ein- kuͤnfte vom copuliren, taufen ꝛc erhilten; dar- nebſt als ſacrament-veraͤchter angeſehen wurden. Daher haben die geiſtliche viles hirzu beigetragen, Harpprecht am a. o. ſ. 44. Sie hiſen auch hof- ſtolze, hofeſtolte, Haltaus ſp. 779. Daher ſa- gete man im ſpruͤchworte: die alte jungfern, und junggeſellen gehoͤren dem oberjaͤgermeiſter, wie die hirſchhaͤute. Nach dem 30ten jare hiß eine ledi- ge weibesperſon eine alte jungfer, welches eine ver- aͤchtliche, auch ſchimpfliche redensart war; dar- nebſt pflegeten ſie auch wohl die jungen burſche zu gewiſſen zeiten aufzuzihen, wie z. e. zu Wipach, im Crain, an der aſcher-mittwoche mit dem bloch- zihen ſich zutraͤget; dafern ſich die alte jungfern mit den jungen burſchen nicht abfinden, beſage des Pommers ſonſt Bugenhagen am a. o. ſ. 118, Grupens teutſche frau ſ. 216, Pfeffinger im vitr. ill. vol. III, ſ. 902. Bei dem junggeſellen ſahe man vom 30ſten, biß zum 50ſten jare, und wenn er binnen der zeit ſich nicht verehelichte, noch zum heira- III. Teil. K k

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/537>, abgerufen am 19.04.2024.