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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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II Buch. I. Theil. I. Titel. I. Abschnitt.
§. 204.

Der entfernteste Versuch *), wie auch die
Beyhülfe, zu welcher hier auch Verschweigung
und unterlassene Verhinderung des Ver-
brechens gehören, sollen mit der ordentlichen
Strafe belegt werden **). Wer sich für die-
sen Verbrecher verwendet, ist infam ***). Der

Theil-
Allein 1) wenn gleich die L. 5. C. im Codex Theod.
unter dem Titel ad L. Corn. de Sic. steht und Tri-
bonian
sie mit Unrecht an den Ort gestellt hätte, an
welchem sie im Cod. Iust. steht (obgleich sich für
Tribonian noch gar manches sagen Fesssse); so müs-
sen wir doch. als praktische Iuristen, d. h. in so
ferne wir geltende Rechtsgrundsätze aufstellen wol-
len, die Gesetze unsers Corpus luris nach der Ordnung
und nach dem Titel interpretiren, unter welchem
sie jetz stehen. Der §. 7. de conc. Dig. ist ja doch
bekannt genug. 2) Implicite sind jene rechtliche
Folgen der L. 5. von jedem Hochverrath, insbe-
sondere vom Verrath an dem Oberhaupt selbst ver-
ordnet. Arcadius stellt die Minister und einige
andere sich selbst in Ansehung dieses Verbrechens
gleich und verordnet dieses: "quia et ipsi pars corpo-
ris nostri sunt
. Was von ihm gesagt ist, ist also auch
vom eigentlichen Hochverrath gesagt. 3) Eben so
redet Carl IV. in der G. B. Das vorige gilt also auch
hier. Anderer Gründe zu geschweigen.
*) L. 5. pr. C. eod. "eadem severitate voluntatem sceleris,
qua effectum, puniri jura voluerunt
." und §. 3. J. de
publ. jud. "moliti sunt."
**) L. 5. pr. C. eod. A. B. c. 24. §. 10. Vergl. Lude-
wig
Erl. der goldn. Bulle. Thl. II. S. 411 ff.
***) L. 5. §. 2. C. eod. Deswegen die Observanz, dass
der Defensor vorher um Erlaubniss zur Defension
bittet.
II Buch. I. Theil. I. Titel. I. Abſchnitt.
§. 204.

Der entfernteſte Verſuch *), wie auch die
Beyhülfe, zu welcher hier auch Verſchweigung
und unterlaſſene Verhinderung des Ver-
brechens gehören, ſollen mit der ordentlichen
Strafe belegt werden **). Wer ſich für die-
ſen Verbrecher verwendet, iſt infam ***). Der

Theil-
Allein 1) wenn gleich die L. 5. C. im Codex Theod.
unter dem Titel ad L. Corn. de Sic. ſteht und Tri-
bonian
ſie mit Unrecht an den Ort geſtellt hätte, an
welchem ſie im Cod. Iuſt. ſteht (obgleich ſich für
Tribonian noch gar manches ſagen Feſsſse); ſo müſ-
ſen wir doch. als praktiſche Iuriſten, d. h. in ſo
ferne wir geltende Rechtsgrundſätze aufſtellen wol-
len, die Geſetze unſers Corpus luris nach der Ordnung
und nach dem Titel interpretiren, unter welchem
ſie jetz ſtehen. Der §. 7. de conc. Dig. iſt ja doch
bekannt genug. 2) Implicite ſind jene rechtliche
Folgen der L. 5. von jedem Hochverrath, insbe-
ſondere vom Verrath an dem Oberhaupt ſelbſt ver-
ordnet. Arcadius ſtellt die Miniſter und einige
andere ſich ſelbſt in Anſehung dieſes Verbrechens
gleich und verordnet dieſes: „quia et ipſi pars corpo-
ris noſtri ſunt
. Was von ihm geſagt iſt, iſt alſo auch
vom eigentlichen Hochverrath geſagt. 3) Eben ſo
redet Carl IV. in der G. B. Das vorige gilt alſo auch
hier. Anderer Gründe zu geſchweigen.
*) L. 5. pr. C. eod. „eadem ſeveritate voluntatem ſceleris,
qua effectum, puniri jura voluerunt
.“ und §. 3. J. de
publ. jud. „moliti ſunt.“
**) L. 5. pr. C. eod. A. B. c. 24. §. 10. Vergl. Lude-
wig
Erl. der goldn. Bulle. Thl. II. S. 411 ff.
***) L. 5. §. 2. C. eod. Deswegen die Obſervanz, daſs
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bittet.
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[156/0184] II Buch. I. Theil. I. Titel. I. Abſchnitt. §. 204. Der entfernteſte Verſuch *), wie auch die Beyhülfe, zu welcher hier auch Verſchweigung und unterlaſſene Verhinderung des Ver- brechens gehören, ſollen mit der ordentlichen Strafe belegt werden **). Wer ſich für die- ſen Verbrecher verwendet, iſt infam ***). Der Theil- ****) *) L. 5. pr. C. eod. „eadem ſeveritate voluntatem ſceleris, qua effectum, puniri jura voluerunt.“ und §. 3. J. de publ. jud. „moliti ſunt.“ **) L. 5. pr. C. eod. A. B. c. 24. §. 10. Vergl. Lude- wig Erl. der goldn. Bulle. Thl. II. S. 411 ff. ***) L. 5. §. 2. C. eod. Deswegen die Obſervanz, daſs der Defenſor vorher um Erlaubniſs zur Defenſion bittet. ****) Allein 1) wenn gleich die L. 5. C. im Codex Theod. unter dem Titel ad L. Corn. de Sic. ſteht und Tri- bonian ſie mit Unrecht an den Ort geſtellt hätte, an welchem ſie im Cod. Iuſt. ſteht (obgleich ſich für Tribonian noch gar manches ſagen Feſsſse); ſo müſ- ſen wir doch. als praktiſche Iuriſten, d. h. in ſo ferne wir geltende Rechtsgrundſätze aufſtellen wol- len, die Geſetze unſers Corpus luris nach der Ordnung und nach dem Titel interpretiren, unter welchem ſie jetz ſtehen. Der §. 7. de conc. Dig. iſt ja doch bekannt genug. 2) Implicite ſind jene rechtliche Folgen der L. 5. von jedem Hochverrath, insbe- ſondere vom Verrath an dem Oberhaupt ſelbſt ver- ordnet. Arcadius ſtellt die Miniſter und einige andere ſich ſelbſt in Anſehung dieſes Verbrechens gleich und verordnet dieſes: „quia et ipſi pars corpo- ris noſtri ſunt. Was von ihm geſagt iſt, iſt alſo auch vom eigentlichen Hochverrath geſagt. 3) Eben ſo redet Carl IV. in der G. B. Das vorige gilt alſo auch hier. Anderer Gründe zu geſchweigen.

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/184>, abgerufen am 28.03.2024.