Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] von dichtem Fleisch formiret. Von dem unter-
sten Gevässe schreibet er folgendes: Er statuire
einiger maassen das Diaphragma, welches die
obere und untere Höhle separire, ob es wohl sehr
zart sey, unter welchem die Leber, und ander vor-
gemeldtes Eingeweyde befindlich sey, wie auch die
Testiculi und vasa spermatica oder Eyerstock
bey dem Weiblein: Und weilen sie eine verschlos-
sene Haut haben, folglich sich mit Schwitzen nicht
reinigen können, wird solche Feuchtigkeit per
Excrementa
ausgeführet. Der Steitz hat sechs
Würbel, womit sie sich im fliegen bewegen, und
gleichsam als mit einem Ruder in der Lufft sich
lencken, und drehen, also solchen hierzu von nö-
then haben; jeder Würbel hat zwey Federn zu
beyden Seiten, welches die zwölff Federn des
Schwantzes sind, wird demnach die gemeine
Feuchtigkeit, weil keine Nieren, noch Blase, noch
Schweiß-Löcher vorhanden, durch den Steitz
ausgeführet. Von denen Flügeln spricht er: Es
formiren solche eines Menschen Arm, das stärck-
ste ist an dem Schulter-Bein angehefftet; Nechst
diesem ist gleichsam der Ellbogen mit doppelten
Beinen versehen, auf welches äusersten die Fe-
dern sind; Das dritte ist wie ein Fiedelbogen,
woran die ersten sechs Federn befindlich. Das
vierdte ist gar kurtz, und kommen alle Nerven und
Juncturen des Flügels daselbst zusammen, dar-
an die Schwing-Federn sind. Endlich gehet aus
der Leber eine dicke Ader durch den gantzen Flü-
gel, von welcher alle Federn, wenn der Vogel
vermauset, ihre Feuchtigkeit erhalten. Letzlich
meldet er von Schenckeln, daß ebenfalls eine di-
cke Ader aus der Leber hinunter in die Fänge und
Nägel correspondire, und theilet den Schen-
ckel ein in das oberste, als die Hüffte, welches sei-
ne Verbündniß in dem Pfannen-Gelencke ha-
be: Das andere sey der rechte Schenckel, wel-
cher oben an der Hüfft unten am Schienbein
angefüget. Das dritte sey das Bein, so unten an
der Hand connectiret, dieses ist mit einer gel-
ben schupffigten Haut überzogen: Das vierdte
[Spaltenumbruch] Theil wird die Hände genannt, welche alles be-
greiffen, deren jede drey Finger, und einen Fin-
ger hinten hat. Der vorderste Finger hat zwey,
der mittlere und dritte haben drey Glieder, der
hinterste aber nur eins. Jeder Finger hat am
äusersten Glied einen starcken krumbgebogenen
Nagel, umb seine Nahrung darmit zu halten,
den Sitz zu begreiffen, auch sich damit offensive
und defensive männlich zu wehren, so von GOtt
wunderlich erschaffen. Auch findet man an kei-
nem andern Vogel ein so heilsames Fleisch, als
an Raub-Vögeln, auch befindet sichs, daß, wenn
sie schon geschlagen werden, sie keine faulende
Beulen oder Geschwähr bekommen, und wenn
die Partes vitales nicht beschädiget seyn, so kan
man alle ihre Wunden gar leichtlich heilen.
Wann sie in der Wilde seynd, können sie ihnen
selbst helffen, und sonderlich damit, daß sie ihre
Wunden gar rein halten, und solche alle Tage
in einem fliessenden Wasser oder im Meer aus-
waschen, welches eine sonderliche Gabe GOt-
tes ist, damit sie in ihrem stetigen Streiten und
Kriegen nicht verderben. Wenn sie etwas ge-
brochen, als einen Schenckel oder einen Flügel,
wird ihnen gar leichte auch von den Menschen
geholffen. Jn der Wilde geschiehet ihnen sol-
ches offt, da sie sich dann selbst heilen, denn von
den Stellern werden offt Passagierer gefangen,
welche gebrochene Beine gehabt, und wieder ge-
heilet sind. Biß hieher vorermeldter Autor.
