Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

I haubtst. von der wirklichkeit
Grünberg, in Ober-Hessen, im jare 1272, das
Frankenrecht, um darnach gerichtet zu werden.
Otto, Herzog zu Braunschweig, erteilete der stadt
Münden, an der Werre, das Frankenrecht, Ku-
chenbecker
von den Heßischen erbhofämtern s. 8
der beilagen; man sehe auch den Haltaus im gloss.
Germ.
sp. 482 fg. unter dem worte Fränkisch
recht.
Allso haben vordem, und noch, verschide-
ne benachbarte lande sich nach den Nassauischen
landrechten gerichtet, z. e. Witgenstein-Berlen-
burg etc; imgleichen ist zu Wächtersbach, im
Jsenburgischen, auch um Frankfurt herum, das
Solmische landrecht gewönlich. Ehedem galt
dises auch im Hanauischen, biß der Herr Land-
graf zu Hessen, Wilhelm VIII, besonders dassel-
be bei der erbfolge zwischen eheleuten, in der hof-
und ehegerichts-ordnung abschaffete. Sonst aber
richtet man sich dermalen in wechselsachen in hi-
sigen landen, auch zu Hanau, nach der Frank-
furtischen wechselordnung, als einem nach- und
hülfsrechte. Von diser annemung der benach-
barten rechte ist die auslegung der landesrechte, und
gewonheiten aus der umligenden lande rechten zu
unterscheiden, welche ebenfalls in schicklichen fäl-
len den rechtsgelehrten zur hülfe dinet. Daß
aber die Slaven sich an das Sachsenrecht gehal-
ten haben, rüret wohl unter andern daher: weil
der Erzbischoff zu Magdeburg primas von den
Wenden, und Slaven war, und derselbe einen
schöppenstul hatte, welcher nach solchen rechten
sprach; dise völker glaubeten: weil ir primas dises
recht hätte; so möchte es wohl das beste seyn.
Daher appellireten sie dahin.

§ 20
von den stadt-
rechten.

Die städte haben ebenfalls die teutschen bräu-
che, und ire besonderen gewonheiten, wider die

ein-

I haubtſt. von der wirklichkeit
Gruͤnberg, in Ober-Heſſen, im jare 1272, das
Frankenrecht, um darnach gerichtet zu werden.
Otto, Herzog zu Braunſchweig, erteilete der ſtadt
Muͤnden, an der Werre, das Frankenrecht, Ku-
chenbecker
von den Heßiſchen erbhofaͤmtern ſ. 8
der beilagen; man ſehe auch den Haltaus im gloſſ.
Germ.
ſp. 482 fg. unter dem worte Fraͤnkiſch
recht.
Allſo haben vordem, und noch, verſchide-
ne benachbarte lande ſich nach den Naſſauiſchen
landrechten gerichtet, z. e. Witgenſtein-Berlen-
burg ꝛc; imgleichen iſt zu Waͤchtersbach, im
Jſenburgiſchen, auch um Frankfurt herum, das
Solmiſche landrecht gewoͤnlich. Ehedem galt
diſes auch im Hanauiſchen, biß der Herr Land-
graf zu Heſſen, Wilhelm VIII, beſonders daſſel-
be bei der erbfolge zwiſchen eheleuten, in der hof-
und ehegerichts-ordnung abſchaffete. Sonſt aber
richtet man ſich dermalen in wechſelſachen in hi-
ſigen landen, auch zu Hanau, nach der Frank-
furtiſchen wechſelordnung, als einem nach- und
huͤlfsrechte. Von diſer annemung der benach-
barten rechte iſt die auslegung der landesrechte, und
gewonheiten aus der umligenden lande rechten zu
unterſcheiden, welche ebenfalls in ſchicklichen faͤl-
len den rechtsgelehrten zur huͤlfe dinet. Daß
aber die Slaven ſich an das Sachſenrecht gehal-
ten haben, ruͤret wohl unter andern daher: weil
der Erzbiſchoff zu Magdeburg primas von den
Wenden, und Slaven war, und derſelbe einen
ſchoͤppenſtul hatte, welcher nach ſolchen rechten
ſprach; diſe voͤlker glaubeten: weil ir primas diſes
recht haͤtte; ſo moͤchte es wohl das beſte ſeyn.
Daher appellireten ſie dahin.

§ 20
von den ſtadt-
rechten.

Die ſtaͤdte haben ebenfalls die teutſchen braͤu-
che, und ire beſonderen gewonheiten, wider die

