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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Von denen wilden Thieren.
Erste Abhandlung
Von dem Wald-Beflügel/
Und zwar Erstlich
Von dem Auer-Hahn.
[Spaltenumbruch]

Es ist der Auer-Hahn einer deren
vornehmsten Wald-Vögel, fast der grö-
ste unter denen wilden Hühnern, von
Farbe am Halse schwartz und grünlicht,
auff dem Rücken Ascherfarb, mit brau-
nen Flecken vermischet; Die Augbrau-
nen sind helleroth, die Füsse starck,
rauch und federicht, wohnet gerne in ho-
hen Gebürgen und Wäldern, wo es
Brunnen-Quellen giebet, die Sandkörn-
lein führen, deren er stets einige im Ma-
gen behält. Seine Paltz fänget sich des
Frühlings gar zeitlich zu Anfange des
Martii an, ob gleich noch Schnee und
Frost vorhanden, daran er sich nicht keh-
ret, und zwar kurtz nach Mitternacht,
biß es Tag wird. Gemeiniglich geschie-
het solches auf der Höhe an hangenden
Bergen, allwo er den Morgen kan kom-
men sehen, sonderlich hält er sich gerne
auf, wo Roth-Buchen, oder auch rau-
schende Bächlein zu finden sind, welche er
gerne höret: Derer Knospen von Roth-
Buchen aber bedienet er sich des Win-
ters zu seinem Geäß, wie auch derer
Preussel- und Heydel-Beere. Wo er sich
einen Ort zur Paltz-Zeit ausgesehen hat,
und angetroffen wird, da ist er meistens
alle Morgen zu finden, dafern er anders
Ruhe haben kan und nicht verstöhret
wird. Wann der Auer-Hahn in seiner
Paltz-Zeit schreyet, so klinget es fast, als ob
ein Grase-Mäder mit seinem Wetzstein
mit doppelten Strichen gerade die Sense
strieche. Er wird, damit man näher zu
ihm kommen möge, in währendem Schrey-
en etliche Schritt eyligst besprungen und
so er auffhöret, muß man stille stehen,
dann sonst, wo er ausser dem das ge-
ringste hören oder mercken solte, fliehet
er davon, und ob gleich dem allzu begieri-
gen Schützen unter wehrendem Paltz-
Geschrey ein Fehl-Schuß entgehen solte,
vermercket er solches dennoch nicht, son-
dern bildet sich ein, es sey sonsten etwan
ein Donner Wetter, oder falle ein Baum
umb. Wann er aber mit einem Schroth
getroffen wird, oder sonsten den Schü-
tzen mercket, so ziehet er fort, wie leicht
[Spaltenumbruch] zu dencken. Jn währendem Paltz-Ge-
schrey, wie gemeldet, höret und siehet er
nichts und gehet wie ein Jndianischer
Hahn mit abwärts spitzen Flügeln und
straubigten Federn auff einem dicken Ast
des Baumes hin und wieder. Und
gleichwie er an seinem Wildpräth und
schöner Gestalt durch solche Geilheit ab-
nimmet, also gehen auch die Federn von
Füssen sodann weg. So bald nach ge-
schehener Paltz der Hahn auf den Erd-
boden gestrichen, kommet gleich das Huhn
zu ihm herbey und wird von ihm, wie
anderes Geflügel zu thun pfleget, ordent-
lich getreten, keines weges aber, nach
der alten Fabel, der Saame auf die Er-
den gelassen, vielweniger alsdann von
der Henne zur Fruchtbarkeit dienlich ge-
nossen, weiln die Natur, was im Ma-
gen verdauet, zu keiner Frucht wircket,
und es auch wider die gesunde Ver-
nunfft lauffet. Solcher Auer-Hahn-
Paltz wird vorhero, wo er anzutreffen
ist, zur gewissen Nachricht richtig verhö-
ret, ehe man solches der Herrschafft an-
meldet, und auff ein ungewisses anfüh-
ret, weil hierdurch nur vielfältige ver-
gebliche Mühe, schlafflosse Nächte und
Unlust würde erwecket werden. Der
Auer-Hahn ziehet nicht im Herbst mit
andern Vögeln weg, sondern hält seinen
Stand des Jahres durch beständig: Er
gehöret auch unter die Hohe Jagd und
wird einem Hirsch gleich gerechnet. Die
Auer-Henne oder das Huhn, deren sich
viel zur Paltz-Zeit bey dem Hahn be-
finden, weichet, nachdem sie empfangen
hat, heimlich von der Gesellschafft. Wann
die Roth-Buche ihre Knospen öffnet
und die Blätter auseinander gehen, denn
suchet das Huhn seine Gelegenheit un-
ter Sträuchern, Gehäu und Schlägen,
bloß im Heyde-Kraut und leget daselbst
ihre Eyer, theils acht, zehen, biß zwölff
Stück, brütet auch solche meistentheils
innerhalb vier Wochen aus. Es wür-
de sich vielleicht dieses Feder-Wild wohl
vermehren, wann sie nicht in der Brut-
Zeit, ehe die Jungen recht flücke wür-

den,
S 3
Von denen wilden Thieren.
Erſte Abhandlung
Von dem Wald-Befluͤgel/
Und zwar Erſtlich
Von dem Auer-Hahn.
[Spaltenumbruch]

