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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Von der Erden.
[Spaltenumbruch] gute Melck-Kühe Sommers und Win-
ters darinnen, lässet sie auch hüthen,
weil Graß genug da ist, aber vom Herbst
an den Winter durch giebet man ihnen
Heyde und Kraut zu fressen, und müs-
sen solche wenigstens ein Jahr vorher
darinnen sich zu halten gewohnet seyn,
ehe man was vornehmen kan. Des
Frühlings darauff nimmt man vier
Wild-Kälber, und zwey Hirsch-Kälber,
setzet ein jegliches unter eine Kuh und ge-
wöhnet es an ihr zu saugen, treibet es
täglich mit aus, daß es daselbst allent-
halben kundig werde, und seine Sicher-
heit vermercken kan; Welche Hirsch- und
Wild-Kälber, daß sie zahm erzogen, wie
oben gemeldet, mit Abschneidung eines
halben Ohrs gezeichnet werden, maas-
sen dieselben, wann sie mit Halß-
Bändern gezeichnet, darinnen in de-
nen Sträuchern, dahin sie ohngefehr
von denen Hunden gejaget, gar leichte
hengen bleiben und sich erwürgen kön-
ten. Diese Kälber ob sie schon jährig,
gehen beständig mit den Kühen aus und
ein, und werden von der Küh-Milch gantz
zahm erzogen. Das andere Jahr lässet
man diese zahme Hirsche haussen, und se-
tzet abermahl andere Wild-Kälber un-
ter die Kühe, erziehet selbige nach vorge-
schriebener Methode wiederumb zahm,
wie die vorigen, und dieses kan man al-
le Jahre gar fein gemählich continuiren,
biß man nach Belieben will auffhören,
und Wild genung hat; Maassen solcher-
gestalt schon ein Troupp Roth-Wild-
präth von 24. biß 30. Stück in 4. oder 5.
Jahren durch GOttes Seegen zu hoffen,
weiln alle diese zahm erzogene Thiere ih-
ren gewesenen Pfleg-Müttern, oder Am-
men mit besonderm AEstim allenthalben
nachfolgen, sich zusammen halten, theils
wegen ihrer erhaltenen Nahrungs-Milch
per Sympathiam, theils durch die Ge-
wohnheit per Educationem: Welche
man aber auch Winters-Zeit vor allen
Dingen bey grosser Kälte und Schnee an
beqvemen Oertern mit Haber und Heu
reichlich versorgen muß, damit sie nicht
gezwungen werden, sich anders wohin
zu begeben und ihre Nahrung zu suchen.
Ein solcher Troupp Wildpräth, welcher
zusammen erzogen und gewohnet ist,
darunter sonder Zweiffel auch schon
brunfftmäßige Hirsche sich befinden, wird
sich nachgehends von sich selbst alleine oh-
ne fernere Mühe durch GOttes Seegen
schon reichlich vermehren, wann nur kei-
[Spaltenumbruch] ne tragende Wild- oder Mutter-Thiere
davon weggefangen, weniger unbeson-
nen darunter geschossen wird. An denen
Gräntzen aber, zumahl wo nichts gescho-
net wird, können schon die Spiesser oder
übrige frembde Hirsche weggefangen wer-
den, weil es ohnediß nachgehends umb
ein merckliches sich vermehren, und de-
nen Einwohnern auch an ihren Feld-
Früchten allzu grossen Schaden thun
würde. Die Wild-Kälber umb hierzu
den Anfang solchen Gehägs zu machen,
kan man entweder aus einem Thier-
Garten jährlich nehmen lassen, weil man
ohnediß das übrige wegen Mangel des
Futters ausschiessen müste; Jn Mangel
dessen aber müste es anderswo von gros-
ser Herren Gehäge mit Permission pro-
curir
et werden: weiln solche kleine Käl-
ber noch jung mit Milch unterwegens er-
halten einen weiten Weg können ge-
führet werden: welches meines Erach-
tens rathsamer, als des Mons. Robert
de Salnove,
Königl. Frantzösischen Rath
Lieutenant bey der grossen Wolffs-Jä-
gerey ehedessen heraus gegebener Tra-
ctat, darinnen er zu Ende dessen demon-
strir
en will, wie die Wälder mit Wild-
präth zu peubliren, und unter andern
anzeiget, man solle vier Thiere und ei-
nen Hirsch in Netzen fangen, ihnen die
Augen und Läuffte binden, in bestimm-
ten Wald fahren und loß lassen, daß er
den Weg zurücke nicht wieder finde; Jch
glaube aber, er solte den Weg wohl bes-
ser riechen, woher er kommen wäre, ist
auch mit einem grossen wilderwachsenen
Thiere ohne Schaden nicht wohl zu pra-
cticir
en, wie leicht zu erachten. Mit dem
Schwartz-Wildpräth oder Sauen aber
muß man eine andere Mode anfangen:
Nemlichen man handelt sich hin und wie-
der drey oder vier schwartz-graue zahme
Sauen von Bauern, welche nahe an Ge-
hägen wohnen: Weiln diese Bauern ih-
re Sauen immerfort in die Heyde lauf-
fen, auch zu Mast-Zeiten zuweilen von
wilden Käulern bespringen lassen, davon
schwartz-graue Ferckel fallen, so fast wie
die wilden aussehen, weil es schon eine
halb wilde Art ist. Diese Sauen müs-
sen ebenfalls an einem Ort im Dickigt ei-
nen Stall haben, durchs gantze Jahr
herum lauffen, und zum Stall mit Füt-
terung gewöhnet werden: weil die Sau
ein gefräßiges Thier, so wird nicht feh-
len, es kommet Herbsts-Zeit, sonderlich
wo Mast ist, ein wilder Käuler und be-

springet
G 3

Von der Erden.
