Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] und der Leith-Hunde, zur Ubung zur
Behängens-Zeit, vor der Hirsch-Fei-
ste, fünff, biß sechs Wochen lang getrie-
ben, und so was bestättiget und ange-
sprochen worden, wird es durch Trei-
ben auffgesprenget, und so es ein Hirsch,
drey Hüfft ins Horn gestossen, und da-
bey: Juch Hirsch, geschrien. Wann
nun gegen Mittage, umb 10. oder höher,
die Hitze steiget, die Gefährde austrock-
net, der Leith-Hund matt, und des jun-
gen Jägers Magen hungerich und dur-
stig worden, so wird mit demselben wie-
derumb nach Hause gezogen, bey ihrem
Lehrmeister gespeisset, und nach dem Es-
sen Wechsels-Weise mit dem Baß-Glaß
[Spaltenumbruch] und Hüfft-Horn in gutem Wein oder
Bier beliebige Gesundheiten herumb ge-
truncken, oder mit Pürsch-Röhren umb
die Wette nach dem Ziel geschossen, Ke-
gel geschoben, und viele andere Lustbarkei-
ten mehr angestellet, sich unter einander
die Zeit zu vertreiben; Maassen sie daselbst
zu solcher Zeit vor ihr Geld diese Wissen-
schafft lernen und üben, und sich lustig
machen können. Die Jagd-Pagen der
Herrschafft bekommen hierzu absonder-
liche Auslösung, umb sich darinnen zu
üben; Worvon bey Kindtauffen und
Hochzeiten manches hübsche Bauer-
Mägdgen Nutzen und Lust mit zu genies-
sen hat.

Von Bestätigung/ und Probe-Jagen.
[Spaltenumbruch]

Wann nun der junge Jäger nach
fleißigem Unterricht, und offtmahliger U-
bung mit dem Leith-Hund die Behän-
gens-Zeit an der Wissenschafft und Er-
käntniß des Fährds eines recht jagdbah-
ren Hirsches, imgleichen mit Umbgang
und Arbeit, auch gewöhnlichen Zu-
spruch firm worden ist, daß er wohl nicht
fehlen mögte, sondern richtig sey, und
er sich getrauet, diß Werck zu praesti-
ren, und hat er fleißig auf dem Behän-
gen acht gegeben, eines Hirsches Gefähr-
de mit allen Zeichen wohl begriffen, den
Leith-Hund mit dem gewöhnlichen Zu-
spruch reinlich zu arbeiten gelernet, daß
er sich nicht selbst irre machet, oder über-
eylet und einen Plackert machet, alsdenn
kan er selbsten alleine das Werck tracti-
ren, und hat sodann mehr Ehre und
Ruhm davon: Hat er aber in der Be-
hängens-Zeit nicht recht Achtung gege-
ben, solches negligiret, seine Mittelgen
mit Würffeln oder Carthen verspielet;
die meiste Zeit entweder mit Huren o-
der Sauffen liederlich durchgebracht und
folglich nichts gelernet, da siehet es
schlimm aus, und ist nichts anderst zu
thun, als nach Hause an die liebe Mam-
ma geschrieben, und umb einen Trans-
port
angehalten, damit man hierdurch
ein Praesent von ein Paar hübschen Sil-
bernen Deckel-Bechern seinem Lehrmei-
ster offeriren könne, dasjenige, so man
nicht gelernet, statt seiner zu praestiren,
und mit dem Mantel der christlichen
Liebe zu bedecken, welcher bey solchem
Zustande das beste thun muß. Wann
nun von der Herrschafft ihme erlaubet
