Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

nur in einer noch fortdaurenden mündlichen Ue-
berlieferung suchen; welche Vermuthung auch durch
den Umstand bestättigt zu werden scheint, daß man
zur Zeit der Entstehung der früheren Mysterien
mit Verfassung der Ideen in Schrift noch nicht
recht fort konnte und man in geheimen und heili-
gen Dingen gewöhnlich bei der alten Methode
bleibt.

Ich kenne sehr wohl alle die Nachtheile der
mündlichen Ueberlieferung und die ganze Schwie-
rigkeit, über die Folge der Glieder einer solchen
Tradition etwas, bis zur erweißlichen Wahrheit
zu bringen; aber ich weiß zugleich, daß es sogar
durch bloßes Nachdenken, ohne historische Beleh-
rung, zu findende Hülfsmittel gegen jene Nachtheile,
und Erleichterungen bei jenen Schwierigkeiten
giebt; mit einem Worte, daß allerdings ein Beweis
für die Aechtheit einer solchen mündlichen Ueber-
lieferung möglich ist, dessen Führung mich aber zu
weit führen würde.

Nur einer Bemerkung, die sich mir hier auf-
dringt und die ich für bedeutend ansehe, kann ich
mich nicht enthalten; es ist folgende: Es konnte
zwar nicht fehlen, daß eine vorhandne geheime
Kultur auf die öffentliche Einfluß hatte, daß
manche Begebenheiten der öffentlichen Geschichte,
die in ihr abgebrochen da stehen, sich aus der ge-
heimen Kulturgeschichte völlig begreifen lassen, daß
einige Personen, die da Glieder der geheimen Ue-
berlieferung waren, zugleich als merkwürdige Per-

nur in einer noch fortdaurenden muͤndlichen Ue-
berlieferung ſuchen; welche Vermuthung auch durch
den Umſtand beſtaͤttigt zu werden ſcheint, daß man
zur Zeit der Entſtehung der fruͤheren Myſterien
mit Verfaſſung der Ideen in Schrift noch nicht
recht fort konnte und man in geheimen und heili-
gen Dingen gewoͤhnlich bei der alten Methode
bleibt.

Ich kenne ſehr wohl alle die Nachtheile der
muͤndlichen Ueberlieferung und die ganze Schwie-
rigkeit, uͤber die Folge der Glieder einer ſolchen
Tradition etwas, bis zur erweißlichen Wahrheit
zu bringen; aber ich weiß zugleich, daß es ſogar
durch bloßes Nachdenken, ohne hiſtoriſche Beleh-
rung, zu findende Huͤlfsmittel gegen jene Nachtheile,
und Erleichterungen bei jenen Schwierigkeiten
giebt; mit einem Worte, daß allerdings ein Beweis
fuͤr die Aechtheit einer ſolchen muͤndlichen Ueber-
lieferung moͤglich iſt, deſſen Fuͤhrung mich aber zu
weit fuͤhren wuͤrde.

