Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

CXXIV h. von den erlosen, anrücht.
sondere verordnung den 1ten märz 1740 erlassen
worden. Von den pferdelegern, oder wallachern
hat man ebenfalls in Teutschlande ehedem sich
schlechte begriffe gemachet, Heinecc de leuis notae
macula
§ 29, Stryk im vsu mod. p. lib. III tit. 2
§ 4, Hahn über den Wesenbecc lib. III tit 2 n.
12; welche aber heute zu tage nicht mehr statt fin-
den; im falle sie sonst keine aeser abzihen; denn
sonst müsste man auch die capaunenmacher gering
schäzen, und die hirten, welche die ochsen verschnei-
den, oder werfen, für beflecket halten.

§ 999
von dem un-
terschide zwi-
schen erlosen,
und beflecke-
ten.

Die anrüchtige sind von den mackelhaften leu-
ten unterschiden (§ 987). Der erlose wird für ein
unwürdiges glid des bürgerlichen states; folglich
wie ein vih gehalten. Dahingegen heisset derjeni-
ge mackelhaft, welcher sich durch seine geburt (§
992), oder niderträchtige handelungen so vil ver-
achtung zugezogen hat, daß er nicht so gut, als ein
anderer, sondern für einen beflecketen menschen ge-
halten wird. Jn den mittleren zeiten hat man der-
gleichen mackelhafte menschen vile, auch unter den
handwerken gehabt, welche besonders mit der di-
berei, oder schinderei überein kamen, oder einige ver-
wandschaft damit hatten, und eine hölle füreten;
wozu noch die barbirer, nach dem begriffe des
päpstlichen rechtes, getan wurden, weil sie blut
vergüssen und ader lassen mussten; allein dises hö-
ret heute zu tage auf. Wider die zigeuner, das
mord- raub- und dibes-volk, auch anderes herrn-
loses gesinde, landstreicher, boßhafte müssiggänger,
ist die kur- und ober-rheinische poenal-sanction vom
9ten märz 1763 fol. in hisigen gegenden, und kur-
rheinischen landen sehr scharf eingerichtet, und dro-
het rad- galgen- und andere harte strafen sotanen

lüder-

CXXIV h. von den erloſen, anruͤcht.
ſondere verordnung den 1ten maͤrz 1740 erlaſſen
worden. Von den pferdelegern, oder wallachern
hat man ebenfalls in Teutſchlande ehedem ſich
ſchlechte begriffe gemachet, Heinecc de leuis notae
macula
§ 29, Stryk im vſu mod. π. lib. III tit. 2
§ 4, Hahn uͤber den Weſenbecc lib. III tit 2 n.
12; welche aber heute zu tage nicht mehr ſtatt fin-
den; im falle ſie ſonſt keine aeſer abzihen; denn
ſonſt muͤſſte man auch die capaunenmacher gering
ſchaͤzen, und die hirten, welche die ochſen verſchnei-
den, oder werfen, fuͤr beflecket halten.

§ 999
von dem un-
terſchide zwi-
ſchen erloſen,
und beflecke-
ten.

Die anruͤchtige ſind von den mackelhaften leu-
ten unterſchiden (§ 987). Der erloſe wird fuͤr ein
unwuͤrdiges glid des buͤrgerlichen ſtates; folglich
wie ein vih gehalten. Dahingegen heiſſet derjeni-
ge mackelhaft, welcher ſich durch ſeine geburt (§
992), oder nidertraͤchtige handelungen ſo vil ver-
achtung zugezogen hat, daß er nicht ſo gut, als ein
anderer, ſondern fuͤr einen beflecketen menſchen ge-
halten wird. Jn den mittleren zeiten hat man der-
gleichen mackelhafte menſchen vile, auch unter den
handwerken gehabt, welche beſonders mit der di-
berei, oder ſchinderei uͤberein kamen, oder einige ver-
wandſchaft damit hatten, und eine hoͤlle fuͤreten;
wozu noch die barbirer, nach dem begriffe des
paͤpſtlichen rechtes, getan wurden, weil ſie blut
verguͤſſen und ader laſſen muſſten; allein diſes hoͤ-
ret heute zu tage auf. Wider die zigeuner, das
mord- raub- und dibes-volk, auch anderes herrn-
loſes geſinde, landſtreicher, boßhafte muͤſſiggaͤnger,
iſt die kur- und ober-rheiniſche poenal-ſanction vom
9ten maͤrz 1763 fol. in hiſigen gegenden, und kur-
rheiniſchen landen ſehr ſcharf eingerichtet, und dro-
het rad- galgen- und andere harte ſtrafen ſotanen