[Spaltenumbruch] gute Melck-Kuͤhe Sommers und Win-
ters darinnen, laͤſſet ſie auch huͤthen,
weil Graß genug da iſt, aber vom Herbſt
an den Winter durch giebet man ihnen
Heyde und Kraut zu freſſen, und muͤſ-
ſen ſolche wenigſtens ein Jahr vorher
darinnen ſich zu halten gewohnet ſeyn,
ehe man was vornehmen kan. Des
Fruͤhlings darauff nimmt man vier
Wild-Kaͤlber, und zwey Hirſch-Kaͤlber,
ſetzet ein jegliches unter eine Kuh und ge-
woͤhnet es an ihr zu ſaugen, treibet es
taͤglich mit aus, daß es daſelbſt allent-
halben kundig werde, und ſeine Sicher-
heit vermercken kan; Welche Hirſch- und
Wild-Kaͤlber, daß ſie zahm erzogen, wie
oben gemeldet, mit Abſchneidung eines
halben Ohrs gezeichnet werden, maaſ-
ſen dieſelben, wann ſie mit Halß-
Baͤndern gezeichnet, darinnen in de-
nen Straͤuchern, dahin ſie ohngefehr
von denen Hunden gejaget, gar leichte
hengen bleiben und ſich erwuͤrgen koͤn-
ten. Dieſe Kaͤlber ob ſie ſchon jaͤhrig,
gehen beſtaͤndig mit den Kuͤhen aus und
ein, und werden von der Kuͤh-Milch gantz
zahm erzogen. Das andere Jahr laͤſſet
man dieſe zahme Hirſche hauſſen, und ſe-
tzet abermahl andere Wild-Kaͤlber un-
ter die Kuͤhe, erziehet ſelbige nach vorge-
ſchriebener Methode wiederumb zahm,
wie die vorigen, und dieſes kan man al-
le Jahre gar fein gemaͤhlich continuiren,
biß man nach Belieben will auffhoͤren,
und Wild genung hat; Maaſſen ſolcher-
geſtalt ſchon ein Troupp Roth-Wild-
praͤth von 24. biß 30. Stuͤck in 4. oder 5.
Jahren durch GOttes Seegen zu hoffen,
weiln alle dieſe zahm erzogene Thiere ih-
ren geweſenen Pfleg-Muͤttern, oder Am-
men mit beſonderm Æſtim allenthalben
nachfolgen, ſich zuſammen halten, theils
wegen ihrer erhaltenen Nahrungs-Milch
per Sympathiam, theils durch die Ge-
wohnheit per Educationem: Welche
man aber auch Winters-Zeit vor allen
Dingen bey groſſer Kaͤlte und Schnee an
beqvemen Oertern mit Haber und Heu
reichlich verſorgen muß, damit ſie nicht
gezwungen werden, ſich anders wohin
zu begeben und ihre Nahrung zu ſuchen.
