Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

Bild:
<< vorherige Seite
von den gedingen.

Wohltätige und lästige gedinge.

Zu den ersten gehören die schenkungen, das
darlehn, das leihen, die hinterlegung, die voll-
macht. Die lästigen sind: der tausch, der kauf,
die verpachtung; die gesellschaft, das pfand, und
die bürgschaft gehören zu keinem von beiden.

Bei den lästigen muß man auf die gleichheit
sehen. Kaiser Carl IV gab für ein gastmahl dem
herzog von Avignon das königreich Arelat. Bei
wettungen und tauschen wird auf die gleichheit
nicht gesehen, noch bei den lehnen.

§ 3495

Wir haben eine buchstäbliche auslegung, wel-auslegung der
gedinge.

che die strenge genennet wird. Diser stellet man
entgegen die milde. Hir entstehet die frage: bei
welchen die milde, oder strenge anschläget. Einer
hat mit dem fürsten ein geding getroffen, das rö-
mische von den contractibus b. f. et str. juris hat der
Teutsche nicht (§ 3435 des 2ten th.). Der Rö-
mer lässet nur bei den negotiis b. f. in litem schwö-
ren. Der Teutsche sihet darauf nicht. Gund-
ling
de usu practico actionum b. f. et str. iuris s. 77.
Jn sachen des marschalls von Biberstein wider die
von Ende ist heftig über dise sache am K. und R.
kammergerichte gestritten worden.

Sihe darauf: ob der handel ein lästiges, oder
ein wohltätiges geschäfte ist. Gesetzt: ich hätte
einem 100 rthl. geschenket; hier hat keine erstren-
gende, oder milde erklärung statt Seze: ich wä-
re die kaufgelter schuldig. Die billigkeit erhei-
schet, dem verkäufer wegen des verzuges der aus-
zalung das interesse zu entrichten. Einer borget
gelt von mir, ich muß es ihm über land zusenden.
Wer muß das postgelt bezahlen? ich, oder der

schuld-
E e c e 5
von den gedingen.

Wohltaͤtige und laͤſtige gedinge.

Zu den erſten gehoͤren die ſchenkungen, das
darlehn, das leihen, die hinterlegung, die voll-
macht. Die laͤſtigen ſind: der tauſch, der kauf,
die verpachtung; die geſellſchaft, das pfand, und
die buͤrgſchaft gehoͤren zu keinem von beiden.

Bei den laͤſtigen muß man auf die gleichheit
ſehen. Kaiſer Carl IV gab fuͤr ein gaſtmahl dem
herzog von Avignon das koͤnigreich Arelat. Bei
wettungen und tauſchen wird auf die gleichheit
nicht geſehen, noch bei den lehnen.

§ 3495

Wir haben eine buchſtaͤbliche auslegung, wel-auslegung der
gedinge.

che die ſtrenge genennet wird. Diſer ſtellet man
entgegen die milde. Hir entſtehet die frage: bei
welchen die milde, oder ſtrenge anſchlaͤget. Einer
hat mit dem fuͤrſten ein geding getroffen, das roͤ-
miſche von den contractibus b. f. et ſtr. juris hat der
Teutſche nicht (§ 3435 des 2ten th.). Der Roͤ-
mer laͤſſet nur bei den negotiis b. f. in litem ſchwoͤ-
ren. Der Teutſche ſihet darauf nicht. Gund-
ling
de uſu practico actionum b. f. et ſtr. iuris ſ. 77.
Jn ſachen des marſchalls von Biberſtein wider die
von Ende iſt heftig uͤber diſe ſache am K. und R.
kammergerichte geſtritten worden.

Sihe darauf: ob der handel ein laͤſtiges, oder
ein wohltaͤtiges geſchaͤfte iſt. Geſetzt: ich haͤtte
einem 100 rthl. geſchenket; hier hat keine erſtren-
gende, oder milde erklaͤrung ſtatt Seze: ich waͤ-
re die kaufgelter ſchuldig. Die billigkeit erhei-
ſchet, dem verkaͤufer wegen des verzuges der aus-
zalung das intereſſe zu entrichten. Einer borget
gelt von mir, ich muß es ihm uͤber land zuſenden.
Wer muß das poſtgelt bezahlen? ich, oder der

