Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abschnitt.
Naturursachen, welche der Ausführung der That
entgegenstehen und (vorgestellt) zu Bewe-
gungsgründen der Unterlassung werden; oder
Vorstellungen anderer Gegenstände, welche
den Willen antreiben, sich zur That nicht zu
bestimmen. Jenes sind äussere, dieses innere
Hindernisse.

§. 133.

Daraus folgt 1) je zahlreicher und wichti-
ger
die innern Hindernisse waren, die den
Verbrecher von der That hätten abhalten müs-
sen, und je klärer und deutlicher er sich diese
Bewegungsgründe vorgestellt hat, desto grösser
ist die Strafbarkeit, 2) je grösser die äussern
Schwierigkeiten
waren, welche der Ausführung
des Verbrechens entgegen standen, desto
grösser ist die Strafbarkeit. Denn desto stär-
ker muss die Begierde seyn, die den Menschen,
jener Bewegungsgründe ohnerachtet, zur That
bestimmte, ihn also antreiben konnte, diese
Hindernisse der Ausführung zu übersteigen.


*)

§. 134.
*) Diese Rücksicht auf die besondere Stärke der ein-
zelnen Abhaltungsgründe bestimmt also die beson-
dern Abstufungen der zwey Hauptgrade der Straf-
barkeit, nach der Intensität. So wie oben bestimmt
wurde, wie sich Handlungen aus thierischem Be-
gehren zu Handlungen aus Willkühr verhalten, so
wird hier bestimmt, wie sich Handlungen aus
Willkühr und aus thierischem Begehren (z. B. ver-
schiedene Handlungen, die aus Leidenschaft began-
gen wurden) zu einander selbst, verhalten. Es er-
gäben sich demnach eigentlich folgende Hauptstu-
fen der Strafbarkeit nach diesem ersten Moment: I.
Verbrechen aus thierischem Begehren, bey welchen
grosse

I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt.
Natururſachen, welche der Ausführung der That
entgegenſtehen und (vorgeſtellt) zu Bewe-
gungsgründen der Unterlaſſung werden; oder
Vorſtellungen anderer Gegenſtände, welche
den Willen antreiben, ſich zur That nicht zu
beſtimmen. Jenes ſind äuſſere, dieſes innere
Hinderniſſe.

§. 133.

Daraus folgt 1) je zahlreicher und wichti-
ger
die innern Hinderniſſe waren, die den
Verbrecher von der That hätten abhalten müſ-
ſen, und je klärer und deutlicher er ſich dieſe
Bewegungsgründe vorgeſtellt hat, deſto gröſser
iſt die Strafbarkeit, 2) je gröſser die äuſſern
Schwierigkeiten
waren, welche der Ausführung
des Verbrechens entgegen ſtanden, deſto
gröſser iſt die Strafbarkeit. Denn deſto ſtär-
ker muſs die Begierde ſeyn, die den Menſchen,
jener Bewegungsgründe ohnerachtet, zur That
beſtimmte, ihn alſo antreiben konnte, dieſe
Hinderniſſe der Ausführung zu überſteigen.


*)

