Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

Anderer Theil/
[Spaltenumbruch] an dem Graben zur Lust gehalten, und
mich über dessen seltsame Eigenschafften,
weil er zahm war, offt ergetzet; Dann
er nicht allein zuweilen die vor ihn auf-
gerichtete Säule als ein Mensch umb-
armet, an derselben mit Händ und Füs-
sen ordentlich auf- und abstiege und sich
vor dem Fallen in acht genommen, son-
dern auch, wann er niemand vermer-
cket, aus Muthwillen offters seine Hüt-
te, ob sie fest oder nicht, auffrecht stehend,
mit denen Armen versuchet und da er
sie beweget, gleich ins Wasser geworf-
fen, zurück gesprungen und sich umbge-
sehen. Wann er seiner Gewohnheit nach
an denen Vorder-Tatzen eine umb die
andere gesogen, murmelte er, daß es als
eine Trommel von weiten geklungen;
Bey heisser Sonne hat er meist geschlaf-
fen: Weil er nun gewohnet war im
Wasser zu baden und die Calmuß-Wur-
tzeln auszusuchen, so ist er des Früh-
Jahrs darauff, morgens früh vor Ta-
ge, in dem Graben ersoffen gefunden
worden, welchen folgends anatomiren
lassen. Dieser Bär war von einer di-
cken Haut, schwartzbraunen langen Haa-
ren, woraus ich, weil er mittelmäßiger
Grösse, einen Dudel-Sack machen las-
sen, welcher nachgehends an einen ge-
wissen Fürstlichen Hoff praesentiret wor-
den. Was sonsten desselben Structur oder
ungestaltes Gewächse betrifft, so gleichet
alles an Händen und Füssen (ausser daß
keine Daumen verhanden) mit Ellbo-
gen und Knien, in vielen Stücken dem
Menschen, welches bey andern Thieren
nicht anzutreffen: Die Ballen in denen
Vorder-Tatzen und Sohlen der Hinter-
Füsse hatten, weil sie stets darauf gehen
müssen, eine gekerbte dicke graue Haut,
ohne Haare ausser etwas weniges in der
hohlen Fuß-Sohle; Die Finger oder Ze-
hen waren kurtz und enge, in der Mit-
ten gegen einander zusammen gezogen,
an welchem jeden letztern Vorder-Glied
die hornichten Klauen angewachsen wa-
ren, welche Spitzen er stets hoch führete,
umb im Gehen dieselbe zu menagiren.
Nachdem man nun die glatte innere
Haut der Vorder- und Hinter-Tatzen
abgelöset, befand man darunter eine sehr
weiße, feiste und flüßige speckigte Sub-
stanz,
von zwey Finger dicke, inwendig
an Händen und Füssen gewachsen, wel-
che Feuchtigkeit der Bär bey seinem Le-
ben durch die mit seinem warmen Athem
eröffnete Poros, wie vorhin erwehnet,
[Spaltenumbruch] als der Dachs an sich gezogen, umb da-
mit sich zu nehren, so ihm GOtt in der
Natur gegeben. Als nun dieser Bär
hierauff gestrecket, und von den Kinn der
Gurgel nach, über der Brust und Bauch,
biß zum Membro anfänglich die Haut
gescherffet und zerwürcket, fand man
über den gantzen Leib fast zwey Fin-
gers dicke Feist, wovon sechs Kannen
Schmaltz gewonnen: Dann offnete man
ihm von Kinn an über den Halß, Brust,
Bauch und gantzen Leib, biß an das
Membrum, und sahe in der Brust die
Lunge in fünff lobos vertheilet, das
Hertz umbgeben, welches Hertz von ei-
nen sehr weichen und zarten Fleisch,
6. Zoll lang, und 4. Zoll dick, mit einer
stumpffen Spitze gewachsen, worinnen der
Unterschied eines Daumens dicke war:
die Lufft-Röhren giengen, wie bey an-
dern Thieren, nach der Gurgel, und
war die Brust von 14. Ribben zusam-
men gesetzet, an deren Ende das Dia-
phragma
oder Zwerg-Fell gewachsen.
