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[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803.

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aber dazu ließ es meine Nachbarin nicht kommen,
und die ganze Gesellschaft war bald wieder in der
fröhlichsten Stimmung. Wir lachten und scherzten,
aber so schön, so bedeutend, so sinnvoll, daß ich
mich kaum erinnere, je so herzlich fröhlich gewesen
zu seyn. Das thut die Maurerei, die ins Leben,
in Herz und Geist übergegangene Maurerei.

Am andern und dem folgenden Tage studierte ich
im Archiv, aber gern lies ich alle Seltenheiten liegen,
wenn ich mich mit irgend einem Br. über maureri-
schen Sinn unterhalten konnte. Wie viel lernte ich!
mit welcher Gewandheit und Leichtigkeit wußten sie
alles überall anzuwenden, und jedem Dinge die rechte,
maurerische Ansicht abzugewinnen. Nie war ich ohne
Gesellschaft von BB.; sie führten mich in ihre Familien
ein, und wenn ich noch Wochenlang dort geblieben
wäre, so würde ich bei ihren Mahlen ein willkommener
Gast gewesen seyn. Welche Menschen! wie gut, wie
verständig, wie wahrhaft gebildet!

Reicher an Kenntnissen, voll wohlthätiger schöner
Gefühle im Herzen, mit einer reinen und innigen Ach-
tung und Liebe schied ich von ihnen. -- Aber nicht auf
immer. Ich eile zu meinem P.; er soll mich dem herr-
lichen Bunde zuführen, der die Maurerei zu ihrem
alten Licht und ihrer Wärme zurückgebracht und von
ihren kalten herzlosen Verhüllungen entkleidet hat.
Dann suche ich die Menschen auf, die Maurer sind
und die Maurer, die Menschen sind, und kehre zu
ihnen zurück, nach denen mein ganzes Herz sich sehnt.



aber dazu ließ es meine Nachbarin nicht kommen,
und die ganze Geſellſchaft war bald wieder in der
froͤhlichſten Stimmung. Wir lachten und ſcherzten,
aber ſo ſchoͤn, ſo bedeutend, ſo ſinnvoll, daß ich
mich kaum erinnere, je ſo herzlich froͤhlich geweſen
zu ſeyn. Das thut die Maurerei, die ins Leben,
in Herz und Geiſt uͤbergegangene Maurerei.

Am andern und dem folgenden Tage ſtudierte ich
im Archiv, aber gern lies ich alle Seltenheiten liegen,
wenn ich mich mit irgend einem Br. uͤber maureri-
ſchen Sinn unterhalten konnte. Wie viel lernte ich!
mit welcher Gewandheit und Leichtigkeit wußten ſie
alles uͤberall anzuwenden, und jedem Dinge die rechte,
maureriſche Anſicht abzugewinnen. Nie war ich ohne
Geſellſchaft von BB.; ſie fuͤhrten mich in ihre Familien
ein, und wenn ich noch Wochenlang dort geblieben
waͤre, ſo wuͤrde ich bei ihren Mahlen ein willkommener
Gaſt geweſen ſeyn. Welche Menſchen! wie gut, wie
verſtaͤndig, wie wahrhaft gebildet!

Reicher an Kenntniſſen, voll wohlthaͤtiger ſchoͤner
Gefuͤhle im Herzen, mit einer reinen und innigen Ach-
tung und Liebe ſchied ich von ihnen. — Aber nicht auf
immer. Ich eile zu meinem P.; er ſoll mich dem herr-
lichen Bunde zufuͤhren, der die Maurerei zu ihrem
alten Licht und ihrer Waͤrme zuruͤckgebracht und von
ihren kalten herzloſen Verhuͤllungen entkleidet hat.
Dann ſuche ich die Menſchen auf, die Maurer ſind
und die Maurer, die Menſchen ſind, und kehre zu
ihnen zuruͤck, nach denen mein ganzes Herz ſich ſehnt.



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[254/0276] aber dazu ließ es meine Nachbarin nicht kommen, und die ganze Geſellſchaft war bald wieder in der froͤhlichſten Stimmung. Wir lachten und ſcherzten, aber ſo ſchoͤn, ſo bedeutend, ſo ſinnvoll, daß ich mich kaum erinnere, je ſo herzlich froͤhlich geweſen zu ſeyn. Das thut die Maurerei, die ins Leben, in Herz und Geiſt uͤbergegangene Maurerei. Am andern und dem folgenden Tage ſtudierte ich im Archiv, aber gern lies ich alle Seltenheiten liegen, wenn ich mich mit irgend einem Br. uͤber maureri- ſchen Sinn unterhalten konnte. Wie viel lernte ich! mit welcher Gewandheit und Leichtigkeit wußten ſie alles uͤberall anzuwenden, und jedem Dinge die rechte, maureriſche Anſicht abzugewinnen. Nie war ich ohne Geſellſchaft von BB.; ſie fuͤhrten mich in ihre Familien ein, und wenn ich noch Wochenlang dort geblieben waͤre, ſo wuͤrde ich bei ihren Mahlen ein willkommener Gaſt geweſen ſeyn. Welche Menſchen! wie gut, wie verſtaͤndig, wie wahrhaft gebildet! Reicher an Kenntniſſen, voll wohlthaͤtiger ſchoͤner Gefuͤhle im Herzen, mit einer reinen und innigen Ach- tung und Liebe ſchied ich von ihnen. — Aber nicht auf immer. Ich eile zu meinem P.; er ſoll mich dem herr- lichen Bunde zufuͤhren, der die Maurerei zu ihrem alten Licht und ihrer Waͤrme zuruͤckgebracht und von ihren kalten herzloſen Verhuͤllungen entkleidet hat. Dann ſuche ich die Menſchen auf, die Maurer ſind und die Maurer, die Menſchen ſind, und kehre zu ihnen zuruͤck, nach denen mein ganzes Herz ſich ſehnt.

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Zitationshilfe: [Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien02_1803/276>, abgerufen am 29.03.2024.