Nur einer Bemerkung, die ſich mir hier auf-
dringt und die ich fuͤr bedeutend anſehe, kann ich
mich nicht enthalten; es iſt folgende: Es konnte
zwar nicht fehlen, daß eine vorhandne geheime
Kultur auf die oͤffentliche Einfluß hatte, daß
manche Begebenheiten der oͤffentlichen Geſchichte,
die in ihr abgebrochen da ſtehen, ſich aus der ge-
heimen Kulturgeſchichte voͤllig begreifen laſſen, daß
einige Perſonen, die da Glieder der geheimen Ue-
berlieferung waren, zugleich als merkwuͤrdige Per-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0076" n="54"/>
nur in einer noch fortdaurenden mu&#x0364;ndlichen Ue-<lb/>
berlieferung &#x017F;uchen; welche Vermuthung auch durch<lb/>
den Um&#x017F;tand be&#x017F;ta&#x0364;ttigt zu werden &#x017F;cheint, daß man<lb/>
zur Zeit der Ent&#x017F;tehung der fru&#x0364;heren My&#x017F;terien<lb/>
mit Verfa&#x017F;&#x017F;ung der Ideen in Schrift noch nicht<lb/>
recht fort konnte und man in geheimen und heili-<lb/>
gen Dingen gewo&#x0364;hnlich bei der alten Methode<lb/>
bleibt.</p><lb/>
          <p>Ich kenne &#x017F;ehr wohl alle die Nachtheile der<lb/>
mu&#x0364;ndlichen <choice><sic>Ueberlieferuug</sic><corr>Ueberlieferung</corr></choice> und die ganze Schwie-<lb/>
rigkeit, u&#x0364;ber die Folge der Glieder einer &#x017F;olchen<lb/>
Tradition etwas, bis zur erweißlichen Wahrheit<lb/>
zu bringen; aber ich weiß zugleich, daß es &#x017F;ogar<lb/>
durch bloßes Nachdenken, ohne hi&#x017F;tori&#x017F;che Beleh-<lb/>
rung, zu findende Hu&#x0364;lfsmittel gegen jene Nachtheile,<lb/>
und Erleichterungen bei jenen Schwierigkeiten<lb/>
giebt; mit einem Worte, daß allerdings ein Beweis<lb/>
fu&#x0364;r die Aechtheit einer &#x017F;olchen mu&#x0364;ndlichen Ueber-<lb/>
lieferung mo&#x0364;glich i&#x017F;t, de&#x017F;&#x017F;en Fu&#x0364;hrung mich aber zu<lb/>
weit fu&#x0364;hren wu&#x0364;rde.</p><lb/>
          <p>Nur einer Bemerkung, die &#x017F;ich mir hier auf-<lb/>
dringt und die ich fu&#x0364;r bedeutend an&#x017F;ehe, kann ich<lb/>
mich nicht enthalten; es i&#x017F;t folgende: Es konnte<lb/>
zwar nicht fehlen, daß eine vorhandne geheime<lb/>
Kultur auf die o&#x0364;ffentliche Einfluß hatte, daß<lb/>
manche Begebenheiten der o&#x0364;ffentlichen Ge&#x017F;chichte,<lb/>
die in ihr abgebrochen da &#x017F;tehen, &#x017F;ich aus der ge-<lb/>
heimen Kulturge&#x017F;chichte vo&#x0364;llig begreifen la&#x017F;&#x017F;en, daß<lb/>
einige Per&#x017F;onen, die da Glieder der geheimen Ue-<lb/>
berlieferung waren, zugleich als merkwu&#x0364;rdige Per-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0076] nur in einer noch fortdaurenden muͤndlichen Ue- berlieferung ſuchen; welche Vermuthung auch durch den Umſtand beſtaͤttigt zu werden ſcheint, daß man zur Zeit der Entſtehung der fruͤheren Myſterien mit Verfaſſung der Ideen in Schrift noch nicht recht fort konnte und man in geheimen und heili- gen Dingen gewoͤhnlich bei der alten Methode bleibt. Ich kenne ſehr wohl alle die Nachtheile der muͤndlichen Ueberlieferung und die ganze Schwie- rigkeit, uͤber die Folge der Glieder einer ſolchen Tradition etwas, bis zur erweißlichen Wahrheit zu bringen; aber ich weiß zugleich, daß es ſogar durch bloßes Nachdenken, ohne hiſtoriſche Beleh- rung, zu findende Huͤlfsmittel gegen jene Nachtheile, und Erleichterungen bei jenen Schwierigkeiten giebt; mit einem Worte, daß allerdings ein Beweis fuͤr die Aechtheit einer ſolchen muͤndlichen Ueber- lieferung moͤglich iſt, deſſen Fuͤhrung mich aber zu weit fuͤhren wuͤrde. Nur einer Bemerkung, die ſich mir hier auf- dringt und die ich fuͤr bedeutend anſehe, kann ich mich nicht enthalten; es iſt folgende: Es konnte zwar nicht fehlen, daß eine vorhandne geheime Kultur auf die oͤffentliche Einfluß hatte, daß manche Begebenheiten der oͤffentlichen Geſchichte, die in ihr abgebrochen da ſtehen, ſich aus der ge- heimen Kulturgeſchichte voͤllig begreifen laſſen, daß einige Perſonen, die da Glieder der geheimen Ue- berlieferung waren, zugleich als merkwuͤrdige Per-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien02_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien02_1803/76
Zitationshilfe: [Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien02_1803/76>, abgerufen am 18.04.2024.