Als nun dieses Zwerg-Fell abgelöset,
war die Leber von ziemlicher Grösse,
welche den Magen verdecket, mit sieben
lobis versehen, worbey die Galle sehr
klein, wie auch die Miltz. Der Magen,
welcher gleich einem wiederkauenden
Thier, zweyfach, war sehr klein, fast
eines Dreyer-Brods groß, von inwen-
diger harter Haut mit fünff Linien,
worbey ein kleines Säckgen gewachsen,
und soll der Magen eines Bäres, ob er
noch so klein, auch vielerley kalte un-
ordentliche Nahrung, als roh Fleisch
oder Luder, Fische, Ungeziefer, Krebse,
Ameisen, Obst, Weintrauben, Honig,
Geträyde, Wurtzeln, Kräuter und der-
gleichen mehr geniesset, dennoch eine voll-
kommene geschwinde Verdauung, und
dünnen Chylum vor allen Thieren als
ein besonderes Praerogativ haben. Die-
ser arme Schelme hatte vor dißmahl in
seinem kleinen Magen nichts mehrers
als etwan einen Löffel voll Suppe mit
untermengten Schleim und etliche kleine
Stückgen Brod, so er Abends zuvor be-
kommen. Das Gedärme erstreckte sich
der Länge nach, auf 22. Ellen hiesiger
Länge; Die vorgedachte Miltz war 5.
Zoll lang, 2. Zoll breit, u. 1. Zoll dick, dünn
und zarte. Die Nieren waren 7. Zoll
lang und zwey Zoll breit, woran ein fett
Häutlein angewachsen, und in demselben
noch eines verborgen, so dicke wie ein
Sack gestaltet, darinnen 56. kleine Nie-

ren

Anderer Theil/
[Spaltenumbruch] an dem Graben zur Luſt gehalten, und
mich uͤber deſſen ſeltſame Eigenſchafften,
weil er zahm war, offt ergetzet; Dann
er nicht allein zuweilen die vor ihn auf-
gerichtete Saͤule als ein Menſch umb-
armet, an derſelben mit Haͤnd und Fuͤſ-
ſen ordentlich auf- und abſtiege und ſich
vor dem Fallen in acht genommen, ſon-
dern auch, wann er niemand vermer-
cket, aus Muthwillen offters ſeine Huͤt-
te, ob ſie feſt oder nicht, auffrecht ſtehend,
mit denen Armen verſuchet und da er
ſie beweget, gleich ins Waſſer geworf-
fen, zuruͤck geſprungen und ſich umbge-
ſehen. Wann er ſeiner Gewohnheit nach
an denen Vorder-Tatzen eine umb die
andere geſogen, murmelte er, daß es als
eine Trommel von weiten geklungen;
Bey heiſſer Sonne hat er meiſt geſchlaf-
fen: Weil er nun gewohnet war im
Waſſer zu baden und die Calmuß-Wur-
tzeln auszuſuchen, ſo iſt er des Fruͤh-
Jahrs darauff, morgens fruͤh vor Ta-
ge, in dem Graben erſoffen gefunden
worden, welchen folgends anatomiren
laſſen. Dieſer Baͤr war von einer di-
cken Haut, ſchwartzbraunen langen Haa-
ren, woraus ich, weil er mittelmaͤßiger
Groͤſſe, einen Dudel-Sack machen laſ-
ſen, welcher nachgehends an einen ge-
wiſſen Fuͤrſtlichen Hoff præſentiret wor-
den. Was ſonſten deſſelben Structur oder
ungeſtaltes Gewaͤchſe betrifft, ſo gleichet
alles an Haͤnden und Fuͤſſen (auſſer daß
keine Daumen verhanden) mit Ellbo-
gen und Knien, in vielen Stuͤcken dem
Menſchen, welches bey andern Thieren
nicht anzutreffen: Die Ballen in denen
Vorder-Tatzen und Sohlen der Hinter-
Fuͤſſe hatten, weil ſie ſtets darauf gehen
muͤſſen, eine gekerbte dicke graue Haut,
ohne Haare auſſer etwas weniges in der
hohlen Fuß-Sohle; Die Finger oder Ze-
hen waren kurtz und enge, in der Mit-
ten gegen einander zuſammen gezogen,
an welchem jeden letztern Vorder-Glied
die hornichten Klauen angewachſen wa-
ren, welche Spitzen er ſtets hoch fuͤhrete,
umb im Gehen dieſelbe zu menagiren.