[Spaltenumbruch] worden, ein Probe-Jagen anzustellen,
alsdann werden wenigstens Vier Fuder
Zeug an den Wald bestellet, wo er eini-
ge jagdbahre Hirsche vermuthet, und
sein Probe-Jagen machen will, und wer-
den darnach frühe noch einmahl die ver-
muthenden Hirsche vorgesuchet, und ver-
neuert; Sodann wird in denen Holtz-
Wegen vorgegriffen. Wo diese nun blei-
ben, dahin wird der Zeug in der Stille
gerücket, der Wind observiret, und
wanns möglich, gegen denselben gestellet;
Nachdem die Stell-Leut mit den übri-
gen Jagd-Leuten auff beyden Flügeln
gleich vertheilet sind, der Zeug von ein-
ander gebunden, und abgeführet, so
wird dann, wie gebräuchlich, recht auf-
gestellet, man kan auch beym von einan-
der stellen gleich wahrnehmen, wo man
mit dem Laufft heraus komme; Weiln
derselbe vor allen Dingen nothwendig
nach dem Winde gemacht werden, und
wo möglich, abhängig liegen muß, und
wo sie ihre Wechsel nach den Feldern
gehabt, wie bekant ist. Wann nun die Hir-
sche umbstellet, und der junge Jäger diesel-
ben nicht anderst als in der Fährd, zum
Exempel einen dererselben vor einen star-
cken jagdbahren Hirsch von ungefehr Ach-
zehen Enden angesprochen, welcher noch
zwey Hirsche von Zehen Enden bey sich
hätte, worbey noch ein Sechser wäre,
muß er solches der Herrschafft mit allen
Umbständen anzeigen. Welche darauf
des andern Tages mit dem frühesten hin-
ausfähret, und nach dero Belieben, ent-
weder in dem Jagen ohne Lauff die Hir-
sche todt schiesset, oder mit dem Laufft aus

dem
K k 2

Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] und der Leith-Hunde, zur Ubung zur
Behaͤngens-Zeit, vor der Hirſch-Fei-
ſte, fuͤnff, biß ſechs Wochen lang getrie-
ben, und ſo was beſtaͤttiget und ange-
ſprochen worden, wird es durch Trei-
ben auffgeſprenget, und ſo es ein Hirſch,
drey Huͤfft ins Horn geſtoſſen, und da-
bey: Juch Hirſch, geſchrien. Wann
nun gegen Mittage, umb 10. oder hoͤher,
die Hitze ſteiget, die Gefaͤhrde austrock-
net, der Leith-Hund matt, und des jun-
gen Jaͤgers Magen hungerich und dur-
ſtig worden, ſo wird mit demſelben wie-
derumb nach Hauſe gezogen, bey ihrem
Lehrmeiſter geſpeiſſet, und nach dem Eſ-
ſen Wechſels-Weiſe mit dem Baß-Glaß
[Spaltenumbruch] und Huͤfft-Horn in gutem Wein oder
Bier beliebige Geſundheiten herumb ge-
truncken, oder mit Puͤrſch-Roͤhren umb
die Wette nach dem Ziel geſchoſſen, Ke-
gel geſchoben, und viele andere Luſtbarkei-
ten mehr angeſtellet, ſich unter einander
die Zeit zu vertreiben; Maaſſen ſie daſelbſt
zu ſolcher Zeit vor ihr Geld dieſe Wiſſen-
ſchafft lernen und uͤben, und ſich luſtig
machen koͤnnen. Die Jagd-Pagen der
Herrſchafft bekommen hierzu abſonder-
liche Ausloͤſung, umb ſich darinnen zu
uͤben; Worvon bey Kindtauffen und
Hochzeiten manches huͤbſche Bauer-
Maͤgdgen Nutzen und Luſt mit zu genieſ-
ſen hat.

Von Beſtaͤtigung/ und Probe-Jagen.
