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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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von den eheleuten.
Teutsche auf solche besonders, hasseten die frühe
verheiratungen; mithin durfte nicht ein jeder hei-
raten, wen er wollte, noch zu allen zeiten, wenn
es ihm belibete (§ 767 des Iten th.); sondern er
mußte sowohl die frau ernären, als auch sie, wie
ein rechter verteidiger, beschüzen können; folglich
die behörigen jare, samt dem erfoderlichen vermö-
gen, haben. Wenn sie allso erlaubet ist, gibet
die ehe das recht: mit einer weibesperson ehelich
zu leben; das heiraten, oder heimraten, ist so
vil: als einer eine heimat geben, wo sie beständig
bleiben, oder wonen soll. Frau, fra, freifra,
frei, frea, bedeutet so vil als herrin (§ 73); mit-
hin zeiget frcien eine herrin werden, an, oder kei-
ne jungfer mehr seyn wollen, oder zu liben anfan-
gen; fron aber heisset herr, Wachter im gloss.
unter frei, freien, fron, sp. 483 fg., sp. 495.
Fragiptim, d. i. eine frau werden; freister heisset
bei den Niderländern, die eine frau, herrin, wer-
den kann. Der freier heisset einer, welcher eine
frau, oder herrin machen will. Die weibesper-
son muß iren freien willen darzu geben, und darf
nicht gezwungen werden. Die Teutsche haben
jederzeit vil auf die weiber gehalten, und inen
grosse ere erwisen; immasen sie glaubeten, daß bei
den weibespersonen etwas göttliches wäre (§ 74
des Iten th.), Dreyers samml. im 2ten th., f. 642
fgg. Aus diser, auch andern ursachen, gingen sie
mit iren weibern zu raht, und frageten sie darum,
hatten sie in der gemeinschaft; folglich taten die
ehemänner nichts wichtiges, noch nachteiliges, one
irer eheweiber einwilligung, welche mit erfodert
wurde. Dises leztere bemerket man noch täglich
bei den gemeinen leuten, wenn nämlich der mann
für sich one der frau willen etwas verkaufet, oder
gekaufet hat; allein die frau hernach damit nicht

zufriden
D d 3

von den eheleuten.
Teutſche auf ſolche beſonders, haſſeten die fruͤhe
verheiratungen; mithin durfte nicht ein jeder hei-
raten, wen er wollte, noch zu allen zeiten, wenn
es ihm belibete (§ 767 des Iten th.); ſondern er
mußte ſowohl die frau ernaͤren, als auch ſie, wie
ein rechter verteidiger, beſchuͤzen koͤnnen; folglich
die behoͤrigen jare, ſamt dem erfoderlichen vermoͤ-
gen, haben. Wenn ſie allſo erlaubet iſt, gibet
die ehe das recht: mit einer weibesperſon ehelich
zu leben; das heiraten, oder heimraten, iſt ſo
vil: als einer eine heimat geben, wo ſie beſtaͤndig
bleiben, oder wonen ſoll. Frau, fra, freifra,
frei, frea, bedeutet ſo vil als herrin (§ 73); mit-
hin zeiget frcien eine herrin werden, an, oder kei-
ne jungfer mehr ſeyn wollen, oder zu liben anfan-
gen; fron aber heiſſet herr, Wachter im gloſſ.
unter frei, freien, fron, ſp. 483 fg., ſp. 495.
Fragiptim, d. i. eine frau werden; freiſter heiſſet
bei den Niderlaͤndern, die eine frau, herrin, wer-
den kann. Der freier heiſſet einer, welcher eine
frau, oder herrin machen will. Die weibesper-
ſon muß iren freien willen darzu geben, und darf
nicht gezwungen werden. Die Teutſche haben
jederzeit vil auf die weiber gehalten, und inen
groſſe ere erwiſen; immaſen ſie glaubeten, daß bei
den weibesperſonen etwas goͤttliches waͤre (§ 74
des Iten th.), Dreyers ſamml. im 2ten th., f. 642
fgg. Aus diſer, auch andern urſachen, gingen ſie
mit iren weibern zu raht, und frageten ſie darum,
hatten ſie in der gemeinſchaft; folglich taten die
ehemaͤnner nichts wichtiges, noch nachteiliges, one
irer eheweiber einwilligung, welche mit erfodert
wurde. Diſes leztere bemerket man noch taͤglich
bei den gemeinen leuten, wenn naͤmlich der mann
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gekaufet hat; allein die frau hernach damit nicht

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[421/0445] von den eheleuten. Teutſche auf ſolche beſonders, haſſeten die fruͤhe verheiratungen; mithin durfte nicht ein jeder hei- raten, wen er wollte, noch zu allen zeiten, wenn es ihm belibete (§ 767 des Iten th.); ſondern er mußte ſowohl die frau ernaͤren, als auch ſie, wie ein rechter verteidiger, beſchuͤzen koͤnnen; folglich die behoͤrigen jare, ſamt dem erfoderlichen vermoͤ- gen, haben. Wenn ſie allſo erlaubet iſt, gibet die ehe das recht: mit einer weibesperſon ehelich zu leben; das heiraten, oder heimraten, iſt ſo vil: als einer eine heimat geben, wo ſie beſtaͤndig bleiben, oder wonen ſoll. Frau, fra, freifra, frei, frea, bedeutet ſo vil als herrin (§ 73); mit- hin zeiget frcien eine herrin werden, an, oder kei- ne jungfer mehr ſeyn wollen, oder zu liben anfan- gen; fron aber heiſſet herr, Wachter im gloſſ. unter frei, freien, fron, ſp. 483 fg., ſp. 495. Fragiptim, d. i. eine frau werden; freiſter heiſſet bei den Niderlaͤndern, die eine frau, herrin, wer- den kann. Der freier heiſſet einer, welcher eine frau, oder herrin machen will. Die weibesper- ſon muß iren freien willen darzu geben, und darf nicht gezwungen werden. Die Teutſche haben jederzeit vil auf die weiber gehalten, und inen groſſe ere erwiſen; immaſen ſie glaubeten, daß bei den weibesperſonen etwas goͤttliches waͤre (§ 74 des Iten th.), Dreyers ſamml. im 2ten th., f. 642 fgg. Aus diſer, auch andern urſachen, gingen ſie mit iren weibern zu raht, und frageten ſie darum, hatten ſie in der gemeinſchaft; folglich taten die ehemaͤnner nichts wichtiges, noch nachteiliges, one irer eheweiber einwilligung, welche mit erfodert wurde. Diſes leztere bemerket man noch taͤglich bei den gemeinen leuten, wenn naͤmlich der mann fuͤr ſich one der frau willen etwas verkaufet, oder gekaufet hat; allein die frau hernach damit nicht zufriden D d 3

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/445>, abgerufen am 29.03.2024.