Ein mehrers habe aus demselben zu extrahiren
für unnöthig geachtet. Und eben auf solche Wei-
se sind alle Arten grosser, mittler, und kleiner
Raub-Vögel, nach ihrer veritabeln Structur
und Complexion beschaffen, nach welcher sich
ein jeder Falconirer bey ihren zufälligen Gebre-
chen und Schwachheiten die behörigen Reme-
dia
glücklicher zu appliciren Gelegenheit haben,
und diese Raub-Vögel gegen andere zu unter-
scheiden wissen wird, welche von Früchten,
Saamen und Kräutern sich nehren.

Vom Ortulano, und dessen Wartung.
[Spaltenumbruch]

Ehe ich dieses Werck schliesse, muß noch
zweyer Vögel, nehmlich des Ortulans und derer
Canarien-Vögel gedencken. So viel nun erst-
lich den Ortulan betrifft, so ist dieser Vogel in
Jtalien in Lombardia, wie auch in Toscana,
und in dem Polnischen am meisten zu finden;
Hält sich gerne auff, wo Hiersche, Hanff und der-
gleichen gewöhnlich angebauet wird; Jst etwas
kleiner, als die gemeine Feld-Lerche, fast einem
Emmerling ähnlich. Der Schnabel und die Füs-
se sind röthlicht und Fleischfarb, Kopff, Halß,
und Brust ziehen sich auff gelb, mit etwas Saff-
ran-Farb gesprenget, der Bauch ist mit aschen-
farbenen Flecklein besprenget, die Haupt-Fe-
[Spaltenumbruch] dern der Flügel und des Schweifs sind schwartz,
das übrige ist gelb und dunckelschwartz vermi-
schet. Das Weiblein hat unter den gelblichten
Federn mehr grünes vermenget. Er ist gerne
in denen Wäldern, wo man Haber, Gerste,
Hiersche und dergleichen, hat, darinnen er auch
nistet, wie die Lerche und Wachteln, leget 5. biß
6. Eyer, die er ausbrüthet, und wird gerne feiste,
dahero er von grossen Herren mit vielen Unko-
sten in finstern Zimmern, da die Fenster verma-
chet, und beständig Licht gebrennet wird, darin-
nen er mehr nicht, als sein Essen sehen, und weder
Tag noch Nacht unterscheiden kan, gantz feiste
gemästet wird. Es wird ihme die Anschauung

der
Y y

Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] von dichtem Fleiſch formiret. Von dem unter-
ſten Gevaͤſſe ſchreibet er folgendes: Er ſtatuire
einiger maaſſen das Diaphragma, welches die
obere und untere Hoͤhle ſeparire, ob es wohl ſehr
zart ſey, unter welchem die Leber, und ander vor-
gemeldtes Eingeweyde befindlich ſey, wie auch die
Teſticuli und vaſa ſpermatica oder Eyerſtock
bey dem Weiblein: Und weilen ſie eine verſchloſ-
ſene Haut haben, folglich ſich mit Schwitzen nicht
reinigen koͤnnen, wird ſolche Feuchtigkeit per
Excrementa
ausgefuͤhret. Der Steitz hat ſechs
Wuͤrbel, womit ſie ſich im fliegen bewegen, und
gleichſam als mit einem Ruder in der Lufft ſich
lencken, und drehen, alſo ſolchen hierzu von noͤ-
then haben; jeder Wuͤrbel hat zwey Federn zu
beyden Seiten, welches die zwoͤlff Federn des
Schwantzes ſind, wird demnach die gemeine
Feuchtigkeit, weil keine Nieren, noch Blaſe, noch
Schweiß-Loͤcher vorhanden, durch den Steitz
ausgefuͤhret. Von denen Fluͤgeln ſpricht er: Es
formiren ſolche eines Menſchen Arm, das ſtaͤrck-
