Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Jagd oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] durch seine untergebene Förster Erkun-
digung eingezogen, wo und wie solche
Hirsche in der Brunfft stehen, und ob
solche zeitlich oder späth antreten; So
reitet der Forst-Meister nach gegebenem
Bericht mit der Herrschafft, wie gemel-
det, gegen Abend und vor Tages nebst
dem Pürsch-Meister und Leib-Schützen
an gemeldten Platz, steigen ab, und so
der Forst-Meister der Herrschafft die
Wechsel und Gelegenheiten gezeiget hat,
und sie sich angestellet, oder anderwärts
Hirsche schreyen hören, so führet der
Pürsch-Meister die Herrschafft an, durch
beschleichen, kriechen oder andere Vor-
theile; Jst der Hirsch zuweit, muß der-
selbe mit Knicken eines kleinen Stöckgen,
als ob ein anderer käme, näher gelocket
werden; Und so ein Hirsch der Herr-
schafft recht zum Schuß stünde, solchen
schiessen lassen; Und wird zum Pracht,
daß er von der Herrschafft erleget wor-
den sey, auff dem Pürsch-Wagen gehö-
riger Maassen geführet, und nach Hoffe
geschicket. Solcher Lust wegen, welche
drey biß vier Wochen währet, hält sich
die Herrschafft auff, und divertiret sich
mit solchem Brunfft-Schiessen zu ihrer
selbst eigenen Vergnügung. Da darff
nun Niemand dieselben darinnen stöh-
ren, in der Brunfft im Wald hüthen,
Hunde hinein bringen, Streulinge oder
Holtz hohlen, vielweniger die Herrschafft
mit Supplicen überlauffen oder verhin-
dern, wo er anderst nicht in Ungnade
und schwere Straffe verfallen will: Son-
derlich müssen die Fleischer-Knechte mit
ihren Kälbern und Hunden, die einen
[Spaltenumbruch] starcken continuirlichen Lauth verursa-
chen, und am meisten schädlich sind, mit
Fleiß von solchem Wald abgehalten wer-
den. Wo nun Brunfft-Hirsche weit ab-
gelegen, und in der Ferne vom Herrn
geschossen werden, die werden vom nech-
sten Dorffe von Ambts-Unterthanen biß
zum Ambt-Hauße geführet, woselbst
sie auff dem Pürsch-Wagen nach der
Residenz geliefert werden. Wann nun
die Herrschafft einen Hirsch von treffli-
cher Grösse und Gehörn vieler En-
den gepürschet, pfleget öffters der
Pürsch-Meister sehr beschenckt zu werden,
welches meistens in einem schönen silber-
nen und verguldten Pocal bestehet, den
er aber alsdann erst bekommt, wann er
das abgeschlagene Gehörn der Herr-
schafft zu Ehren, wie gebräuchlich, bey
gehaltener Taffel, vorträget, den neuen
Willkommen vorhero aber austrincken
muß. Und wird ein solches von vielen
Enden herrlich erwachsenes Gehörn auf
einen höltzernen Hirsch-Kopff zum An-
dencken angemachet, unter dessen Halß
auf ein Bretlein oder Pergament-Zed-
dul geschrieben, in welchem Jahr und Tag-
und wer ihn gepürschet, wo er gefället,
wie der Ort heisse, wie viel Centner er ge-
wogen, und was sich merckwürdiges dar-
bey zugetragen. Solcher Gestalt haben
vor uhralters viele Käyser und Könige
es mit den Hirsch-Jagden höchst rühm-
lich gehalten, was aber leyder! heut zu
Tage passiret, und mehr sündliches, als
rühmliches, vorgenommen wird, darf
man nicht melden, sondern ist genung-
sam zu beklagen.

Von Pürschen.