Ein ſolcher Troupp Wildpraͤth, welcher
zuſammen erzogen und gewohnet iſt,
darunter ſonder Zweiffel auch ſchon
brunfftmaͤßige Hirſche ſich befinden, wird
ſich nachgehends von ſich ſelbſt alleine oh-
ne fernere Muͤhe durch GOttes Seegen
ſchon reichlich vermehren, wann nur kei-
[Spaltenumbruch] ne tragende Wild- oder Mutter-Thiere
davon weggefangen, weniger unbeſon-
nen darunter geſchoſſen wird. An denen
Graͤntzen aber, zumahl wo nichts geſcho-
net wird, koͤnnen ſchon die Spieſſer oder
uͤbꝛige frembde Hirſche weggefangen wer-
den, weil es ohnediß nachgehends umb
ein merckliches ſich vermehren, und de-
nen Einwohnern auch an ihren Feld-
Fruͤchten allzu groſſen Schaden thun
wuͤrde. Die Wild-Kaͤlber umb hierzu
den Anfang ſolchen Gehaͤgs zu machen,
kan man entweder aus einem Thier-
Garten jaͤhrlich nehmen laſſen, weil man
ohnediß das uͤbrige wegen Mangel des
Futters ausſchieſſen muͤſte; Jn Mangel
deſſen aber muͤſte es anderswo von groſ-
ſer Herren Gehaͤge mit Permiſſion pro-
curir
et werden: weiln ſolche kleine Kaͤl-
ber noch jung mit Milch unterwegens er-
halten einen weiten Weg koͤnnen ge-
fuͤhret werden: welches meines Erach-
tens rathſamer, als des Monſ. Robert
de Salnove,
Koͤnigl. Frantzoͤſiſchen Rath
Lieutenant bey der groſſen Wolffs-Jaͤ-
gerey ehedeſſen heraus gegebener Tra-
ctat, darinnen er zu Ende deſſen demon-
ſtrir
en will, wie die Waͤlder mit Wild-
praͤth zu peubliren, und unter andern
anzeiget, man ſolle vier Thiere und ei-
nen Hirſch in Netzen fangen, ihnen die
Augen und Laͤuffte binden, in beſtimm-
ten Wald fahren und loß laſſen, daß er
den Weg zuruͤcke nicht wieder finde; Jch
glaube aber, er ſolte den Weg wohl beſ-
ſer riechen, woher er kommen waͤre, iſt
auch mit einem groſſen wilderwachſenen
Thiere ohne Schaden nicht wohl zu pra-
cticir
en, wie leicht zu erachten. Mit dem
Schwartz-Wildpraͤth oder Sauen aber
muß man eine andere Mode anfangen:
Nemlichen man handelt ſich hin und wie-
der drey oder vier ſchwartz-graue zahme
Sauen von Bauern, welche nahe an Ge-
haͤgen wohnen: Weiln dieſe Bauern ih-
re Sauen immerfort in die Heyde lauf-
fen, auch zu Maſt-Zeiten zuweilen von
wilden Kaͤulern beſpringen laſſen, davon
ſchwartz-graue Ferckel fallen, ſo faſt wie
die wilden ausſehen, weil es ſchon eine
halb wilde Art iſt. Dieſe Sauen muͤſ-
ſen ebenfalls an einem Ort im Dickigt ei-
nen Stall haben, durchs gantze Jahr
herum lauffen, und zum Stall mit Fuͤt-
terung gewoͤhnet werden: weil die Sau
ein gefraͤßiges Thier, ſo wird nicht feh-
len, es kommet Herbſts-Zeit, ſonderlich
wo Maſt iſt, ein wilder Kaͤuler und be-

ſpringet
G 3
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[53/0137] Von der Erden. gute Melck-Kuͤhe Sommers und Win- ters darinnen, laͤſſet ſie auch huͤthen, weil Graß genug da iſt, aber vom Herbſt an den Winter durch giebet man ihnen Heyde und Kraut zu freſſen, und muͤſ- ſen ſolche wenigſtens ein Jahr vorher darinnen ſich zu halten gewohnet ſeyn, ehe man was vornehmen kan. Des Fruͤhlings darauff nimmt man vier Wild-Kaͤlber, und zwey Hirſch-Kaͤlber, ſetzet ein jegliches unter eine Kuh und ge- woͤhnet es an ihr zu ſaugen, treibet es taͤglich mit aus, daß es daſelbſt allent- halben kundig werde, und ſeine Sicher- heit vermercken kan; Welche Hirſch- und Wild-Kaͤlber, daß ſie zahm erzogen, wie oben gemeldet, mit Abſchneidung eines halben Ohrs gezeichnet werden, maaſ- ſen dieſelben, wann ſie mit Halß- Baͤndern gezeichnet, darinnen in de- nen Straͤuchern, dahin ſie ohngefehr von denen Hunden gejaget, gar leichte hengen bleiben und ſich erwuͤrgen koͤn- ten. Dieſe Kaͤlber ob ſie ſchon jaͤhrig, gehen beſtaͤndig mit den Kuͤhen aus und ein, und werden von