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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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von den beweiß-gründen

§.9. Damit man aber allezeit argumenta
in bereitschaft und auch die fontes und die ex-
cerpta, welche man sich angeschaft glücklich
treffe und parat habe, so muß man seinen ver-
stand bey allen was man siehet, erfähret, hö-
ret, lieset, excerpiret und empfindet, also gewöh-
nen, daß er allezeit nachdencke, wie man es
nutzen und wieder an den mann bringen könne.
Jm übrigen muß man nichts thun und nichts
reden, wovon man nicht wenigstens allezeit
zweyerley raisons anzugeben wisse, eine wahr-
haftige und eine schein-raison.a) Jch glau-
be nicht, daß es einem auf die weise, an ar-
gumentis fehlen könne.

a) Aus dieser haben die rhetores gar eine figur ge-
macht, die heist: Color, und nennen sie eine
wahrscheinliche ursache, welches gewiß zu viel
ehre für solchen Oratorischen wind ist.
Das dritte capitel,
von den beweiß-gründen, und dersel-
ben erfindung.

Jnhalt.

Was eigentlich beweißgründe seyn? §.1. Wie vie-
lerley dieselben? §.2. Von den unstreitigen
beweiß gründen? §. 3. Wie vielerley dieselben? § 4.
Beweißgründe für die möglichkeit, §. 5. Für die
sinnlichen unstreitigen wahrheiten, §. 6. Für die
abstracten unstreitigen wahrheiten, § 7. Wo die-
selben herzunchmen? §. 8. Wie dieselben einzurich-
ten und anzubringen? § 9. Von denen beweißgrün-
den für die wahrscheinlichkeit, §. 10. Wie vielerley

die-
von den beweiß-gruͤnden

§.9. Damit man aber allezeit argumenta
in bereitſchaft und auch die fontes und die ex-
cerpta, welche man ſich angeſchaft gluͤcklich
treffe und parat habe, ſo muß man ſeinen ver-
ſtand bey allen was man ſiehet, erfaͤhret, hoͤ-
ret, lieſet, excerpiret und empfindet, alſo gewoͤh-
nen, daß er allezeit nachdencke, wie man es
nutzen und wieder an den mann bringen koͤnne.
Jm uͤbrigen muß man nichts thun und nichts
reden, wovon man nicht wenigſtens allezeit
zweyerley raiſons anzugeben wiſſe, eine wahr-
haftige und eine ſchein-raiſon.a) Jch glau-
be nicht, daß es einem auf die weiſe, an ar-
gumentis fehlen koͤnne.

a) Aus dieſer haben die rhetores gar eine figur ge-
macht, die heiſt: Color, und nennen ſie eine
wahrſcheinliche urſache, welches gewiß zu viel
ehre fuͤr ſolchen Oratoriſchen wind iſt.
Das dritte capitel,
von den beweiß-gruͤnden, und derſel-
ben erfindung.

Jnhalt.

Was eigentlich beweißgruͤnde ſeyn? §.1. Wie vie-
lerley dieſelben? §.2. Von den unſtreitigen
beweiß gruͤnden? §. 3. Wie vielerley dieſelben? § 4.
Beweißgruͤnde fuͤr die moͤglichkeit, §. 5. Fuͤr die
ſinnlichen unſtreitigen wahrheiten, §. 6. Fuͤr die
abſtracten unſtreitigen wahrheiten, § 7. Wo die-
ſelben herzunchmen? §. 8. Wie dieſelben einzurich-
ten und anzubringen? § 9. Von denen beweißgruͤn-
den fuͤr die wahrſcheinlichkeit, §. 10. Wie vielerley

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[56/0074] von den beweiß-gruͤnden §.9. Damit man aber allezeit argumenta in bereitſchaft und auch die fontes und die ex- cerpta, welche man ſich angeſchaft gluͤcklich treffe und parat habe, ſo muß man ſeinen ver- ſtand bey allen was man ſiehet, erfaͤhret, hoͤ- ret, lieſet, excerpiret und empfindet, alſo gewoͤh- nen, daß er allezeit nachdencke, wie man es nutzen und wieder an den mann bringen koͤnne. Jm uͤbrigen muß man nichts thun und nichts reden, wovon man nicht wenigſtens allezeit zweyerley raiſons anzugeben wiſſe, eine wahr- haftige und eine ſchein-raiſon. a⁾ Jch glau- be nicht, daß es einem auf die weiſe, an ar- gumentis fehlen koͤnne. a⁾ Aus dieſer haben die rhetores gar eine figur ge- macht, die heiſt: Color, und nennen ſie eine wahrſcheinliche urſache, welches gewiß zu viel ehre fuͤr ſolchen Oratoriſchen wind iſt. Das dritte capitel, von den beweiß-gruͤnden, und derſel- ben erfindung. Jnhalt. Was eigentlich beweißgruͤnde ſeyn? §.1. Wie vie- lerley dieſelben? §.2. Von den unſtreitigen beweiß gruͤnden? §. 3. Wie vielerley dieſelben? § 4. Beweißgruͤnde fuͤr die moͤglichkeit, §. 5. Fuͤr die ſinnlichen unſtreitigen wahrheiten, §. 6. Fuͤr die abſtracten unſtreitigen wahrheiten, § 7. Wo die- ſelben herzunchmen? §. 8. Wie dieſelben einzurich- ten und anzubringen? § 9. Von denen beweißgruͤn- den fuͤr die wahrſcheinlichkeit, §. 10. Wie vielerley die-

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/74>, abgerufen am 29.03.2024.