[Spaltenumbruch]

Weil ich von der Hirsch-Brunfft,
oder dem so genannten Brunfft-Schies-
sen, oder vielmehr Pürschen einer Hohen
Herrschafft geschrieben; So finde nöthig
zu seyn, dessen Derivation, und Origi-
nem
zu demonstriren. Weme ist nicht
bekant, was für Bogen und Pfeile un-
sere liebe alte Vorfahren theils zu ihrem
Streit wider die Feinde, theils aber zu
Fällung der wilden Thiere vor diesen
Zeiten gebrauchet, und mit was für
mancher Lebens-Gefahr, ehe sie ein Wild
erlegen können, solchem haben nachfol-
gen müssen, welches man nachgehends
[Spaltenumbruch] verbessert, und die so genannte Arm-
brüste ersonnen, die man dann lange Zeit
noch vor Christi Geburth gebrauchet, biß
endlich leyder! durch Gottes Verhäng-
niß ohngefehr Anno Christi 1330. in
Teutschland, und zwar zu Straß-
burg, das schädliche Schieß-Pulver von
einem Franciscaner Münch, Namens
Bartholomäus Schwartz, erfunden
worden. Dann da dieser als ein guter
Alchimiste gar öffters laborirete, umb
die Natur der Mineralien, und derersel-
ben Würckungen zu erforschen, und die-
serwegen einsmahls in einem Mörsel ein

wenig
N n 2

Von der Jagd oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] durch ſeine untergebene Foͤrſter Erkun-
digung eingezogen, wo und wie ſolche
Hirſche in der Brunfft ſtehen, und ob
ſolche zeitlich oder ſpaͤth antreten; So
reitet der Forſt-Meiſter nach gegebenem
Bericht mit der Herrſchafft, wie gemel-
det, gegen Abend und vor Tages nebſt
dem Puͤrſch-Meiſter und Leib-Schuͤtzen
an gemeldten Platz, ſteigen ab, und ſo
der Forſt-Meiſter der Herrſchafft die
Wechſel und Gelegenheiten gezeiget hat,
und ſie ſich angeſtellet, oder anderwaͤrts
Hirſche ſchreyen hoͤren, ſo fuͤhret der
Puͤrſch-Meiſter die Herrſchafft an, durch
beſchleichen, kriechen oder andere Vor-
theile; Jſt der Hirſch zuweit, muß der-
ſelbe mit Knicken eines kleinen Stoͤckgen,
als ob ein anderer kaͤme, naͤher gelocket
werden; Und ſo ein Hirſch der Herr-
ſchafft recht zum Schuß ſtuͤnde, ſolchen
ſchieſſen laſſen; Und wird zum Pracht,
daß er von der Herrſchafft erleget wor-
den ſey, auff dem Puͤrſch-Wagen gehoͤ-
riger Maaſſen gefuͤhret, und nach Hoffe
geſchicket. Solcher Luſt wegen, welche
drey biß vier Wochen waͤhret, haͤlt ſich
die Herrſchafft auff, und divertiret ſich
mit ſolchem Brunfft-Schieſſen zu ihrer
ſelbſt eigenen Vergnuͤgung. Da darff
nun Niemand dieſelben darinnen ſtoͤh-
ren, in der Brunfft im Wald huͤthen,
Hunde hinein bringen, Streulinge oder
Holtz hohlen, vielweniger die Herrſchafft
mit Supplicen uͤberlauffen oder verhin-
dern, wo er anderſt nicht in Ungnade
und ſchwere Straffe verfallen will: Son-
derlich muͤſſen die Fleiſcher-Knechte mit
ihren Kaͤlbern und Hunden, die einen
[Spaltenumbruch] ſtarcken continuirlichen Lauth verurſa-
chen, und am meiſten ſchaͤdlich ſind, mit
Fleiß von ſolchem Wald abgehalten wer-
den. Wo nun Brunfft-Hirſche weit ab-
gelegen, und in der Ferne vom Herrn
geſchoſſen werden, die werden vom nech-
ſten Dorffe von Ambts-Unterthanen biß
zum Ambt-Hauße gefuͤhret, woſelbſt
ſie auff dem Puͤrſch-Wagen nach der
Reſidenz geliefert werden. Wann nun
die Herrſchafft einen Hirſch von treffli-
cher Groͤſſe und Gehoͤrn vieler En-
den gepuͤrſchet, pfleget oͤffters der
Puͤrſch-Meiſter ſehr beſchenckt zu weꝛden,
welches meiſtens in einem ſchoͤnen ſilber-
nen und verguldten Pocal beſtehet, den
er aber alsdann erſt bekommt, wann er
das abgeſchlagene Gehoͤrn der Herr-
ſchafft zu Ehren, wie gebraͤuchlich, bey
gehaltener Taffel, vortraͤget, den neuen
Willkommen vorhero aber austrincken
muß. Und wird ein ſolches von vielen
Enden herrlich erwachſenes Gehoͤrn auf
einen hoͤltzernen Hirſch-Kopff zum An-
dencken angemachet, unter deſſen Halß
auf ein Bretlein oder Pergament-Zed-
dul geſchꝛieben, in welchem Jahr und Tag-
und wer ihn gepuͤrſchet, wo er gefaͤllet,
wie der Ort heiſſe, wie viel Centner er ge-
wogen, und was ſich merckwuͤrdiges dar-
bey zugetragen. Solcher Geſtalt haben
vor uhralters viele Kaͤyſer und Koͤnige
es mit den Hirſch-Jagden hoͤchſt ruͤhm-
lich gehalten, was aber leyder! heut zu
Tage paſſiret, und mehr ſuͤndliches, als
ruͤhmliches, vorgenommen wird, darf
man nicht melden, ſondern iſt genung-
ſam zu beklagen.

