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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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von den christen, und jüden.
betracht sie, nach der regel, nicht vermutet wird;
ob schon dijenige im zweiffel, welche um lohn di-
nen, für arm gehalten werden. Es ist aber ein völ-
liger beweiß diserhalben nicht nötig. Dise beschei-
nigung geschihet 1) zur noht durch zeugnisse der
verwandten, 2) der hausgenossen, 3) der nachba-
ren, 4) anderer zween zeugen, 5) vermittels des
öffentlichen gerichtes, 6) der obrigkeit, 7) schulzen,
8) gerichtsschöffen, 9) des pfarrers, Gaill am a.
o. Hirauf prüfet der richter die sache, ob sie eini-
gen schein rechtens habe, oder nicht? wenn sich ei-
niger verdacht findet, muß der angebliche arme auch
wohl den eid der boßheit ablegen. Der richter ist
nicht pflichtig: dem armen die kosten vorzuschüs-
sen; jedoch hat er wohl in peinlichen sachen die
auslage, art. 47 der peinl. halsger. ordn. Kaiser
Carls des Vten. Bei der K. R. kammer hat man
den armensäckel, sihe die Hofmannische teutsche
Reichs-praxis im Iten bande § 178 -- 186 s.
113 -- 117. Jn gewissen fällen wird der gegen-
teil angehalten: dem armen die nötigen kosten zu
reichen. Allenfalls muß der richter von ambtes-
wegen in solchen eräugnissen für den armen sorge
tragen: daß er die unkosten vom gegner erhalte;
wobei iedoch erfodert wird: 1) die bescheinigung
der armut, daß er das erste urtel für sich habe,
oder eine starke vermutung für ihn streite. Ein
armer glaubiger kan ebenfalls seine leibes-narung,
und die unkosten von seinem schuldner begeren,
Mevius P. 4 dec. 194. Er darf sich ausserge-
richtlich mit seinem gegner nicht vergleichen; ver-
mag auch als ein landes-einwoner sich nicht gleich
an eines der höchsten Reichsgerichte in Teutsch-
lande zu wenden. Wer einmal das armen-recht
erlanget, und disen eid geleistet hat, Stryk de iu-
ram. paupert.
Gottfr. Lud. Menken de fauore

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von den chriſten, und juͤden.
betracht ſie, nach der regel, nicht vermutet wird;
ob ſchon dijenige im zweiffel, welche um lohn di-
nen, fuͤr arm gehalten werden. Es iſt aber ein voͤl-
liger beweiß diſerhalben nicht noͤtig. Diſe beſchei-
nigung geſchihet 1) zur noht durch zeugniſſe der
verwandten, 2) der hausgenoſſen, 3) der nachba-
ren, 4) anderer zween zeugen, 5) vermittels des
oͤffentlichen gerichtes, 6) der obrigkeit, 7) ſchulzen,
8) gerichtsſchoͤffen, 9) des pfarrers, Gaill am a.
o. Hirauf pruͤfet der richter die ſache, ob ſie eini-
gen ſchein rechtens habe, oder nicht? wenn ſich ei-
niger verdacht findet, muß der angebliche arme auch
wohl den eid der boßheit ablegen. Der richter iſt
nicht pflichtig: dem armen die koſten vorzuſchuͤſ-
ſen; jedoch hat er wohl in peinlichen ſachen die
auslage, art. 47 der peinl. halsger. ordn. Kaiſer
Carls des Vten. Bei der K. R. kammer hat man
den armenſaͤckel, ſihe die Hofmanniſche teutſche
Reichs-praxis im Iten bande § 178 — 186 ſ.
113 — 117. Jn gewiſſen faͤllen wird der gegen-
teil angehalten: dem armen die noͤtigen koſten zu
reichen. Allenfalls muß der richter von ambtes-
wegen in ſolchen eraͤugniſſen fuͤr den armen ſorge
tragen: daß er die unkoſten vom gegner erhalte;
wobei iedoch erfodert wird: 1) die beſcheinigung
der armut, daß er das erſte urtel fuͤr ſich habe,
oder eine ſtarke vermutung fuͤr ihn ſtreite. Ein
armer glaubiger kan ebenfalls ſeine leibes-narung,
und die unkoſten von ſeinem ſchuldner begeren,
Mevius P. 4 dec. 194. Er darf ſich auſſerge-
richtlich mit ſeinem gegner nicht vergleichen; ver-
mag auch als ein landes-einwoner ſich nicht gleich
an eines der hoͤchſten Reichsgerichte in Teutſch-
lande zu wenden. Wer einmal das armen-recht
erlanget, und diſen eid geleiſtet hat, Stryk de iu-
ram. paupert.
Gottfr. Lud. Menken de fauore

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[121/0145] von den chriſten, und juͤden. betracht ſie, nach der regel, nicht vermutet wird; ob ſchon dijenige im zweiffel, welche um lohn di- nen, fuͤr arm gehalten werden. Es iſt aber ein voͤl- liger beweiß diſerhalben nicht noͤtig. Diſe beſchei- nigung geſchihet 1) zur noht durch zeugniſſe der verwandten, 2) der hausgenoſſen, 3) der nachba- ren, 4) anderer zween zeugen, 5) vermittels des oͤffentlichen gerichtes, 6) der obrigkeit, 7) ſchulzen, 8) gerichtsſchoͤffen, 9) des pfarrers, Gaill am a. o. Hirauf pruͤfet der richter die ſache, ob ſie eini- gen ſchein rechtens habe, oder nicht? wenn ſich ei- niger verdacht findet, muß der angebliche arme auch wohl den eid der boßheit ablegen. Der richter iſt nicht pflichtig: dem armen die koſten vorzuſchuͤſ- ſen; jedoch hat er wohl in peinlichen ſachen die auslage, art. 47 der peinl. halsger. ordn. Kaiſer Carls des Vten. Bei der K. R. kammer hat man den armenſaͤckel, ſihe die Hofmanniſche teutſche Reichs-praxis im Iten bande § 178 — 186 ſ. 113 — 117. Jn gewiſſen faͤllen wird der gegen- teil angehalten: dem armen die noͤtigen koſten zu reichen. Allenfalls muß der richter von ambtes- wegen in ſolchen eraͤugniſſen fuͤr den armen ſorge tragen: daß er die unkoſten vom gegner erhalte; wobei iedoch erfodert wird: 1) die beſcheinigung der armut, daß er das erſte urtel fuͤr ſich habe, oder eine ſtarke vermutung fuͤr ihn ſtreite. Ein armer glaubiger kan ebenfalls ſeine leibes-narung, und die unkoſten von ſeinem ſchuldner begeren, Mevius P. 4 dec. 194. Er darf ſich auſſerge- richtlich mit ſeinem gegner nicht vergleichen; ver- mag auch als ein landes-einwoner ſich nicht gleich an eines der hoͤchſten Reichsgerichte in Teutſch- lande zu wenden. Wer einmal das armen-recht erlanget, und diſen eid geleiſtet hat, Stryk de iu- ram. paupert. Gottfr. Lud. Menken de fauore paupe- H 5

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/145>, abgerufen am 24.04.2024.