ſte iſt an dem Schulter-Bein angehefftet; Nechſt
dieſem iſt gleichſam der Ellbogen mit doppelten
Beinen verſehen, auf welches aͤuſerſten die Fe-
dern ſind; Das dritte iſt wie ein Fiedelbogen,
woran die erſten ſechs Federn befindlich. Das
vierdte iſt gar kurtz, und kommen alle Nerven und
Juncturen des Fluͤgels daſelbſt zuſammen, dar-
an die Schwing-Federn ſind. Endlich gehet aus
der Leber eine dicke Ader durch den gantzen Fluͤ-
gel, von welcher alle Federn, wenn der Vogel
vermauſet, ihre Feuchtigkeit erhalten. Letzlich
meldet er von Schenckeln, daß ebenfalls eine di-
cke Ader aus der Leber hinunter in die Faͤnge und
Naͤgel correſpondire, und theilet den Schen-
ckel ein in das oberſte, als die Huͤffte, welches ſei-
ne Verbuͤndniß in dem Pfannen-Gelencke ha-
be: Das andere ſey der rechte Schenckel, wel-
cher oben an der Huͤfft unten am Schienbein
angefuͤget. Das dritte ſey das Bein, ſo unten an
der Hand connectiret, dieſes iſt mit einer gel-
ben ſchupffigten Haut uͤberzogen: Das vierdte
[Spaltenumbruch] Theil wird die Haͤnde genannt, welche alles be-
greiffen, deren jede drey Finger, und einen Fin-
ger hinten hat. Der vorderſte Finger hat zwey,
der mittlere und dritte haben drey Glieder, der
hinterſte aber nur eins. Jeder Finger hat am
aͤuſerſten Glied einen ſtarcken krumbgebogenen
Nagel, umb ſeine Nahrung darmit zu halten,
den Sitz zu begreiffen, auch ſich damit offenſive
und defenſive maͤnnlich zu wehren, ſo von GOtt
wunderlich erſchaffen. Auch findet man an kei-
nem andern Vogel ein ſo heilſames Fleiſch, als
an Raub-Voͤgeln, auch befindet ſichs, daß, wenn
ſie ſchon geſchlagen werden, ſie keine faulende
Beulen oder Geſchwaͤhr bekommen, und wenn
die Partes vitales nicht beſchaͤdiget ſeyn, ſo kan
man alle ihre Wunden gar leichtlich heilen.
Wann ſie in der Wilde ſeynd, koͤnnen ſie ihnen
ſelbſt helffen, und ſonderlich damit, daß ſie ihre
Wunden gar rein halten, und ſolche alle Tage
in einem flieſſenden Waſſer oder im Meer aus-
waſchen, welches eine ſonderliche Gabe GOt-
tes iſt, damit ſie in ihrem ſtetigen Streiten und
Kriegen nicht verderben. Wenn ſie etwas ge-
brochen, als einen Schenckel oder einen Fluͤgel,
wird ihnen gar leichte auch von den Menſchen
geholffen. Jn der Wilde geſchiehet ihnen ſol-
ches offt, da ſie ſich dann ſelbſt heilen, denn von
den Stellern werden offt Paſſagierer gefangen,
welche gebrochene Beine gehabt, und wieder ge-
heilet ſind. Biß hieher vorermeldter Autor.
Ein mehrers habe aus demſelben zu extrahiren
fuͤr unnoͤthig geachtet. Und eben auf ſolche Wei-
ſe ſind alle Arten groſſer, mittler, und kleiner
Raub-Voͤgel, nach ihrer veritabeln Structur
und Complexion beſchaffen, nach welcher ſich
ein jeder Falconirer bey ihren zufaͤlligen Gebre-
chen und Schwachheiten die behoͤrigen Reme-
dia
gluͤcklicher zu appliciren Gelegenheit haben,
und dieſe Raub-Voͤgel gegen andere zu unter-
ſcheiden wiſſen wird, welche von Fruͤchten,
Saamen und Kraͤutern ſich nehren.

Vom Ortulano, und deſſen Wartung.
