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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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I haubtst. von der wirklichkeit
fen werden; noch haben wir daselbst bürger- oder
gemeinds- nachbar- und so unterschidene Landes-
auch orts-rechte, und statuten; noch finden wir
allda regalien, wie in Teutschlande; noch lenket
daselbst ein oberherr eines ieden unterthanes han-
delungen zum besten des gemeinen wesens, noch
handhabet ein menschlicher Regent allda den inne-
ren, und äusseren friden, vermittels des gesäzlichen,
und anderen zwanges, noch bestrafet er das böse,
noch belonet ein oberherr das gute, wie in einem
staate solches alles gefunden werden soll. Hirzu
kommen noch die teutsche kriges- forst- jagt- salz-
handels- wechsel- handwerks- ritter- bergwerks-
geistliche, schiff- und see-lehn-rechte, das polizeiwe-
sen, und vile andere dinge, auch rechte, welche
ihren grund in den willen der gesäzgeber, bräuchen,
sitten, herkommen haben. Der Teutsche ließ sich
zu nichts so gern, als zu den krigesdinsten com-
mandiren, da er die freiheit libete, und wild war.
Wo also ein oberherr sich findet, da ist auch ein
staat, und darin befinden sich unterthanen. Wenn
dises richtig ist; so erwachsen hiraus verschidene
rechte, nämlich das staats- und privat-recht. Beide
gehen auch den oberherrn, gewisser massen, an.
Denn, wofern diser einen kauf, tausch etc mit
iemanden stiftet, ist er nach dem privat-rechte zu
beurtheilen. Dieses privat-recht heisset um deß-
willen allso, weil die freie bürgerliche handelungen
darnach ermessen, und der unterthanen streitige
händel entschiden werden.

§ 4
von den sit-
ten, bräuchen,
und gewon-
heiten, auch
deren eintei-

Die sitten sind eigentlich weder gesäze, noch
rechte: allein sie können dennoch darzu anlaß ge-
ben; gestalt dann die alte Teutsche mehrenteils
ihre gesäze aus dem herkommen gemachet haben;

weil

I haubtſt. von der wirklichkeit
fen werden; noch haben wir daſelbſt buͤrger- oder
gemeinds- nachbar- und ſo unterſchidene Landes-
auch orts-rechte, und ſtatuten; noch finden wir
allda regalien, wie in Teutſchlande; noch lenket
daſelbſt ein oberherr eines ieden unterthanes han-
delungen zum beſten des gemeinen weſens, noch
handhabet ein menſchlicher Regent allda den inne-
ren, und aͤuſſeren friden, vermittels des geſaͤzlichen,
und anderen zwanges, noch beſtrafet er das boͤſe,
noch belonet ein oberherr das gute, wie in einem
ſtaate ſolches alles gefunden werden ſoll. Hirzu
kommen noch die teutſche kriges- forſt- jagt- ſalz-
handels- wechſel- handwerks- ritter- bergwerks-
geiſtliche, ſchiff- und ſee-lehn-rechte, das polizeiwe-
ſen, und vile andere dinge, auch rechte, welche
ihren grund in den willen der geſaͤzgeber, braͤuchen,
ſitten, herkommen haben. Der Teutſche ließ ſich
zu nichts ſo gern, als zu den krigesdinſten com-
mandiren, da er die freiheit libete, und wild war.
Wo alſo ein oberherr ſich findet, da iſt auch ein
ſtaat, und darin befinden ſich unterthanen. Wenn
diſes richtig iſt; ſo erwachſen hiraus verſchidene
rechte, naͤmlich das ſtaats- und privat-recht. Beide
gehen auch den oberherrn, gewiſſer maſſen, an.
Denn, wofern diſer einen kauf, tauſch ꝛc mit
iemanden ſtiftet, iſt er nach dem privat-rechte zu
beurtheilen. Dieſes privat-recht heiſſet um deß-
willen allſo, weil die freie buͤrgerliche handelungen
darnach ermeſſen, und der unterthanen ſtreitige
haͤndel entſchiden werden.

§ 4
von den ſit-
ten, braͤuchen,
und gewon-
heiten, auch
deren eintei-

Die ſitten ſind eigentlich weder geſaͤze, noch
rechte: allein ſie koͤnnen dennoch darzu anlaß ge-
ben; geſtalt dann die alte Teutſche mehrenteils
ihre geſaͤze aus dem herkommen gemachet haben;

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[8/0032] I haubtſt. von der wirklichkeit fen werden; noch haben wir daſelbſt buͤrger- oder gemeinds- nachbar- und ſo unterſchidene Landes- auch orts-rechte, und ſtatuten; noch finden wir allda regalien, wie in Teutſchlande; noch lenket daſelbſt ein oberherr eines ieden unterthanes han- delungen zum beſten des gemeinen weſens, noch handhabet ein menſchlicher Regent allda den inne- ren, und aͤuſſeren friden, vermittels des geſaͤzlichen, und anderen zwanges, noch beſtrafet er das boͤſe, noch belonet ein oberherr das gute, wie in einem ſtaate ſolches alles gefunden werden ſoll. Hirzu kommen noch die teutſche kriges- forſt- jagt- ſalz- handels- wechſel- handwerks- ritter- bergwerks- geiſtliche, ſchiff- und ſee-lehn-rechte, das polizeiwe- ſen, und vile andere dinge, auch rechte, welche ihren grund in den willen der geſaͤzgeber, braͤuchen, ſitten, herkommen haben. Der Teutſche ließ ſich zu nichts ſo gern, als zu den krigesdinſten com- mandiren, da er die freiheit libete, und wild war. Wo alſo ein oberherr ſich findet, da iſt auch ein ſtaat, und darin befinden ſich unterthanen. Wenn diſes richtig iſt; ſo erwachſen hiraus verſchidene rechte, naͤmlich das ſtaats- und privat-recht. Beide gehen auch den oberherrn, gewiſſer maſſen, an. Denn, wofern diſer einen kauf, tauſch ꝛc mit iemanden ſtiftet, iſt er nach dem privat-rechte zu beurtheilen. Dieſes privat-recht heiſſet um deß- willen allſo, weil die freie buͤrgerliche handelungen darnach ermeſſen, und der unterthanen ſtreitige haͤndel entſchiden werden. § 4 Die ſitten ſind eigentlich weder geſaͤze, noch rechte: allein ſie koͤnnen dennoch darzu anlaß ge- ben; geſtalt dann die alte Teutſche mehrenteils ihre geſaͤze aus dem herkommen gemachet haben; weil

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/32>, abgerufen am 29.03.2024.