Von Puͤrſchen.
[Spaltenumbruch]

Weil ich von der Hirſch-Brunfft,
oder dem ſo genannten Brunfft-Schieſ-
ſen, oder vielmehr Puͤrſchen einer Hohen
Herrſchafft geſchrieben; So finde noͤthig
zu ſeyn, deſſen Derivation, und Origi-
nem
zu demonſtriren. Weme iſt nicht
bekant, was fuͤr Bogen und Pfeile un-
ſere liebe alte Vorfahren theils zu ihrem
Streit wider die Feinde, theils aber zu
Faͤllung der wilden Thiere vor dieſen
Zeiten gebrauchet, und mit was fuͤr
mancher Lebens-Gefahr, ehe ſie ein Wild
erlegen koͤnnen, ſolchem haben nachfol-
gen muͤſſen, welches man nachgehends
[Spaltenumbruch] verbeſſert, und die ſo genannte Arm-
bruͤſte erſonnen, die man dann lange Zeit
noch vor Chriſti Geburth gebrauchet, biß
endlich leyder! durch Gottes Verhaͤng-
niß ohngefehr Anno Chriſti 1330. in
Teutſchland, und zwar zu Straß-
burg, das ſchaͤdliche Schieß-Pulver von
einem Franciſcaner Muͤnch, Namens
Bartholomaͤus Schwartz, erfunden
worden. Dann da dieſer als ein guter
Alchimiſte gar oͤffters laborirete, umb
die Natur der Mineralien, und dererſel-
ben Wuͤrckungen zu erforſchen, und die-
ſerwegen einsmahls in einem Moͤrſel ein

wenig
N n 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0435" n="283"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Jagd oder dem Weyde-Werck.</hi></fw><lb/><cb/>
durch &#x017F;eine untergebene Fo&#x0364;r&#x017F;ter Erkun-<lb/>
digung eingezogen, wo und wie &#x017F;olche<lb/>
Hir&#x017F;che in der Brunfft &#x017F;tehen, und ob<lb/>
&#x017F;olche zeitlich oder &#x017F;pa&#x0364;th antreten; So<lb/>
reitet der For&#x017F;t-Mei&#x017F;ter nach gegebenem<lb/>
Bericht mit der Herr&#x017F;chafft, wie gemel-<lb/>
det, gegen Abend und vor Tages neb&#x017F;t<lb/>
dem Pu&#x0364;r&#x017F;ch-Mei&#x017F;ter und Leib-Schu&#x0364;tzen<lb/>
an gemeldten Platz, &#x017F;teigen ab, und &#x017F;o<lb/>
der For&#x017F;t-Mei&#x017F;ter der Herr&#x017F;chafft die<lb/>
Wech&#x017F;el und Gelegenheiten gezeiget hat,<lb/>
und &#x017F;ie &#x017F;ich ange&#x017F;tellet, oder anderwa&#x0364;rts<lb/>
Hir&#x017F;che &#x017F;chreyen ho&#x0364;ren, &#x017F;o fu&#x0364;hret der<lb/>
Pu&#x0364;r&#x017F;ch-Mei&#x017F;ter die Herr&#x017F;chafft an, durch<lb/>
be&#x017F;chleichen, kriechen oder andere Vor-<lb/>
theile; J&#x017F;t der Hir&#x017F;ch zuweit, muß der-<lb/>
&#x017F;elbe mit Knicken eines kleinen Sto&#x0364;ckgen,<lb/>
als ob ein anderer ka&#x0364;me, na&#x0364;her gelocket<lb/>
werden; Und &#x017F;o ein Hir&#x017F;ch der Herr-<lb/>
&#x017F;chafft recht zum Schuß &#x017F;tu&#x0364;nde, &#x017F;olchen<lb/>
&#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en; Und wird zum Pracht,<lb/>
daß er von der Herr&#x017F;chafft erleget wor-<lb/>
den &#x017F;ey, auff dem Pu&#x0364;r&#x017F;ch-Wagen geho&#x0364;-<lb/>
riger Maa&#x017F;&#x017F;en gefu&#x0364;hret, und nach Hoffe<lb/>
ge&#x017F;chicket. Solcher Lu&#x017F;t wegen, welche<lb/>
drey biß vier Wochen wa&#x0364;hret, ha&#x0364;lt &#x017F;ich<lb/>
die Herr&#x017F;chafft auff, und <hi rendition="#aq">divertir</hi>et &#x017F;ich<lb/>
mit &#x017F;olchem Brunfft-Schie&#x017F;&#x017F;en zu ihrer<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t eigenen Vergnu&#x0364;gung. Da darff<lb/>