[Spaltenumbruch]

Ehe ich dieſes Werck ſchlieſſe, muß noch
zweyer Voͤgel, nehmlich des Ortulans und derer
Canarien-Voͤgel gedencken. So viel nun erſt-
lich den Ortulan betrifft, ſo iſt dieſer Vogel in
Jtalien in Lombardia, wie auch in Toſcana,
und in dem Polniſchen am meiſten zu finden;
Haͤlt ſich gerne auff, wo Hierſche, Hanff und der-
gleichen gewoͤhnlich angebauet wird; Jſt etwas
kleiner, als die gemeine Feld-Lerche, faſt einem
Em̃erling aͤhnlich. Der Schnabel und die Fuͤſ-
ſe ſind roͤthlicht und Fleiſchfarb, Kopff, Halß,
und Bruſt ziehen ſich auff gelb, mit etwas Saff-
ran-Farb geſprenget, der Bauch iſt mit aſchen-
farbenen Flecklein beſprenget, die Haupt-Fe-
[Spaltenumbruch] dern der Fluͤgel und des Schweifs ſind ſchwartz,
das uͤbrige iſt gelb und dunckelſchwartz vermi-
ſchet. Das Weiblein hat unter den gelblichten
Federn mehr gruͤnes vermenget. Er iſt gerne
in denen Waͤldern, wo man Haber, Gerſte,
Hierſche und dergleichen, hat, darinnen er auch
niſtet, wie die Lerche und Wachteln, leget 5. biß
6. Eyer, die er ausbruͤthet, und wird gerne feiſte,
dahero er von groſſen Herren mit vielen Unko-
ſten in finſtern Zimmern, da die Fenſter verma-
chet, und beſtaͤndig Licht gebrennet wird, darin-
nen er mehr nicht, als ſein Eſſen ſehen, und weder
Tag noch Nacht unterſcheiden kan, gantz feiſte
gemaͤſtet wird. Es wird ihme die Anſchauung

der
Y y
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0523" n="353"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der <hi rendition="#in">J</hi>agd/ oder dem Weyde-Werck.</hi></fw><lb/><cb/>
von dichtem Flei&#x017F;ch <hi rendition="#aq">formir</hi>et. Von dem unter-<lb/>
&#x017F;ten Geva&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;chreibet er folgendes: Er <hi rendition="#aq">&#x017F;tatui</hi>re<lb/>
einiger maa&#x017F;&#x017F;en das <hi rendition="#aq">Diaphragma,</hi> welches die<lb/>
obere und untere Ho&#x0364;hle <hi rendition="#aq">&#x017F;eparir</hi>e, ob es wohl &#x017F;ehr<lb/>
zart &#x017F;ey, unter welchem die Leber, und ander vor-<lb/>
gemeldtes Eingeweyde befindlich &#x017F;ey, wie auch die<lb/><hi rendition="#aq">Te&#x017F;ticuli</hi> und <hi rendition="#aq">va&#x017F;a &#x017F;permatica</hi> oder Eyer&#x017F;tock<lb/>
bey dem Weiblein: Und weilen &#x017F;ie eine ver&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ene Haut haben, folglich &#x017F;ich mit Schwitzen nicht<lb/>
reinigen ko&#x0364;nnen, wird &#x017F;olche Feuchtigkeit <hi rendition="#aq">per<lb/>
Excrementa</hi> ausgefu&#x0364;hret. Der Steitz hat &#x017F;echs<lb/>
Wu&#x0364;rbel, womit &#x017F;ie &#x017F;ich im fliegen bewegen, und<lb/>
gleich&#x017F;am als mit einem Ruder in der Lufft &#x017F;ich<lb/>
lencken, und drehen, al&#x017F;o &#x017F;olchen hierzu von no&#x0364;-<lb/>
then haben; jeder Wu&#x0364;rbel hat zwey Federn zu<lb/>
beyden Seiten, welches die zwo&#x0364;lff Federn des<lb/>
Schwantzes &#x017F;ind, wird demnach die gemeine<lb/>
Feuchtigkeit, weil keine Nieren, noch Bla&#x017F;e, noch<lb/>
Schweiß-Lo&#x0364;cher vorhanden, durch den Steitz<lb/>
