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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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II. Buch. I. Theil. II. Titel. II. Abschnitt.
stehlung des Almosenkastens wird nach den
Grundsätzen des Kirchenraubs bestraft *).

§. 387.

Die Gründe, welche den Kirchenraub als
ein besonderes Verbrechen auszeichnen (§.
384.) begründen die Gültigkeit der Grund-
sätze über dieses Verbrechen nach der heuti-
gen Praxis. Nur die Entwendung einer Mon-
stranz kann von keinem protestantischen Ge-
richtshof als ausgezeichnete Art des Kirchen-
raubs mit der Feuerstrafe belegt werden, weil
die Protestanten nach ihren Religionsgrund-
sätzen die ratio legis nicht anerkennen **).

§. 388.

Das römische Recht kennt noch verschie-
dene qualificirte Diebstähle, welche aber bey
uns entweder nur als gemeine Diebstähle be-
urtheilt, oder zu einer andern Classe von Ver-
brechen gezählt werden müssen. Dahin gehört
1) der Abigeat, Diebstahl an einer bestimmten
Anzahl und Gattung von Thieren ***); 2) der

Dieb-
*) P. G. O. Art. 173, welche die Feuerstrafe in der
Bamberg. Art. 201. stillschweigend aufhebt.
**) Die Praktiker wollen jeden Kirchenraub nur wie
gemeinen Diebstahl, obgleich mit geschärfter Strafe,
ahnden. vergl. Meister jun. pr. jur. cr. §. 236.
***) "Abigeatus est crimen extraordinarium, quod quis, pe-
cudes, et quidem minimum unum elephantum, camelum,
equum, equam, bovem, vaccam, mulum, duos vel tres
usin[o]s, porcos quatuor vel quinque, decem capras aut

aves

II. Buch. I. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt.
ſtehlung des Almoſenkaſtens wird nach den
Grundſätzen des Kirchenraubs beſtraft *).

§. 387.

Die Gründe, welche den Kirchenraub als
ein beſonderes Verbrechen auszeichnen (§.
384.) begründen die Gültigkeit der Grund-
ſätze über dieſes Verbrechen nach der heuti-
gen Praxis. Nur die Entwendung einer Mon-
ſtranz kann von keinem proteſtantiſchen Ge-
richtshof als ausgezeichnete Art des Kirchen-
raubs mit der Feuerſtrafe belegt werden, weil
die Proteſtanten nach ihren Religionsgrund-
ſätzen die ratio legis nicht anerkennen **).

§. 388.

Das römiſche Recht kennt noch verſchie-
dene qualificirte Diebſtähle, welche aber bey
uns entweder nur als gemeine Diebſtähle be-
urtheilt, oder zu einer andern Claſſe von Ver-
brechen gezählt werden müſſen. Dahin gehört
1) der Abigeat, Diebſtahl an einer beſtimmten
Anzahl und Gattung von Thieren ***); 2) der

Dieb-
*) P. G. O. Art. 173, welche die Feuerſtrafe in der
Bamberg. Art. 201. ſtillſchweigend aufhebt.
**) Die Praktiker wollen jeden Kirchenraub nur wie
gemeinen Diebſtahl, obgleich mit geſchärfter Strafe,
ahnden. vergl. Meiſter jun. pr. jur. cr. §. 236.
***)Abigeatus eſt crimen extraordinarium, quod quis, pe-
cudes, et quidem minimum unum elephantum, camelum,
equum, equam, bovem, vaccam, mulum, duos vel tres
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[308/0336] II. Buch. I. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt. ſtehlung des Almoſenkaſtens wird nach den Grundſätzen des Kirchenraubs beſtraft *). §. 387. Die Gründe, welche den Kirchenraub als ein beſonderes Verbrechen auszeichnen (§. 384.) begründen die Gültigkeit der Grund- ſätze über dieſes Verbrechen nach der heuti- gen Praxis. Nur die Entwendung einer Mon- ſtranz kann von keinem proteſtantiſchen Ge- richtshof als ausgezeichnete Art des Kirchen- raubs mit der Feuerſtrafe belegt werden, weil die Proteſtanten nach ihren Religionsgrund- ſätzen die ratio legis nicht anerkennen **). §. 388. Das römiſche Recht kennt noch verſchie- dene qualificirte Diebſtähle, welche aber bey uns entweder nur als gemeine Diebſtähle be- urtheilt, oder zu einer andern Claſſe von Ver- brechen gezählt werden müſſen. Dahin gehört 1) der Abigeat, Diebſtahl an einer beſtimmten Anzahl und Gattung von Thieren ***); 2) der Dieb- *) P. G. O. Art. 173, welche die Feuerſtrafe in der Bamberg. Art. 201. ſtillſchweigend aufhebt. **) Die Praktiker wollen jeden Kirchenraub nur wie gemeinen Diebſtahl, obgleich mit geſchärfter Strafe, ahnden. vergl. Meiſter jun. pr. jur. cr. §. 236. ***) „Abigeatus eſt crimen extraordinarium, quod quis, pe- cudes, et quidem minimum unum elephantum, camelum, equum, equam, bovem, vaccam, mulum, duos vel tres uſinos, porcos quatuor vel quinque, decem capras aut aves

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/336>, abgerufen am 20.04.2024.