luͤder-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0646" n="622"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">CXXIV</hi> h. von den erlo&#x017F;en, anru&#x0364;cht.</hi></fw><lb/>
&#x017F;ondere verordnung den 1ten ma&#x0364;rz 1740 erla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
worden. Von den pferdelegern, oder wallachern<lb/>
hat man ebenfalls in Teut&#x017F;chlande ehedem &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;chlechte begriffe gemachet, <hi rendition="#fr">Heinecc</hi> <hi rendition="#aq">de leuis notae<lb/>
macula</hi> § 29, <hi rendition="#fr">Stryk</hi> im <hi rendition="#aq">v&#x017F;u mod. &#x03C0;. lib. III</hi> tit. 2<lb/>
§ 4, <hi rendition="#fr">Hahn</hi> u&#x0364;ber den <hi rendition="#fr">We&#x017F;enbecc</hi> <hi rendition="#aq">lib. III</hi> tit 2 n.<lb/>
12; welche aber heute zu tage nicht mehr &#x017F;tatt fin-<lb/>
den; im falle &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t keine ae&#x017F;er abzihen; denn<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;te man auch die capaunenmacher gering<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;zen, und die hirten, welche die och&#x017F;en ver&#x017F;chnei-<lb/>
den, oder werfen, fu&#x0364;r beflecket halten.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§ 999</head><lb/>
          <note place="left">von dem un-<lb/>
ter&#x017F;chide zwi-<lb/>
&#x017F;chen erlo&#x017F;en,<lb/>
und beflecke-<lb/>
ten.</note>
          <p>Die anru&#x0364;chtige &#x017F;ind von den mackelhaften leu-<lb/>
ten unter&#x017F;chiden (§ 987). Der erlo&#x017F;e wird fu&#x0364;r ein<lb/>
unwu&#x0364;rdiges glid des bu&#x0364;rgerlichen &#x017F;tates; folglich<lb/>
wie ein vih gehalten. Dahingegen hei&#x017F;&#x017F;et derjeni-<lb/>
ge mackelhaft, welcher &#x017F;ich durch &#x017F;eine geburt (§<lb/>
992), oder nidertra&#x0364;chtige handelungen &#x017F;o vil ver-<lb/>
achtung zugezogen hat, daß er nicht &#x017F;o gut, als ein<lb/>
anderer, &#x017F;ondern fu&#x0364;r einen beflecketen men&#x017F;chen ge-<lb/>
halten wird. Jn den mittleren zeiten hat man der-<lb/>
gleichen mackelhafte men&#x017F;chen vile, auch unter den<lb/>
handwerken gehabt, welche be&#x017F;onders mit der di-<lb/>
berei, oder &#x017F;chinderei u&#x0364;berein kamen, oder einige ver-<lb/>
wand&#x017F;chaft damit hatten, und eine ho&#x0364;lle fu&#x0364;reten;<lb/>
wozu noch die barbirer, nach dem begriffe des<lb/>
pa&#x0364;p&#x017F;tlichen rechtes, getan wurden, weil &#x017F;ie blut<lb/>
vergu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en und ader la&#x017F;&#x017F;en mu&#x017F;&#x017F;ten; allein di&#x017F;es ho&#x0364;-<lb/>
ret heute zu tage auf. Wider die zigeuner, das<lb/>
mord- raub- und dibes-volk, auch anderes herrn-<lb/>
lo&#x017F;es ge&#x017F;inde, land&#x017F;treicher, boßhafte mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igga&#x0364;nger,<lb/>
i&#x017F;t die kur- und ober-rheini&#x017F;che poenal-&#x017F;anction vom<lb/>
9ten ma&#x0364;rz 1763 fol. in hi&#x017F;igen gegenden, und kur-<lb/>
rheini&#x017F;chen landen &#x017F;ehr &#x017F;charf eingerichtet, und dro-<lb/>
het rad- galgen- und andere harte &#x017F;trafen &#x017F;otanen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lu&#x0364;der-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[622/0646] CXXIV h. von den erloſen, anruͤcht. ſondere verordnung den 1ten maͤrz 1740 erlaſſen worden. Von den pferdelegern, oder wallachern hat man ebenfalls in Teutſchlande ehedem ſich ſchlechte begriffe gemachet, Heinecc de leuis notae macula § 29, Stryk im vſu mod. π. lib. III tit. 2 § 4, Hahn uͤber den Weſenbecc lib. III tit 2 n. 12; welche aber heute zu tage nicht mehr ſtatt fin- den; im falle ſie ſonſt keine aeſer abzihen; denn ſonſt muͤſſte man auch die capaunenmacher gering ſchaͤzen, und die hirten, welche die ochſen verſchnei- den, oder werfen, fuͤr beflecket halten. § 999 Die anruͤchtige ſind von den mackelhaften leu- ten unterſchiden (§ 987). Der erloſe wird fuͤr ein unwuͤrdiges glid des buͤrgerlichen ſtates; folglich wie ein vih gehalten. Dahingegen heiſſet derjeni- ge mackelhaft, welcher ſich durch ſeine geburt (§ 992), oder nidertraͤchtige handelungen ſo vil ver- achtung zugezogen hat, daß er nicht ſo gut, als ein anderer, ſondern fuͤr einen beflecketen menſchen ge- halten wird. Jn den mittleren zeiten hat man der- gleichen mackelhafte menſchen vile, auch unter den handwerken gehabt, welche beſonders mit der di- berei, oder ſchinderei uͤberein kamen, oder einige ver- wandſchaft damit hatten, und eine hoͤlle fuͤreten; wozu noch die barbirer, nach dem begriffe des paͤpſtlichen rechtes, getan wurden, weil ſie blut verguͤſſen und ader laſſen muſſten; allein diſes hoͤ- ret heute zu tage auf. Wider die zigeuner, das mord- raub- und dibes-volk, auch anderes herrn- loſes geſinde, landſtreicher, boßhafte muͤſſiggaͤnger, iſt die kur- und ober-rheiniſche poenal-ſanction vom 9ten maͤrz 1763 fol. in hiſigen gegenden, und kur- rheiniſchen landen ſehr ſcharf eingerichtet, und dro- het rad- galgen- und andere harte ſtrafen ſotanen luͤder-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/646
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 622. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/646>, abgerufen am 18.04.2024.