ausgefu&#x0364;hret. Von denen Flu&#x0364;geln &#x017F;pricht er: Es<lb/><hi rendition="#aq">formir</hi>en &#x017F;olche eines Men&#x017F;chen Arm, das &#x017F;ta&#x0364;rck-<lb/>
&#x017F;te i&#x017F;t an dem Schulter-Bein angehefftet; Nech&#x017F;t<lb/>
die&#x017F;em i&#x017F;t gleich&#x017F;am der Ellbogen mit doppelten<lb/>
Beinen ver&#x017F;ehen, auf welches a&#x0364;u&#x017F;er&#x017F;ten die Fe-<lb/>
dern &#x017F;ind; Das dritte i&#x017F;t wie ein Fiedelbogen,<lb/>
woran die er&#x017F;ten &#x017F;echs Federn befindlich. Das<lb/>
vierdte i&#x017F;t gar kurtz, und kommen alle Nerven und<lb/><hi rendition="#aq">Junctur</hi>en des Flu&#x0364;gels da&#x017F;elb&#x017F;t zu&#x017F;ammen, dar-<lb/>
an die Schwing-Federn &#x017F;ind. Endlich gehet aus<lb/>
der Leber eine dicke Ader durch den gantzen Flu&#x0364;-<lb/>
gel, von welcher alle Federn, wenn der Vogel<lb/>
vermau&#x017F;et, ihre Feuchtigkeit erhalten. Letzlich<lb/>
meldet er von Schenckeln, daß ebenfalls eine di-<lb/>
cke Ader aus der Leber hinunter in die Fa&#x0364;nge und<lb/>
Na&#x0364;gel <hi rendition="#aq">corre&#x017F;pondi</hi>re, und theilet den Schen-<lb/>
ckel ein in das ober&#x017F;te, als die Hu&#x0364;ffte, welches &#x017F;ei-<lb/>
ne Verbu&#x0364;ndniß in dem Pfannen-Gelencke ha-<lb/>
be: Das andere &#x017F;ey der rechte Schenckel, wel-<lb/>
cher oben an der Hu&#x0364;fft unten am Schienbein<lb/>
angefu&#x0364;get. Das dritte &#x017F;ey das Bein, &#x017F;o unten an<lb/>
der Hand <hi rendition="#aq">connecti</hi>ret, die&#x017F;es i&#x017F;t mit einer gel-<lb/>
ben &#x017F;chupffigten Haut u&#x0364;berzogen: Das vierdte<lb/><cb/>
Theil wird die Ha&#x0364;nde genannt, welche alles be-<lb/>
greiffen, deren jede drey Finger, und einen Fin-<lb/>
ger hinten hat. Der vorder&#x017F;te Finger hat zwey,<lb/>
der mittlere und dritte haben drey Glieder, der<lb/>
hinter&#x017F;te aber nur eins. Jeder Finger hat am<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;er&#x017F;ten Glied einen &#x017F;tarcken krumbgebogenen<lb/>
Nagel, umb &#x017F;eine Nahrung darmit zu halten,<lb/>
den Sitz zu begreiffen, auch &#x017F;ich damit <hi rendition="#aq">offen&#x017F;ive</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">defen&#x017F;ive</hi> ma&#x0364;nnlich zu wehren, &#x017F;o von GOtt<lb/>
wunderlich er&#x017F;chaffen. Auch findet man an kei-<lb/>
nem andern Vogel ein &#x017F;o heil&#x017F;ames Flei&#x017F;ch, als<lb/>
an Raub-Vo&#x0364;geln, auch befindet &#x017F;ichs, daß, wenn<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;chon ge&#x017F;chlagen werden, &#x017F;ie keine faulende<lb/>
Beulen oder Ge&#x017F;chwa&#x0364;hr bekommen, und wenn<lb/>
die <hi rendition="#aq">Partes vitales</hi> nicht be&#x017F;cha&#x0364;diget &#x017F;eyn, &#x017F;o kan<lb/>
man alle ihre Wunden gar leichtlich heilen.<lb/>
Wann &#x017F;ie in der Wilde &#x017F;eynd, ko&#x0364;nnen &#x017F;ie ihnen<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t helffen, und &#x017F;onderlich damit, daß &#x017F;ie ihre<lb/>
Wunden gar rein halten, und &#x017F;olche alle Tage<lb/>
in einem flie&#x017F;&#x017F;enden Wa&#x017F;&#x017F;er oder im Meer aus-<lb/>
wa&#x017F;chen, welches eine &#x017F;onderliche Gabe GOt-<lb/>
