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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Andern Theils 15. Cap. von dem Hirsch-Wildpräth.
[Spaltenumbruch] qvem zu passiren. Er stehet an den Vor-
Höltzern lange aussen, ob er auch sicher seyn
mögte, oder nicht; So er nichts verspüh-
ret, gehet er erstlich nach seinem Vortheil
wohlbedächtig, Schritt vor Schritt, zum
Geäß, nimmt auch gar sorgfältig nur die
kräfftigsten und safftigsten Spitzen der
Saat, gehet in Aeßen allezeit vorsichtig,
wirfft die Augen allenthalben herum, zie-
het gar zeitlich vor Tage zu Holtze, und
gehet gar gemächlich, weil ihm das
Springen beschwerlich, er müste denn er-
schreckt werden. Jm Holtze macht er auf
dem Wege Wiedergänge, biß er letztlich
seinen falschen Stand durch einen Ab-
sprung sich erwehlet. So gehet auch der
junge Hirsch mit geöffneten Klauen, und
übereilter Spuhr. Der gemeine Hirsch
zwar mit den Ballen, und ziehet mit den
Klauen, kan aber mitten das Burgel nicht
so erzwingen, als der ältere, dessen Ge-
lencke und Glieder schon firmer, den Tritt
zu zwingen, gewachsen. Der Jagdbare
Hirsch bleibet jederzeit mit dem Hinter-
Tritt Fingers-breit zurück, mit bedacht-
samen Schritten; der gar alte Hirsch aber
hat eingezogene Sohlen im Fuß, abge-
nutzte Schaalen, stumpffe Klauen, und
machet das Burgel mit gezwungenem be-
schlossenen Fuß, wegen der schwachen
Flechsen, und des Alters, weil er aber
steiff, so bleibet er wohl eine Qver-Hand
zurücke, wie ein alter Mensch.

Das 15. Capitel/
Von dem Hirsch-Wildpräth.
§. 1.

Nach dem Zeugniß Galeni I. 3. aliment.
c.
1. soll das Hirsch-Wildpräth hart-
dauigt und böß-safftig seyn, und also kei-
nen guten Chylum machen; einige setzen
noch hinzu, es mache melancholisch und
schwartz-galligt Geblüte, und nach viel-
fältigem Gebrauch ein Zittern der Glie-
der. Daher ist es kommen, daß die Scho-
la Salernitana
im VII. Capitel dasselbe mit
unter diejenigen zehen Speisen gezehlet,
die man meiden soll:

Persica, Pyra, Poma, Lac, Caseus &
Caro salsa,
Et Caro Cervina, Leporina, Bovina,
Caprina,
Atra haecce bile movent, infirmis sunt
inimica.

Gleichwie nun diese Schädlichkeit nur mit
dem hohen Alter der Hirsche kommt und
[Spaltenumbruch] zunimmt, also ist sie in der Jugend und
Mittel-Alter nicht zu besorgen; es kommt
auch viel auf die Zubereitung an, denn
durch das Gewürtze, das mit dazu ge-
nommen wird, oder durch das viele und
mürbe Kochen und Braten kan eine Spei-
se und ein Fleisch-Werck gar sehr verbes-
sert werden. So thut auch die Jahres-
Zeit viel mit dabey. Ehe die Hirsche auf
die Brunfft treten, sind sie feist, und am
besten zu gebrauchen. Jn währender
Brunst spühret man an ihnen einen gei-
len Geschmack, und nachgehends sind sie
mager. Das Fleisch der Tann-Hirsche
vergleichet sich mit dem Reh-Wildpräth.

§. 2.

Wenn die Hirsche geschossen wer-
den, so sind sie auch viel gesünder zu spei-
sen, als wenn sie auf der Par force-Jagd
von den Hunden gehetzet, immassen der
hitzige Schweiß allenthalben in ihr Wild-
präth eindringet, und es also gantz und
gar damit durchziehet. Einige machen
eine besondere Delicatesse aus dem Wild-
präth, wenn es anfängt zu riechen, ja
wohl gar, wenn die Maden hinein kom-
men, und meynen, es sey dieses eine rech-
te Eigenschafft vor das Wildpräth. An-
dere aber überlassen die Delicatesse des
stinckenden Wildpräths gerne solchen Leu-
ten. So viel ist gewiß, daß es der Ge-
sundheit nicht halb so zuträglich ist, wenn
es in seine Auflösung anfängt zu gehen.
Denn die fremden Theilgen, die sich als-
denn bey der Putrefaction damit vermi-
schen, machen einen schlechten Chylum,
und geben einen untauglichen Nahrungs-
Safft. Damit sich das Wildpräth desto
besser conserviren möge, so wird es ent-
weder in Eßig geleget, und mit Lorber-
Blättern, Rosmarin, und allerhand Ge-
würtze beleget, oder geräuchert, oder in
Fässergen gespündet, und eingesaltzen.
Es hält sich auch besser, wenn es nur in
Kofent geleget wird.

Das 16. Capitel/
Von allerhand Medicinischen
Anmerckungen in Ansehung
der Hirsche.
§. 1.

