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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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II buch, LXXX haubtstück,
erbfolge, oder die primogenitur. Wir wollen hir
die lezte betrachten, nämlich, wenn die lezte lini,
und daraus der erste zur erbfolge gelassen wird.
Die lineal teilet sich in die agnaticam, und co-
gnaticam. Jene ist, ordentlicher weise, dijenige,
welche alle weibespersonen so lange ausschlüsset,
biß keine mannsperson vom ersten anherrn, wo-
von alle abstammen, mehr vorhanden ist. Sie
erstrecket sich am weitesten. Nachdem Heinrich
III, könig in Frankreich, der lezte des Valesischen
stammes verstorben war; so fil das königreich auf
Heinrichen IIII aus der jungen lini. Die cogna-
tica linealis
ist: wenn die nähere weibesperson aus
der nächsten lini einer mannsperson aus der dritten
lini vorgezogen wird. Allso sprach das parla-
ment, in Pariß, für die tochter aus der andern
lini, und schloß den Johannes von Montfort aus
der dritten lini aus, nachdem Johannes in Bri-
tannien one erben verstorben war. Dise erbfolge
wird nicht vermutet; sondern so lange der manns-
stamm blühet, gehet man nach der agnatica, und
in disem falle werden auch die söne von der tochter
wie die tochter beurteilet (§ 3011 des 2ten th.).
Eduard III, könig in Engelland, wurde von der
Jsabell, aus Frankreich, geboren: die Franzo-
sen aber schlossen ihn aus, und namen den ent-
fernteren vätter Philipp von Valois. Jn anse-
hung der gebrüder, aus doppelten banden wider
das halbgeschwister ist heftig gestritten worden:
ob dabei ein vorzug sei? und zwar in sachen Moz,
wider die oberschuldheissin Crusemännin, eine Mo-
zin, und den obristen Moz in Bremen. Die Cru-
semännin steiffete sich auf die doppelte bande; allein
es fil das urtel für den obersten Moz aus, und
wurde in Helmstädt gesprochen: daß die doppelte
bande nicht zu beobachten wäre; allein ich

hal-

II buch, LXXX haubtſtuͤck,
erbfolge, oder die primogenitur. Wir wollen hir
die lezte betrachten, naͤmlich, wenn die lezte lini,
und daraus der erſte zur erbfolge gelaſſen wird.
Die lineal teilet ſich in die agnaticam, und co-
gnaticam. Jene iſt, ordentlicher weiſe, dijenige,
welche alle weibesperſonen ſo lange ausſchluͤſſet,
biß keine mannsperſon vom erſten anherrn, wo-
von alle abſtammen, mehr vorhanden iſt. Sie
erſtrecket ſich am weiteſten. Nachdem Heinrich
III, koͤnig in Frankreich, der lezte des Valeſiſchen
ſtammes verſtorben war; ſo fil das koͤnigreich auf
Heinrichen IIII aus der jungen lini. Die cogna-
tica linealis
iſt: wenn die naͤhere weibesperſon aus
der naͤchſten lini einer mannsperſon aus der dritten
lini vorgezogen wird. Allſo ſprach das parla-
ment, in Pariß, fuͤr die tochter aus der andern
lini, und ſchloß den Johannes von Montfort aus
der dritten lini aus, nachdem Johannes in Bri-
tannien one erben verſtorben war. Diſe erbfolge
wird nicht vermutet; ſondern ſo lange der manns-
ſtamm bluͤhet, gehet man nach der agnatica, und
in diſem falle werden auch die ſoͤne von der tochter
wie die tochter beurteilet (§ 3011 des 2ten th.).
Eduard III, koͤnig in Engelland, wurde von der
Jſabell, aus Frankreich, geboren: die Franzo-
ſen aber ſchloſſen ihn aus, und namen den ent-
fernteren vaͤtter Philipp von Valois. Jn anſe-
hung der gebruͤder, aus doppelten banden wider
das halbgeſchwiſter iſt heftig geſtritten worden:
ob dabei ein vorzug ſei? und zwar in ſachen Moz,
wider die oberſchuldheiſſin Cruſemaͤnnin, eine Mo-
zin, und den obriſten Moz in Bremen. Die Cru-
ſemaͤnnin ſteiffete ſich auf die doppelte bande; allein
es fil das urtel fuͤr den oberſten Moz aus, und
wurde in Helmſtaͤdt geſprochen: daß die doppelte
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[1060/1084] II buch, LXXX haubtſtuͤck, erbfolge, oder die primogenitur. Wir wollen hir die lezte betrachten, naͤmlich, wenn die lezte lini, und daraus der erſte zur erbfolge gelaſſen wird. Die lineal teilet ſich in die agnaticam, und co- gnaticam. Jene iſt, ordentlicher weiſe, dijenige, welche alle weibesperſonen ſo lange ausſchluͤſſet, biß keine mannsperſon vom erſten anherrn, wo- von alle abſtammen, mehr vorhanden iſt. Sie erſtrecket ſich am weiteſten. Nachdem Heinrich III, koͤnig in Frankreich, der lezte des Valeſiſchen ſtammes verſtorben war; ſo fil das koͤnigreich auf Heinrichen IIII aus der jungen lini. Die cogna- tica linealis iſt: wenn die naͤhere weibesperſon aus der naͤchſten lini einer mannsperſon aus der dritten lini vorgezogen wird. Allſo ſprach das parla- ment, in Pariß, fuͤr die tochter aus der andern lini, und ſchloß den Johannes von Montfort aus der dritten lini aus, nachdem Johannes in Bri- tannien one erben verſtorben war. Diſe erbfolge wird nicht vermutet; ſondern ſo lange der manns- ſtamm bluͤhet, gehet man nach der agnatica, und in diſem falle werden auch die ſoͤne von der tochter wie die tochter beurteilet (§ 3011 des 2ten th.). Eduard III, koͤnig in Engelland, wurde von der Jſabell, aus Frankreich, geboren: die Franzo- ſen aber ſchloſſen ihn aus, und namen den ent- fernteren vaͤtter Philipp von Valois. Jn anſe- hung der gebruͤder, aus doppelten banden wider das halbgeſchwiſter iſt heftig geſtritten worden: ob dabei ein vorzug ſei? und zwar in ſachen Moz, wider die oberſchuldheiſſin Cruſemaͤnnin, eine Mo- zin, und den obriſten Moz in Bremen. Die Cru- ſemaͤnnin ſteiffete ſich auf die doppelte bande; allein es fil das urtel fuͤr den oberſten Moz aus, und wurde in Helmſtaͤdt geſprochen: daß die doppelte bande nicht zu beobachten waͤre; allein ich hal-

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 1060. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1084>, abgerufen am 29.03.2024.