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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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II. Buch. I. Theil. II. Titel I. Abschnitt.
vorausgesetzt 1) die höchste Noth (rechte Hun-
gersnoth
), nicht blosse Armuth, 2) der Ent-
wender musste keine andern rechtlichen Mit-
tel zur Rettung haben *), 3) die Noth musste
unverschuldet **), 4) der Gegenstand der
Entwendung mussten Esswaaren seyn ***), 5)
Er musste nicht mehr genommen haben, als zur
Abwendung der Noth erforderlich war, 6) er
musste nicht härtere Mittel angewendet ha-
ben, als nöthig war, um die Entwendung zu
vollenden. Jede Art der Entwendung, selbst
gewaltsame, wirkt unter diesen Bedingungen
Straflosigkeit. Den Beweis der Noth führt
der Entwender. +)

P. G. O. Art. 166.

§. 362.

Für den Besitzer ist gegen den Dieb das
Recht der Nothwehr begründet. Wen ich
aber des Nachts in diebischer Absicht in mei-
nem Hause finde, den zu töden, habe ich unbe-

dingt
*) Boehmer ad h. a. §. 2. Quistorp Thl. I. §.
375.
**) Das Gegentheil meynt Koch inst. jur. crim. §.
174. Anm.
***) Das Gesetz sagt es. Der Grund ist hier, die beson-
dere Grösse des Reitzes, und die unmittelbare Ge-
wissheit der Hungersnoth als Grund der That.
Walch l. c. §. 7. -- Dagegen Kress ad h. a.
Boehmer ad Carpz. Q. 83. obs. 3. Struben
Thl. III. Bed. 137. Quistotp Thl. I. §. 376.
+) Kress ad h. a. §. 2. *2. Boehmer ad eund.
§. 4.

II. Buch. I. Theil. II. Titel I. Abſchnitt.
vorausgeſetzt 1) die höchſte Noth (rechte Hun-
gersnoth
), nicht bloſse Armuth, 2) der Ent-
wender muſste keine andern rechtlichen Mit-
tel zur Rettung haben *), 3) die Noth muſste
unverſchuldet **), 4) der Gegenſtand der
Entwendung muſsten Eſswaaren ſeyn ***), 5)
Er muſste nicht mehr genommen haben, als zur
Abwendung der Noth erforderlich war, 6) er
muſste nicht härtere Mittel angewendet ha-
ben, als nöthig war, um die Entwendung zu
vollenden. Jede Art der Entwendung, ſelbſt
gewaltſame, wirkt unter dieſen Bedingungen
Strafloſigkeit. Den Beweis der Noth führt
der Entwender. †)

P. G. O. Art. 166.

§. 362.

Für den Beſitzer iſt gegen den Dieb das
Recht der Nothwehr begründet. Wen ich
aber des Nachts in diebiſcher Abſicht in mei-
nem Hauſe finde, den zu töden, habe ich unbe-

dingt
*) Boehmer ad h. a. §. 2. Quiſtorp Thl. I. §.
375.
**) Das Gegentheil meynt Koch inſt. jur. crim. §.
174. Anm.
***) Das Geſetz ſagt es. Der Grund iſt hier, die beſon-
dere Gröſse des Reitzes, und die unmittelbare Ge-
wiſsheit der Hungersnoth als Grund der That.
Walch l. c. §. 7. — Dagegen Kreſs ad h. a.
Boehmer ad Carpz. Q. 83. obſ. 3. Struben
Thl. III. Bed. 137. Quiſtotp Thl. I. §. 376.
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§. 4.
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[282/0310] II. Buch. I. Theil. II. Titel I. Abſchnitt. vorausgeſetzt 1) die höchſte Noth (rechte Hun- gersnoth), nicht bloſse Armuth, 2) der Ent- wender muſste keine andern rechtlichen Mit- tel zur Rettung haben *), 3) die Noth muſste unverſchuldet **), 4) der Gegenſtand der Entwendung muſsten Eſswaaren ſeyn ***), 5) Er muſste nicht mehr genommen haben, als zur Abwendung der Noth erforderlich war, 6) er muſste nicht härtere Mittel angewendet ha- ben, als nöthig war, um die Entwendung zu vollenden. Jede Art der Entwendung, ſelbſt gewaltſame, wirkt unter dieſen Bedingungen Strafloſigkeit. Den Beweis der Noth führt der Entwender. †) P. G. O. Art. 166. §. 362. Für den Beſitzer iſt gegen den Dieb das Recht der Nothwehr begründet. Wen ich aber des Nachts in diebiſcher Abſicht in mei- nem Hauſe finde, den zu töden, habe ich unbe- dingt *) Boehmer ad h. a. §. 2. Quiſtorp Thl. I. §. 375. **) Das Gegentheil meynt Koch inſt. jur. crim. §. 174. Anm. ***) Das Geſetz ſagt es. Der Grund iſt hier, die beſon- dere Gröſse des Reitzes, und die unmittelbare Ge- wiſsheit der Hungersnoth als Grund der That. Walch l. c. §. 7. — Dagegen Kreſs ad h. a. Boehmer ad Carpz. Q. 83. obſ. 3. Struben Thl. III. Bed. 137. Quiſtotp Thl. I. §. 376. †) Kreſs ad h. a. §. 2. *2. Boehmer ad eund. §. 4.

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/310>, abgerufen am 29.03.2024.