Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

Verletzung des ehel. Vertrags. Ehebruch.
ner väterlichen Gewalt sich befindet, hat das
Recht, seine Tochter und mit ihr den Ehebre-
cher zu tödten, sowohl wenn er ihn in sei-
nem, als auch wenn er ihn in seines Schwie-
gersohns Hause ertappt. An dem Verbrecher
allein kann er sich durch den Tod nicht rächen,
aber wohl allein an seiner Tochter *). Diesel-
ben Grundsätze bestätigt die P. G O., ohne die
Straflosigkeit der Tödung des Ehebrechers auf
den höchsten Grad des Affects einzuschrän-
ken **).


§. 423.
*) L. 20. 21. 22. 23. 24. 32. D. h. t. G. Tob.
Schwendendörfer
Diss de jure occidendi prehen-
sum in adulteriio filiae et uxoris quatenus patri et marito
competit
. Lips. 1712.
**) Art. 142. zählt zu den Fällen der straflosen Tö-
dung: "So einer einen unkeuschen Werk halben
"bey seinem ehelichen Weib, Tochter oder andern
"bösen sträflichen Uebelthaten fände, und darum
"gegen denselben Uebelthäter tödlich Handlung,
"Zwang oder Gefängniss, wie
die Rechte zulassen,
"fürnähme." Wie leicht sich doch offenbare Irr-
thümer in eine Wissenschaft einschleichen können!
Alle Rechtslehrer behaupten jetzt, das im röm. R.
ertheilte Recht der Tödung sey durch die P G. O.
aufgehoben und Carl rede blos von dem Fall der
Tödung in der höchsten Hitze des Zorns. cf.
Westphal Grunds. der Beurtheilung der aus Hitze
des Zorns unternommenen Handlungen
. C. 2. §. 5. ff.
Der Grund soll darin liegen, weil nur die Bamberg.
Art. 145. von einer solchen Tödung des Ehebre-
chers spricht. Allein 1) die Worte der P. G. O.
reden unbedingt und erwähnen nirgends, auch nur
mit einer Sylbe des Affects, als Entschuldigungs-
grundes; 2) da in der Bamb. und den Projecten blos
die
Y 2

Verletzung des ehel. Vertrags. Ehebruch.
ner väterlichen Gewalt ſich befindet, hat das
Recht, ſeine Tochter und mit ihr den Ehebre-
cher zu tödten, ſowohl wenn er ihn in ſei-
nem, als auch wenn er ihn in ſeines Schwie-
gerſohns Hauſe ertappt. An dem Verbrecher
allein kann er ſich durch den Tod nicht rächen,
aber wohl allein an ſeiner Tochter *). Dieſel-
ben Grundſätze beſtätigt die P. G O., ohne die
Strafloſigkeit der Tödung des Ehebrechers auf
den höchſten Grad des Affects einzuſchrän-
ken **).