[Spaltenumbruch]

Wann nun der junge Jaͤger nach
fleißigem Unterricht, und offtmahliger U-
bung mit dem Leith-Hund die Behaͤn-
gens-Zeit an der Wiſſenſchafft und Er-
kaͤntniß des Faͤhrds eines recht jagdbah-
ren Hirſches, imgleichen mit Umbgang
und Arbeit, auch gewoͤhnlichen Zu-
ſpruch firm worden iſt, daß er wohl nicht
fehlen moͤgte, ſondern richtig ſey, und
er ſich getrauet, diß Werck zu præſti-
ren, und hat er fleißig auf dem Behaͤn-
gen acht gegeben, eines Hirſches Gefaͤhr-
de mit allen Zeichen wohl begriffen, den
Leith-Hund mit dem gewoͤhnlichen Zu-
ſpruch reinlich zu arbeiten gelernet, daß
er ſich nicht ſelbſt irre machet, oder uͤber-
eylet und einen Plackert machet, alsdenn
kan er ſelbſten alleine das Werck tracti-
ren, und hat ſodann mehr Ehre und
Ruhm davon: Hat er aber in der Be-
haͤngens-Zeit nicht recht Achtung gege-
ben, ſolches negligiret, ſeine Mittelgen
mit Wuͤrffeln oder Carthen verſpielet;
die meiſte Zeit entweder mit Huren o-
der Sauffen liederlich durchgebracht und
folglich nichts gelernet, da ſiehet es
ſchlimm aus, und iſt nichts anderſt zu
thun, als nach Hauſe an die liebe Mam-
ma geſchrieben, und umb einen Trans-
port
angehalten, damit man hierdurch
ein Præſent von ein Paar huͤbſchen Sil-
bernen Deckel-Bechern ſeinem Lehrmei-
ſter offeriren koͤnne, dasjenige, ſo man
nicht gelernet, ſtatt ſeiner zu præſtiren,
und mit dem Mantel der chriſtlichen
Liebe zu bedecken, welcher bey ſolchem
Zuſtande das beſte thun muß. Wann
nun von der Herrſchafft ihme erlaubet
[Spaltenumbruch] worden, ein Probe-Jagen anzuſtellen,
alsdann werden wenigſtens Vier Fuder
Zeug an den Wald beſtellet, wo er eini-
ge jagdbahre Hirſche vermuthet, und
ſein Probe-Jagen machen will, und wer-
den darnach fruͤhe noch einmahl die ver-
muthenden Hirſche vorgeſuchet, und ver-
neuert; Sodann wird in denen Holtz-
Wegen vorgegriffen. Wo dieſe nun blei-
ben, dahin wird der Zeug in der Stille
geruͤcket, der Wind obſerviret, und
wanns moͤglich, gegen denſelben geſtellet;
Nachdem die Stell-Leut mit den uͤbri-
gen Jagd-Leuten auff beyden Fluͤgeln
gleich vertheilet ſind, der Zeug von ein-
ander gebunden, und abgefuͤhret, ſo
wird dann, wie gebraͤuchlich, recht auf-
geſtellet, man kan auch beym von einan-
der ſtellen gleich wahrnehmen, wo man
mit dem Laufft heraus komme; Weiln
derſelbe vor allen Dingen nothwendig
nach dem Winde gemacht werden, und
wo moͤglich, abhaͤngig liegen muß, und
wo ſie ihre Wechſel nach den Feldern
gehabt, wie bekant iſt. Wann nun die Hir-
ſche umbſtellet, und der junge Jaͤger dieſel-
ben nicht anderſt als in der Faͤhrd, zum
Exempel einen dererſelben vor einen ſtar-
cken jagdbahren Hirſch von ungefehr Ach-
zehen Enden angeſprochen, welcher noch
zwey Hirſche von Zehen Enden bey ſich
haͤtte, worbey noch ein Sechſer waͤre,
muß er ſolches der Herrſchafft mit allen
Umbſtaͤnden anzeigen. Welche darauf