Es iſt der Auer-Hahn einer deren
vornehmſten Wald-Voͤgel, faſt der groͤ-
ſte unter denen wilden Huͤhnern, von
Farbe am Halſe ſchwartz und gruͤnlicht,
auff dem Ruͤcken Aſcherfarb, mit brau-
nen Flecken vermiſchet; Die Augbrau-
nen ſind helleroth, die Fuͤſſe ſtarck,
rauch und federicht, wohnet gerne in ho-
hen Gebuͤrgen und Waͤldern, wo es
Brunnen-Quellen giebet, die Sandkoͤrn-
lein fuͤhren, deren er ſtets einige im Ma-
gen behaͤlt. Seine Paltz faͤnget ſich des
Fruͤhlings gar zeitlich zu Anfange des
Martii an, ob gleich noch Schnee und
Froſt vorhanden, daran er ſich nicht keh-
ret, und zwar kurtz nach Mitternacht,
biß es Tag wird. Gemeiniglich geſchie-
het ſolches auf der Hoͤhe an hangenden
Bergen, allwo er den Morgen kan kom-
men ſehen, ſonderlich haͤlt er ſich gerne
auf, wo Roth-Buchen, oder auch rau-
ſchende Baͤchlein zu finden ſind, welche er
gerne hoͤret: Derer Knoſpen von Roth-
Buchen aber bedienet er ſich des Win-
ters zu ſeinem Geaͤß, wie auch derer
Preuſſel- und Heydel-Beere. Wo er ſich
einen Ort zur Paltz-Zeit ausgeſehen hat,
und angetroffen wird, da iſt er meiſtens
alle Morgen zu finden, dafern er anders
Ruhe haben kan und nicht verſtoͤhret
wird. Wann der Auer-Hahn in ſeiner
Paltz-Zeit ſchreyet, ſo klinget es faſt, als ob
ein Graſe-Maͤder mit ſeinem Wetzſtein
mit doppelten Strichen gerade die Senſe
ſtrieche. Er wird, damit man naͤher zu
ihm kom̃en moͤge, in waͤhrendem Schrey-
en etliche Schritt eyligſt beſprungen und
ſo er auffhoͤret, muß man ſtille ſtehen,
dann ſonſt, wo er auſſer dem das ge-
ringſte hoͤren oder mercken ſolte, fliehet
er davon, und ob gleich dem allzu begieri-
gen Schuͤtzen unter wehrendem Paltz-
Geſchrey ein Fehl-Schuß entgehen ſolte,
vermercket er ſolches dennoch nicht, ſon-
dern bildet ſich ein, es ſey ſonſten etwan
ein Donner Wetter, oder falle ein Baum
umb. Wann er aber mit einem Schroth
getroffen wird, oder ſonſten den Schuͤ-
tzen mercket, ſo ziehet er fort, wie leicht
[Spaltenumbruch] zu dencken. Jn waͤhrendem Paltz-Ge-
ſchrey, wie gemeldet, hoͤret und ſiehet er
nichts und gehet wie ein Jndianiſcher
Hahn mit abwaͤrts ſpitzen Fluͤgeln und
ſtraubigten Federn auff einem dicken Aſt
des Baumes hin und wieder. Und
gleichwie er an ſeinem Wildpraͤth und
ſchoͤner Geſtalt durch ſolche Geilheit ab-
nimmet, alſo gehen auch die Federn von
Fuͤſſen ſodann weg. So bald nach ge-
ſchehener Paltz der Hahn auf den Erd-
boden geſtrichen, kommet gleich das Huhn
zu ihm herbey und wird von ihm, wie
anderes Gefluͤgel zu thun pfleget, ordent-
lich getreten, keines weges aber, nach
der alten Fabel, der Saame auf die Er-
den gelaſſen, vielweniger alsdann von
der Henne zur Fruchtbarkeit dienlich ge-
noſſen, weiln die Natur, was im Ma-
gen verdauet, zu keiner Frucht wircket,
und es auch wider die geſunde Ver-
nunfft lauffet. Solcher Auer-Hahn-
Paltz wird vorhero, wo er anzutreffen
iſt, zur gewiſſen Nachricht richtig verhoͤ-
ret, ehe man ſolches der Herrſchafft an-
meldet, und auff ein ungewiſſes anfuͤh-
ret, weil hierdurch nur vielfaͤltige ver-
gebliche Muͤhe, ſchlaffloſſe Naͤchte und
Unluſt wuͤrde erwecket werden. Der
Auer-Hahn ziehet nicht im Herbſt mit
andern Voͤgeln weg, ſondern haͤlt ſeinen
Stand des Jahres durch beſtaͤndig: Er
gehoͤret auch unter die Hohe Jagd und
wird einem Hirſch gleich gerechnet. Die
Auer-Henne oder das Huhn, deren ſich
viel zur Paltz-Zeit bey dem Hahn be-
finden, weichet, nachdem ſie empfangen
hat, heimlich von der Geſellſchafft. Wann
die Roth-Buche ihre Knoſpen oͤffnet
und die Blaͤtter auseinander gehen, denn
ſuchet das Huhn ſeine Gelegenheit un-
ter Straͤuchern, Gehaͤu und Schlaͤgen,
bloß im Heyde-Kraut und leget daſelbſt
ihre Eyer, theils acht, zehen, biß zwoͤlff
Stuͤck, bruͤtet auch ſolche meiſtentheils
innerhalb vier Wochen aus. Es wuͤr-
de ſich vielleicht dieſes Feder-Wild wohl
vermehren, wann ſie nicht in der Brut-
Zeit, ehe die Jungen recht fluͤcke wuͤr-

den,
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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/245>, abgerufen am 29.03.2024.