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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Anderer Theil/
[Spaltenumbruch] dere fleischig ist, so, daß man ihn mit
Recht vor einen Musculum halten kan.
Die Fäselein dieses Musculi sind mit sei-
nem Tendine unterschiedlich vereiniget,
endigen sich aber in der äusersten Haut.
Zwischen dieser und der innersten, die
man gemeiniglich die dritte nennet, ist
eine andere sehr dünne, die leichtlich ab-
zusondern ist, durch welche sehr viel Ge-
väße oder Vasa lauffen. Die inner-
ste ist weiß, nervig, dick und hänget fest
an einer rothen Substanz, davon man an
dem Boden sehr viel siehet, weniger a-
ber umb die Mund-Löcher: Doch ist die
Couleur am rechten Mund höher, als am
lincken. Wann man diese Haut, von
einander reisset: So befindet man, daß
sie aus zweyerley Substanz bestehet, die
eine kehret sich gegen den Magen zu und
ist drüsiger, die andere, so sich auswärts
kehret, ist weniger. Wann man diese
drüßige Fäselein drücket, so läufft ein
Safft in den Magen. Solche drüsige
Haut siehet, was ihre Structur betrifft,
aus, wie ein gantz seidenes Gewebe mit
einem offenstehenden Grüblein. Die
Speise-Röhre breitet sich, wo sie in den
Magen kommt, auff 2. Fingerbreit in ih-
rem Umbkreiß aus und hänget an der
darunter liegenden Haut des Magens fest
an. Um den rechten Magen-Mund ist
[Spaltenumbruch] eine fleischige Valvula, einen Qver-Dau-
men lang und einen kleinen Finger breit,
fest an vorgemeldter Haut, so, daß diese
nervige bedeckt wird. Diese fleischige Fäse-
lein sind gerade, auch mit einer Schale
versehen. Biß hieher obgemeldter Autor.
Jn dem Magen unsers Käulers war
gantz dünne Geäß zu befinden, von kei-
nen Wurtzeln oder Knospen, sondern
es war eine Massa von grüner Saat,
Graß und Kräutern: Aus dem Magen
giengen ferner 17. Ellen Dreßdnischer
Länge, anfänglich kleine Gedärme, dar-
nach 7. Ellen grosse von drey Qver-Fin-
ger breit, darinnen lag die Lohsung oder
die Excrementa, biß zum Weydeloch. Die-
ser Käuler hatte an seiner Structur 14.
Ribben auf jeder Seite. Die Nieren,
welcher jede eines Gänse-Eyes groß, je-
doch flach anzusehen war, hatten jede ih-
re Adern nach denen Testiculis, Hoden
oder Kurtz-Wildprät. Der Kopff war
mit Zähnen scharff versehen, gestalt er
dann am Kien forne vier spitzige Zäh-
ne vorwärts heraus stehen hatte, womit
die an der obersten Kiefer gleichfalls cor-
respondirt
en; Jedoch mercklich stümpf-
fer waren. Das künfftige Gewehr zu
beyden Seiten oder die grosse Hau-Zäh-
ne waren noch ziemlich klein.

Anatomia eines Rehes oder einer Bämse.
[Spaltenumbruch]

Als ich auff Verlangen von dem
Herrn Grafen, Heinrich Willhelmen,
Grafen zu Solms und Teckelnburg,
meinem vornehmen Nachbar, den 4.
Aprilis vorigen Jahres durch dessen äl-
testen Bedienten einen Reh-Bock mit ei-
ner Fuhre überschickt bekommen, wel-
cher selbigen Tages von dem Gräflichen
Sonnewaldischen Forst-Schreiber ge-
pürschet worden, war dieser Reh-Bock
in seinen grauen Winter-Haaren annoch
zu sehen: Er hatte sein Gehörngen be-
reits geworffen, kolbicht auffgesetzet und
weil er sich über die Maassen härete, ließ
ich ihn zerwürcken. Dieser Rehbock
war von zweyjähriger Grösse gewach-
sen und hatte hinten eines Glieds lan-
ges kurtzes Schwäntzgen, so nicht zu se-
hen und eine hell weisse Blume einer
Qver-Hand groß hinten vor. Das Mem-
brum Virile
war eines Feder-Kieles Stär-
cke, zu dessen Spitze ein rauches Püschel
Haare ging; Die Testiculi, Hoden oder
Kurtz-Wildpräth waren von der Grös-
[Spaltenumbruch] se eines Tauben-Eyes und hatten ihre
Correspondenz mit denen Adern, wie
ich bereits von dem Hirsch beschrieben:
Jnnerlich waren sie von weißschmaltzig-
ter Materie. Da nun der gantze Leib
erbrochen und die Hertz-Cammer geöf-
net, war das Hertz mit vielen dünnen
Häutleins an das Diaphragma ange-
wachsen und voller Schweiß unter-
lauffen: Die Lunge war weißfleckig,
von 7. Lobis; Da man das Diaphragma
abgelöset, war die Leber äuserlich ange-
wachsen; Der Magen war anders, wie
beym Hirsch formiret, gestalt er unten
einen kleinen Keutel a parte hatte: Jn-
wendig war ein zwiefacher Magen mit
einer dicken Haut unterschieden, wel-
cher stichlicht verwachsen. Von denen
obersten zwey Keuteln hatte der eine wie
beym Hirsch fünffeckigte Fächlein, der
andere war blättericht und bestund das
Geäß in jungem Graß und Saat. Die
Miltz war flach und roth: Das Gedär-
me, welches sehr in einander verwachsen,