§. 134.
*) Dieſe Rückſicht auf die beſondere Stärke der ein-
zelnen Abhaltungsgründe beſtimmt alſo die beſon-
dern Abſtufungen der zwey Hauptgrade der Straf-
barkeit, nach der Intenſität. So wie oben beſtimmt
wurde, wie ſich Handlungen aus thieriſchem Be-
gehren zu Handlungen aus Willkühr verhalten, ſo
wird hier beſtimmt, wie ſich Handlungen aus
Willkühr und aus thieriſchem Begehren (z. B. ver-
ſchiedene Handlungen, die aus Leidenſchaft began-
gen wurden) zu einander ſelbſt, verhalten. Es er-
gäben ſich demnach eigentlich folgende Hauptſtu-
fen der Strafbarkeit nach dieſem erſten Moment: I.
Verbrechen aus thieriſchem Begehren, bey welchen
groſse
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <div n="10">
                          <div n="11">
                            <div n="12">
                              <p><pb facs="#f0134" n="106"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/><hi rendition="#i">Naturur&#x017F;achen</hi>, welche der <hi rendition="#i">Ausführung</hi> der That<lb/>
entgegen&#x017F;tehen und (vorge&#x017F;tellt) zu Bewe-<lb/>
gungsgründen der Unterla&#x017F;&#x017F;ung werden; oder<lb/>
Vor&#x017F;tellungen anderer Gegen&#x017F;tände, welche<lb/>
den Willen antreiben, &#x017F;ich zur That nicht zu<lb/>
be&#x017F;timmen. Jenes &#x017F;ind <hi rendition="#i">äu&#x017F;&#x017F;ere</hi>, die&#x017F;es <hi rendition="#i">innere</hi><lb/>
Hinderni&#x017F;&#x017F;e.</p>
                            </div><lb/>
                            <div n="12">
                              <head>§. 133.</head><lb/>
                              <p>Daraus folgt 1) je <hi rendition="#i">zahlreicher</hi> und <hi rendition="#i">wichti-<lb/>
ger</hi> die innern Hinderni&#x017F;&#x017F;e waren, die den<lb/>
Verbrecher von der That hätten abhalten mü&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, und je <hi rendition="#i">klärer</hi> und <hi rendition="#i">deutlicher</hi> er &#x017F;ich die&#x017F;e<lb/>
Bewegungsgründe vorge&#x017F;tellt hat, de&#x017F;to grö&#x017F;ser<lb/>
i&#x017F;t die Strafbarkeit, 2) <hi rendition="#i">je grö&#x017F;ser die äu&#x017F;&#x017F;ern<lb/>
Schwierigkeiten</hi> waren, welche der Ausführung<lb/>
des Verbrechens entgegen &#x017F;tanden, de&#x017F;to<lb/>
grö&#x017F;ser i&#x017F;t die Strafbarkeit. Denn de&#x017F;to &#x017F;tär-<lb/>
ker mu&#x017F;s die Begierde &#x017F;eyn, die den Men&#x017F;chen,<lb/>
jener Bewegungsgründe ohnerachtet, zur That<lb/>
be&#x017F;timmte, ihn al&#x017F;o antreiben konnte, die&#x017F;e<lb/>
Hinderni&#x017F;&#x017F;e der Ausführung zu über&#x017F;teigen.</p><lb/>
                              <fw place="bottom" type="catch">§. 134.</fw><lb/>
                              <note xml:id="note-0134" next="#note-0135" place="foot" n="*)">Die&#x017F;e Rück&#x017F;icht auf die be&#x017F;ondere Stärke der ein-<lb/>
zelnen Abhaltungsgründe be&#x017F;timmt al&#x017F;o die be&#x017F;on-<lb/>
dern Ab&#x017F;tufungen der zwey Hauptgrade der Straf-<lb/>
barkeit, nach der Inten&#x017F;ität. So wie oben be&#x017F;timmt<lb/>
wurde, wie &#x017F;ich Handlungen aus thieri&#x017F;chem Be-<lb/>
gehren zu Handlungen aus Willkühr verhalten, &#x017F;o<lb/>
wird hier be&#x017F;timmt, wie &#x017F;ich Handlungen aus<lb/>
Willkühr und aus thieri&#x017F;chem Begehren (z. B. ver-<lb/>
&#x017F;chiedene Handlungen, die aus Leiden&#x017F;chaft began-<lb/>
gen wurden) zu <hi rendition="#i">einander &#x017F;elb&#x017F;t</hi>, verhalten. Es er-<lb/>
gäben &#x017F;ich demnach eigentlich folgende Haupt&#x017F;tu-<lb/>
fen der Strafbarkeit nach die&#x017F;em er&#x017F;ten Moment: I.<lb/>
Verbrechen aus <hi rendition="#i">thieri&#x017F;chem</hi> Begehren, bey welchen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#i">gro&#x017F;se</hi></fw></note>
                            </div><lb/>
                          </div>
                        </div>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0134] I. Buch. II. Theil. II. Titel. II. Abſchnitt. Natururſachen, welche der Ausführung der That entgegenſtehen und (vorgeſtellt) zu Bewe- gungsgründen der Unterlaſſung werden; oder Vorſtellungen anderer Gegenſtände, welche den Willen antreiben, ſich zur That nicht zu beſtimmen. Jenes ſind äuſſere, dieſes innere Hinderniſſe. §. 133. Daraus folgt 1) je zahlreicher und wichti- ger die innern Hinderniſſe waren, die den Verbrecher von der That hätten abhalten müſ- ſen, und je klärer und deutlicher er ſich dieſe Bewegungsgründe vorgeſtellt hat, deſto gröſser iſt die Strafbarkeit, 2) je gröſser die äuſſern Schwierigkeiten waren, welche der Ausführung des Verbrechens entgegen ſtanden, deſto gröſser iſt die Strafbarkeit. Denn deſto ſtär- ker muſs die Begierde ſeyn, die den Menſchen, jener Bewegungsgründe ohnerachtet, zur That beſtimmte, ihn alſo antreiben konnte, dieſe Hinderniſſe der Ausführung zu überſteigen. §. 134. *) *) Dieſe Rückſicht auf die beſondere Stärke der ein- zelnen Abhaltungsgründe beſtimmt alſo die beſon- dern Abſtufungen der zwey Hauptgrade der Straf- barkeit, nach der Intenſität. So wie oben beſtimmt wurde, wie ſich Handlungen aus thieriſchem Be- gehren zu Handlungen aus Willkühr verhalten, ſo wird hier beſtimmt, wie ſich Handlungen aus Willkühr und aus thieriſchem Begehren (z. B. ver- ſchiedene Handlungen, die aus Leidenſchaft began- gen wurden) zu einander ſelbſt, verhalten. Es er- gäben ſich demnach eigentlich folgende Hauptſtu- fen der Strafbarkeit nach dieſem erſten Moment: I. Verbrechen aus thieriſchem Begehren, bey welchen groſse

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/134
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/134>, abgerufen am 29.03.2024.