ein-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0054" n="30"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I</hi> haubt&#x017F;t. von der wirklichkeit</hi></fw><lb/>
Gru&#x0364;nberg, in Ober-He&#x017F;&#x017F;en, im jare 1272, das<lb/>
Frankenrecht, um darnach gerichtet zu werden.<lb/>
Otto, Herzog zu Braun&#x017F;chweig, erteilete der &#x017F;tadt<lb/>
Mu&#x0364;nden, an der Werre, das Frankenrecht, <hi rendition="#fr">Ku-<lb/>
chenbecker</hi> von den Heßi&#x017F;chen erbhofa&#x0364;mtern &#x017F;. 8<lb/>
der beilagen; man &#x017F;ehe auch den <hi rendition="#fr">Haltaus</hi> im <hi rendition="#aq">glo&#x017F;&#x017F;.<lb/>
Germ.</hi> &#x017F;p. 482 fg. unter dem worte <hi rendition="#fr">Fra&#x0364;nki&#x017F;ch<lb/>
recht.</hi> All&#x017F;o haben vordem, und noch, ver&#x017F;chide-<lb/>
ne benachbarte lande &#x017F;ich nach den Na&#x017F;&#x017F;aui&#x017F;chen<lb/>
landrechten gerichtet, z. e. Witgen&#x017F;tein-Berlen-<lb/>
burg &#xA75B;c; imgleichen i&#x017F;t zu Wa&#x0364;chtersbach, im<lb/>
J&#x017F;enburgi&#x017F;chen, auch um Frankfurt herum, das<lb/>
Solmi&#x017F;che landrecht gewo&#x0364;nlich. Ehedem galt<lb/>
di&#x017F;es auch im Hanaui&#x017F;chen, biß der Herr Land-<lb/>
graf zu He&#x017F;&#x017F;en, Wilhelm <hi rendition="#aq">VIII,</hi> be&#x017F;onders da&#x017F;&#x017F;el-<lb/>
be bei der erbfolge zwi&#x017F;chen eheleuten, in der hof-<lb/>
und ehegerichts-ordnung ab&#x017F;chaffete. Son&#x017F;t aber<lb/>
richtet man &#x017F;ich dermalen in wech&#x017F;el&#x017F;achen in hi-<lb/>
&#x017F;igen landen, auch zu Hanau, nach der Frank-<lb/>
furti&#x017F;chen wech&#x017F;elordnung, als einem nach- und<lb/>
hu&#x0364;lfsrechte. Von di&#x017F;er annemung der benach-<lb/>
barten rechte i&#x017F;t die auslegung der landesrechte, und<lb/>
gewonheiten aus der umligenden lande rechten zu<lb/>
unter&#x017F;cheiden, welche ebenfalls in &#x017F;chicklichen fa&#x0364;l-<lb/>
len den rechtsgelehrten zur hu&#x0364;lfe dinet. Daß<lb/>
aber die Slaven &#x017F;ich an das Sach&#x017F;enrecht gehal-<lb/>
ten haben, ru&#x0364;ret wohl unter andern daher: weil<lb/>
der Erzbi&#x017F;choff zu Magdeburg primas von den<lb/>
Wenden, und Slaven war, und der&#x017F;elbe einen<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ppen&#x017F;tul hatte, welcher nach &#x017F;olchen rechten<lb/>
&#x017F;prach; di&#x017F;e vo&#x0364;lker glaubeten: weil ir primas di&#x017F;es<lb/>
recht ha&#x0364;tte; &#x017F;o mo&#x0364;chte es wohl das be&#x017F;te &#x017F;eyn.<lb/>
Daher appellireten &#x017F;ie dahin.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§ 20</head><lb/>
          <note place="left">von den &#x017F;tadt-<lb/>
rechten.</note>
          <p>Die &#x017F;ta&#x0364;dte haben ebenfalls die teut&#x017F;chen bra&#x0364;u-<lb/>
che, und ire be&#x017F;onderen gewonheiten, wider die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ein-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0054] I haubtſt. von der wirklichkeit Gruͤnberg, in Ober-Heſſen, im jare 1272, das Frankenrecht, um darnach gerichtet zu werden. Otto, Herzog zu Braunſchweig, erteilete der ſtadt Muͤnden, an der Werre, das Frankenrecht, Ku- chenbecker von den Heßiſchen erbhofaͤmtern ſ. 8 der beilagen; man ſehe auch den Haltaus im gloſſ. Germ. ſp. 482 fg. unter dem worte Fraͤnkiſch recht. Allſo haben vordem, und noch, verſchide- ne benachbarte lande ſich nach den Naſſauiſchen landrechten gerichtet, z. e. Witgenſtein-Berlen- burg ꝛc; imgleichen iſt zu Waͤchtersbach, im Jſenburgiſchen, auch um Frankfurt herum, das Solmiſche landrecht gewoͤnlich. Ehedem galt diſes auch im Hanauiſchen, biß der Herr Land- graf zu Heſſen, Wilhelm VIII, beſonders daſſel- be bei der erbfolge zwiſchen eheleuten, in der hof- und ehegerichts-ordnung abſchaffete. Sonſt aber richtet man ſich dermalen in wechſelſachen in hi- ſigen landen, auch zu Hanau, nach der Frank- furtiſchen wechſelordnung, als einem nach- und huͤlfsrechte. Von diſer annemung der benach- barten rechte iſt die auslegung der landesrechte, und gewonheiten aus der umligenden lande rechten zu unterſcheiden, welche ebenfalls in ſchicklichen faͤl- len den rechtsgelehrten zur huͤlfe dinet. Daß aber die Slaven ſich an das Sachſenrecht gehal- ten haben, ruͤret wohl unter andern daher: weil der Erzbiſchoff zu Magdeburg primas von den Wenden, und Slaven war, und derſelbe einen ſchoͤppenſtul hatte, welcher nach ſolchen rechten ſprach; diſe voͤlker glaubeten: weil ir primas diſes recht haͤtte; ſo moͤchte es wohl das beſte ſeyn. Daher appellireten ſie dahin. § 20 Die ſtaͤdte haben ebenfalls die teutſchen braͤu- che, und ire beſonderen gewonheiten, wider die ein-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/54
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/54>, abgerufen am 28.03.2024.