Nachdem man nun die glatte innere
Haut der Vorder- und Hinter-Tatzen
abgeloͤſet, befand man darunter eine ſehr
weiße, feiſte und fluͤßige ſpeckigte Sub-
ſtanz,
von zwey Finger dicke, inwendig
an Haͤnden und Fuͤſſen gewachſen, wel-
che Feuchtigkeit der Baͤr bey ſeinem Le-
ben durch die mit ſeinem warmen Athem
eroͤffnete Poros, wie vorhin erwehnet,
[Spaltenumbruch] als der Dachs an ſich gezogen, umb da-
mit ſich zu nehren, ſo ihm GOtt in der
Natur gegeben. Als nun dieſer Baͤr
hierauff geſtrecket, und von den Kinn der
Gurgel nach, uͤber der Bruſt und Bauch,
biß zum Membro anfaͤnglich die Haut
geſcherffet und zerwuͤrcket, fand man
uͤber den gantzen Leib faſt zwey Fin-
gers dicke Feiſt, wovon ſechs Kannen
Schmaltz gewonnen: Dann offnete man
ihm von Kinn an uͤber den Halß, Bruſt,
Bauch und gantzen Leib, biß an das
Membrum, und ſahe in der Bruſt die
Lunge in fuͤnff lobos vertheilet, das
Hertz umbgeben, welches Hertz von ei-
nen ſehr weichen und zarten Fleiſch,
6. Zoll lang, und 4. Zoll dick, mit einer
ſtumpffen Spitze gewachſen, woriñen der
Unterſchied eines Daumens dicke war:
die Lufft-Roͤhren giengen, wie bey an-
dern Thieren, nach der Gurgel, und
war die Bruſt von 14. Ribben zuſam-
men geſetzet, an deren Ende das Dia-
phragma
oder Zwerg-Fell gewachſen.
Als nun dieſes Zwerg-Fell abgeloͤſet,
war die Leber von ziemlicher Groͤſſe,
welche den Magen verdecket, mit ſieben
lobis verſehen, worbey die Galle ſehr
klein, wie auch die Miltz. Der Magen,
welcher gleich einem wiederkauenden
Thier, zweyfach, war ſehr klein, faſt
eines Dreyer-Brods groß, von inwen-
diger harter Haut mit fuͤnff Linien,
worbey ein kleines Saͤckgen gewachſen,
und ſoll der Magen eines Baͤres, ob er
noch ſo klein, auch vielerley kalte un-
ordentliche Nahrung, als roh Fleiſch
oder Luder, Fiſche, Ungeziefer, Krebſe,
Ameiſen, Obſt, Weintrauben, Honig,
Getraͤyde, Wurtzeln, Kraͤuter und der-
gleichen mehr genieſſet, dennoch eine voll-
kommene geſchwinde Verdauung, und
duͤnnen Chylum vor allen Thieren als
ein beſonderes Prærogativ haben. Die-
ſer arme Schelme hatte vor dißmahl in
ſeinem kleinen Magen nichts mehrers
als etwan einen Loͤffel voll Suppe mit
untermengten Schleim und etliche kleine
Stuͤckgen Brod, ſo er Abends zuvor be-
kommen. Das Gedaͤrme erſtreckte ſich
der Laͤnge nach, auf 22. Ellen hieſiger
Laͤnge; Die vorgedachte Miltz war 5.