nun Niemand die&#x017F;elben darinnen &#x017F;to&#x0364;h-<lb/>
ren, in der Brunfft im Wald hu&#x0364;then,<lb/>
Hunde hinein bringen, Streulinge oder<lb/>
Holtz hohlen, vielweniger die Herr&#x017F;chafft<lb/>
mit <hi rendition="#aq">Supplic</hi>en u&#x0364;berlauffen oder verhin-<lb/>
dern, wo er ander&#x017F;t nicht in Ungnade<lb/>
und &#x017F;chwere Straffe verfallen will: Son-<lb/>
derlich mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die Flei&#x017F;cher-Knechte mit<lb/>
ihren Ka&#x0364;lbern und Hunden, die einen<lb/><cb/>
&#x017F;tarcken <hi rendition="#aq">continuir</hi>lichen Lauth verur&#x017F;a-<lb/>
chen, und am mei&#x017F;ten &#x017F;cha&#x0364;dlich &#x017F;ind, mit<lb/>
Fleiß von &#x017F;olchem Wald abgehalten wer-<lb/>
den. Wo nun Brunfft-Hir&#x017F;che weit ab-<lb/>
gelegen, und in der Ferne vom Herrn<lb/>
ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en werden, die werden vom nech-<lb/>
&#x017F;ten Dorffe von Ambts-Unterthanen biß<lb/>
zum Ambt-Hauße gefu&#x0364;hret, wo&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ie auff dem Pu&#x0364;r&#x017F;ch-Wagen nach der<lb/><hi rendition="#aq">Re&#x017F;idenz</hi> geliefert werden. Wann nun<lb/>
die Herr&#x017F;chafft einen Hir&#x017F;ch von treffli-<lb/>
cher Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e und Geho&#x0364;rn vieler En-<lb/>
den gepu&#x0364;r&#x017F;chet, pfleget o&#x0364;ffters der<lb/>
Pu&#x0364;r&#x017F;ch-Mei&#x017F;ter &#x017F;ehr be&#x017F;chenckt zu we&#xA75B;den,<lb/>
welches mei&#x017F;tens in einem &#x017F;cho&#x0364;nen &#x017F;ilber-<lb/>
nen und verguldten <hi rendition="#aq">Pocal</hi> be&#x017F;tehet, den<lb/>
er aber alsdann er&#x017F;t bekommt, wann er<lb/>
das abge&#x017F;chlagene Geho&#x0364;rn der Herr-<lb/>
&#x017F;chafft zu Ehren, wie gebra&#x0364;uchlich, bey<lb/>
gehaltener Taffel, vortra&#x0364;get, den neuen<lb/>
Willkommen vorhero aber austrincken<lb/>
muß. Und wird ein &#x017F;olches von vielen<lb/>
Enden herrlich erwach&#x017F;enes Geho&#x0364;rn auf<lb/>
einen ho&#x0364;ltzernen Hir&#x017F;ch-Kopff zum An-<lb/>
dencken angemachet, unter de&#x017F;&#x017F;en Halß<lb/>
auf ein Bretlein oder Pergament-Zed-<lb/>
dul ge&#x017F;ch&#xA75B;ieben, in welchem Jahr und Tag-<lb/>
und wer ihn gepu&#x0364;r&#x017F;chet, wo er gefa&#x0364;llet,<lb/>
wie der Ort hei&#x017F;&#x017F;e, wie viel Centner er ge-<lb/>
wogen, und was &#x017F;ich merckwu&#x0364;rdiges dar-<lb/>
bey zugetragen. Solcher Ge&#x017F;talt haben<lb/>
vor uhralters viele Ka&#x0364;y&#x017F;er und Ko&#x0364;nige<lb/>
es mit den Hir&#x017F;ch-Jagden ho&#x0364;ch&#x017F;t ru&#x0364;hm-<lb/>
lich gehalten, was aber leyder! heut zu<lb/>
Tage <hi rendition="#aq">pa&#x017F;&#x017F;i</hi>ret, und mehr &#x017F;u&#x0364;ndliches, als<lb/>
ru&#x0364;hmliches, vorgenommen wird, darf<lb/>
man nicht melden, &#x017F;ondern i&#x017F;t genung-<lb/>
&#x017F;am zu beklagen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Von Pu&#x0364;r&#x017F;chen.</hi> </head><lb/>
          <cb/>
