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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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I. Buch. II. Theil. III. Titel. IV. Abschnitt.
§. 192.

Eine Strafe kann an sich einer andern der
Art nach gleich und gleichwohl in Beziehung
auf verschiedene Subjecte der Qualität nach
verschieden seyn *). Es ist daher oft in soferne
eine Verwandlung nothwendig, als ein, einer
gewissen Person zuerkanntes und durch ihre
Qualität der Strafbarkeit derselben angemesse-
nes Uebel, bey einer andern Person, wegen
desselben Grades der Strafbarkeit in eine (in
abstracto betrachtet) härtere oder gelindere
Strafe verwandelt werden muss. Die noth-
wendige Gleichheit in der Bestrafung ist oft
nur durch Ungleichheit in der Art der Strafe
zu erreichen. Dieses ist besonders bey Ehren-
strafen
in Beziehung auf vornehme Personen,
besonders Adliche **) und bey Vermögensstrafen
in Beziehung auf Reiche und Arme der Fall ***).
Bey bestimmten Strafgesetzen kann aber diese
Rücksicht auf die nothwendige Gleichheit
nicht eine rechtmässige Verwandlung be-
wirken.




Zwey-
*) Ein Adlicher verliert z. B. durch Infamie weit mehr,
als ein gemeiner Mensch aus der untersten Klasse.
Jener würde daher weit härter, dieser weit gelinder
bestraft, wenn man jenen und diesen wegen der-
selben Uebertretung mit Infamie bestrafen wollte.
**) Jo. Leonh. Tauber Diss. de licita in criminali-
bus prosopolepsia
Alt. 1752. Besonders G. J. Fr. Mei-
ster
über den Einfluss. welchen der Stand des Ver-
brechers auf die Strafen und das Verfahren in Straf-
sachen hat.
In Plitts Repertorium Thl. I. Nr. 1.
***)
I. Buch. II. Theil. III. Titel. IV. Abſchnitt.
§. 192.

Eine Strafe kann an ſich einer andern der
Art nach gleich und gleichwohl in Beziehung
auf verſchiedene Subjecte der Qualität nach
verſchieden ſeyn *). Es iſt daher oft in ſoferne
eine Verwandlung nothwendig, als ein, einer
gewiſſen Perſon zuerkanntes und durch ihre
Qualität der Strafbarkeit derſelben angemeſſe-
nes Uebel, bey einer andern Perſon, wegen
deſſelben Grades der Strafbarkeit in eine (in
abſtracto betrachtet) härtere oder gelindere
Strafe verwandelt werden muſs. Die noth-
wendige Gleichheit in der Beſtrafung iſt oft
nur durch Ungleichheit in der Art der Strafe
zu erreichen. Dieſes iſt beſonders bey Ehren-
ſtrafen
in Beziehung auf vornehme Perſonen,
beſonders Adliche **) und bey Vermögensſtrafen
in Beziehung auf Reiche und Arme der Fall ***).
Bey beſtimmten Strafgeſetzen kann aber dieſe
Rückſicht auf die nothwendige Gleichheit
nicht eine rechtmäſsige Verwandlung be-
wirken.




Zwey-
*) Ein Adlicher verliert z. B. durch Infamie weit mehr,
als ein gemeiner Menſch aus der unterſten Klaſſe.
Jener würde daher weit härter, dieſer weit gelinder
beſtraft, wenn man jenen und dieſen wegen der-
ſelben Uebertretung mit Infamie beſtrafen wollte.
**) Jo. Leonh. Tauber Diſſ. de licita in criminali-
bus proſopolepſia
Alt. 1752. Beſonders G. J. Fr. Mei-
ſter
über den Einfluſs. welchen der Stand des Ver-
brechers auf die Strafen und das Verfahren in Straf-
ſachen hat.
In Plitts Repertorium Thl. I. Nr. 1.
***)
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[144/0172] I. Buch. II. Theil. III. Titel. IV. Abſchnitt. §. 192. Eine Strafe kann an ſich einer andern der Art nach gleich und gleichwohl in Beziehung auf verſchiedene Subjecte der Qualität nach verſchieden ſeyn *). Es iſt daher oft in ſoferne eine Verwandlung nothwendig, als ein, einer gewiſſen Perſon zuerkanntes und durch ihre Qualität der Strafbarkeit derſelben angemeſſe- nes Uebel, bey einer andern Perſon, wegen deſſelben Grades der Strafbarkeit in eine (in abſtracto betrachtet) härtere oder gelindere Strafe verwandelt werden muſs. Die noth- wendige Gleichheit in der Beſtrafung iſt oft nur durch Ungleichheit in der Art der Strafe zu erreichen. Dieſes iſt beſonders bey Ehren- ſtrafen in Beziehung auf vornehme Perſonen, beſonders Adliche **) und bey Vermögensſtrafen in Beziehung auf Reiche und Arme der Fall ***). Bey beſtimmten Strafgeſetzen kann aber dieſe Rückſicht auf die nothwendige Gleichheit nicht eine rechtmäſsige Verwandlung be- wirken. Zwey- *) Ein Adlicher verliert z. B. durch Infamie weit mehr, als ein gemeiner Menſch aus der unterſten Klaſſe. Jener würde daher weit härter, dieſer weit gelinder beſtraft, wenn man jenen und dieſen wegen der- ſelben Uebertretung mit Infamie beſtrafen wollte. **) Jo. Leonh. Tauber Diſſ. de licita in criminali- bus proſopolepſia Alt. 1752. Beſonders G. J. Fr. Mei- ſter über den Einfluſs. welchen der Stand des Ver- brechers auf die Strafen und das Verfahren in Straf- ſachen hat. In Plitts Repertorium Thl. I. Nr. 1. ***)

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/172>, abgerufen am 24.04.2024.