Zoll lang, 2. Zoll breit, u. 1. Zoll dick, duͤnn
und zarte. Die Nieren waren 7. Zoll
lang und zwey Zoll breit, woran ein fett
Haͤutlein angewachſen, und in demſelben
noch eines verborgen, ſo dicke wie ein
Sack geſtaltet, darinnen 56. kleine Nie-

ren
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0228" n="126"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anderer Theil/</hi></fw><lb/><cb/>
an dem Graben zur Lu&#x017F;t gehalten, und<lb/>
mich u&#x0364;ber de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;elt&#x017F;ame Eigen&#x017F;chafften,<lb/>
weil er zahm war, offt ergetzet; Dann<lb/>
er nicht allein zuweilen die vor ihn auf-<lb/>
gerichtete Sa&#x0364;ule als ein Men&#x017F;ch umb-<lb/>
armet, an der&#x017F;elben mit Ha&#x0364;nd und Fu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en ordentlich auf- und ab&#x017F;tiege und &#x017F;ich<lb/>
vor dem Fallen in acht genommen, &#x017F;on-<lb/>
dern auch, wann er niemand vermer-<lb/>
cket, aus Muthwillen offters &#x017F;eine Hu&#x0364;t-<lb/>
te, ob &#x017F;ie fe&#x017F;t oder nicht, auffrecht &#x017F;tehend,<lb/>
mit denen Armen ver&#x017F;uchet und da er<lb/>
&#x017F;ie beweget, gleich ins Wa&#x017F;&#x017F;er geworf-<lb/>
fen, zuru&#x0364;ck ge&#x017F;prungen und &#x017F;ich umbge-<lb/>
&#x017F;ehen. Wann er &#x017F;einer Gewohnheit nach<lb/>
an denen Vorder-Tatzen eine umb die<lb/>
andere ge&#x017F;ogen, murmelte er, daß es als<lb/>
eine Trommel von weiten geklungen;<lb/>
Bey hei&#x017F;&#x017F;er Sonne hat er mei&#x017F;t ge&#x017F;chlaf-<lb/>
fen: Weil er nun gewohnet war im<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er zu baden und die Calmuß-Wur-<lb/>
tzeln auszu&#x017F;uchen, &#x017F;o i&#x017F;t er des Fru&#x0364;h-<lb/>
Jahrs darauff, morgens fru&#x0364;h vor Ta-<lb/>
ge, in dem Graben er&#x017F;offen gefunden<lb/>
worden, welchen folgends <hi rendition="#aq">anatomir</hi>en<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;er Ba&#x0364;r war von einer di-<lb/>
cken Haut, &#x017F;chwartzbraunen langen Haa-<lb/>
ren, woraus ich, weil er mittelma&#x0364;ßiger<lb/>
Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, einen Dudel-Sack machen la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, welcher nachgehends an einen ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en Fu&#x0364;r&#x017F;tlichen Hoff <hi rendition="#aq">præ&#x017F;entir</hi>et wor-<lb/>
den. Was &#x017F;on&#x017F;ten de&#x017F;&#x017F;elben <hi rendition="#aq">Structur</hi> oder<lb/>
unge&#x017F;taltes Gewa&#x0364;ch&#x017F;e betrifft, &#x017F;o gleichet<lb/>
alles an Ha&#x0364;nden und Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en (au&#x017F;&#x017F;er daß<lb/>
keine Daumen verhanden) mit Ellbo-<lb/>
gen und Knien, in vielen Stu&#x0364;cken dem<lb/>
Men&#x017F;chen, welches bey andern Thieren<lb/>
nicht anzutreffen: Die Ballen in denen<lb/>
Vorder-Tatzen und Sohlen der Hinter-<lb/>
Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e hatten, weil &#x017F;ie &#x017F;tets darauf gehen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, eine gekerbte dicke graue Haut,<lb/>