des andern Tages mit dem fruͤheſten hin-
ausfaͤhret, und nach dero Belieben, ent-
weder in dem Jagen ohne Lauff die Hir-
ſche todt ſchieſſet, oder mit dem Laufft aus

dem
K k 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0399" n="259"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.</hi></fw><lb/><cb/>
und der Leith-Hunde, zur Ubung zur<lb/>
Beha&#x0364;ngens-Zeit, vor der Hir&#x017F;ch-Fei-<lb/>
&#x017F;te, fu&#x0364;nff, biß &#x017F;echs Wochen lang getrie-<lb/>
ben, und &#x017F;o was be&#x017F;ta&#x0364;ttiget und ange-<lb/>
&#x017F;prochen worden, wird es durch Trei-<lb/>
ben auffge&#x017F;prenget, und &#x017F;o es ein Hir&#x017F;ch,<lb/>
drey Hu&#x0364;fft ins Horn ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en, und da-<lb/>
bey: <hi rendition="#fr">Juch Hir&#x017F;ch,</hi> ge&#x017F;chrien. Wann<lb/>
nun gegen Mittage, umb 10. oder ho&#x0364;her,<lb/>
die Hitze &#x017F;teiget, die Gefa&#x0364;hrde austrock-<lb/>
net, der Leith-Hund matt, und des jun-<lb/>
gen Ja&#x0364;gers Magen hungerich und dur-<lb/>
&#x017F;tig worden, &#x017F;o wird mit dem&#x017F;elben wie-<lb/>
derumb nach Hau&#x017F;e gezogen, bey ihrem<lb/>
Lehrmei&#x017F;ter ge&#x017F;pei&#x017F;&#x017F;et, und nach dem E&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Wech&#x017F;els-Wei&#x017F;e mit dem Baß-Glaß<lb/><cb/>
und Hu&#x0364;fft-Horn in gutem Wein oder<lb/>
Bier beliebige Ge&#x017F;undheiten herumb ge-<lb/>
truncken, oder mit Pu&#x0364;r&#x017F;ch-Ro&#x0364;hren umb<lb/>
die Wette nach dem Ziel ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en, Ke-<lb/>
gel ge&#x017F;choben, und viele andere Lu&#x017F;tbarkei-<lb/>
ten mehr ange&#x017F;tellet, &#x017F;ich unter einander<lb/>
die Zeit zu vertreiben; Maa&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
zu &#x017F;olcher Zeit vor ihr Geld die&#x017F;e Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chafft lernen und u&#x0364;ben, und &#x017F;ich lu&#x017F;tig<lb/>
machen ko&#x0364;nnen. Die Jagd-<hi rendition="#aq">Pag</hi>en der<lb/>
Herr&#x017F;chafft bekommen hierzu ab&#x017F;onder-<lb/>
liche Auslo&#x0364;&#x017F;ung, umb &#x017F;ich darinnen zu<lb/>
u&#x0364;ben; Worvon bey Kindtauffen und<lb/>
Hochzeiten manches hu&#x0364;b&#x017F;che Bauer-<lb/>
Ma&#x0364;gdgen Nutzen und Lu&#x017F;t mit zu genie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en hat.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Von Be&#x017F;ta&#x0364;tigung/ und Probe-Jagen.</hi> </head><lb/>
          <cb/>
          <p>Wann nun der junge Ja&#x0364;ger nach<lb/>
fleißigem Unterricht, und offtmahliger U-<lb/>
bung mit dem Leith-Hund die Beha&#x0364;n-<lb/>
gens-Zeit an der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft und Er-<lb/>
ka&#x0364;ntniß des Fa&#x0364;hrds eines recht jagdbah-<lb/>
ren Hir&#x017F;ches, imgleichen mit Umbgang<lb/>
und Arbeit, auch gewo&#x0364;hnlichen Zu-<lb/>
