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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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Gründe d. rel. Strafb. b. unbest. Strafg.
Sinnlichkeit, welche zu der That bestimmen.
Diese sind also Gründe der Gefahr und sollen
durch eine entgegengesetze Triebfeder des
sinnlichen Begehrens, die Furcht vor der
Strafdrohung, aufgehoben werden. Da nun
die Grösse der Gefahr (in der Vorstellung des
Gesetzgebers) die Grösse der Strafbarkeit in
concreto begründet (§. 113.); so ist es auch die
Grösse der Gefährlichkeit, dieser sinnlichen einer
That zum Grunde Triebfedern, welche die Grösse
der Strafbarkeit bestimmt
*).

§. 128.

Der Grad der Gefährlichkeit einer sinn-
lichen Triebfeder hängt ab von ihrer Intensi-
tät
und Stärke, von ihrer Festigkeit und In-
corrigibilität
und endlich von ihrem Umfange.
Es ergeben sich hieraus (vermöge §. 127.) fol-
gende Hauptgrundsätze:

1) Je intensiv stärker die finnliche Triebfeder
ist, die zur That bestimmt, desto grösser ist die
Strafbarkeit
, je intensiv schwächer,
desto geringer ist sie.
2) Je mehr eingewurzelt und je incorrigib-
ler die sinnliche Triebfeder ist, desto grösser ist
die Strafbarkeit; je
corrigibler und je
werden nothwendig Alle beleidigt, weil der Staat
Inbegriff der Einzelnen ist, das Recht aber dem
Staate als Subject inhärirt Allein der Regent als
blosse Privatperson ist ein für sich bestehendes Indi-
viduum und Rechtsverletzungen die ihm als solchem
zugefügt werden, afficiren ihn blos als Einzelnen.
*) Mündlich von der gewöhnlichen Freyheislehre
und den Gründen gegen dieselbe. Vergl. Revision
Thl. II. Kap. IX.

Gründe d. rel. Strafb. b. unbeſt. Strafg.
Sinnlichkeit, welche zu der That beſtimmen.
Dieſe ſind alſo Gründe der Gefahr und ſollen
durch eine entgegengeſetze Triebfeder des
ſinnlichen Begehrens, die Furcht vor der
Strafdrohung, aufgehoben werden. Da nun
die Gröſse der Gefahr (in der Vorſtellung des
Geſetzgebers) die Gröſse der Strafbarkeit in
concreto begründet (§. 113.); ſo iſt es auch die
Gröſse der Gefährlichkeit, dieſer ſinnlichen einer
That zum Grunde Triebfedern, welche die Gröſse
der Strafbarkeit beſtimmt
*).

§. 128.

Der Grad der Gefährlichkeit einer ſinn-
lichen Triebfeder hängt ab von ihrer Intenſi-
tät
und Stärke, von ihrer Feſtigkeit und In-
corrigibilität
und endlich von ihrem Umfange.
Es ergeben ſich hieraus (vermöge §. 127.) fol-
gende Hauptgrundſätze:

1) Je intenſiv ſtärker die finnliche Triebfeder
iſt, die zur That beſtimmt, deſto gröſser iſt die
Strafbarkeit
, je intenſiv ſchwächer,
deſto geringer iſt ſie.
2) Je mehr eingewurzelt und je incorrigib-
ler die ſinnliche Triebfeder iſt, deſto gröſser iſt
die Strafbarkeit; je
corrigibler und je
werden nothwendig Alle beleidigt, weil der Staat
Inbegriff der Einzelnen iſt, das Recht aber dem
Staate als Subject inhärirt Allein der Regent als
bloſse Privatperſon iſt ein für ſich beſtehendes Indi-
viduum und Rechtsverletzungen die ihm als ſolchem
zugefügt werden, afficiren ihn blos als Einzelnen.
*) Mündlich von der gewöhnlichen Freyheislehre
und den Gründen gegen dieſelbe. Vergl. Reviſion
Thl. II. Kap. IX.
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[103/0131] Gründe d. rel. Strafb. b. unbeſt. Strafg. Sinnlichkeit, welche zu der That beſtimmen. Dieſe ſind alſo Gründe der Gefahr und ſollen durch eine entgegengeſetze Triebfeder des ſinnlichen Begehrens, die Furcht vor der Strafdrohung, aufgehoben werden. Da nun die Gröſse der Gefahr (in der Vorſtellung des Geſetzgebers) die Gröſse der Strafbarkeit in concreto begründet (§. 113.); ſo iſt es auch die Gröſse der Gefährlichkeit, dieſer ſinnlichen einer That zum Grunde Triebfedern, welche die Gröſse der Strafbarkeit beſtimmt *). §. 128. Der Grad der Gefährlichkeit einer ſinn- lichen Triebfeder hängt ab von ihrer Intenſi- tät und Stärke, von ihrer Feſtigkeit und In- corrigibilität und endlich von ihrem Umfange. Es ergeben ſich hieraus (vermöge §. 127.) fol- gende Hauptgrundſätze: 1) Je intenſiv ſtärker die finnliche Triebfeder iſt, die zur That beſtimmt, deſto gröſser iſt die Strafbarkeit, je intenſiv ſchwächer, deſto geringer iſt ſie. 2) Je mehr eingewurzelt und je incorrigib- ler die ſinnliche Triebfeder iſt, deſto gröſser iſt die Strafbarkeit; je corrigibler und je **) *) Mündlich von der gewöhnlichen Freyheislehre und den Gründen gegen dieſelbe. Vergl. Reviſion Thl. II. Kap. IX. **) werden nothwendig Alle beleidigt, weil der Staat Inbegriff der Einzelnen iſt, das Recht aber dem Staate als Subject inhärirt Allein der Regent als bloſse Privatperſon iſt ein für ſich beſtehendes Indi- viduum und Rechtsverletzungen die ihm als ſolchem zugefügt werden, afficiren ihn blos als Einzelnen.

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/131>, abgerufen am 25.04.2024.