war

Anderer Theil/
[Spaltenumbruch] dere fleiſchig iſt, ſo, daß man ihn mit
Recht vor einen Muſculum halten kan.
Die Faͤſelein dieſes Muſculi ſind mit ſei-
nem Tendine unterſchiedlich vereiniget,
endigen ſich aber in der aͤuſerſten Haut.
Zwiſchen dieſer und der innerſten, die
man gemeiniglich die dritte nennet, iſt
eine andere ſehr duͤnne, die leichtlich ab-
zuſondern iſt, durch welche ſehr viel Ge-
vaͤße oder Vaſa lauffen. Die inner-
ſte iſt weiß, nervig, dick und haͤnget feſt
an einer rothen Subſtanz, davon man an
dem Boden ſehr viel ſiehet, weniger a-
ber umb die Mund-Loͤcher: Doch iſt die
Couleur am rechten Mund hoͤher, als am
lincken. Wann man dieſe Haut, von
einander reiſſet: So befindet man, daß
ſie aus zweyerley Subſtanz beſtehet, die
eine kehret ſich gegen den Magen zu und
iſt druͤſiger, die andere, ſo ſich auswaͤrts
kehret, iſt weniger. Wann man dieſe
druͤßige Faͤſelein druͤcket, ſo laͤufft ein
Safft in den Magen. Solche druͤſige
Haut ſiehet, was ihre Structur betrifft,
aus, wie ein gantz ſeidenes Gewebe mit
einem offenſtehenden Gruͤblein. Die
Speiſe-Roͤhre breitet ſich, wo ſie in den
Magen kommt, auff 2. Fingerbreit in ih-
rem Umbkreiß aus und haͤnget an der
darunter liegenden Haut des Magens feſt
an. Um den rechten Magen-Mund iſt
[Spaltenumbruch] eine fleiſchige Valvula, einen Qver-Dau-
men lang und einen kleinen Finger breit,
feſt an vorgemeldter Haut, ſo, daß dieſe
nervige bedeckt wird. Dieſe fleiſchige Faͤſe-
lein ſind gerade, auch mit einer Schale
verſehen. Biß hieher obgemeldter Autor.
Jn dem Magen unſers Kaͤulers war
gantz duͤnne Geaͤß zu befinden, von kei-
nen Wurtzeln oder Knoſpen, ſondern
es war eine Maſſa von gruͤner Saat,
Graß und Kraͤutern: Aus dem Magen
giengen ferner 17. Ellen Dreßdniſcher
Laͤnge, anfaͤnglich kleine Gedaͤrme, dar-
nach 7. Ellen groſſe von drey Qver-Fin-
ger breit, darinnen lag die Lohſung oder
die Excrementa, biß zum Weydeloch. Die-
ſer Kaͤuler hatte an ſeiner Structur 14.
Ribben auf jeder Seite. Die Nieren,
welcher jede eines Gaͤnſe-Eyes groß, je-
doch flach anzuſehen war, hatten jede ih-
re Adern nach denen Teſticulis, Hoden
oder Kurtz-Wildpraͤt. Der Kopff war
mit Zaͤhnen ſcharff verſehen, geſtalt er
dann am Kien forne vier ſpitzige Zaͤh-
ne vorwaͤrts heraus ſtehen hatte, womit
die an der oberſten Kiefer gleichfalls cor-
reſpondirt
en; Jedoch mercklich ſtuͤmpf-
fer waren. Das kuͤnfftige Gewehr zu
beyden Seiten oder die groſſe Hau-Zaͤh-
ne waren noch ziemlich klein.

