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[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802

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enthalte mich, Dir die eindringenden, jedes fühlende
Herz tief ergreifenden Cerimonien zu beschreiben,
die, ohngeachtet die Maurerei selbst nichts von
einer Todtenfeier heimgegangner Brüder weiß,
doch so hoch maurerisch sind, -- um dir nur die
Würdigung dreier verstorbner Brüder, welche der
dazu bestimmte Redner an einem heiligen Stand-
orte vorgetragen hat, vollständig mittheilen zu
können.

Aufgefordert von dem Mstr v. St. that und
erfüllte er folgendermaßen seine Pflicht:

"Nicht die Verhältnisse verklärter Brüder," so
sprach er, nicht das Wichtige, Glänzende, Große, was
sie durch diese zu fälligen Verhältnisse in der bürger-
lichen Gesellschaft und in den Kreisen sogenannter
guter Leute waren; sondern das Cinzige Hohe,
was sie, unabhängig von Zufall und äußern An-
trieben, durch sich selbst, durch die Selbstthä-
tigkeit ihres Geistes und die Selbststän-
digkeit ihres Characters geworden sind
,
dieß soll ihr Andenken unter uns begründen, dieß
soll das Bewußtseyn, daß wir in innigerer Ver-
bindung mit ihnen gestanden haben, in ein an-
genehmes Gefühl verwandeln; dieß und nur dieß
soll uns in dem herzerhebenden Glauben bestär-
ken, daß uns nur ihre Gestalten verschwunden sind,
keinesweges aber unser vereinigtes Hinwirken mit
ihnen auf eine moralische Welt abgebrochen ist.

Darum soll ich nicht das Maaß ihrer Talente,
ihrer Kräfte, ihres Glückes, sondern den Maaß-
stab
angeben, den sie sich selbst für die Er-

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enthalte mich, Dir die eindringenden, jedes fuͤhlende
Herz tief ergreifenden Cerimonien zu beſchreiben,
die, ohngeachtet die Maurerei ſelbſt nichts von
einer Todtenfeier heimgegangner Bruͤder weiß,
doch ſo hoch maureriſch ſind, — um dir nur die
Wuͤrdigung dreier verſtorbner Bruͤder, welche der
dazu beſtimmte Redner an einem heiligen Stand-
orte vorgetragen hat, vollſtaͤndig mittheilen zu
koͤnnen.

Aufgefordert von dem Mſtr v. St. that und
erfuͤllte er folgendermaßen ſeine Pflicht:

„Nicht die Verhaͤltniſſe verklaͤrter Bruͤder,“ ſo
ſprach er, nicht das Wichtige, Glaͤnzende, Große, was
ſie durch dieſe zu faͤlligen Verhaͤltniſſe in der buͤrger-
lichen Geſellſchaft und in den Kreiſen ſogenannter
guter Leute waren; ſondern das Cinzige Hohe,
was ſie, unabhaͤngig von Zufall und aͤußern An-
trieben, durch ſich ſelbſt, durch die Selbſtthaͤ-
tigkeit ihres Geiſtes und die Selbſtſtaͤn-
digkeit ihres Characters geworden ſind
,
dieß ſoll ihr Andenken unter uns begruͤnden, dieß
ſoll das Bewußtſeyn, daß wir in innigerer Ver-
bindung mit ihnen geſtanden haben, in ein an-
genehmes Gefuͤhl verwandeln; dieß und nur dieß
ſoll uns in dem herzerhebenden Glauben beſtaͤr-
ken, daß uns nur ihre Geſtalten verſchwunden ſind,
keinesweges aber unſer vereinigtes Hinwirken mit
ihnen auf eine moraliſche Welt abgebrochen iſt.

Darum ſoll ich nicht das Maaß ihrer Talente,
ihrer Kraͤfte, ihres Gluͤckes, ſondern den Maaß-
ſtab
angeben, den ſie ſich ſelbſt fuͤr die Er-

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[179/0197] enthalte mich, Dir die eindringenden, jedes fuͤhlende Herz tief ergreifenden Cerimonien zu beſchreiben, die, ohngeachtet die Maurerei ſelbſt nichts von einer Todtenfeier heimgegangner Bruͤder weiß, doch ſo hoch maureriſch ſind, — um dir nur die Wuͤrdigung dreier verſtorbner Bruͤder, welche der dazu beſtimmte Redner an einem heiligen Stand- orte vorgetragen hat, vollſtaͤndig mittheilen zu koͤnnen. Aufgefordert von dem Mſtr v. St. that und erfuͤllte er folgendermaßen ſeine Pflicht: „Nicht die Verhaͤltniſſe verklaͤrter Bruͤder,“ ſo ſprach er, nicht das Wichtige, Glaͤnzende, Große, was ſie durch dieſe zu faͤlligen Verhaͤltniſſe in der buͤrger- lichen Geſellſchaft und in den Kreiſen ſogenannter guter Leute waren; ſondern das Cinzige Hohe, was ſie, unabhaͤngig von Zufall und aͤußern An- trieben, durch ſich ſelbſt, durch die Selbſtthaͤ- tigkeit ihres Geiſtes und die Selbſtſtaͤn- digkeit ihres Characters geworden ſind, dieß ſoll ihr Andenken unter uns begruͤnden, dieß ſoll das Bewußtſeyn, daß wir in innigerer Ver- bindung mit ihnen geſtanden haben, in ein an- genehmes Gefuͤhl verwandeln; dieß und nur dieß ſoll uns in dem herzerhebenden Glauben beſtaͤr- ken, daß uns nur ihre Geſtalten verſchwunden ſind, keinesweges aber unſer vereinigtes Hinwirken mit ihnen auf eine moraliſche Welt abgebrochen iſt. Darum ſoll ich nicht das Maaß ihrer Talente, ihrer Kraͤfte, ihres Gluͤckes, ſondern den Maaß- ſtab angeben, den ſie ſich ſelbſt fuͤr die Er- M 2

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Zitationshilfe: [Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien01_1802/197>, abgerufen am 28.03.2024.