§. 423.
*) L. 20. 21. 22. 23. 24. 32. D. h. t. G. Tob.
Schwendendörfer
Diſſ de jure occidendi prehen-
ſum in adulteriio filiae et uxoris quatenus patri et marito
competit
. Lipſ. 1712.
**) Art. 142. zählt zu den Fällen der ſtrafloſen Tö-
dung: „So einer einen unkeuſchen Werk halben
„bey ſeinem ehelichen Weib, Tochter oder andern
„böſen ſträflichen Uebelthaten fände, und darum
„gegen denſelben Uebelthäter tödlich Handlung,
„Zwang oder Gefängniſs, wie
die Rechte zulaſſen,
„fürnähme.“ Wie leicht ſich doch offenbare Irr-
thümer in eine Wiſſenſchaft einſchleichen können!
Alle Rechtslehrer behaupten jetzt, das im röm. R.
ertheilte Recht der Tödung ſey durch die P G. O.
aufgehoben und Carl rede blos von dem Fall der
Tödung in der höchſten Hitze des Zorns. cf.
Weſtphal Grundſ. der Beurtheilung der aus Hitze
des Zorns unternommenen Handlungen
. C. 2. §. 5. ff.
Der Grund ſoll darin liegen, weil nur die Bamberg.
Art. 145. von einer ſolchen Tödung des Ehebre-
chers ſpricht. Allein 1) die Worte der P. G. O.
reden unbedingt und erwähnen nirgends, auch nur
mit einer Sylbe des Affects, als Entſchuldigungs-
grundes; 2) da in der Bamb. und den Projecten blos
die
Y 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <p><pb facs="#f0367" n="339"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Verletzung des ehel. Vertrags. Ehebruch.</hi></fw><lb/>
ner väterlichen Gewalt &#x017F;ich befindet, hat das<lb/>
Recht, &#x017F;eine Tochter und mit ihr den Ehebre-<lb/>
cher zu tödten, &#x017F;owohl wenn er ihn in &#x017F;ei-<lb/>
nem, als auch wenn er ihn in &#x017F;eines Schwie-<lb/>
ger&#x017F;ohns Hau&#x017F;e ertappt. An dem Verbrecher<lb/>
allein kann er &#x017F;ich durch den Tod nicht rächen,<lb/>
aber wohl allein an &#x017F;einer Tochter <note place="foot" n="*)">L. 20. 21. 22. 23. 24. 32. D. h. t. G. <hi rendition="#g">Tob.<lb/>
Schwendendörfer</hi> <hi rendition="#i">Di&#x017F;&#x017F; de jure occidendi prehen-<lb/>
&#x017F;um in adulteriio filiae et uxoris quatenus patri et marito<lb/>
competit</hi>. Lip&#x017F;. 1712.</note>. Die&#x017F;el-<lb/>
ben Grund&#x017F;ätze be&#x017F;tätigt die P. G O., ohne die<lb/>
Straflo&#x017F;igkeit der Tödung des Ehebrechers auf<lb/>
den höch&#x017F;ten Grad des Affects einzu&#x017F;chrän-<lb/>
ken <note xml:id="note-0367" next="#note-0368" place="foot" n="**)">Art. 142. zählt zu den Fällen der &#x017F;traflo&#x017F;en Tö-<lb/>
dung: &#x201E;So einer einen unkeu&#x017F;chen Werk halben<lb/>
&#x201E;bey &#x017F;einem ehelichen Weib, <hi rendition="#i">Tochter</hi> oder andern<lb/>
&#x201E;&#x017F;en &#x017F;träflichen Uebelthaten fände, und darum<lb/>
&#x201E;gegen den&#x017F;elben Uebelthäter <hi rendition="#i">tödlich Handlung,<lb/>
&#x201E;Zwang oder Gefängni&#x017F;s, wie</hi> <hi rendition="#g">die Rechte</hi> <hi rendition="#i">zula&#x017F;&#x017F;en</hi>,<lb/>
&#x201E;fürnähme.&#x201C; Wie leicht &#x017F;ich doch offenbare Irr-<lb/>
thümer in eine Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft ein&#x017F;chleichen können!<lb/>
Alle Rechtslehrer behaupten jetzt, das im röm. R.<lb/>
ertheilte Recht der Tödung &#x017F;ey durch die P G. O.<lb/>
aufgehoben und <hi rendition="#g">Carl</hi> rede blos von dem Fall der<lb/>
Tödung in der höch&#x017F;ten Hitze des Zorns. cf.<lb/><hi rendition="#g">We&#x017F;tphal</hi> <hi rendition="#i">Grund&#x017F;. der Beurtheilung der aus Hitze<lb/>
des Zorns unternommenen Handlungen</hi>. C. 2. §. 5. ff.<lb/>
Der Grund &#x017F;oll darin liegen, weil nur die <hi rendition="#i">Bamberg</hi>.<lb/>
Art. 145. von einer &#x017F;olchen Tödung des Ehebre-<lb/>
chers &#x017F;pricht. Allein 1) die Worte der P. G. O.<lb/>
reden unbedingt und erwähnen nirgends, auch nur<lb/>
mit einer Sylbe des Affects, als Ent&#x017F;chuldigungs-<lb/>
grundes; 2) da in der <hi rendition="#i">Bamb</hi>. und den <hi rendition="#i">Projecten</hi> blos<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw></note>.</p>
                      </div>
                    </div><lb/>
                    <fw place="bottom" type="sig">Y 2</fw>
                    <fw place="bottom" type="catch">§. 423.</fw><lb/>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[339/0367] Verletzung des ehel. Vertrags. Ehebruch. ner väterlichen Gewalt ſich befindet, hat das Recht, ſeine Tochter und mit ihr den Ehebre- cher zu tödten, ſowohl wenn er ihn in ſei- nem, als auch wenn er ihn in ſeines Schwie- gerſohns Hauſe ertappt. An dem Verbrecher allein kann er ſich durch den Tod nicht rächen, aber wohl allein an ſeiner Tochter *). Dieſel- ben Grundſätze beſtätigt die P. G O., ohne die Strafloſigkeit der Tödung des Ehebrechers auf den höchſten Grad des Affects einzuſchrän- ken **). §. 423. *) L. 20. 21. 22. 23. 24. 32. D. h. t. G. Tob. Schwendendörfer Diſſ de jure occidendi prehen- ſum in adulteriio filiae et uxoris quatenus patri et marito competit. Lipſ. 1712. **) Art. 142. zählt zu den Fällen der ſtrafloſen Tö- dung: „So einer einen unkeuſchen Werk halben „bey ſeinem ehelichen Weib, Tochter oder andern „böſen ſträflichen Uebelthaten fände, und darum „gegen denſelben Uebelthäter tödlich Handlung, „Zwang oder Gefängniſs, wie die Rechte zulaſſen, „fürnähme.“ Wie leicht ſich doch offenbare Irr- thümer in eine Wiſſenſchaft einſchleichen können! Alle Rechtslehrer behaupten jetzt, das im röm. R. ertheilte Recht der Tödung ſey durch die P G. O. aufgehoben und Carl rede blos von dem Fall der Tödung in der höchſten Hitze des Zorns. cf. Weſtphal Grundſ. der Beurtheilung der aus Hitze des Zorns unternommenen Handlungen. C. 2. §. 5. ff. Der Grund ſoll darin liegen, weil nur die Bamberg. Art. 145. von einer ſolchen Tödung des Ehebre- chers ſpricht. Allein 1) die Worte der P. G. O. reden unbedingt und erwähnen nirgends, auch nur mit einer Sylbe des Affects, als Entſchuldigungs- grundes; 2) da in der Bamb. und den Projecten blos die Y 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/367
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/367>, abgerufen am 25.04.2024.