Anatomia eines Rehes oder einer Baͤmſe.
[Spaltenumbruch]

Als ich auff Verlangen von dem
Herrn Grafen, Heinrich Willhelmen,
Grafen zu Solms und Teckelnburg,
meinem vornehmen Nachbar, den 4.
Aprilis vorigen Jahres durch deſſen aͤl-
teſten Bedienten einen Reh-Bock mit ei-
ner Fuhre uͤberſchickt bekommen, wel-
cher ſelbigen Tages von dem Graͤflichen
Sonnewaldiſchen Forſt-Schreiber ge-
puͤrſchet worden, war dieſer Reh-Bock
in ſeinen grauen Winter-Haaren annoch
zu ſehen: Er hatte ſein Gehoͤrngen be-
reits geworffen, kolbicht auffgeſetzet und
weil er ſich uͤber die Maaſſen haͤrete, ließ
ich ihn zerwuͤrcken. Dieſer Rehbock
war von zweyjaͤhriger Groͤſſe gewach-
ſen und hatte hinten eines Glieds lan-
ges kurtzes Schwaͤntzgen, ſo nicht zu ſe-
hen und eine hell weiſſe Blume einer
Qver-Hand groß hinten vor. Das Mem-
brum Virile
war eines Feder-Kieles Staͤr-
cke, zu deſſen Spitze ein rauches Puͤſchel
Haare ging; Die Teſticuli, Hoden oder
Kurtz-Wildpraͤth waren von der Groͤſ-
[Spaltenumbruch] ſe eines Tauben-Eyes und hatten ihre
Correſpondenz mit denen Adern, wie
ich bereits von dem Hirſch beſchrieben:
Jnnerlich waren ſie von weißſchmaltzig-
ter Materie. Da nun der gantze Leib
erbrochen und die Hertz-Cammer geoͤf-
net, war das Hertz mit vielen duͤnnen
Haͤutleins an das Diaphragma ange-
wachſen und voller Schweiß unter-
lauffen: Die Lunge war weißfleckig,
von 7. Lobis; Da man das Diaphragma
abgeloͤſet, war die Leber aͤuſerlich ange-
wachſen; Der Magen war anders, wie
beym Hirſch formiret, geſtalt er unten
einen kleinen Keutel a parte hatte: Jn-
wendig war ein zwiefacher Magen mit
einer dicken Haut unterſchieden, wel-
cher ſtichlicht verwachſen. Von denen
oberſten zwey Keuteln hatte der eine wie
beym Hirſch fuͤnffeckigte Faͤchlein, der
andere war blaͤttericht und beſtund das
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me, welches ſehr in einander verwachſen,