tes i&#x017F;t, damit &#x017F;ie in ihrem &#x017F;tetigen Streiten und<lb/>
Kriegen nicht verderben. Wenn &#x017F;ie etwas ge-<lb/>
brochen, als einen Schenckel oder einen Flu&#x0364;gel,<lb/>
wird ihnen gar leichte auch von den Men&#x017F;chen<lb/>
geholffen. Jn der Wilde ge&#x017F;chiehet ihnen &#x017F;ol-<lb/>
ches offt, da &#x017F;ie &#x017F;ich dann &#x017F;elb&#x017F;t heilen, denn von<lb/>
den Stellern werden offt <hi rendition="#aq">Pa&#x017F;&#x017F;agier</hi>er gefangen,<lb/>
welche gebrochene Beine gehabt, und wieder ge-<lb/>
heilet &#x017F;ind. Biß hieher vorermeldter <hi rendition="#aq">Autor.</hi><lb/>
Ein mehrers habe aus dem&#x017F;elben zu <hi rendition="#aq">extrahir</hi>en<lb/>
fu&#x0364;r unno&#x0364;thig geachtet. Und eben auf &#x017F;olche Wei-<lb/>
&#x017F;e &#x017F;ind alle Arten gro&#x017F;&#x017F;er, mittler, und kleiner<lb/>
Raub-Vo&#x0364;gel, nach ihrer <hi rendition="#aq">veritab</hi>eln <hi rendition="#aq">Structur</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">Complexion</hi> be&#x017F;chaffen, nach welcher &#x017F;ich<lb/>
ein jeder <hi rendition="#aq">Falconir</hi>er bey ihren zufa&#x0364;lligen Gebre-<lb/>
chen und Schwachheiten die beho&#x0364;rigen <hi rendition="#aq">Reme-<lb/>
dia</hi> glu&#x0364;cklicher zu <hi rendition="#aq">applici</hi>ren Gelegenheit haben,<lb/>
und die&#x017F;e Raub-Vo&#x0364;gel gegen andere zu unter-<lb/>
&#x017F;cheiden wi&#x017F;&#x017F;en wird, welche von Fru&#x0364;chten,<lb/>
Saamen und Kra&#x0364;utern &#x017F;ich nehren.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vom <hi rendition="#aq">Ortulano,</hi> und de&#x017F;&#x017F;en Wartung.</hi> </head><lb/>
          <cb/>
          <p>Ehe ich die&#x017F;es Werck &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;e, muß noch<lb/>
zweyer Vo&#x0364;gel, nehmlich des Ortulans und derer<lb/>
Canarien-Vo&#x0364;gel gedencken. So viel nun er&#x017F;t-<lb/>
lich den Ortulan betrifft, &#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;er Vogel in<lb/>
Jtalien in <hi rendition="#aq">Lombardia,</hi> wie auch in <hi rendition="#aq">To&#x017F;cana,</hi><lb/>
und in dem Polni&#x017F;chen am mei&#x017F;ten zu finden;<lb/>
Ha&#x0364;lt &#x017F;ich gerne auff, wo Hier&#x017F;che, Hanff und der-<lb/>
gleichen gewo&#x0364;hnlich angebauet wird; J&#x017F;t etwas<lb/>
kleiner, als die gemeine Feld-Lerche, fa&#x017F;t einem<lb/>
Em&#x0303;erling a&#x0364;hnlich. Der Schnabel und die Fu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e &#x017F;ind ro&#x0364;thlicht und Flei&#x017F;chfarb, Kopff, Halß,<lb/>
und Bru&#x017F;t ziehen &#x017F;ich auff gelb, mit etwas Saff-<lb/>
ran-Farb ge&#x017F;prenget, der Bauch i&#x017F;t mit a&#x017F;chen-<lb/>
farbenen Flecklein be&#x017F;prenget, die Haupt-Fe-<lb/><cb/>
dern der Flu&#x0364;gel und des Schweifs &#x017F;ind &#x017F;chwartz,<lb/>
das u&#x0364;brige i&#x017F;t gelb und dunckel&#x017F;chwartz vermi-<lb/>
&#x017F;chet. Das Weiblein hat unter den gelblichten<lb/>
Federn mehr gru&#x0364;nes vermenget. Er i&#x017F;t gerne<lb/>
in denen Wa&#x0364;ldern, wo man Haber, Ger&#x017F;te,<lb/>