Die Hirsch-Hörner, welche zwischen den
zweyen Frauen-Tagen gefallen, nem-
lich zwischen den 23. Augusti, und 8. Se-
ptember, werden vor die vollkommensten
gehalten. Einige ziehen sie den Bezoar-
Steinen vor. Man hält dieselben vor die

besten,

Des Andern Theils 15. Cap. von dem Hirſch-Wildpraͤth.
[Spaltenumbruch] qvem zu paſſiren. Er ſtehet an den Vor-
Hoͤltzern lange auſſen, ob er auch ſicheꝛ ſeyn
moͤgte, oder nicht; So er nichts verſpuͤh-
ret, gehet er erſtlich nach ſeinem Vortheil
wohlbedaͤchtig, Schritt vor Schritt, zum
Geaͤß, nimmt auch gar ſorgfaͤltig nur die
kraͤfftigſten und ſafftigſten Spitzen der
Saat, gehet in Aeßen allezeit vorſichtig,
wirfft die Augen allenthalben herum, zie-
het gar zeitlich vor Tage zu Holtze, und
gehet gar gemaͤchlich, weil ihm das
Springen beſchwerlich, er muͤſte denn er-
ſchreckt werden. Jm Holtze macht er auf
dem Wege Wiedergaͤnge, biß er letztlich
ſeinen falſchen Stand durch einen Ab-
ſprung ſich erwehlet. So gehet auch der
junge Hirſch mit geoͤffneten Klauen, und
uͤbereilter Spuhr. Der gemeine Hirſch
zwar mit den Ballen, und ziehet mit den
Klauen, kan aber mitten das Burgel nicht
ſo erzwingen, als der aͤltere, deſſen Ge-
lencke und Glieder ſchon firmer, den Tritt
zu zwingen, gewachſen. Der Jagdbare
Hirſch bleibet jederzeit mit dem Hinter-
Tritt Fingers-breit zuruͤck, mit bedacht-
ſamen Schritten; der gar alte Hirſch aber
hat eingezogene Sohlen im Fuß, abge-
nutzte Schaalen, ſtumpffe Klauen, und
machet das Burgel mit gezwungenem be-
ſchloſſenen Fuß, wegen der ſchwachen
Flechſen, und des Alters, weil er aber
ſteiff, ſo bleibet er wohl eine Qver-Hand
zuruͤcke, wie ein alter Menſch.

Das 15. Capitel/
Von dem Hirſch-Wildpraͤth.
§. 1.

Nach dem Zeugniß Galeni I. 3. aliment.
c.
1. ſoll das Hirſch-Wildpraͤth hart-
dauigt und boͤß-ſafftig ſeyn, und alſo kei-
nen guten Chylum machen; einige ſetzen
noch hinzu, es mache melancholiſch und
ſchwartz-galligt Gebluͤte, und nach viel-
faͤltigem Gebrauch ein Zittern der Glie-
der. Daher iſt es kommen, daß die Scho-
la Salernitana
im VII. Capitel daſſelbe mit
unter diejenigen zehen Speiſen gezehlet,
die man meiden ſoll:

Perſica, Pyra, Poma, Lac, Caſeus &
Caro ſalſa,
Et Caro Cervina, Leporina, Bovina,
Caprina,
Atra hæcce bile movent, infirmis ſunt
inimica.

Gleichwie nun dieſe Schaͤdlichkeit nur mit
dem hohen Alter der Hirſche kommt und
[Spaltenumbruch] zunimmt, alſo iſt ſie in der Jugend und
Mittel-Alter nicht zu beſorgen; es kom̃t
auch viel auf die Zubereitung an, denn
durch das Gewuͤrtze, das mit dazu ge-
nommen wird, oder durch das viele und
muͤrbe Kochen und Braten kan eine Spei-
ſe und ein Fleiſch-Werck gar ſehr verbeſ-
ſert werden. So thut auch die Jahres-
Zeit viel mit dabey. Ehe die Hirſche auf
die Brunfft treten, ſind ſie feiſt, und am
beſten zu gebrauchen. Jn waͤhrender
Brunſt ſpuͤhret man an ihnen einen gei-
len Geſchmack, und nachgehends ſind ſie
mager. Das Fleiſch der Tann-Hirſche
vergleichet ſich mit dem Reh-Wildpraͤth.

§. 2.

Wenn die Hirſche geſchoſſen wer-
den, ſo ſind ſie auch viel geſuͤnder zu ſpei-
ſen, als wenn ſie auf der Par force-Jagd
von den Hunden gehetzet, immaſſen der
hitzige Schweiß allenthalben in ihr Wild-
praͤth eindringet, und es alſo gantz und
gar damit durchziehet. Einige machen
eine beſondere Delicateſſe aus dem Wild-
praͤth, wenn es anfaͤngt zu riechen, ja
wohl gar, wenn die Maden hinein kom-
men, und meynen, es ſey dieſes eine rech-
te Eigenſchafft vor das Wildpraͤth. An-
dere aber uͤberlaſſen die Delicateſſe des
ſtinckenden Wildpraͤths gerne ſolchen Leu-
ten. So viel iſt gewiß, daß es der Ge-
ſundheit nicht halb ſo zutraͤglich iſt, wenn
es in ſeine Aufloͤſung anfaͤngt zu gehen.
Denn die fremden Theilgen, die ſich als-
denn bey der Putrefaction damit vermi-
ſchen, machen einen ſchlechten Chylum,
und geben einen untauglichen Nahrungs-
Safft. Damit ſich das Wildpraͤth deſto
beſſer conſerviren moͤge, ſo wird es ent-
weder in Eßig geleget, und mit Lorber-
Blaͤttern, Rosmarin, und allerhand Ge-
wuͤrtze beleget, oder geraͤuchert, oder in
Faͤſſergen geſpuͤndet, und eingeſaltzen.
Es haͤlt ſich auch beſſer, wenn es nur in
Kofent geleget wird.

Das 16. Capitel/
Von allerhand Mediciniſchen
Anmerckungen in Anſehung
der Hirſche.
§. 1.

Die Hirſch-Hoͤrner, welche zwiſchen den
zweyen Frauen-Tagen gefallen, nem-
lich zwiſchen den 23. Auguſti, und 8. Se-
ptember, werden vor die vollkommenſten
gehalten. Einige ziehen ſie den Bezoar-
Steinen vor. Man haͤlt dieſelben vor die

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/180>, abgerufen am 25.04.2024.