          <p>Weil ich von der Hir&#x017F;ch-Brunfft,<lb/>
oder dem &#x017F;o genannten Brunfft-Schie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, oder vielmehr Pu&#x0364;r&#x017F;chen einer Hohen<lb/>
Herr&#x017F;chafft ge&#x017F;chrieben; So finde no&#x0364;thig<lb/>
zu &#x017F;eyn, de&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Derivation,</hi> und <hi rendition="#aq">Origi-<lb/>
nem</hi> zu <hi rendition="#aq">demon&#x017F;tri</hi>ren. Weme i&#x017F;t nicht<lb/>
bekant, was fu&#x0364;r Bogen und Pfeile un-<lb/>
&#x017F;ere liebe alte Vorfahren theils zu ihrem<lb/>
Streit wider die Feinde, theils aber zu<lb/>
Fa&#x0364;llung der wilden Thiere vor die&#x017F;en<lb/>
Zeiten gebrauchet, und mit was fu&#x0364;r<lb/>
mancher Lebens-Gefahr, ehe &#x017F;ie ein Wild<lb/>
erlegen ko&#x0364;nnen, &#x017F;olchem haben nachfol-<lb/>
gen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, welches man nachgehends<lb/><cb/>
verbe&#x017F;&#x017F;ert, und die &#x017F;o genannte Arm-<lb/>
bru&#x0364;&#x017F;te er&#x017F;onnen, die man dann lange Zeit<lb/>
noch vor Chri&#x017F;ti Geburth gebrauchet, biß<lb/>
endlich leyder! durch Gottes Verha&#x0364;ng-<lb/>
niß ohngefehr <hi rendition="#aq">Anno Chri&#x017F;ti</hi> 1330. in<lb/>
Teut&#x017F;chland, und zwar zu Straß-<lb/>
burg, das &#x017F;cha&#x0364;dliche Schieß-Pulver von<lb/>
einem <hi rendition="#aq">Franci&#x017F;ca</hi>ner Mu&#x0364;nch, Namens<lb/>
Bartholoma&#x0364;us Schwartz, erfunden<lb/>
worden. Dann da die&#x017F;er als ein guter<lb/><hi rendition="#aq">Alchimi&#x017F;t</hi>e gar o&#x0364;ffters <hi rendition="#aq">laborir</hi>ete, umb<lb/>
die Natur der <hi rendition="#aq">Minerali</hi>en, und derer&#x017F;el-<lb/>
ben Wu&#x0364;rckungen zu erfor&#x017F;chen, und die-<lb/>
&#x017F;erwegen einsmahls in einem Mo&#x0364;r&#x017F;el ein<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N n 2</fw><fw place="bottom" type="catch">wenig</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0435] Von der Jagd oder dem Weyde-Werck. durch ſeine untergebene Foͤrſter Erkun- digung eingezogen, wo und wie ſolche Hirſche in der Brunfft ſtehen, und ob ſolche zeitlich oder ſpaͤth antreten; So reitet der Forſt-Meiſter nach gegebenem Bericht mit der Herrſchafft, wie gemel- det, gegen Abend und vor Tages nebſt dem Puͤrſch-Meiſter und Leib-Schuͤtzen an gemeldten Platz, ſteigen ab, und ſo der Forſt-Meiſter der Herrſchafft die Wechſel und Gelegenheiten gezeiget hat, und ſie ſich angeſtellet, oder anderwaͤrts Hirſche ſchreyen hoͤren, ſo fuͤhret der Puͤrſch-Meiſter die Herrſchafft an, durch beſchleichen, kriechen oder andere Vor- theile; Jſt der Hirſch zuweit, muß der- ſelbe mit Knicken eines kleinen Stoͤckgen, als ob ein anderer kaͤme, naͤher gelocket werden; Und ſo ein Hirſch der Herr- ſchafft recht zum Schuß ſtuͤnde, ſolchen ſchieſſen laſſen; Und wird zum Pracht, daß er von der Herrſchafft erleget wor- den ſey, auff dem Puͤrſch-Wagen gehoͤ- riger Maaſſen gefuͤhret, und nach Hoffe geſchicket. Solcher Luſt wegen, welche drey biß vier Wochen waͤhret, haͤlt ſich die Herrſchafft auff, und divertiret ſich mit ſolchem