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[132/0234] Anderer Theil/ dere fleiſchig iſt, ſo, daß man ihn mit Recht vor einen Muſculum halten kan. Die Faͤſelein dieſes Muſculi ſind mit ſei- nem Tendine unterſchiedlich vereiniget, endigen ſich aber in der aͤuſerſten Haut. Zwiſchen dieſer und der innerſten, die man gemeiniglich die dritte nennet, iſt eine andere ſehr duͤnne, die leichtlich ab- zuſondern iſt, durch welche ſehr viel Ge- vaͤße oder Vaſa lauffen. Die inner- ſte iſt weiß, nervig, dick und haͤnget feſt an einer rothen Subſtanz, davon man an dem Boden ſehr viel ſiehet, weniger a- ber umb die Mund-Loͤcher: Doch iſt die Couleur am rechten Mund hoͤher, als am lincken. Wann man dieſe Haut, von einander reiſſet: So befindet man, daß ſie aus zweyerley Subſtanz beſtehet, die eine kehret ſich gegen den Magen zu und iſt druͤſiger, die andere, ſo ſich auswaͤrts kehret, iſt weniger. Wann man dieſe druͤßige Faͤſelein druͤcket, ſo laͤufft ein Safft in den Magen. Solche druͤſige Haut ſiehet, was ihre Structur betrifft, aus, wie ein gantz ſeidenes Gewebe mit einem offenſtehenden Gruͤblein. Die Speiſe-Roͤhre breitet ſich, wo ſie in den Magen kommt, auff 2. Fingerbreit in ih- rem Umbkreiß aus und haͤnget an der darunter liegenden Haut des Magens feſt an. Um den rechten Magen-Mund iſt eine fleiſchige Valvula, einen Qver-Dau- men lang und einen kleinen Finger breit, feſt an vorgemeldter Haut, ſo, daß dieſe nervige bedeckt wird. Dieſe fleiſchige Faͤſe- lein ſind gerade, auch mit einer Schale verſehen. Biß hieher obgemeldter Autor. Jn dem Magen unſers Kaͤulers war gantz duͤnne Geaͤß zu befinden, von kei- nen Wurtzeln oder Knoſpen, ſondern es war eine Maſſa von gruͤner Saat, Graß und Kraͤutern: Aus dem Magen giengen ferner 17. Ellen Dreßdniſcher Laͤnge, anfaͤnglich kleine Gedaͤrme, dar- nach 7. Ellen groſſe von drey Qver-Fin- ger breit, darinnen lag die Lohſung oder die Excrementa, biß zum Weydeloch. Die- ſer Kaͤuler hatte an ſeiner Structur 14. Ribben auf jeder Seite. Die Nieren, welcher jede eines Gaͤnſe-Eyes groß, je- doch flach anzuſehen war, hatten jede ih- re Adern nach denen Teſticulis, Hoden oder Kurtz-Wildpraͤt. Der Kopff war mit Zaͤhnen ſcharff verſehen, geſtalt er dann am Kien forne vier ſpitzige Zaͤh- ne vorwaͤrts heraus ſtehen hatte, womit die an der oberſten Kiefer gleichfalls cor- reſpondirten; Jedoch mercklich ſtuͤmpf- fer waren. Das kuͤnfftige Gewehr zu beyden Seiten oder die groſſe Hau-Zaͤh- ne waren noch ziemlich klein. Anatomia eines Rehes oder einer Baͤmſe. Als ich auff Verlangen von dem Herrn Grafen, Heinrich Willhelmen, Grafen zu Solms und Teckelnburg, meinem vornehmen Nachbar, den 4. Aprilis vorigen Jahres durch deſſen aͤl- teſten Bedienten einen Reh-Bock mit ei- ner Fuhre uͤberſchickt bekommen, wel- cher ſelbigen Tages von dem Graͤflichen Sonnewaldiſchen Forſt-Schreiber ge- puͤrſchet worden, war dieſer Reh-Bock in ſeinen grauen Winter-Haaren annoch zu ſehen: Er hatte ſein Gehoͤrngen be- reits geworffen, kolbicht auffgeſetzet und weil er ſich uͤber die Maaſſen haͤrete, ließ ich ihn zerwuͤrcken. Dieſer Rehbock war von zweyjaͤhriger Groͤſſe gewach- ſen und hatte hinten eines Glieds lan- ges kurtzes Schwaͤntzgen, ſo nicht zu ſe- hen und eine hell weiſſe Blume einer Qver-Hand groß hinten vor. Das Mem- brum Virile war eines Feder-Kieles Staͤr- cke, zu deſſen Spitze ein rauches Puͤſchel Haare ging; Die Teſticuli, Hoden oder Kurtz-Wildpraͤth waren von der Groͤſ- ſe eines Tauben-Eyes und hatten ihre Correſpondenz mit denen Adern, wie ich bereits von dem Hirſch beſchrieben: Jnnerlich waren ſie von weißſchmaltzig- ter Materie. Da nun der gantze Leib erbrochen und die Hertz-Cammer geoͤf- net, war das Hertz mit vielen duͤnnen Haͤutleins an das Diaphragma ange- wachſen und voller Schweiß unter- lauffen: Die Lunge war weißfleckig, von 7. Lobis; Da man das Diaphragma abgeloͤſet, war die Leber aͤuſerlich ange- wachſen; Der Magen war anders, wie beym Hirſch formiret, geſtalt er unten einen kleinen Keutel a parte hatte: Jn- wendig war ein zwiefacher Magen mit einer dicken Haut unterſchieden, wel- cher ſtichlicht verwachſen. Von denen oberſten zwey Keuteln hatte der eine wie beym Hirſch fuͤnffeckigte Faͤchlein, der andere war blaͤttericht und beſtund das Geaͤß in jungem Graß und Saat. Die Miltz war flach und roth: Das Gedaͤr- me, welches ſehr in einander verwachſen, war

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/234>, abgerufen am 19.04.2024.