Hier&#x017F;che und dergleichen, hat, darinnen er auch<lb/>
ni&#x017F;tet, wie die Lerche und Wachteln, leget 5. biß<lb/>
6. Eyer, die er ausbru&#x0364;thet, und wird gerne fei&#x017F;te,<lb/>
dahero er von gro&#x017F;&#x017F;en Herren mit vielen Unko-<lb/>
&#x017F;ten in fin&#x017F;tern Zimmern, da die Fen&#x017F;ter verma-<lb/>
chet, und be&#x017F;ta&#x0364;ndig Licht gebrennet wird, darin-<lb/>
nen er mehr nicht, als &#x017F;ein E&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ehen, und weder<lb/>
Tag noch Nacht unter&#x017F;cheiden kan, gantz fei&#x017F;te<lb/>
gema&#x0364;&#x017F;tet wird. Es wird ihme die An&#x017F;chauung<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y y</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[353/0523] Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck. von dichtem Fleiſch formiret. Von dem unter- ſten Gevaͤſſe ſchreibet er folgendes: Er ſtatuire einiger maaſſen das Diaphragma, welches die obere und untere Hoͤhle ſeparire, ob es wohl ſehr zart ſey, unter welchem die Leber, und ander vor- gemeldtes Eingeweyde befindlich ſey, wie auch die Teſticuli und vaſa ſpermatica oder Eyerſtock bey dem Weiblein: Und weilen ſie eine verſchloſ- ſene Haut haben, folglich ſich mit Schwitzen nicht reinigen koͤnnen, wird ſolche Feuchtigkeit per Excrementa ausgefuͤhret. Der Steitz hat ſechs Wuͤrbel, womit ſie ſich im fliegen bewegen, und gleichſam als mit einem Ruder in der Lufft ſich lencken, und drehen, alſo ſolchen hierzu von noͤ- then haben; jeder Wuͤrbel hat zwey Federn zu beyden Seiten, welches die zwoͤlff Federn des Schwantzes ſind, wird demnach die gemeine Feuchtigkeit, weil keine Nieren, noch Blaſe, noch Schweiß-Loͤcher vorhanden, durch den Steitz ausgefuͤhret. Von denen Fluͤgeln ſpricht er: Es formiren ſolche eines Menſchen Arm, das ſtaͤrck- ſte iſt an dem Schulter-Bein angehefftet; Nechſt dieſem iſt gleichſam der Ellbogen mit doppelten Beinen verſehen, auf welches aͤuſerſten die Fe- dern ſind; Das dritte iſt wie ein Fiedelbogen, woran die erſten ſechs Federn befindlich. Das vierdte iſt gar kurtz, und kommen alle Nerven und Juncturen des Fluͤgels daſelbſt zuſammen, dar- an die Schwing-Federn ſind. Endlich gehet aus der Leber eine dicke Ader durch den gantzen Fluͤ- gel, von welcher alle Federn, wenn der Vogel vermauſet, ihre Feuchtigkeit erhalten. Letzlich meldet er von Schenckeln, daß ebenfalls eine di- cke Ader aus der Leber hinunter in die Faͤnge und Naͤgel correſpondire, und theilet den Schen- ckel ein in das oberſte, als die Huͤffte, welches ſei- ne Verbuͤndniß in dem Pfannen-Gelencke ha- be: Das andere ſey der rechte Schenckel, wel- cher oben an der Huͤfft unten am Schienbein angefuͤget. Das dritte ſey das Bein, ſo unten an der Hand connectiret, dieſes iſt mit einer gel- ben ſchupffigten Haut uͤberzogen: Das vierdte Theil wird die Haͤnde genannt, welche alles be- greiffen, deren jede drey Finger, und einen Fin- ger hinten hat. Der vorderſte Finger hat zwey, der mittlere und dritte haben drey Glieder, der hinterſte aber nur eins. Jeder Finger hat am aͤuſerſten Glied einen ſtarcken krumbgebogenen Nagel, umb