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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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I. Buch. II. Theil. II Titel. II. Abschnitt.
§. 120.

Die Rechte eines Subjects sind I. ursprüng-
liche Rechte
, welche dem Subject zugleich mit
seinem Daseyn zukommen. Diese bestehen 1)
aus dem Recht auf freyen Gebrauch der Kräfte,
welche a) das Recht auf Existenz überhaupt;
(Leben) b) das Recht auf Integrität der Kräfte
(Gesundheit, 3) das Recht auf ungehinderte
Aeusserung der Kräfte (physische Freyheit, in
sich begreift; 2) aus dem Recht auf Ehre *). II.
Erworbene, welche zu ihrer Existenz ein Fac-
tum voraussetzen, wohin 1) das erworbene
Recht auf Sachen (Eigenthumsrecht), 2) das er-
worbene Recht auf Leistungen (Vertragsrecht)
gehört.

§. 121.

Nach demselben Eintheilungsgrund sind
die Rechte einzutheilen, die dem Staat als
einer moralischen Person zukommen. Der Staat
hat I. ursprüngliche Rechte, die unmittelbar
durch den Bürgervertrag bestimmt, ihm also
mit seinem Daseyn gegeben sind. Dahin ge-
hört: 1) das Recht auf Existenz überhaupt, 2)
das Recht auf Integrität der Staatskräfte, 3) das

Recht
*) Es wird hier das Recht auf Ehre unter die ursprüng-
lichen Rechte gezählt. nicht als wenn es nach dem
Vernunftrecht ein ursprüngliches Recht auf Ehre
gäbe, sondern weil die positive Gesetzgebung diese
Rechte als ein ursprüngliches Recht jedes Bürgers
betrachtet, das von seiner Seite kein Factum vor-
aussetzt, sondern ihm mit seiner bürgerlichen Exi-
stenz zugleich (die in der Regel als angeerbt be-
trachtet wird) zukommt.
I. Buch. II. Theil. II Titel. II. Abſchnitt.
§. 120.

Die Rechte eines Subjects ſind I. urſprüng-
liche Rechte
, welche dem Subject zugleich mit
ſeinem Daſeyn zukommen. Dieſe beſtehen 1)
aus dem Recht auf freyen Gebrauch der Kräfte,
welche a) das Recht auf Exiſtenz überhaupt;
(Leben) b) das Recht auf Integrität der Kräfte
(Geſundheit, 3) das Recht auf ungehinderte
Aeuſſerung der Kräfte (phyſiſche Freyheit, in
ſich begreift; 2) aus dem Recht auf Ehre *). II.
Erworbene, welche zu ihrer Exiſtenz ein Fac-
tum vorausſetzen, wohin 1) das erworbene
Recht auf Sachen (Eigenthumsrecht), 2) das er-
worbene Recht auf Leiſtungen (Vertragsrecht)
gehört.

§. 121.

Nach demſelben Eintheilungsgrund ſind
die Rechte einzutheilen, die dem Staat als
einer moraliſchen Perſon zukommen. Der Staat
hat I. urſprüngliche Rechte, die unmittelbar
durch den Bürgervertrag beſtimmt, ihm alſo
mit ſeinem Daſeyn gegeben ſind. Dahin ge-
hört: 1) das Recht auf Exiſtenz überhaupt, 2)
das Recht auf Integrität der Staatskräfte, 3) das

Recht
*) Es wird hier das Recht auf Ehre unter die urſprüng-
lichen Rechte gezählt. nicht als wenn es nach dem
Vernunftrecht ein urſprüngliches Recht auf Ehre
gäbe, ſondern weil die poſitive Geſetzgebung dieſe
Rechte als ein urſprüngliches Recht jedes Bürgers
betrachtet, das von ſeiner Seite kein Factum vor-
ausſetzt, ſondern ihm mit ſeiner bürgerlichen Exi-
ſtenz zugleich (die in der Regel als angeerbt be-
trachtet wird) zukommt.
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[98/0126] I. Buch. II. Theil. II Titel. II. Abſchnitt. §. 120. Die Rechte eines Subjects ſind I. urſprüng- liche Rechte, welche dem Subject zugleich mit ſeinem Daſeyn zukommen. Dieſe beſtehen 1) aus dem Recht auf freyen Gebrauch der Kräfte, welche a) das Recht auf Exiſtenz überhaupt; (Leben) b) das Recht auf Integrität der Kräfte (Geſundheit, 3) das Recht auf ungehinderte Aeuſſerung der Kräfte (phyſiſche Freyheit, in ſich begreift; 2) aus dem Recht auf Ehre *). II. Erworbene, welche zu ihrer Exiſtenz ein Fac- tum vorausſetzen, wohin 1) das erworbene Recht auf Sachen (Eigenthumsrecht), 2) das er- worbene Recht auf Leiſtungen (Vertragsrecht) gehört. §. 121. Nach demſelben Eintheilungsgrund ſind die Rechte einzutheilen, die dem Staat als einer moraliſchen Perſon zukommen. Der Staat hat I. urſprüngliche Rechte, die unmittelbar durch den Bürgervertrag beſtimmt, ihm alſo mit ſeinem Daſeyn gegeben ſind. Dahin ge- hört: 1) das Recht auf Exiſtenz überhaupt, 2) das Recht auf Integrität der Staatskräfte, 3) das Recht *) Es wird hier das Recht auf Ehre unter die urſprüng- lichen Rechte gezählt. nicht als wenn es nach dem Vernunftrecht ein urſprüngliches Recht auf Ehre gäbe, ſondern weil die poſitive Geſetzgebung dieſe Rechte als ein urſprüngliches Recht jedes Bürgers betrachtet, das von ſeiner Seite kein Factum vor- ausſetzt, ſondern ihm mit ſeiner bürgerlichen Exi- ſtenz zugleich (die in der Regel als angeerbt be- trachtet wird) zukommt.

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/126>, abgerufen am 29.03.2024.