&#x017F;pruch <hi rendition="#aq">firm</hi> worden i&#x017F;t, daß er wohl nicht<lb/>
fehlen mo&#x0364;gte, &#x017F;ondern richtig &#x017F;ey, und<lb/>
er &#x017F;ich getrauet, diß Werck zu <hi rendition="#aq">præ&#x017F;ti-</hi><lb/>
ren, und hat er fleißig auf dem Beha&#x0364;n-<lb/>
gen acht gegeben, eines Hir&#x017F;ches Gefa&#x0364;hr-<lb/>
de mit allen Zeichen wohl begriffen, den<lb/>
Leith-Hund mit dem gewo&#x0364;hnlichen Zu-<lb/>
&#x017F;pruch reinlich zu arbeiten gelernet, daß<lb/>
er &#x017F;ich nicht &#x017F;elb&#x017F;t irre machet, oder u&#x0364;ber-<lb/>
eylet und einen Plackert machet, alsdenn<lb/>
kan er &#x017F;elb&#x017F;ten alleine das Werck <hi rendition="#aq">tracti-</hi><lb/>
ren, und hat &#x017F;odann mehr Ehre und<lb/>
Ruhm davon: Hat er aber in der Be-<lb/>
ha&#x0364;ngens-Zeit nicht recht Achtung gege-<lb/>
ben, &#x017F;olches <hi rendition="#aq">negligi</hi>ret, &#x017F;eine Mittelgen<lb/>
mit Wu&#x0364;rffeln oder Carthen ver&#x017F;pielet;<lb/>
die mei&#x017F;te Zeit entweder mit Huren o-<lb/>
der Sauffen liederlich durchgebracht und<lb/>
folglich nichts gelernet, da &#x017F;iehet es<lb/>
&#x017F;chlimm aus, und i&#x017F;t nichts ander&#x017F;t zu<lb/>
thun, als nach Hau&#x017F;e an die liebe Mam-<lb/>
ma ge&#x017F;chrieben, und umb einen <hi rendition="#aq">Trans-<lb/>
port</hi> angehalten, damit man hierdurch<lb/>
ein <hi rendition="#aq">Præ&#x017F;ent</hi> von ein Paar hu&#x0364;b&#x017F;chen Sil-<lb/>
bernen Deckel-Bechern &#x017F;einem Lehrmei-<lb/>
&#x017F;ter <hi rendition="#aq">offeri</hi>ren ko&#x0364;nne, dasjenige, &#x017F;o man<lb/>
nicht gelernet, &#x017F;tatt &#x017F;einer zu <hi rendition="#aq">præ&#x017F;ti</hi>ren,<lb/>
und mit dem Mantel der chri&#x017F;tlichen<lb/>
Liebe zu bedecken, welcher bey &#x017F;olchem<lb/>
Zu&#x017F;tande das be&#x017F;te thun muß. Wann<lb/>
nun von der Herr&#x017F;chafft ihme erlaubet<lb/><cb/>
worden, ein Probe-Jagen anzu&#x017F;tellen,<lb/>
alsdann werden wenig&#x017F;tens Vier Fuder<lb/>
Zeug an den Wald be&#x017F;tellet, wo er eini-<lb/>
ge jagdbahre Hir&#x017F;che vermuthet, und<lb/>
&#x017F;ein Probe-Jagen machen will, und wer-<lb/>
den darnach fru&#x0364;he noch einmahl die ver-<lb/>
muthenden Hir&#x017F;che vorge&#x017F;uchet, und ver-<lb/>
neuert; Sodann wird in denen Holtz-<lb/>
Wegen vorgegriffen. Wo die&#x017F;e nun blei-<lb/>
ben, dahin wird der Zeug in der Stille<lb/>
geru&#x0364;cket, der Wind <hi rendition="#aq">ob&#x017F;ervir</hi>et, und<lb/>
wanns mo&#x0364;glich, gegen den&#x017F;elben ge&#x017F;tellet;<lb/>
Nachdem die Stell-Leut mit den u&#x0364;bri-<lb/>
gen Jagd-Leuten auff beyden Flu&#x0364;geln<lb/>
gleich vertheilet &#x017F;ind, der Zeug von ein-<lb/>
ander gebunden, und abgefu&#x0364;hret, &#x017F;o<lb/>
wird dann, wie gebra&#x0364;uchlich, recht auf-<lb/>
ge&#x017F;tellet, man kan auch beym von einan-<lb/>
