Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abschnitt.
gelt, welche auf die Grösse der Strafe fast gar
keinen Einfluss hat, so kann die Strafe nur um
Einen Grad bis zur ewigen Gesängnissstrafe sin-
ken *).

Anm. Die Praktiker wollen nur willkührliche Strafe.
Die Todesstrafe billigen sie blos im Fall der Ent-
führung wider Willen der Entführten, durch An-
wendung grosser Gewaltthätigkeit, so dass mit der
Entführung noch andere Verbrechen concurriren.
Der Verlust des Vermögens soll wegen des Art.
218. P. G. O. (der von dieser Art des Vermögensverlu-
stes gar nicht redet) ganz hinwegfallen. Quistorp.
Thl. l., §. 514 Klein peinl. R., §. 413. -- Stru-
ben
Th. IV. Bed. 79. Das Recht der Tödung läug-
nen sie ebenfalls. Meister jun. pr. jur. crim. §.
305. Not. d.)

§. 299.

Gehülfen sind **) nach den allgemeinen
Grundsätzen der Strafbarkeit in concreto zu
bestrafen, ob sie gleich das römische Recht,
wenn sie in einem concursus concomitans begrif-
fen sind, dem Urheber gleich bestraft wissen

will.
*) Die Entführung einer persona non honesta ist allein
hier auszunehmen. Denn hier fällt eine wichtigere
Bedingung hinweg, die Strafe muss also auch mehr
sinken. -- Die Wegführung einer Person mit ih-
rem, aber gegen ihres Vormunds oder Curators Wil-
len kann gar nicht bestraft werden, weil hier alle
Rechtsverletzung hinwegfällt, jedes Verbrechen aber
diese voraussetzt. Bey der Entführung wider Wil-
len der Aeltern oder des Ehemannes wird das Recht
der Gewalt
verletzt und dieses findet hier nicht stast.
**) Wegen der allgen einen Verordnung der P. G. O.
Art. 177.

II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt.
gelt, welche auf die Gröſse der Strafe faſt gar
keinen Einfluſs hat, ſo kann die Strafe nur um
Einen Grad bis zur ewigen Geſängniſsſtrafe ſin-
ken *).

Anm. Die Praktiker wollen nur willkührliche Strafe.
Die Todesſtrafe billigen ſie blos im Fall der Ent-
führung wider Willen der Entführten, durch An-
wendung groſser Gewaltthätigkeit, ſo daſs mit der
Entführung noch andere Verbrechen concurriren.
Der Verluſt des Vermögens ſoll wegen des Art.
218. P. G. O. (der von dieſer Art des Vermögensverlu-
ſtes gar nicht redet) ganz hinwegfallen. Quiſtorp.
Thl. l., §. 514 Klein peinl. R., §. 413. — Stru-
ben
Th. IV. Bed. 79. Das Recht der Tödung läug-
nen ſie ebenfalls. Meiſter jun. pr. jur. crim. §.
305. Not. d.)

§. 299.

Gehülfen ſind **) nach den allgemeinen
Grundſätzen der Strafbarkeit in concreto zu
beſtrafen, ob ſie gleich das römiſche Recht,
wenn ſie in einem concurſus concomitans begrif-
fen ſind, dem Urheber gleich beſtraft wiſſen