Brunfft-Schieſſen zu ihrer ſelbſt eigenen Vergnuͤgung. Da darff nun Niemand dieſelben darinnen ſtoͤh- ren, in der Brunfft im Wald huͤthen, Hunde hinein bringen, Streulinge oder Holtz hohlen, vielweniger die Herrſchafft mit Supplicen uͤberlauffen oder verhin- dern, wo er anderſt nicht in Ungnade und ſchwere Straffe verfallen will: Son- derlich muͤſſen die Fleiſcher-Knechte mit ihren Kaͤlbern und Hunden, die einen ſtarcken continuirlichen Lauth verurſa- chen, und am meiſten ſchaͤdlich ſind, mit Fleiß von ſolchem Wald abgehalten wer- den. Wo nun Brunfft-Hirſche weit ab- gelegen, und in der Ferne vom Herrn geſchoſſen werden, die werden vom nech- ſten Dorffe von Ambts-Unterthanen biß zum Ambt-Hauße gefuͤhret, woſelbſt ſie auff dem Puͤrſch-Wagen nach der Reſidenz geliefert werden. Wann nun die Herrſchafft einen Hirſch von treffli- cher Groͤſſe und Gehoͤrn vieler En- den gepuͤrſchet, pfleget oͤffters der Puͤrſch-Meiſter ſehr beſchenckt zu weꝛden, welches meiſtens in einem ſchoͤnen ſilber- nen und verguldten Pocal beſtehet, den er aber alsdann erſt bekommt, wann er das abgeſchlagene Gehoͤrn der Herr- ſchafft zu Ehren, wie gebraͤuchlich, bey gehaltener Taffel, vortraͤget, den neuen Willkommen vorhero aber austrincken muß. Und wird ein ſolches von vielen Enden herrlich erwachſenes Gehoͤrn auf einen hoͤltzernen Hirſch-Kopff zum An- dencken angemachet, unter deſſen Halß auf ein Bretlein oder Pergament-Zed- dul geſchꝛieben, in welchem Jahr und Tag- und wer ihn gepuͤrſchet, wo er gefaͤllet, wie der Ort heiſſe, wie viel Centner er ge- wogen, und was ſich merckwuͤrdiges dar- bey zugetragen. Solcher Geſtalt haben vor uhralters viele Kaͤyſer und Koͤnige es mit den Hirſch-Jagden hoͤchſt ruͤhm- lich gehalten, was aber leyder! heut zu Tage paſſiret, und mehr ſuͤndliches, als ruͤhmliches, vorgenommen wird, darf man nicht melden, ſondern iſt genung- ſam zu beklagen. Von Puͤrſchen. Weil ich von der Hirſch-Brunfft, oder dem ſo genannten Brunfft-Schieſ- ſen, oder vielmehr Puͤrſchen einer Hohen Herrſchafft geſchrieben; So finde noͤthig zu ſeyn, deſſen Derivation, und Origi- nem zu demonſtriren. Weme iſt nicht bekant, was fuͤr Bogen und Pfeile un- ſere liebe alte Vorfahren theils zu ihrem Streit wider die Feinde, theils aber zu Faͤllung der wilden Thiere vor dieſen Zeiten gebrauchet, und mit was fuͤr mancher Lebens-Gefahr, ehe ſie ein Wild erlegen koͤnnen, ſolchem haben nachfol- gen muͤſſen, welches man nachgehends verbeſſert, und die ſo genannte Arm- bruͤſte erſonnen, die man dann lange Zeit noch vor Chriſti Geburth gebrauchet, biß endlich leyder! durch Gottes Verhaͤng- niß ohngefehr Anno Chriſti 1330. in Teutſchland, und zwar zu Straß- burg, das ſchaͤdliche Schieß-Pulver von einem Franciſcaner Muͤnch, Namens Bartholomaͤus Schwartz, erfunden worden. Dann da dieſer als ein guter Alchimiſte gar oͤffters laborirete, umb die Natur der Mineralien, und dererſel- ben Wuͤrckungen zu erforſchen, und die- ſerwegen einsmahls in einem Moͤrſel ein wenig N n 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/435
Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/435>, abgerufen am 25.04.2024.