ohne Haare au&#x017F;&#x017F;er etwas weniges in der<lb/>
hohlen Fuß-Sohle; Die Finger oder Ze-<lb/>
hen waren kurtz und enge, in der Mit-<lb/>
ten gegen einander zu&#x017F;ammen gezogen,<lb/>
an welchem jeden letztern Vorder-Glied<lb/>
die hornichten Klauen angewach&#x017F;en wa-<lb/>
ren, welche Spitzen er &#x017F;tets hoch fu&#x0364;hrete,<lb/>
umb im Gehen die&#x017F;elbe zu <hi rendition="#aq">menagir</hi>en.<lb/>
Nachdem man nun die glatte innere<lb/>
Haut der Vorder- und Hinter-Tatzen<lb/>
abgelo&#x0364;&#x017F;et, befand man darunter eine &#x017F;ehr<lb/>
weiße, fei&#x017F;te und flu&#x0364;ßige &#x017F;peckigte <hi rendition="#aq">Sub-<lb/>
&#x017F;tanz,</hi> von zwey Finger dicke, inwendig<lb/>
an Ha&#x0364;nden und Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en gewach&#x017F;en, wel-<lb/>
che Feuchtigkeit der Ba&#x0364;r bey &#x017F;einem Le-<lb/>
ben durch die mit &#x017F;einem warmen Athem<lb/>
ero&#x0364;ffnete <hi rendition="#aq">Poros,</hi> wie vorhin erwehnet,<lb/><cb/>
als der Dachs an &#x017F;ich gezogen, umb da-<lb/>
mit &#x017F;ich zu nehren, &#x017F;o ihm GOtt in der<lb/>
Natur gegeben. Als nun die&#x017F;er Ba&#x0364;r<lb/>
hierauff ge&#x017F;trecket, und von den Kinn der<lb/>
Gurgel nach, u&#x0364;ber der Bru&#x017F;t und Bauch,<lb/>
biß zum <hi rendition="#aq">Membro</hi> anfa&#x0364;nglich die Haut<lb/>
ge&#x017F;cherffet und zerwu&#x0364;rcket, fand man<lb/>
u&#x0364;ber den gantzen Leib fa&#x017F;t zwey Fin-<lb/>
gers dicke Fei&#x017F;t, wovon &#x017F;echs Kannen<lb/>
Schmaltz gewonnen: Dann offnete man<lb/>
ihm von Kinn an u&#x0364;ber den Halß, Bru&#x017F;t,<lb/>
Bauch und gantzen Leib, biß an das<lb/><hi rendition="#aq">Membrum,</hi> und &#x017F;ahe in der Bru&#x017F;t die<lb/>
Lunge in fu&#x0364;nff <hi rendition="#aq">lobos</hi> vertheilet, das<lb/>
Hertz umbgeben, welches Hertz von ei-<lb/>
nen &#x017F;ehr weichen und zarten Flei&#x017F;ch,<lb/>
6. Zoll lang, und 4. Zoll dick, mit einer<lb/>
&#x017F;tumpffen Spitze gewach&#x017F;en, worin&#x0303;en der<lb/>
Unter&#x017F;chied eines Daumens dicke war:<lb/>
die Lufft-Ro&#x0364;hren giengen, wie bey an-<lb/>
dern Thieren, nach der Gurgel, und<lb/>
war die Bru&#x017F;t von 14. Ribben zu&#x017F;am-<lb/>
men ge&#x017F;etzet, an deren Ende das <hi rendition="#aq">Dia-<lb/>
phragma</hi> oder Zwerg-Fell gewach&#x017F;en.<lb/>
Als nun die&#x017F;es Zwerg-Fell abgelo&#x0364;&#x017F;et,<lb/>
war die Leber von ziemlicher Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
welche den Magen verdecket, mit &#x017F;ieben<lb/><hi rendition="#aq">lobis</hi> ver&#x017F;ehen, worbey die Galle &#x017F;ehr<lb/>
klein, wie auch die Miltz. Der Magen,<lb/>
welcher gleich einem wiederkauenden<lb/>
Thier, zweyfach, war &#x017F;ehr klein, fa&#x017F;t<lb/>
eines Dreyer-Brods groß, von inwen-<lb/>
diger harter Haut mit fu&#x0364;nff <hi rendition="#aq">Linien,</hi><lb/>
worbey ein kleines Sa&#x0364;ckgen gewach&#x017F;en,<lb/>
