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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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III buch, XXII haubtstück,
§ 3618
von der unter-
gebung einer
sache, oder un-
ter handen ge-
ben.

Damit ich in der noht gelt überkam, oder gel-
teswehrt, oder was ich bedurfte; so untergab ich
meinem glaubiger einen acker, eine wise, einen gar-
ten, einen zehnten, oder andre gefälle, unter han-
den. Der Römer heisset dises pactum antichreti-
cum.
Der Teutsche wußte deshalber von keiner
nachrechnung; ist allso nicht an dem, was einige
von der nachrechnung schreiben; vilmehr flicken
sie einen römischen, und canonischen lappen auf den
teutschen rock; wiwohl Kemmerich, und nach ihm
Schaumburg behaubten wollen: was massen das
römische recht von einer nachrechnung nichts wisse.
Jndeß haben die regirung zu Giessen, und das
oberappellations-gericht zu Darmstadt, in sachen
der landerben von Lehrbach wider den haubtmann
von Lehrbach, auf die nachrechnung wegen der
zehnten im Lichischen erkannt.

§ 3619
vom gilt- oder
gülten-kaufe.

Jn den Reichssazungen ist dises ein gänges
wort (§ 3667 des 2ten th.), Haltaus sp. 722 fg.
unter dem worte: gilt etc. Gilt bedeutet 1) com-
pensatio;
daher sagt man: zwei gilt, dupli com-
pensatio;
den schaden soll er ihm zwifältig gelten
Haltaus sp. 2187. 2) Jst gilt, oder gült, redi-
tus et praestatio in pecunia;
3) im getreide; des-
halber haben wir korngült, waizengült, gültwaizen,
und partim; 4) werden gült, und schult einander
entgegen gesezet. Schuld bedeutet ein gelt-dar-
lehn. Das gültgeben hatte grosse gunst in den ge-
richten. Der giltpflichtige wurde flugs ausge-
pfändet. Giltbar ist derjenige, der mir gilt leisten
muß. Die giltzeit ist der tag, daran die gilt muß
bezalet werden. Bar gilt, sind dijenige, welche in

die
III buch, XXII haubtſtuͤck,
§ 3618
von der unter-
gebung einer
ſache, oder un-
ter handen ge-
ben.

Damit ich in der noht gelt uͤberkam, oder gel-
teswehrt, oder was ich bedurfte; ſo untergab ich
meinem glaubiger einen acker, eine wiſe, einen gar-
ten, einen zehnten, oder andre gefaͤlle, unter han-
den. Der Roͤmer heiſſet diſes pactum antichreti-
cum.
Der Teutſche wußte deshalber von keiner
nachrechnung; iſt allſo nicht an dem, was einige
von der nachrechnung ſchreiben; vilmehr flicken
ſie einen roͤmiſchen, und canoniſchen lappen auf den
teutſchen rock; wiwohl Kemmerich, und nach ihm
Schaumburg behaubten wollen: was maſſen das
roͤmiſche recht von einer nachrechnung nichts wiſſe.
Jndeß haben die regirung zu Gieſſen, und das
oberappellations-gericht zu Darmſtadt, in ſachen
der landerben von Lehrbach wider den haubtmann
von Lehrbach, auf die nachrechnung wegen der
zehnten im Lichiſchen erkannt.

§ 3619
vom gilt- oder
guͤlten-kaufe.

Jn den Reichsſazungen iſt diſes ein gaͤnges
wort (§ 3667 des 2ten th.), Haltaus ſp. 722 fg.
unter dem worte: gilt ꝛc. Gilt bedeutet 1) com-
penſatio;
daher ſagt man: zwei gilt, dupli com-
penſatio;
den ſchaden ſoll er ihm zwifaͤltig gelten
Haltaus ſp. 2187. 2) Jſt gilt, oder guͤlt, redi-
tus et praeſtatio in pecunia;
3) im getreide; des-
halber haben wir kornguͤlt, waizenguͤlt, guͤltwaizen,
und partim; 4) werden guͤlt, und ſchult einander
entgegen geſezet. Schuld bedeutet ein gelt-dar-
lehn. Das guͤltgeben hatte groſſe gunſt in den ge-
richten. Der giltpflichtige wurde flugs ausge-
pfaͤndet. Giltbar iſt derjenige, der mir gilt leiſten
muß. Die giltzeit iſt der tag, daran die gilt muß
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[1214/1238] III buch, XXII haubtſtuͤck, § 3618 Damit ich in der noht gelt uͤberkam, oder gel- teswehrt, oder was ich bedurfte; ſo untergab ich meinem glaubiger einen acker, eine wiſe, einen gar- ten, einen zehnten, oder andre gefaͤlle, unter han- den. Der Roͤmer heiſſet diſes pactum antichreti- cum. Der Teutſche wußte deshalber von keiner nachrechnung; iſt allſo nicht an dem, was einige von der nachrechnung ſchreiben; vilmehr flicken ſie einen roͤmiſchen, und canoniſchen lappen auf den teutſchen rock; wiwohl Kemmerich, und nach ihm Schaumburg behaubten wollen: was maſſen das roͤmiſche recht von einer nachrechnung nichts wiſſe. Jndeß haben die regirung zu Gieſſen, und das oberappellations-gericht zu Darmſtadt, in ſachen der landerben von Lehrbach wider den haubtmann von Lehrbach, auf die nachrechnung wegen der zehnten im Lichiſchen erkannt. § 3619 Jn den Reichsſazungen iſt diſes ein gaͤnges wort (§ 3667 des 2ten th.), Haltaus ſp. 722 fg. unter dem worte: gilt ꝛc. Gilt bedeutet 1) com- penſatio; daher ſagt man: zwei gilt, dupli com- penſatio; den ſchaden ſoll er ihm zwifaͤltig gelten Haltaus ſp. 2187. 2) Jſt gilt, oder guͤlt, redi- tus et praeſtatio in pecunia; 3) im getreide; des- halber haben wir kornguͤlt, waizenguͤlt, guͤltwaizen, und partim; 4) werden guͤlt, und ſchult einander entgegen geſezet. Schuld bedeutet ein gelt-dar- lehn. Das guͤltgeben hatte groſſe gunſt in den ge- richten. Der giltpflichtige wurde flugs ausge- pfaͤndet. Giltbar iſt derjenige, der mir gilt leiſten muß. Die giltzeit iſt der tag, daran die gilt muß bezalet werden. Bar gilt, ſind dijenige, welche in die

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 1214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1238>, abgerufen am 28.03.2024.