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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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Gründe d. rel. Strafb. b. unbest. Strafg.
Qualität beurtheilt werden. Diejenigen be-
sondern Gründe der Strafbarkeit, welche
durch die Quantität bestimmt werden, heissen
objective Gründe der Strafbarkeit (rationes ille-
galitatis externae
); diejenigen, welche aus der
Qualität hervorgehen subjective Gr. der Strafb.
(rat. illeg. internae s. subjectivae).

A.
Objective Gründe der Strafbarkeit selbst.
§. 119.

Eine Handlung an sich betrachtet ist I) um
so strafbarer, je
wichtiger das Recht ist, das
durch sie verletzt wurde oder auf dessen Ver-
letzung sie gerichtet war
. (Grunds. 1. §. 117.)
Ein Recht ist aber um so wichtiger, je mehr
es Bedingung der freyen Existenz des Menschen
ist, also 1) je mehr freye Handlungen durch
dasselbe begründet wurden, je mehr also durch
die Verletzung desselben die Sphäre der recht-
lichen Freyheit beschränkt ward, 2) je uner-
setzlicher das Recht ist *).


§. 120.
*) Dieses ist der allein wahre Gesichtspunkt, aus wel-
chem die Wichtigkeit der Rechte in rechtlicher
Hinsicht bestimmt werden muss. Der in der Revi-
sion
Thl. II. angegebene Maasstab zur Bestimmung
der Wichtigkeit der Rechte ist ganz falsch und wider-
spricht sich selbst. Sein Rec. in der A L. Z. Febr.
1800. Nr. 50 hat den Vf. zuerst auf das usteron
proteron in jener Darstellung aufmerksam gemacht
und denselben zu einer neuen Prüfung seiner Ge-
danken genöthigt.
G

Gründe d. rel. Strafb. b. unbeſt. Strafg.
Qualität beurtheilt werden. Diejenigen be-
ſondern Gründe der Strafbarkeit, welche
durch die Quantität beſtimmt werden, heiſsen
objective Gründe der Strafbarkeit (rationes ille-
galitatis externae
); diejenigen, welche aus der
Qualität hervorgehen ſubjective Gr. der Strafb.
(rat. illeg. internae ſ. ſubjectivae).

A.
Objective Gründe der Strafbarkeit ſelbſt.
§. 119.

Eine Handlung an ſich betrachtet iſt I) um
ſo ſtrafbarer, je
wichtiger das Recht iſt, das
durch ſie verletzt wurde oder auf deſſen Ver-
letzung ſie gerichtet war
. (Grundſ. 1. §. 117.)
Ein Recht iſt aber um ſo wichtiger, je mehr
es Bedingung der freyen Exiſtenz des Menſchen
iſt, alſo 1) je mehr freye Handlungen durch
daſſelbe begründet wurden, je mehr alſo durch
die Verletzung deſſelben die Sphäre der recht-
lichen Freyheit beſchränkt ward, 2) je uner-
ſetzlicher das Recht iſt *).


§. 120.
*) Dieſes iſt der allein wahre Geſichtspunkt, aus wel-
chem die Wichtigkeit der Rechte in rechtlicher
Hinſicht beſtimmt werden muſs. Der in der Revi-
ſion
Thl. II. angegebene Maasſtab zur Beſtimmung
der Wichtigkeit der Rechte iſt ganz falſch und wider-
ſpricht ſich ſelbſt. Sein Rec. in der A L. Z. Febr.
1800. Nr. 50 hat den Vf. zuerſt auf das ὑςτεϱον
πϱωτεϱον in jener Darſtellung aufmerkſam gemacht
und denſelben zu einer neuen Prüfung ſeiner Ge-
danken genöthigt.
G
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[97/0125] Gründe d. rel. Strafb. b. unbeſt. Strafg. Qualität beurtheilt werden. Diejenigen be- ſondern Gründe der Strafbarkeit, welche durch die Quantität beſtimmt werden, heiſsen objective Gründe der Strafbarkeit (rationes ille- galitatis externae); diejenigen, welche aus der Qualität hervorgehen ſubjective Gr. der Strafb. (rat. illeg. internae ſ. ſubjectivae). A. Objective Gründe der Strafbarkeit ſelbſt. §. 119. Eine Handlung an ſich betrachtet iſt I) um ſo ſtrafbarer, je wichtiger das Recht iſt, das durch ſie verletzt wurde oder auf deſſen Ver- letzung ſie gerichtet war. (Grundſ. 1. §. 117.) Ein Recht iſt aber um ſo wichtiger, je mehr es Bedingung der freyen Exiſtenz des Menſchen iſt, alſo 1) je mehr freye Handlungen durch daſſelbe begründet wurden, je mehr alſo durch die Verletzung deſſelben die Sphäre der recht- lichen Freyheit beſchränkt ward, 2) je uner- ſetzlicher das Recht iſt *). §. 120. *) Dieſes iſt der allein wahre Geſichtspunkt, aus wel- chem die Wichtigkeit der Rechte in rechtlicher Hinſicht beſtimmt werden muſs. Der in der Revi- ſion Thl. II. angegebene Maasſtab zur Beſtimmung der Wichtigkeit der Rechte iſt ganz falſch und wider- ſpricht ſich ſelbſt. Sein Rec. in der A L. Z. Febr. 1800. Nr. 50 hat den Vf. zuerſt auf das ὑςτεϱον πϱωτεϱον in jener Darſtellung aufmerkſam gemacht und denſelben zu einer neuen Prüfung ſeiner Ge- danken genöthigt. G

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/125>, abgerufen am 19.04.2024.