und &#x017F;oll der Magen eines Ba&#x0364;res, ob er<lb/>
noch &#x017F;o klein, auch vielerley kalte un-<lb/>
ordentliche Nahrung, als roh Flei&#x017F;ch<lb/>
oder Luder, Fi&#x017F;che, Ungeziefer, Kreb&#x017F;e,<lb/>
Amei&#x017F;en, Ob&#x017F;t, Weintrauben, Honig,<lb/>
Getra&#x0364;yde, Wurtzeln, Kra&#x0364;uter und der-<lb/>
gleichen mehr genie&#x017F;&#x017F;et, dennoch eine voll-<lb/>
kommene ge&#x017F;chwinde Verdauung, und<lb/>
du&#x0364;nnen <hi rendition="#aq">Chylum</hi> vor allen Thieren als<lb/>
ein be&#x017F;onderes <hi rendition="#aq">Prærogativ</hi> haben. Die-<lb/>
&#x017F;er arme Schelme hatte vor dißmahl in<lb/>
&#x017F;einem kleinen Magen nichts mehrers<lb/>
als etwan einen Lo&#x0364;ffel voll Suppe mit<lb/>
untermengten Schleim und etliche kleine<lb/>
Stu&#x0364;ckgen Brod, &#x017F;o er Abends zuvor be-<lb/>
kommen. Das Geda&#x0364;rme er&#x017F;treckte &#x017F;ich<lb/>
der La&#x0364;nge nach, auf 22. Ellen hie&#x017F;iger<lb/>
La&#x0364;nge; Die vorgedachte Miltz war 5.<lb/>
Zoll lang, 2. Zoll breit, u. 1. Zoll dick, du&#x0364;nn<lb/>
und zarte. Die Nieren waren 7. Zoll<lb/>
lang und zwey Zoll breit, woran ein fett<lb/>
Ha&#x0364;utlein angewach&#x017F;en, und in dem&#x017F;elben<lb/>
noch eines verborgen, &#x017F;o dicke wie ein<lb/>
Sack ge&#x017F;taltet, darinnen 56. kleine Nie-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ren</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0228] Anderer Theil/ an dem Graben zur Luſt gehalten, und mich uͤber deſſen ſeltſame Eigenſchafften, weil er zahm war, offt ergetzet; Dann er nicht allein zuweilen die vor ihn auf- gerichtete Saͤule als ein Menſch umb- armet, an derſelben mit Haͤnd und Fuͤſ- ſen ordentlich auf- und abſtiege und ſich vor dem Fallen in acht genommen, ſon- dern auch, wann er niemand vermer- cket, aus Muthwillen offters ſeine Huͤt- te, ob ſie feſt oder nicht, auffrecht ſtehend, mit denen Armen verſuchet und da er ſie beweget, gleich ins Waſſer geworf- fen, zuruͤck geſprungen und ſich umbge- ſehen. Wann er ſeiner Gewohnheit nach an denen Vorder-Tatzen eine umb die andere geſogen, murmelte er, daß es als eine Trommel von weiten geklungen; Bey heiſſer Sonne hat er meiſt geſchlaf- fen: Weil er nun gewohnet war im Waſſer zu baden und die Calmuß-Wur- tzeln auszuſuchen, ſo iſt er des Fruͤh- Jahrs darauff, morgens fruͤh vor Ta- ge, in dem Graben erſoffen gefunden worden, welchen folgends anatomiren laſſen. Dieſer Baͤr war von einer di- cken Haut, ſchwartzbraunen langen Haa- ren, woraus ich, weil er mittelmaͤßiger Groͤſſe, einen Dudel-Sack machen laſ- ſen, welcher nachgehends an einen ge- wiſſen Fuͤrſtlichen Hoff præſentiret wor- den. Was ſonſten deſſelben Structur oder ungeſtaltes Gewaͤchſe betrifft, ſo gleichet alles an Haͤnden und Fuͤſſen (auſſer daß keine Daumen verhanden) mit Ellbo- gen und Knien, in vielen Stuͤcken dem Menſchen, welches bey andern Thieren nicht anzutreffen: Die Ballen in denen Vorder-Tatzen und Sohlen der Hinter- Fuͤſſe hatten, weil ſie ſtets darauf gehen muͤſſen, eine gekerbte dicke