der &#x017F;tellen gleich wahrnehmen, wo man<lb/>
mit dem Laufft heraus komme; Weiln<lb/>
der&#x017F;elbe vor allen Dingen nothwendig<lb/>
nach dem Winde gemacht werden, und<lb/>
wo mo&#x0364;glich, abha&#x0364;ngig liegen muß, und<lb/>
wo &#x017F;ie ihre Wech&#x017F;el nach den Feldern<lb/>
gehabt, wie bekant i&#x017F;t. Wann nun die Hir-<lb/>
&#x017F;che umb&#x017F;tellet, und der junge Ja&#x0364;ger die&#x017F;el-<lb/>
ben nicht ander&#x017F;t als in der Fa&#x0364;hrd, zum<lb/>
Exempel einen derer&#x017F;elben vor einen &#x017F;tar-<lb/>
cken jagdbahren Hir&#x017F;ch von ungefehr Ach-<lb/>
zehen Enden ange&#x017F;prochen, welcher noch<lb/>
zwey Hir&#x017F;che von Zehen Enden bey &#x017F;ich<lb/>
ha&#x0364;tte, worbey noch ein Sech&#x017F;er wa&#x0364;re,<lb/>
muß er &#x017F;olches der Herr&#x017F;chafft mit allen<lb/>
Umb&#x017F;ta&#x0364;nden anzeigen. Welche darauf<lb/>
des andern Tages mit dem fru&#x0364;he&#x017F;ten hin-<lb/>
ausfa&#x0364;hret, und nach dero Belieben, ent-<lb/>
weder in dem Jagen ohne Lauff die Hir-<lb/>
&#x017F;che todt &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;et, oder mit dem Laufft aus<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K k 2</fw><fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0399] Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck. und der Leith-Hunde, zur Ubung zur Behaͤngens-Zeit, vor der Hirſch-Fei- ſte, fuͤnff, biß ſechs Wochen lang getrie- ben, und ſo was beſtaͤttiget und ange- ſprochen worden, wird es durch Trei- ben auffgeſprenget, und ſo es ein Hirſch, drey Huͤfft ins Horn geſtoſſen, und da- bey: Juch Hirſch, geſchrien. Wann nun gegen Mittage, umb 10. oder hoͤher, die Hitze ſteiget, die Gefaͤhrde austrock- net, der Leith-Hund matt, und des jun- gen Jaͤgers Magen hungerich und dur- ſtig worden, ſo wird mit demſelben wie- derumb nach Hauſe gezogen, bey ihrem Lehrmeiſter geſpeiſſet, und nach dem Eſ- ſen Wechſels-Weiſe mit dem Baß-Glaß und Huͤfft-Horn in gutem Wein oder Bier beliebige Geſundheiten herumb ge- truncken, oder mit Puͤrſch-Roͤhren umb die Wette nach dem Ziel geſchoſſen, Ke- gel geſchoben, und viele andere Luſtbarkei- ten mehr angeſtellet, ſich unter einander die Zeit zu vertreiben; Maaſſen ſie daſelbſt zu ſolcher Zeit vor ihr Geld dieſe Wiſſen- ſchafft lernen und uͤben, und ſich luſtig machen koͤnnen. Die Jagd-Pagen der Herrſchafft bekommen hierzu abſonder- liche Ausloͤſung, umb ſich darinnen zu uͤben; Worvon bey Kindtauffen und Hochzeiten manches huͤbſche Bauer- Maͤgdgen Nutzen und Luſt mit zu genieſ- ſen hat. Von Beſtaͤtigung/ und Probe-Jagen. Wann nun der junge Jaͤger nach fleißigem Unterricht, und offtmahliger U- bung mit dem Leith-Hund die Behaͤn- gens-Zeit an der Wiſſenſchafft und Er- kaͤntniß des Faͤhrds eines recht jagdbah- ren Hirſches, imgleichen mit Umbgang und Arbeit, auch gewoͤhnlichen