ſchuld-
E e c e 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f1201" n="1177"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">von den gedingen.</hi> </fw><lb/>
            <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Wohlta&#x0364;tige und la&#x0364;&#x017F;tige gedinge.</hi> </hi> </p><lb/>
            <p>Zu den er&#x017F;ten geho&#x0364;ren die &#x017F;chenkungen, das<lb/>
darlehn, das leihen, die hinterlegung, die voll-<lb/>
macht. Die la&#x0364;&#x017F;tigen &#x017F;ind: der tau&#x017F;ch, der kauf,<lb/>
die verpachtung; die ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, das pfand, und<lb/>
die bu&#x0364;rg&#x017F;chaft geho&#x0364;ren zu keinem von beiden.</p><lb/>
            <p>Bei den la&#x0364;&#x017F;tigen muß man auf die gleichheit<lb/>
&#x017F;ehen. Kai&#x017F;er Carl <hi rendition="#aq">IV</hi> gab fu&#x0364;r ein ga&#x017F;tmahl dem<lb/>
herzog von Avignon das ko&#x0364;nigreich Arelat. Bei<lb/>
wettungen und tau&#x017F;chen wird auf die gleichheit<lb/>
nicht ge&#x017F;ehen, noch bei den lehnen.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§ 3495</head><lb/>
          <p>Wir haben eine buch&#x017F;ta&#x0364;bliche auslegung, wel-<note place="right">auslegung der<lb/>
gedinge.</note><lb/>
che die <hi rendition="#fr">&#x017F;trenge</hi> genennet wird. Di&#x017F;er &#x017F;tellet man<lb/>
entgegen die <hi rendition="#fr">milde.</hi> Hir ent&#x017F;tehet die frage: bei<lb/>
welchen die milde, oder &#x017F;trenge an&#x017F;chla&#x0364;get. Einer<lb/>
hat mit dem fu&#x0364;r&#x017F;ten ein geding getroffen, das ro&#x0364;-<lb/>
mi&#x017F;che von den contractibus <hi rendition="#aq">b. f. et &#x017F;tr. juris</hi> hat der<lb/>
Teut&#x017F;che nicht (§ 3435 des 2ten th.). Der Ro&#x0364;-<lb/>
mer la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et nur bei den negotiis <hi rendition="#aq">b. f. in litem</hi> &#x017F;chwo&#x0364;-<lb/>
ren. Der Teut&#x017F;che &#x017F;ihet darauf nicht. <hi rendition="#fr">Gund-<lb/>
ling</hi> <hi rendition="#aq">de u&#x017F;u practico actionum b. f. et &#x017F;tr. iuris</hi> &#x017F;. 77.<lb/>
Jn &#x017F;achen des mar&#x017F;challs von Biber&#x017F;tein wider die<lb/>
von Ende i&#x017F;t heftig u&#x0364;ber di&#x017F;e &#x017F;ache am K. und R.<lb/>
kammergerichte ge&#x017F;tritten worden.</p><lb/>
          <p>Sihe darauf: ob der handel ein la&#x0364;&#x017F;tiges, oder<lb/>
ein wohlta&#x0364;tiges ge&#x017F;cha&#x0364;fte i&#x017F;t. Ge&#x017F;etzt: ich ha&#x0364;tte<lb/>
einem 100 rthl. ge&#x017F;chenket; hier hat keine er&#x017F;tren-<lb/>
gende, oder milde erkla&#x0364;rung &#x017F;tatt Seze: ich wa&#x0364;-<lb/>
re die kaufgelter &#x017F;chuldig. Die billigkeit erhei-<lb/>
&#x017F;chet, dem verka&#x0364;ufer wegen des verzuges der aus-<lb/>
zalung das intere&#x017F;&#x017F;e zu entrichten. Einer borget<lb/>
gelt von mir, ich muß es ihm u&#x0364;ber land zu&#x017F;enden.<lb/>
Wer muß das po&#x017F;tgelt bezahlen? ich, oder der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E e c e 5</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chuld-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1177/1201] von den gedingen. Wohltaͤtige und laͤſtige gedinge. Zu den erſten gehoͤren die ſchenkungen, das darlehn, das leihen, die hinterlegung, die voll- macht. Die laͤſtigen ſind: der tauſch, der kauf, die verpachtung; die geſellſchaft, das pfand, und die buͤrgſchaft gehoͤren zu keinem von beiden. Bei den laͤſtigen muß man auf die gleichheit ſehen. Kaiſer Carl IV gab fuͤr ein gaſtmahl dem herzog von Avignon das koͤnigreich Arelat. Bei wettungen und tauſchen wird auf die gleichheit nicht geſehen, noch bei den lehnen. § 3495 Wir haben eine buchſtaͤbliche auslegung, wel- che die ſtrenge genennet wird. Diſer ſtellet man entgegen die milde. Hir entſtehet die frage: bei welchen die milde, oder ſtrenge anſchlaͤget. Einer hat mit dem fuͤrſten ein geding getroffen, das roͤ- miſche von den contractibus b. f. et ſtr. juris hat der Teutſche nicht (§ 3435 des 2ten th.). Der Roͤ- mer laͤſſet nur bei den negotiis b. f. in litem ſchwoͤ- ren. Der Teutſche ſihet darauf nicht. Gund- ling de uſu practico actionum b. f. et ſtr. iuris ſ. 77. Jn ſachen des marſchalls von Biberſtein wider die von Ende iſt heftig uͤber diſe ſache am K. und R. kammergerichte geſtritten worden. auslegung der gedinge. Sihe darauf: ob der handel ein laͤſtiges, oder ein wohltaͤtiges geſchaͤfte iſt. Geſetzt: ich haͤtte einem 100 rthl. geſchenket; hier hat keine erſtren- gende, oder milde erklaͤrung ſtatt Seze: ich waͤ- re die kaufgelter ſchuldig. Die billigkeit erhei- ſchet, dem verkaͤufer wegen des verzuges der aus- zalung das intereſſe zu entrichten. Einer borget gelt von mir, ich muß es ihm uͤber land zuſenden. Wer muß das poſtgelt bezahlen? ich, oder der ſchuld- E e c e 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1201
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 1177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1201>, abgerufen am 29.03.2024.