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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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II buch, LXXVIII haubtstück,
§ 2979
vom enterben.

Gleichwie das wort: erbe vilerlei bedeutungen
hat (§ 1820), allso wird auch das wort: enter-
ben
in mancherlei sinne genommen; man kan sich
auch selbst enterben (§ 1857). Die enterbung wird
als eine aus rechtmäßigen ursachen erklärete ent-
zihung, und ausschlüssung aller, dem geblütsrech-
te nach, zustehenden verlassenschaft gebrauchet,
und unterscheidet sich von der verstoßung (abdi-
cation), aus der famili, welche eine erklärung eines
vaters ist, daß er den son, oder die tochter wegen
der übelen auffürung nicht für sein kind erkenne;
mithin sotanes kind fortjaget, und von ihm nichts
wissen will (§ 2984 fg des 2ten th.); oder, da die
aeltern ein kind um alles bringen wollen, was ihm
sonst gebüret. Zu dieser verstoßung brauchet man
kein testament; gleichwohl war sie bei den Teut-
schen bräuchlich, und kömmt noch vor; ob sie schon
die Römer verboten und verabscheuet haben (§ 2985
des 2ten th.), Jac. Carmon de abdicatione libe-
rorum secundum principia iur. ciu. morum germ.
et iuris Lubecens.
Rostock 1733, 4to, sect. I § 4, 5
s. 10 fg. Wenn einer in Teutschlande eine von den
drey öffentlich bestätigten religionen übergehet, kan
er deshalber nicht enterbet werden, Heinecc am
a. o. § 211. Allso suchete der landgraf zu Thürin-
gen, Albert, der unartige, seine söne, den Fride-
rich, und Dietrich, um Thüringen etc. zu bringen;
indem er solches an den Kaiser Adolph überliß;
welches aber widerrechtlich geschah, Schurzfleisch
de eo quod interest abdicationis principum § VII, *,
auch von den landständen nicht gebilliget wurde.

§ 2989
wie es diser-
halben bei bür-
gern, und bau-

Bei bürgern, und bauern richtet man sich der
enterbung halber gemeiniglich nach den römischen

rech-
II buch, LXXVIII haubtſtuͤck,
§ 2979
vom enterben.

Gleichwie das wort: erbe vilerlei bedeutungen
hat (§ 1820), allſo wird auch das wort: enter-
ben
in mancherlei ſinne genommen; man kan ſich
auch ſelbſt enterben (§ 1857). Die enterbung wird
als eine aus rechtmaͤßigen urſachen erklaͤrete ent-
zihung, und ausſchluͤſſung aller, dem gebluͤtsrech-
te nach, zuſtehenden verlaſſenſchaft gebrauchet,
und unterſcheidet ſich von der verſtoßung (abdi-
cation), aus der famili, welche eine erklaͤrung eines
vaters iſt, daß er den ſon, oder die tochter wegen
der uͤbelen auffuͤrung nicht fuͤr ſein kind erkenne;
mithin ſotanes kind fortjaget, und von ihm nichts
wiſſen will (§ 2984 fg des 2ten th.); oder, da die
aeltern ein kind um alles bringen wollen, was ihm
ſonſt gebuͤret. Zu dieſer verſtoßung brauchet man
kein teſtament; gleichwohl war ſie bei den Teut-
ſchen braͤuchlich, und koͤmmt noch vor; ob ſie ſchon
die Roͤmer verboten und verabſcheuet haben (§ 2985
des 2ten th.), Jac. Carmon de abdicatione libe-
rorum ſecundum principia iur. ciu. morum germ.
et iuris Lubecenſ.
Roſtock 1733, 4to, ſect. I § 4, 5
ſ. 10 fg. Wenn einer in Teutſchlande eine von den
drey oͤffentlich beſtaͤtigten religionen uͤbergehet, kan
er deshalber nicht enterbet werden, Heinecc am
a. o. § 211. Allſo ſuchete der landgraf zu Thuͤrin-
gen, Albert, der unartige, ſeine ſoͤne, den Fride-
rich, und Dietrich, um Thuͤringen ꝛc. zu bringen;
indem er ſolches an den Kaiſer Adolph uͤberliß;
welches aber widerrechtlich geſchah, Schurzfleiſch
de eo quod intereſt abdicationis principum § VII, *,
auch von den landſtaͤnden nicht gebilliget wurde.

§ 2989
wie es diſer-
halben bei buͤr-
gern, und bau-

Bei buͤrgern, und bauern richtet man ſich der
enterbung halber gemeiniglich nach den roͤmiſchen

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[1048/1072] II buch, LXXVIII haubtſtuͤck, § 2979 Gleichwie das wort: erbe vilerlei bedeutungen hat (§ 1820), allſo wird auch das wort: enter- ben in mancherlei ſinne genommen; man kan ſich auch ſelbſt enterben (§ 1857). Die enterbung wird als eine aus rechtmaͤßigen urſachen erklaͤrete ent- zihung, und ausſchluͤſſung aller, dem gebluͤtsrech- te nach, zuſtehenden verlaſſenſchaft gebrauchet, und unterſcheidet ſich von der verſtoßung (abdi- cation), aus der famili, welche eine erklaͤrung eines vaters iſt, daß er den ſon, oder die tochter wegen der uͤbelen auffuͤrung nicht fuͤr ſein kind erkenne; mithin ſotanes kind fortjaget, und von ihm nichts wiſſen will (§ 2984 fg des 2ten th.); oder, da die aeltern ein kind um alles bringen wollen, was ihm ſonſt gebuͤret. Zu dieſer verſtoßung brauchet man kein teſtament; gleichwohl war ſie bei den Teut- ſchen braͤuchlich, und koͤmmt noch vor; ob ſie ſchon die Roͤmer verboten und verabſcheuet haben (§ 2985 des 2ten th.), Jac. Carmon de abdicatione libe- rorum ſecundum principia iur. ciu. morum germ. et iuris Lubecenſ. Roſtock 1733, 4to, ſect. I § 4, 5 ſ. 10 fg. Wenn einer in Teutſchlande eine von den drey oͤffentlich beſtaͤtigten religionen uͤbergehet, kan er deshalber nicht enterbet werden, Heinecc am a. o. § 211. Allſo ſuchete der landgraf zu Thuͤrin- gen, Albert, der unartige, ſeine ſoͤne, den Fride- rich, und Dietrich, um Thuͤringen ꝛc. zu bringen; indem er ſolches an den Kaiſer Adolph uͤberliß; welches aber widerrechtlich geſchah, Schurzfleiſch de eo quod intereſt abdicationis principum § VII, *, auch von den landſtaͤnden nicht gebilliget wurde. § 2989 Bei buͤrgern, und bauern richtet man ſich der enterbung halber gemeiniglich nach den roͤmiſchen rech-

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 1048. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1072>, abgerufen am 28.03.2024.