Zu- ſpruch firm worden iſt, daß er wohl nicht fehlen moͤgte, ſondern richtig ſey, und er ſich getrauet, diß Werck zu præſti- ren, und hat er fleißig auf dem Behaͤn- gen acht gegeben, eines Hirſches Gefaͤhr- de mit allen Zeichen wohl begriffen, den Leith-Hund mit dem gewoͤhnlichen Zu- ſpruch reinlich zu arbeiten gelernet, daß er ſich nicht ſelbſt irre machet, oder uͤber- eylet und einen Plackert machet, alsdenn kan er ſelbſten alleine das Werck tracti- ren, und hat ſodann mehr Ehre und Ruhm davon: Hat er aber in der Be- haͤngens-Zeit nicht recht Achtung gege- ben, ſolches negligiret, ſeine Mittelgen mit Wuͤrffeln oder Carthen verſpielet; die meiſte Zeit entweder mit Huren o- der Sauffen liederlich durchgebracht und folglich nichts gelernet, da ſiehet es ſchlimm aus, und iſt nichts anderſt zu thun, als nach Hauſe an die liebe Mam- ma geſchrieben, und umb einen Trans- port angehalten, damit man hierdurch ein Præſent von ein Paar huͤbſchen Sil- bernen Deckel-Bechern ſeinem Lehrmei- ſter offeriren koͤnne, dasjenige, ſo man nicht gelernet, ſtatt ſeiner zu præſtiren, und mit dem Mantel der chriſtlichen Liebe zu bedecken, welcher bey ſolchem Zuſtande das beſte thun muß. Wann nun von der Herrſchafft ihme erlaubet worden, ein Probe-Jagen anzuſtellen, alsdann werden wenigſtens Vier Fuder Zeug an den Wald beſtellet, wo er eini- ge jagdbahre Hirſche vermuthet, und ſein Probe-Jagen machen will, und wer- den darnach fruͤhe noch einmahl die ver- muthenden Hirſche vorgeſuchet, und ver- neuert; Sodann wird in denen Holtz- Wegen vorgegriffen. Wo dieſe nun blei- ben, dahin wird der Zeug in der Stille geruͤcket, der Wind obſerviret, und wanns moͤglich, gegen denſelben geſtellet; Nachdem die Stell-Leut mit den uͤbri- gen Jagd-Leuten auff beyden Fluͤgeln gleich vertheilet ſind, der Zeug von ein- ander gebunden, und abgefuͤhret, ſo wird dann, wie gebraͤuchlich, recht auf- geſtellet, man kan auch beym von einan- der ſtellen gleich wahrnehmen, wo man mit dem Laufft heraus komme; Weiln derſelbe vor allen Dingen nothwendig nach dem Winde gemacht werden, und wo moͤglich, abhaͤngig liegen muß, und wo ſie ihre Wechſel nach den Feldern gehabt, wie bekant iſt. Wann nun die Hir- ſche umbſtellet, und der junge Jaͤger dieſel- ben nicht anderſt als in der Faͤhrd, zum Exempel einen dererſelben vor einen ſtar- cken jagdbahren Hirſch von ungefehr Ach- zehen Enden angeſprochen, welcher noch zwey Hirſche von Zehen Enden bey ſich haͤtte, worbey noch ein Sechſer waͤre, muß er ſolches der Herrſchafft mit allen Umbſtaͤnden anzeigen. Welche darauf des andern Tages mit dem fruͤheſten hin- ausfaͤhret, und nach dero Belieben, ent- weder in dem Jagen ohne Lauff die Hir- ſche todt ſchieſſet, oder mit dem Laufft aus dem K k 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/399
Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/399>, abgerufen am 19.04.2024.