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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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Verbr. durch Täuschung eines andern.
ser Bedeutung wird heut zu Tage Prävarica-
tion begangen 1) von öffentlichen Anklägern,
Fiscalen, 2 von Privatanklägern. *) II. Im ab-
geleiteten
Sinn ist derjenige der Prävarication
schuldig, der, während er die streitigen Rechte
einer Person zu schützen hat, vorsätzlich die Gegen-
parthey zum Nachtheil seiner Parthey begünstigt.

Zu diesen gehören 1) gerichtliche Procuratoren
(procuratores judiciales), **) sie mögen nun öf-
fentliche oder Privatprocuratoren seyn, 2)
Advocaten ***)

P. G. O. Art. 115.


**)

§. 460.
*) Dieser Fall wird selten vorkommen. wegen der
Allgemeinheit des Inquisitionsprocesses: er kann es
aber doch, weil der acculatorische nicht aufgehoben
ist.
**) P. G. O. Art. 115.
***) L. 1. §. 1. L. 3. §. 2. h. t. Auch Advocati fisci.
L. 3. C. de advocatis fisci. Unter dem Ausdruck
"Pro
**) de V. S. L. 1. §. 6. D. ad ad Scrum Turpilianum. --
Matthaeus de crim. L. XLVII. tit 9. c. 1. §. 4.
und Boehmer ad h. a. §. [1]. nehmen an, dass
auch der Ankläger in delictis p[r]ivatis die Prävari-
cation begehen könne. Erster beruft si[c]h darauf,
dass auch der Advocat nach L. 1. § 1 D. h. t. so
wohl in öffentlichen als Privatverbrechen prävarici-
ren könne. Allein 1) diese L. 1. setzt darin gerade
den Advocaten dem Ankläger entgegen; 2) lässt
sich hier von dem Advocaten nicht auf den Anklä-
ger in Privatverbrechen schliessen, da sich jener
seiner Parthei zur Treue ausdrücklich verpflichtet
(L. 14. §. 1. C. de judiciis), welches hier nicht der
Fall ist, wo der Ankläger hauptsächlich sein eignes
Hauptinteresse verfolgt.
A a 2

Verbr. durch Täuſchung eines andern.
ſer Bedeutung wird heut zu Tage Prävarica-
tion begangen 1) von öffentlichen Anklägern,
Fiscalen, 2 von Privatanklägern. *) II. Im ab-
geleiteten
Sinn iſt derjenige der Prävarication
ſchuldig, der, während er die ſtreitigen Rechte
einer Perſon zu ſchützen hat, vorſätzlich die Gegen-
parthey zum Nachtheil ſeiner Parthey begünſtigt.

Zu dieſen gehören 1) gerichtliche Procuratoren
(procuratores judiciales), **) ſie mögen nun öf-
fentliche oder Privatprocuratoren ſeyn, 2)
Advocaten ***)

P. G. O. Art. 115.


**)

§. 460.
*) Dieſer Fall wird ſelten vorkommen. wegen der
Allgemeinheit des Inquiſitionsproceſſes: er kann es
aber doch, weil der acculatoriſche nicht aufgehoben
iſt.
**) P. G. O. Art. 115.
***) L. 1. §. 1. L. 3. §. 2. h. t. Auch Advocati fisci.
L. 3. C. de advocatis fisci. Unter dem Ausdruck
„Pro
**) de V. S. L. 1. §. 6. D. ad ad Scrum Turpilianum.
Matthaeus de crim. L. XLVII. tit 9. c. 1. §. 4.
und Boehmer ad h. a. §. [1]. nehmen an, daſs
auch der Ankläger in delictis p[r]ivatis die Prävari-
cation begehen könne. Erſter beruft ſi[c]h darauf,
daſs auch der Advocat nach L. 1. § 1 D. h. t. ſo
wohl in öffentlichen als Privatverbrechen prävarici-
ren könne. Allein 1) dieſe L. 1. ſetzt darin gerade
den Advocaten dem Ankläger entgegen; 2) läſst
ſich hier von dem Advocaten nicht auf den Anklä-
ger in Privatverbrechen ſchlieſsen, da ſich jener
ſeiner Parthei zur Treue ausdrücklich verpflichtet
(L. 14. §. 1. C. de judiciis), welches hier nicht der
Fall iſt, wo der Ankläger hauptſächlich ſein eignes
Hauptintereſſe verfolgt.
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[371/0399] Verbr. durch Täuſchung eines andern. ſer Bedeutung wird heut zu Tage Prävarica- tion begangen 1) von öffentlichen Anklägern, Fiscalen, 2 von Privatanklägern. *) II. Im ab- geleiteten Sinn iſt derjenige der Prävarication ſchuldig, der, während er die ſtreitigen Rechte einer Perſon zu ſchützen hat, vorſätzlich die Gegen- parthey zum Nachtheil ſeiner Parthey begünſtigt. Zu dieſen gehören 1) gerichtliche Procuratoren (procuratores judiciales), **) ſie mögen nun öf- fentliche oder Privatprocuratoren ſeyn, 2) Advocaten ***) P. G. O. Art. 115. §. 460. **) *) Dieſer Fall wird ſelten vorkommen. wegen der Allgemeinheit des Inquiſitionsproceſſes: er kann es aber doch, weil der acculatoriſche nicht aufgehoben iſt. **) P. G. O. Art. 115. ***) L. 1. §. 1. L. 3. §. 2. h. t. Auch Advocati fisci. L. 3. C. de advocatis fisci. Unter dem Ausdruck „Pro **) de V. S. L. 1. §. 6. D. ad ad Scrum Turpilianum. — Matthaeus de crim. L. XLVII. tit 9. c. 1. §. 4. und Boehmer ad h. a. §. 1. nehmen an, daſs auch der Ankläger in delictis privatis die Prävari- cation begehen könne. Erſter beruft ſich darauf, daſs auch der Advocat nach L. 1. § 1 D. h. t. ſo wohl in öffentlichen als Privatverbrechen prävarici- ren könne. Allein 1) dieſe L. 1. ſetzt darin gerade den Advocaten dem Ankläger entgegen; 2) läſst ſich hier von dem Advocaten nicht auf den Anklä- ger in Privatverbrechen ſchlieſsen, da ſich jener ſeiner Parthei zur Treue ausdrücklich verpflichtet (L. 14. §. 1. C. de judiciis), welches hier nicht der Fall iſt, wo der Ankläger hauptſächlich ſein eignes Hauptintereſſe verfolgt. A a 2

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/399>, abgerufen am 29.03.2024.