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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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von denen unterschiedenen arten

Heran ihr frommen!
Schauet hier eine neue art der frömmigkeit!
Wolte GOtt, wir hätten die alte noch!
Der alte GOtt, der alte glaube, die alte pietät sind
immer die besten.
Zwar,
indem sie die alte suchen,
Dringen sie uns eine neue auf.
Wer denn?
Die Herren Pietisten.
Du erstaunest, da du sie nennen hörst:
Was würdest du nicht erstlich thun, wenn du sie reden
hörtest?
Du würdest ihnen nicht nur geneigtes gehör geben,
sondern sie gar vertheidigen.
Denn sie wissen meisterlich
den schein des guten anzunehmen,
und den schalck zu verbergen.
Du soltest schweren,
es wären heilige engel.
Wann du nicht wüstest, daß sich der teuffel in einem
engel des lichts verstellen könte.
Frägst du nach ihrer lehre,
so wisse,
daß sie keine und doch alle haben.
Aüsserlich paradiren sie mit der h. schrifft,
ins geheim sind das ihre glaubens-articul, was ihnen
träumt und gut deucht,
und die rechten glaubens-articul halten sie für zanck-
äpffel.
Sie verwerffen die Philosophie, und treten sie mi[t]
füssen,
Damit ja niemand schlau werde ihre thorheiten
einzusehen.
Sie schreiben Theologien,
Deren sich ein Theologus schämet.

Sie
von denen unterſchiedenen arten

Heran ihr frommen!
Schauet hier eine neue art der froͤmmigkeit!
Wolte GOtt, wir haͤtten die alte noch!
Der alte GOtt, der alte glaube, die alte pietaͤt ſind
immer die beſten.
Zwar,
indem ſie die alte ſuchen,
Dringen ſie uns eine neue auf.
Wer denn?
Die Herren Pietiſten.
Du erſtauneſt, da du ſie nennen hoͤrſt:
Was wuͤrdeſt du nicht erſtlich thun, wenn du ſie reden
hoͤrteſt?
Du wuͤrdeſt ihnen nicht nur geneigtes gehoͤr geben,
ſondern ſie gar vertheidigen.
Denn ſie wiſſen meiſterlich
den ſchein des guten anzunehmen,
und den ſchalck zu verbergen.
Du ſolteſt ſchweren,
es waͤren heilige engel.
Wann du nicht wuͤſteſt, daß ſich der teuffel in einem
engel des lichts verſtellen koͤnte.
Fraͤgſt du nach ihrer lehre,
ſo wiſſe,
daß ſie keine und doch alle haben.
Auͤſſerlich paradiren ſie mit der h. ſchrifft,
ins geheim ſind das ihre glaubens-articul, was ihnen
traͤumt und gut deucht,
und die rechten glaubens-articul halten ſie fuͤr zanck-
aͤpffel.
Sie verwerffen die Philoſophie, und treten ſie mi[t]
fuͤſſen,
Damit ja niemand ſchlau werde ihre thorheiten
einzuſehen.
Sie ſchreiben Theologien,
Deren ſich ein Theologus ſchaͤmet.

Sie
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[326/0344] von denen unterſchiedenen arten Heran ihr frommen! Schauet hier eine neue art der froͤmmigkeit! Wolte GOtt, wir haͤtten die alte noch! Der alte GOtt, der alte glaube, die alte pietaͤt ſind immer die beſten. Zwar, indem ſie die alte ſuchen, Dringen ſie uns eine neue auf. Wer denn? Die Herren Pietiſten. Du erſtauneſt, da du ſie nennen hoͤrſt: Was wuͤrdeſt du nicht erſtlich thun, wenn du ſie reden hoͤrteſt? Du wuͤrdeſt ihnen nicht nur geneigtes gehoͤr geben, ſondern ſie gar vertheidigen. Denn ſie wiſſen meiſterlich den ſchein des guten anzunehmen, und den ſchalck zu verbergen. Du ſolteſt ſchweren, es waͤren heilige engel. Wann du nicht wuͤſteſt, daß ſich der teuffel in einem engel des lichts verſtellen koͤnte. Fraͤgſt du nach ihrer lehre, ſo wiſſe, daß ſie keine und doch alle haben. Auͤſſerlich paradiren ſie mit der h. ſchrifft, ins geheim ſind das ihre glaubens-articul, was ihnen traͤumt und gut deucht, und die rechten glaubens-articul halten ſie fuͤr zanck- aͤpffel. Sie verwerffen die Philoſophie, und treten ſie mit fuͤſſen, Damit ja niemand ſchlau werde ihre thorheiten einzuſehen. Sie ſchreiben Theologien, Deren ſich ein Theologus ſchaͤmet. Sie

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/344>, abgerufen am 25.04.2024.