graue Haut, ohne Haare auſſer etwas weniges in der hohlen Fuß-Sohle; Die Finger oder Ze- hen waren kurtz und enge, in der Mit- ten gegen einander zuſammen gezogen, an welchem jeden letztern Vorder-Glied die hornichten Klauen angewachſen wa- ren, welche Spitzen er ſtets hoch fuͤhrete, umb im Gehen dieſelbe zu menagiren. Nachdem man nun die glatte innere Haut der Vorder- und Hinter-Tatzen abgeloͤſet, befand man darunter eine ſehr weiße, feiſte und fluͤßige ſpeckigte Sub- ſtanz, von zwey Finger dicke, inwendig an Haͤnden und Fuͤſſen gewachſen, wel- che Feuchtigkeit der Baͤr bey ſeinem Le- ben durch die mit ſeinem warmen Athem eroͤffnete Poros, wie vorhin erwehnet, als der Dachs an ſich gezogen, umb da- mit ſich zu nehren, ſo ihm GOtt in der Natur gegeben. Als nun dieſer Baͤr hierauff geſtrecket, und von den Kinn der Gurgel nach, uͤber der Bruſt und Bauch, biß zum Membro anfaͤnglich die Haut geſcherffet und zerwuͤrcket, fand man uͤber den gantzen Leib faſt zwey Fin- gers dicke Feiſt, wovon ſechs Kannen Schmaltz gewonnen: Dann offnete man ihm von Kinn an uͤber den Halß, Bruſt, Bauch und gantzen Leib, biß an das Membrum, und ſahe in der Bruſt die Lunge in fuͤnff lobos vertheilet, das Hertz umbgeben, welches Hertz von ei- nen ſehr weichen und zarten Fleiſch, 6. Zoll lang, und 4. Zoll dick, mit einer ſtumpffen Spitze gewachſen, woriñen der Unterſchied eines Daumens dicke war: die Lufft-Roͤhren giengen, wie bey an- dern Thieren, nach der Gurgel, und war die Bruſt von 14. Ribben zuſam- men geſetzet, an deren Ende das Dia- phragma oder Zwerg-Fell gewachſen. Als nun dieſes Zwerg-Fell abgeloͤſet, war die Leber von ziemlicher Groͤſſe, welche den Magen verdecket, mit ſieben lobis verſehen, worbey die Galle ſehr klein, wie auch die Miltz. Der Magen, welcher gleich einem wiederkauenden Thier, zweyfach, war ſehr klein, faſt eines Dreyer-Brods groß, von inwen- diger harter Haut mit fuͤnff Linien, worbey ein kleines Saͤckgen gewachſen, und ſoll der Magen eines Baͤres, ob er noch ſo klein, auch vielerley kalte un- ordentliche Nahrung, als roh Fleiſch oder Luder, Fiſche, Ungeziefer, Krebſe, Ameiſen, Obſt, Weintrauben, Honig, Getraͤyde, Wurtzeln, Kraͤuter und der- gleichen mehr genieſſet, dennoch eine voll- kommene geſchwinde Verdauung, und duͤnnen Chylum vor allen Thieren als ein beſonderes Prærogativ haben. Die- ſer arme Schelme hatte vor dißmahl in ſeinem kleinen Magen nichts mehrers als etwan einen Loͤffel voll Suppe mit untermengten Schleim und etliche kleine Stuͤckgen Brod, ſo er Abends zuvor be- kommen. Das Gedaͤrme erſtreckte ſich der Laͤnge nach, auf 22. Ellen hieſiger Laͤnge; Die vorgedachte Miltz war 5. Zoll lang, 2. Zoll breit, u. 1. Zoll dick, duͤnn und zarte. Die Nieren waren 7. Zoll lang und zwey Zoll breit, woran ein fett Haͤutlein angewachſen, und in demſelben noch eines verborgen, ſo dicke wie ein Sack geſtaltet, darinnen 56. kleine Nie- ren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/228
Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/228>, abgerufen am 24.04.2024.