will.
*) Die Entführung einer perſona non honeſta iſt allein
hier auszunehmen. Denn hier fällt eine wichtigere
Bedingung hinweg, die Strafe muſs alſo auch mehr
ſinken. — Die Wegführung einer Perſon mit ih-
rem, aber gegen ihres Vormunds oder Curators Wil-
len kann gar nicht beſtraft werden, weil hier alle
Rechtsverletzung hinwegfällt, jedes Verbrechen aber
dieſe vorausſetzt. Bey der Entführung wider Wil-
len der Aeltern oder des Ehemannes wird das Recht
der Gewalt
verletzt und dieſes findet hier nicht ſtaſt.
**) Wegen der allgen einen Verordnung der P. G. O.
Art. 177.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <p><pb facs="#f0260" n="232"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
gelt, welche auf die Grö&#x017F;se der Strafe fa&#x017F;t gar<lb/>
keinen Einflu&#x017F;s hat, &#x017F;o kann die Strafe nur um<lb/>
Einen Grad bis zur <hi rendition="#i">ewigen Ge&#x017F;ängni&#x017F;s&#x017F;trafe</hi> &#x017F;in-<lb/>
ken <note place="foot" n="*)">Die Entführung einer <hi rendition="#i">per&#x017F;ona non hone&#x017F;ta</hi> i&#x017F;t allein<lb/>
hier auszunehmen. Denn hier fällt eine wichtigere<lb/>
Bedingung hinweg, die Strafe mu&#x017F;s al&#x017F;o auch mehr<lb/>
&#x017F;inken. &#x2014; Die Wegführung einer Per&#x017F;on mit ih-<lb/>
rem, aber gegen ihres Vormunds oder Curators Wil-<lb/>
len kann <hi rendition="#i">gar</hi> nicht be&#x017F;traft werden, weil hier alle<lb/>
Rechtsverletzung hinwegfällt, jedes Verbrechen aber<lb/>
die&#x017F;e voraus&#x017F;etzt. Bey der Entführung wider Wil-<lb/>
len der Aeltern oder des Ehemannes wird das <hi rendition="#i">Recht<lb/>
der Gewalt</hi> verletzt und die&#x017F;es findet hier nicht &#x017F;ta&#x017F;t.</note>.</p><lb/>
                      <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Anm</hi>.</hi> Die Praktiker wollen nur <hi rendition="#i">willkührliche</hi> Strafe.<lb/>
Die Todes&#x017F;trafe billigen &#x017F;ie blos im Fall der Ent-<lb/>
führung wider Willen der Entführten, durch An-<lb/>
wendung gro&#x017F;ser Gewaltthätigkeit, &#x017F;o da&#x017F;s mit der<lb/>
Entführung noch andere Verbrechen concurriren.<lb/>
Der Verlu&#x017F;t des Vermögens &#x017F;oll wegen des Art.<lb/>
218. P. G. O. (der von die&#x017F;er Art des Vermögensverlu-<lb/>
&#x017F;tes gar nicht redet) ganz hinwegfallen. <hi rendition="#g">Qui&#x017F;torp</hi>.<lb/>
Thl. l., §. 514 <hi rendition="#g">Klein</hi> <hi rendition="#i">peinl. R</hi>., §. 413. &#x2014; <hi rendition="#g">Stru-<lb/>
ben</hi> Th. IV. Bed. 79. Das Recht der Tödung läug-<lb/>
nen &#x017F;ie ebenfalls. <hi rendition="#g">Mei&#x017F;ter</hi> jun. <hi rendition="#i">pr. jur. crim</hi>. §.<lb/>
305. Not. d.)</hi> </p>
                    </div><lb/>
                    <div n="8">
                      <head>§. 299.</head><lb/>
                      <p><hi rendition="#i">Gehülfen</hi> &#x017F;ind <note place="foot" n="**)">Wegen der allgen einen Verordnung der P. G. O.<lb/>
Art. 177.</note> nach den allgemeinen<lb/>
Grund&#x017F;ätzen der Strafbarkeit in concreto zu<lb/>
be&#x017F;trafen, ob &#x017F;ie gleich das römi&#x017F;che Recht,<lb/>
wenn &#x017F;ie in einem <hi rendition="#i">concur&#x017F;us concomitans</hi> begrif-<lb/>
fen &#x017F;ind, dem Urheber gleich be&#x017F;traft wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">will.</fw><lb/></p>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[232/0260] II. Buch. I. Theil. II. Titel. I. Abſchnitt. gelt, welche auf die Gröſse der Strafe faſt gar keinen Einfluſs hat, ſo kann die Strafe nur um Einen Grad bis zur ewigen Geſängniſsſtrafe ſin- ken *). Anm. Die Praktiker wollen nur willkührliche Strafe. Die Todesſtrafe billigen ſie blos im Fall der Ent- führung wider Willen der Entführten, durch An- wendung groſser Gewaltthätigkeit, ſo daſs mit der Entführung noch andere Verbrechen concurriren. Der Verluſt des Vermögens ſoll wegen des Art. 218. P. G. O. (der von dieſer Art des Vermögensverlu- ſtes gar nicht redet) ganz hinwegfallen. Quiſtorp. Thl. l., §. 514 Klein peinl. R., §. 413. — Stru- ben Th. IV. Bed. 79. Das Recht der Tödung läug- nen ſie ebenfalls. Meiſter jun. pr. jur. crim. §. 305. Not. d.) §. 299. Gehülfen ſind **) nach den allgemeinen Grundſätzen der Strafbarkeit in concreto zu beſtrafen, ob ſie gleich das römiſche Recht, wenn ſie in einem concurſus concomitans begrif- fen ſind, dem Urheber gleich beſtraft wiſſen will. *) Die Entführung einer perſona non honeſta iſt allein hier auszunehmen. Denn hier fällt eine wichtigere Bedingung hinweg, die Strafe muſs alſo auch mehr ſinken. — Die Wegführung einer Perſon mit ih- rem, aber gegen ihres Vormunds oder Curators Wil- len kann gar nicht beſtraft werden, weil hier alle Rechtsverletzung hinwegfällt, jedes Verbrechen aber dieſe vorausſetzt. Bey der Entführung wider Wil- len der Aeltern oder des Ehemannes wird das Recht der Gewalt verletzt und dieſes findet hier nicht ſtaſt. **) Wegen der allgen einen Verordnung der P. G. O. Art. 177.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/260
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/260>, abgerufen am 29.03.2024.