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Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

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Von d. Beweis u. d. Beweismitteln überh.
Rücksicht auf die Grösse des Verbrechens *),
oder die Art der zuzuerkennenden Strafe **).
III. Die Unschuld kann auch durch einen
vollständigen künstlichen Beweis erwie-
sen werden
***), sowohl wenn gar kein nicht-
künstlicher Beweis der Schuld vorhanden ist,
als auch, wenn ein nichtkünstlicher, unvoll-
ständiger oder vollständiger Beweis, dem Be-
weis der Unschuld entgegensteht. Der Be-
weis der Schuld wird dann durch den Beweis
der Unschuld aufgehoben.

§. 596.

Ein vollkommner künstlicher Beweis ent-
steht aus einzelnen Gründen der Vermuthung.
Es wird hier eine Concurrenz mehrerer Ver-
muthungsgründe vorausgesetzt, welche, nach
der Erfahrung, alle Gründe zur Wahrheit der

That-
man will hier blos die Behauptung finden, es
solle nicht auf blossen Verdacht gestraft werden.
S. Bibliothek I. Bd. 1. Stück. S. 169. ff.
*) Bey geringern Verbrechen soll diese Regel keine
Anwendung finden. Boehmer ad Carpzov
Q. 114. obs. 1. ad art. 22. §. 6. Der Ausdruck des
Art: "peinliche Strafe" kann nichts beweisen, da
in der Carolina, peinliche Strafe, mit öffentlicher
Strafe gleichbedeutend ist.
**) Man soll nach den Praktikern, auf eine ausseror-
dentliche
Strafe bey künstlichem Beweis erkennen
dürfen, cf Meister jun. pr. jur. cr. §. 425 Die
P. G. O sagt aber allgemein, es solle auf keine
peinl. d. i. öffentliche Strafe erkannt werden.
***) Weil die P. G. O. Art. 22. nur von dem Beweis
zur Verdammung spricht.

Von d. Beweis u. d. Beweismitteln überh.
Rückſicht auf die Gröſse des Verbrechens *),
oder die Art der zuzuerkennenden Strafe **).
III. Die Unſchuld kann auch durch einen
vollſtändigen künſtlichen Beweis erwie-
ſen werden
***), ſowohl wenn gar kein nicht-
künſtlicher Beweis der Schuld vorhanden iſt,
als auch, wenn ein nichtkünſtlicher, unvoll-
ſtändiger oder vollſtändiger Beweis, dem Be-
weis der Unſchuld entgegenſteht. Der Be-
weis der Schuld wird dann durch den Beweis
der Unſchuld aufgehoben.

§. 596.

Ein vollkommner künſtlicher Beweis ent-
ſteht aus einzelnen Gründen der Vermuthung.
Es wird hier eine Concurrenz mehrerer Ver-
muthungsgründe vorausgeſetzt, welche, nach
der Erfahrung, alle Gründe zur Wahrheit der

That-
man will hier blos die Behauptung finden, es
ſolle nicht auf bloſsen Verdacht geſtraft werden.
S. Bibliothek I. Bd. 1. Stück. S. 169. ff.
*) Bey geringern Verbrechen ſoll dieſe Regel keine
Anwendung finden. Boehmer ad Carpzov
Q. 114. obſ. 1. ad art. 22. §. 6. Der Ausdruck des
Art: „peinliche Strafe“ kann nichts beweiſen, da
in der Carolina, peinliche Strafe, mit öffentlicher
Strafe gleichbedeutend iſt.
**) Man ſoll nach den Praktikern, auf eine auſſeror-
dentliche
Strafe bey künſtlichem Beweis erkennen
dürfen, cf Meiſter jun. pr. jur. cr. §. 425 Die
P. G. O ſagt aber allgemein, es ſolle auf keine
peinl. d. i. öffentliche Strafe erkannt werden.
***) Weil die P. G. O. Art. 22. nur von dem Beweis
zur Verdammung ſpricht.
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[473/0501] Von d. Beweis u. d. Beweismitteln überh. Rückſicht auf die Gröſse des Verbrechens *), oder die Art der zuzuerkennenden Strafe **). III. Die Unſchuld kann auch durch einen vollſtändigen künſtlichen Beweis erwie- ſen werden ***), ſowohl wenn gar kein nicht- künſtlicher Beweis der Schuld vorhanden iſt, als auch, wenn ein nichtkünſtlicher, unvoll- ſtändiger oder vollſtändiger Beweis, dem Be- weis der Unſchuld entgegenſteht. Der Be- weis der Schuld wird dann durch den Beweis der Unſchuld aufgehoben. §. 596. Ein vollkommner künſtlicher Beweis ent- ſteht aus einzelnen Gründen der Vermuthung. Es wird hier eine Concurrenz mehrerer Ver- muthungsgründe vorausgeſetzt, welche, nach der Erfahrung, alle Gründe zur Wahrheit der That- **) *) Bey geringern Verbrechen ſoll dieſe Regel keine Anwendung finden. Boehmer ad Carpzov Q. 114. obſ. 1. ad art. 22. §. 6. Der Ausdruck des Art: „peinliche Strafe“ kann nichts beweiſen, da in der Carolina, peinliche Strafe, mit öffentlicher Strafe gleichbedeutend iſt. **) Man ſoll nach den Praktikern, auf eine auſſeror- dentliche Strafe bey künſtlichem Beweis erkennen dürfen, cf Meiſter jun. pr. jur. cr. §. 425 Die P. G. O ſagt aber allgemein, es ſolle auf keine peinl. d. i. öffentliche Strafe erkannt werden. ***) Weil die P. G. O. Art. 22. nur von dem Beweis zur Verdammung ſpricht. **) man will hier blos die Behauptung finden, es ſolle nicht auf bloſsen Verdacht geſtraft werden. S. Bibliothek I. Bd. 1. Stück. S. 169. ff.

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Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/501>, abgerufen am 28.03.2024.