ſeine Nahrung darmit zu halten, den Sitz zu begreiffen, auch ſich damit offenſive und defenſive maͤnnlich zu wehren, ſo von GOtt wunderlich erſchaffen. Auch findet man an kei- nem andern Vogel ein ſo heilſames Fleiſch, als an Raub-Voͤgeln, auch befindet ſichs, daß, wenn ſie ſchon geſchlagen werden, ſie keine faulende Beulen oder Geſchwaͤhr bekommen, und wenn die Partes vitales nicht beſchaͤdiget ſeyn, ſo kan man alle ihre Wunden gar leichtlich heilen. Wann ſie in der Wilde ſeynd, koͤnnen ſie ihnen ſelbſt helffen, und ſonderlich damit, daß ſie ihre Wunden gar rein halten, und ſolche alle Tage in einem flieſſenden Waſſer oder im Meer aus- waſchen, welches eine ſonderliche Gabe GOt- tes iſt, damit ſie in ihrem ſtetigen Streiten und Kriegen nicht verderben. Wenn ſie etwas ge- brochen, als einen Schenckel oder einen Fluͤgel, wird ihnen gar leichte auch von den Menſchen geholffen. Jn der Wilde geſchiehet ihnen ſol- ches offt, da ſie ſich dann ſelbſt heilen, denn von den Stellern werden offt Paſſagierer gefangen, welche gebrochene Beine gehabt, und wieder ge- heilet ſind. Biß hieher vorermeldter Autor. Ein mehrers habe aus demſelben zu extrahiren fuͤr unnoͤthig geachtet. Und eben auf ſolche Wei- ſe ſind alle Arten groſſer, mittler, und kleiner Raub-Voͤgel, nach ihrer veritabeln Structur und Complexion beſchaffen, nach welcher ſich ein jeder Falconirer bey ihren zufaͤlligen Gebre- chen und Schwachheiten die behoͤrigen Reme- dia gluͤcklicher zu appliciren Gelegenheit haben, und dieſe Raub-Voͤgel gegen andere zu unter- ſcheiden wiſſen wird, welche von Fruͤchten, Saamen und Kraͤutern ſich nehren. Vom Ortulano, und deſſen Wartung. Ehe ich dieſes Werck ſchlieſſe, muß noch zweyer Voͤgel, nehmlich des Ortulans und derer Canarien-Voͤgel gedencken. So viel nun erſt- lich den Ortulan betrifft, ſo iſt dieſer Vogel in Jtalien in Lombardia, wie auch in Toſcana, und in dem Polniſchen am meiſten zu finden; Haͤlt ſich gerne auff, wo Hierſche, Hanff und der- gleichen gewoͤhnlich angebauet wird; Jſt etwas kleiner, als die gemeine Feld-Lerche, faſt einem Em̃erling aͤhnlich. Der Schnabel und die Fuͤſ- ſe ſind roͤthlicht und Fleiſchfarb, Kopff, Halß, und Bruſt ziehen ſich auff gelb, mit etwas Saff- ran-Farb geſprenget, der Bauch iſt mit aſchen- farbenen Flecklein beſprenget, die Haupt-Fe- dern der Fluͤgel und des Schweifs ſind ſchwartz, das uͤbrige iſt gelb und dunckelſchwartz vermi- ſchet. Das Weiblein hat unter den gelblichten Federn mehr gruͤnes vermenget. Er iſt gerne in denen Waͤldern, wo man Haber, Gerſte, Hierſche und dergleichen, hat, darinnen er auch niſtet, wie die Lerche und Wachteln, leget 5. biß 6. Eyer, die er ausbruͤthet, und wird gerne feiſte, dahero er von groſſen Herren mit vielen Unko- ſten in finſtern Zimmern, da die Fenſter verma- chet, und beſtaͤndig Licht gebrennet wird, darin- nen er mehr nicht, als ſein Eſſen ſehen, und weder Tag noch Nacht unterſcheiden kan, gantz feiſte gemaͤſtet wird. Es wird ihme die Anſchauung der Y y

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/523
Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/523>, abgerufen am 29.03.2024.