der Kuͤh-Milch gantz zahm erzogen. Das andere Jahr laͤſſet man dieſe zahme Hirſche hauſſen, und ſe- tzet abermahl andere Wild-Kaͤlber un- ter die Kuͤhe, erziehet ſelbige nach vorge- ſchriebener Methode wiederumb zahm, wie die vorigen, und dieſes kan man al- le Jahre gar fein gemaͤhlich continuiren, biß man nach Belieben will auffhoͤren, und Wild genung hat; Maaſſen ſolcher- geſtalt ſchon ein Troupp Roth-Wild- praͤth von 24. biß 30. Stuͤck in 4. oder 5. Jahren durch GOttes Seegen zu hoffen, weiln alle dieſe zahm erzogene Thiere ih- ren geweſenen Pfleg-Muͤttern, oder Am- men mit beſonderm Æſtim allenthalben nachfolgen, ſich zuſammen halten, theils wegen ihrer erhaltenen Nahrungs-Milch per Sympathiam, theils durch die Ge- wohnheit per Educationem: Welche man aber auch Winters-Zeit vor allen Dingen bey groſſer Kaͤlte und Schnee an beqvemen Oertern mit Haber und Heu reichlich verſorgen muß, damit ſie nicht gezwungen werden, ſich anders wohin zu begeben und ihre Nahrung zu ſuchen. Ein ſolcher Troupp Wildpraͤth, welcher zuſammen erzogen und gewohnet iſt, darunter ſonder Zweiffel auch ſchon brunfftmaͤßige Hirſche ſich befinden, wird ſich nachgehends von ſich ſelbſt alleine oh- ne fernere Muͤhe durch GOttes Seegen ſchon reichlich vermehren, wann nur kei- ne tragende Wild- oder Mutter-Thiere davon weggefangen, weniger unbeſon- nen darunter geſchoſſen wird. An denen Graͤntzen aber, zumahl wo nichts geſcho- net wird, koͤnnen ſchon die Spieſſer oder uͤbꝛige frembde Hirſche weggefangen wer- den, weil es ohnediß nachgehends umb ein merckliches ſich vermehren, und de- nen Einwohnern auch an ihren Feld- Fruͤchten allzu groſſen Schaden thun wuͤrde. Die Wild-Kaͤlber umb hierzu den Anfang ſolchen Gehaͤgs zu machen, kan man entweder aus einem Thier- Garten jaͤhrlich nehmen laſſen, weil man ohnediß das uͤbrige wegen Mangel des Futters ausſchieſſen muͤſte; Jn Mangel deſſen aber muͤſte es anderswo von groſ- ſer Herren Gehaͤge mit Permiſſion pro- curiret werden: weiln ſolche kleine Kaͤl- ber noch jung mit Milch unterwegens er- halten einen weiten Weg koͤnnen ge- fuͤhret werden: welches meines Erach- tens rathſamer, als des Monſ. Robert de Salnove, Koͤnigl. Frantzoͤſiſchen Rath Lieutenant bey der groſſen Wolffs-Jaͤ- gerey ehedeſſen heraus gegebener Tra- ctat, darinnen er zu Ende deſſen demon- ſtriren will, wie die Waͤlder mit Wild- praͤth zu peubliren, und unter andern anzeiget, man ſolle vier Thiere und ei- nen Hirſch in Netzen fangen, ihnen die Augen und Laͤuffte binden, in beſtimm- ten Wald fahren und loß laſſen, daß er den Weg zuruͤcke nicht wieder finde; Jch glaube aber, er ſolte den Weg wohl beſ- ſer riechen, woher er kommen waͤre, iſt auch mit einem groſſen wilderwachſenen Thiere ohne Schaden nicht wohl zu pra- cticiren, wie leicht zu erachten. Mit dem Schwartz-Wildpraͤth oder Sauen aber muß man eine andere Mode anfangen: Nemlichen man handelt ſich hin und wie- der drey oder vier ſchwartz-graue zahme Sauen von Bauern, welche nahe an Ge- haͤgen wohnen: Weiln dieſe Bauern ih- re Sauen immerfort in die Heyde lauf- fen, auch zu Maſt-Zeiten zuweilen von wilden Kaͤulern beſpringen laſſen, davon ſchwartz-graue Ferckel fallen, ſo faſt wie die wilden ausſehen, weil es ſchon eine halb wilde Art iſt. Dieſe Sauen muͤſ- ſen ebenfalls an einem Ort im Dickigt ei- nen Stall haben, durchs gantze Jahr herum lauffen, und zum Stall mit Fuͤt- terung gewoͤhnet werden: weil die Sau ein gefraͤßiges Thier, ſo wird nicht feh- len, es kommet Herbſts-Zeit, ſonderlich wo Maſt iſt, ein wilder Kaͤuler und be- ſpringet G 3

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/137>, abgerufen am 25.04.2024.