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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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XCIX haubtstück,
keusche, erbare personen. Die vilweiberei war
iren sitten, und gesäzen entgegen; obschon die kö-
nige ausnamen hirvon macheten; vilmehr mußte
ein ehemann mit seinem eheweibe hausen (§ 700
des Iten th.); jedoch lisse man es passiren, und
nam es nicht allzugenau: wenn einer auf bestän-
dig mit einer nicht angetraueten solches tat, und
mit ihr bis an seinen tod lebete; biß hernach der
Kaiser Carl der 5ten und das teutsche reich den con-
cubinat gänzlich verdammete, besage des R. A.
1530, tit. 33, welches in der Reichs-polizeiord-
nung 1577, tit. 26, widerholet wurde. Jm-
mittels unterscheiden sich die römische eheleute und
ire rechte von den teutschen in verschidenen stücken,
Ge. Heinr. Ayrer de iure connubiorum apud ve-
teres Germ.
Goett. 1738, und de ritu nupt. for-
maque matrimonii
ebend., Sam. Stryk de iuri-
bus sing. connub. in Germ.
Halle 1709 Die manns-
person mußte bei den teutschen mannbar seyn;
das war 30 jare; die weibesperson durfte kein
kind mehr seyn; jedoch jünger, als der mann
seyn. Wenn eine alte weibesperson einen jungen
mann nam, sagte man: er hat einen alten kessel
gekauft, um einen neuen damit einzukaufen. Da-
hingegen, wenn ein alter mann ein junges weib
nam, sagte man: alte männer, junge weiber, ge-
wisse kinder; da gab es einen hanrei, d. i. eine
person one reigen (der impotens ist). Denn rei-
gen ist so vil, als consuescere.

§ 699
wie die ehe be-
trachtet wird,
und was freien
bedeutet?

Die ehe wird als ein rechtmässiger stand an-
gesehen; sintemal sie nach fürschrift der gesäze, und
verordnungen im bürgerlichen state, auch nach der
zucht, und erbarkeit eingegangen werden muß
(§ 763 fgg. des Iten th.). Derowegen sahen die

Teutsche

XCIX haubtſtuͤck,
keuſche, erbare perſonen. Die vilweiberei war
iren ſitten, und geſaͤzen entgegen; obſchon die koͤ-
nige ausnamen hirvon macheten; vilmehr mußte
ein ehemann mit ſeinem eheweibe hauſen (§ 700
des Iten th.); jedoch liſſe man es paſſiren, und
nam es nicht allzugenau: wenn einer auf beſtaͤn-
dig mit einer nicht angetraueten ſolches tat, und
mit ihr bis an ſeinen tod lebete; biß hernach der
Kaiſer Carl der 5ten und das teutſche reich den con-
cubinat gaͤnzlich verdammete, beſage des R. A.
1530, tit. 33, welches in der Reichs-polizeiord-
nung 1577, tit. 26, widerholet wurde. Jm-
mittels unterſcheiden ſich die roͤmiſche eheleute und
ire rechte von den teutſchen in verſchidenen ſtuͤcken,
Ge. Heinr. Ayrer de iure connubiorum apud ve-
teres Germ.
Goett. 1738, und de ritu nupt. for-
maque matrimonii
ebend., Sam. Stryk de iuri-
bus ſing. connub. in Germ.
Halle 1709 Die manns-
perſon mußte bei den teutſchen mannbar ſeyn;
das war 30 jare; die weibesperſon durfte kein
kind mehr ſeyn; jedoch juͤnger, als der mann
ſeyn. Wenn eine alte weibesperſon einen jungen
mann nam, ſagte man: er hat einen alten keſſel
gekauft, um einen neuen damit einzukaufen. Da-
hingegen, wenn ein alter mann ein junges weib
nam, ſagte man: alte maͤnner, junge weiber, ge-
wiſſe kinder; da gab es einen hanrei, d. i. eine
perſon one reigen (der impotens iſt). Denn rei-
gen iſt ſo vil, als conſueſcere.

§ 699
wie die ehe be-
trachtet wird,
und was freien
bedeutet?

Die ehe wird als ein rechtmaͤſſiger ſtand an-
geſehen; ſintemal ſie nach fuͤrſchrift der geſaͤze, und
verordnungen im buͤrgerlichen ſtate, auch nach der
zucht, und erbarkeit eingegangen werden muß
(§ 763 fgg. des Iten th.). Derowegen ſahen die

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[420/0444] XCIX haubtſtuͤck, keuſche, erbare perſonen. Die vilweiberei war iren ſitten, und geſaͤzen entgegen; obſchon die koͤ- nige ausnamen hirvon macheten; vilmehr mußte ein ehemann mit ſeinem eheweibe hauſen (§ 700 des Iten th.); jedoch liſſe man es paſſiren, und nam es nicht allzugenau: wenn einer auf beſtaͤn- dig mit einer nicht angetraueten ſolches tat, und mit ihr bis an ſeinen tod lebete; biß hernach der Kaiſer Carl der 5ten und das teutſche reich den con- cubinat gaͤnzlich verdammete, beſage des R. A. 1530, tit. 33, welches in der Reichs-polizeiord- nung 1577, tit. 26, widerholet wurde. Jm- mittels unterſcheiden ſich die roͤmiſche eheleute und ire rechte von den teutſchen in verſchidenen ſtuͤcken, Ge. Heinr. Ayrer de iure connubiorum apud ve- teres Germ. Goett. 1738, und de ritu nupt. for- maque matrimonii ebend., Sam. Stryk de iuri- bus ſing. connub. in Germ. Halle 1709 Die manns- perſon mußte bei den teutſchen mannbar ſeyn; das war 30 jare; die weibesperſon durfte kein kind mehr ſeyn; jedoch juͤnger, als der mann ſeyn. Wenn eine alte weibesperſon einen jungen mann nam, ſagte man: er hat einen alten keſſel gekauft, um einen neuen damit einzukaufen. Da- hingegen, wenn ein alter mann ein junges weib nam, ſagte man: alte maͤnner, junge weiber, ge- wiſſe kinder; da gab es einen hanrei, d. i. eine perſon one reigen (der impotens iſt). Denn rei- gen iſt ſo vil, als conſueſcere. § 699 Die ehe wird als ein rechtmaͤſſiger ſtand an- geſehen; ſintemal ſie nach fuͤrſchrift der geſaͤze, und verordnungen im buͤrgerlichen ſtate, auch nach der zucht, und erbarkeit eingegangen werden muß (§ 763 fgg. des Iten th.). Derowegen ſahen die Teutſche

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/444>, abgerufen am 28.03.2024.