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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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CIII h. vom insize, auszuge,
teutschen rechte, anfechten; vilmehr haben sie mit
demjenigen sich zu begnügen, was inen zur abfin-
dung ausgesezet worden ist; bevorab, wenn auch
die aeltern den auszug genossen haben, welcher,
nächst andern lasten, welche das kind in den ange-
schlagenen gütern getragen hat, und beständig noch
leisten soll, demselben, wie auch wohl die begräbniß-
proceß-kosten, taidigung des besten haubtes etc be-
schwerlich fallen. Hiraus ist leicht die frage zu
erörtern, ob die nachgeborene kinder für verlezt ge-
halten werden können, wenn der vater das gut sei-
nem ältesten sone für 3000 rthlr. angeschlagen hat,
und der andere son dafür 6000 rthlr. geben woll-
te? die antwort ist: nach den teutschen rechten, da
man von keinem pflichtteile etwas weiß, nein!
Freiherr von Senkenberg de grauamine in legiti-
ma cap. III,
s. 27, 1738, 4t, Ge. Heinr. Ayrer
de iure parentum legitimam liberorum bona mente
grauandi,
Goett. 1757, 4t, s. 39 fg., § 21 fg.,
Moeller s. 20 fgg.; mithin die übrige kinder auf
eine verlezung im römischen pflichtteile bei diser teut-
schen handelung sich nicht berufen können, Joh.
Sam Frid. Boehmer
de spuria filiarum nobil. et
successione exclusar. legitima,
Halle 1735. Wenn
man aber irriger weise einen kauf, oder einen rö-
mischen pflichtteil sich in die gedanken kommen las-
sen wollte; so wäre es um dise teutsche rechtsleh-
re, auch um die absichten der landesherren gänzlich
getan. Daher ist derer beambten, welche die teut-
sche rechte nicht wissen, auch der landesherren ab-
sichten hindan sezen, unternemende schäzung der
angeschlagenen güter, und einrichtung eines pflicht-
teiles darnach, widerrechtlich, auch unkräftig; im-
massen dises aeschäft den Römern unbekannt gewe-
sen ist, auch für ungiltig, wie die erbfolge-gedinge,
von inen gehalten worden seyn würde; falls sie es

gewust

CIII h. vom inſize, auszuge,
teutſchen rechte, anfechten; vilmehr haben ſie mit
demjenigen ſich zu begnuͤgen, was inen zur abfin-
dung ausgeſezet worden iſt; bevorab, wenn auch
die aeltern den auszug genoſſen haben, welcher,
naͤchſt andern laſten, welche das kind in den ange-
ſchlagenen guͤtern getragen hat, und beſtaͤndig noch
leiſten ſoll, demſelben, wie auch wohl die begraͤbniß-
proceß-koſten, taidigung des beſten haubtes ꝛc be-
ſchwerlich fallen. Hiraus iſt leicht die frage zu
eroͤrtern, ob die nachgeborene kinder fuͤr verlezt ge-
halten werden koͤnnen, wenn der vater das gut ſei-
nem aͤlteſten ſone fuͤr 3000 rthlr. angeſchlagen hat,
und der andere ſon dafuͤr 6000 rthlr. geben woll-
te? die antwort iſt: nach den teutſchen rechten, da
man von keinem pflichtteile etwas weiß, nein!
Freiherr von Senkenberg de grauamine in legiti-
ma cap. III,
ſ. 27, 1738, 4t, Ge. Heinr. Ayrer
de iure parentum legitimam liberorum bona mente
grauandi,
Goett. 1757, 4t, ſ. 39 fg., § 21 fg.,
Moeller ſ. 20 fgg.; mithin die uͤbrige kinder auf
eine verlezung im roͤmiſchen pflichtteile bei diſer teut-
ſchen handelung ſich nicht berufen koͤnnen, Joh.
Sam Frid. Boehmer
de ſpuria filiarum nobil. et
ſucceſſione excluſar. legitima,
Halle 1735. Wenn
man aber irriger weiſe einen kauf, oder einen roͤ-
miſchen pflichtteil ſich in die gedanken kommen laſ-
ſen wollte; ſo waͤre es um diſe teutſche rechtsleh-
re, auch um die abſichten der landesherren gaͤnzlich
getan. Daher iſt derer beambten, welche die teut-
ſche rechte nicht wiſſen, auch der landesherren ab-
ſichten hindan ſezen, unternemende ſchaͤzung der
angeſchlagenen guͤter, und einrichtung eines pflicht-
teiles darnach, widerrechtlich, auch unkraͤftig; im-
maſſen diſes aeſchaͤft den Roͤmern unbekannt gewe-
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[458/0482] CIII h. vom inſize, auszuge, teutſchen rechte, anfechten; vilmehr haben ſie mit demjenigen ſich zu begnuͤgen, was inen zur abfin- dung ausgeſezet worden iſt; bevorab, wenn auch die aeltern den auszug genoſſen haben, welcher, naͤchſt andern laſten, welche das kind in den ange- ſchlagenen guͤtern getragen hat, und beſtaͤndig noch leiſten ſoll, demſelben, wie auch wohl die begraͤbniß- proceß-koſten, taidigung des beſten haubtes ꝛc be- ſchwerlich fallen. Hiraus iſt leicht die frage zu eroͤrtern, ob die nachgeborene kinder fuͤr verlezt ge- halten werden koͤnnen, wenn der vater das gut ſei- nem aͤlteſten ſone fuͤr 3000 rthlr. angeſchlagen hat, und der andere ſon dafuͤr 6000 rthlr. geben woll- te? die antwort iſt: nach den teutſchen rechten, da man von keinem pflichtteile etwas weiß, nein! Freiherr von Senkenberg de grauamine in legiti- ma cap. III, ſ. 27, 1738, 4t, Ge. Heinr. Ayrer de iure parentum legitimam liberorum bona mente grauandi, Goett. 1757, 4t, ſ. 39 fg., § 21 fg., Moeller ſ. 20 fgg.; mithin die uͤbrige kinder auf eine verlezung im roͤmiſchen pflichtteile bei diſer teut- ſchen handelung ſich nicht berufen koͤnnen, Joh. Sam Frid. Boehmer de ſpuria filiarum nobil. et ſucceſſione excluſar. legitima, Halle 1735. Wenn man aber irriger weiſe einen kauf, oder einen roͤ- miſchen pflichtteil ſich in die gedanken kommen laſ- ſen wollte; ſo waͤre es um diſe teutſche rechtsleh- re, auch um die abſichten der landesherren gaͤnzlich getan. Daher iſt derer beambten, welche die teut- ſche rechte nicht wiſſen, auch der landesherren ab- ſichten hindan ſezen, unternemende ſchaͤzung der angeſchlagenen guͤter, und einrichtung eines pflicht- teiles darnach, widerrechtlich, auch unkraͤftig; im- maſſen diſes aeſchaͤft den Roͤmern unbekannt gewe- ſen iſt, auch fuͤr ungiltig, wie die erbfolge-gedinge, von inen gehalten worden ſeyn wuͤrde; falls ſie es gewuſt

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/482>, abgerufen am 24.04.2024.