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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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V. d. einzelnen in Deutschl. übl. Strafen.
gefühl kränken, ohne das vollkommne Recht
auf Ehre zu nehmen, oder solche, welche die
Kränkung des Ehrgefühls durch Entziehung
des Rechts auf äussere Ehre aufheben. Jene
heissen Ehrenstrafen im engern Sinn, diese
entehrende Strafen.

§. 177.

A Ehrenstrafen im engern Sinn sind 1)
entweder blos beschämende, welche dehmü-
thigen, ohne verächtlich zu machen, wohin
Kirchenbusse *) Verweis, Abbitte und Widerruf
gehören **); oder 2) beschimpfende, welche
wirklich die öffentliche Geringschätzung zur
Folge haben. -- Gemeines Halseisen oder Straf-
pfahl Lasterstein -- Geige -- Austrommeln --
Trillhaus -- Spanischer Mantel
etc. -- B. Die
entehrenden Strafen nehmen 1) entweder das
Recht auf vorzügliche Ehre, welches durch
Amtsentsetzung und durch Beraubung der Adels-
rechte
geschieht, oder 2) das Recht auf gemeine
Ehre und den guten Namen, also das Recht auf
äussere Achtung als Bürger überhaupt und als
rechtlicher Mensch. Infamia -- (poena in-
famiae
) ***)


§. 178.
*) Christian Wildvogel Diss. de deprecatione pu-
blica ecclesiastica.
ed 2. da. 1757.
**) Widerruf und Abbitte können qualificirt werden
und dann in eigentliche entehrende Strafen über-
gehen. z. B. wenn die Abbitte und der Widerruf
knieend, vor gehegtem Halsgericht in Gegenwart
des Scharfrichters, abgeleistet wird.
***) Thomasius Diss. an poenae viventium cos infaman-
tes. sint absurdae et abrogandae
? Hal. 1723. -- Caloni
de

V. d. einzelnen in Deutſchl. übl. Strafen.
gefühl kränken, ohne das vollkommne Recht
auf Ehre zu nehmen, oder ſolche, welche die
Kränkung des Ehrgefühls durch Entziehung
des Rechts auf äuſſere Ehre aufheben. Jene
heiſsen Ehrenſtrafen im engern Sinn, dieſe
entehrende Strafen.

§. 177.

A Ehrenſtrafen im engern Sinn ſind 1)
entweder blos beſchämende, welche dehmü-
thigen, ohne verächtlich zu machen, wohin
Kirchenbuſse *) Verweis, Abbitte und Widerruf
gehören **); oder 2) beſchimpfende, welche
wirklich die öffentliche Geringſchätzung zur
Folge haben. — Gemeines Halseiſen oder Straf-
pfahl Laſterſtein — Geige — Austrommeln —
Trillhaus — Spaniſcher Mantel
etc. — B. Die
entehrenden Strafen nehmen 1) entweder das
Recht auf vorzügliche Ehre, welches durch
Amtsentſetzung und durch Beraubung der Adels-
rechte
geſchieht, oder 2) das Recht auf gemeine
Ehre und den guten Namen, alſo das Recht auf
äuſſere Achtung als Bürger überhaupt und als
rechtlicher Menſch. Infamia — (poena in-
famiae
) ***)


§. 178.
*) Chriſtian Wildvogel Diſſ. de deprecatione pu-
blica eccleſiaſtica.
ed 2. da. 1757.
**) Widerruf und Abbitte können qualificirt werden
und dann in eigentliche entehrende Strafen über-
gehen. z. B. wenn die Abbitte und der Widerruf
knieend, vor gehegtem Halsgericht in Gegenwart
des Scharfrichters, abgeleiſtet wird.
***) Thomaſius Diſſ. an poenae viventium cos infaman-
tes. ſint abſurdae et abrogandae
? Hal. 1723. — Caloni
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[135/0163] V. d. einzelnen in Deutſchl. übl. Strafen. gefühl kränken, ohne das vollkommne Recht auf Ehre zu nehmen, oder ſolche, welche die Kränkung des Ehrgefühls durch Entziehung des Rechts auf äuſſere Ehre aufheben. Jene heiſsen Ehrenſtrafen im engern Sinn, dieſe entehrende Strafen. §. 177. A Ehrenſtrafen im engern Sinn ſind 1) entweder blos beſchämende, welche dehmü- thigen, ohne verächtlich zu machen, wohin Kirchenbuſse *) Verweis, Abbitte und Widerruf gehören **); oder 2) beſchimpfende, welche wirklich die öffentliche Geringſchätzung zur Folge haben. — Gemeines Halseiſen oder Straf- pfahl Laſterſtein — Geige — Austrommeln — Trillhaus — Spaniſcher Mantel etc. — B. Die entehrenden Strafen nehmen 1) entweder das Recht auf vorzügliche Ehre, welches durch Amtsentſetzung und durch Beraubung der Adels- rechte geſchieht, oder 2) das Recht auf gemeine Ehre und den guten Namen, alſo das Recht auf äuſſere Achtung als Bürger überhaupt und als rechtlicher Menſch. Infamia — (poena in- famiae) ***) §. 178. *) Chriſtian Wildvogel Diſſ. de deprecatione pu- blica eccleſiaſtica. ed 2. da. 1757. **) Widerruf und Abbitte können qualificirt werden und dann in eigentliche entehrende Strafen über- gehen. z. B. wenn die Abbitte und der Widerruf knieend, vor gehegtem Halsgericht in Gegenwart des Scharfrichters, abgeleiſtet wird. ***) Thomaſius Diſſ. an poenae viventium cos infaman- tes. ſint abſurdae et abrogandae? Hal. 1723. — Caloni de

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/163>, abgerufen am 24.04.2024.