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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Andern Th. 20. Cap. von dem Nutzen der wilden Schweine etc.
[Spaltenumbruch] Essen dienen, jetzund aber weiß man sie
besser anzuwenden, als daß man sie als
Schau-Gerichte aufsetzen solte. Es hat
das Wildpräth von den wilden Schwei-
nen einen besondern Geschmack, der et-
was bockenzend ist, und den alle Leute
nicht vertragen können. Wenn man es
kochet, muß mans entweder mit Eßig
und Zwiebeln, oder mit Kirsch-Muß zu-
richten.

Das 20. Capitel/
Von dem Nutzen der wilden
Schweine in der Medicin.
§. 1.

Das Gehirne von wilden Schweinen
sammt dem Blute wird wider die
Schlangen gebraucht, item wider die hi-
tzige Geschwäre der Schaam; Die Urin
von wilden Schweinen ist gut vor Ohren-
Weh, solches mit Rosen-Wasser vermi-
schet; die Blase, wenn sie im Rauche de-
stilli
ret, ist gut vor den Blasen-Stein,
wenn sie gegessen wird; die Galle vor den
Stein, zertreibet die Kröpffe, sie befördert
auch die Verdauung. Die Steinichen,
so sie in der Leber haben, in Wein getrun-
cken, treiben den Stein fort.

§. 2.

Das Fett von den wilden Schwei-
nen nimmt man zur Waffen-Salbe, und
wird insonderheit gebraucht in Seiten-
Schmertzen, die Materie dadurch zu er-
weichen, stillt das Blut-Auswerffen,
wenn mans in Eßig oder Wein einnimmt,
tauget vor Zerstossung und Verkrüm-
mung, wenn mans in Eßig trincket, und
heilet die verrenckten Glieder. Der Zahn
heilet insonderheit das Seiten-Stechen
und Halß-Geschwär, wenn man ihn ein-
nimmt, oder mit Lein-Oehl vermischt,
und den Halß wohl schmieret. Einige
destilliren auch das Geblüte von Frisch-
lingen, mit Schnecken, Krebsen und ei-
genen Kräutern, und gebrauchen es in
der Atrophia. Der dünne Koth getrun-
cken soll das Blut-Auswerffen stillen,
dergleichen verrichtet er auch äusserlich.

Das 21. Capitel/
Von den Eigenschafften des
Rehes und dessen Gefährd.
§. 1.

Wenn sich die Rehe vom wilden Obste,
Eicheln und Buch-Mast genehret,
so werden sie noch viel feister, als andere
wilde Thiere welches ihnen auch den Win-
ter über, um ihre Natur zu conserviren,
[Spaltenumbruch] gar wohl zu statten kommt. Weil sie all-
zu hitziger Complexion, und sie im Früh-
ling mit den neu heraus gewachsenen
Sprossen ihren Magen allzu geitzig und
begierig anfüllen, so will sich dieser neue
Chylus mit dem vorigen nicht allezeit recht
vertragen, sondern es entstehet hiedurch
bey ihnen, da sie ohne dem schwächlicher
Constitution, eine solche Antipathie der
Lebens-Geister, daß sie gar offters des
Frühlings hinfallen.

§. 2.

Ob das Reh gleich noch so klein
ist, so hat es dennoch vor allen andern Thie-
ren eine überaus angenehme und süsse
Witterung, welche Spuhr oder Gefährd
die Hunde am allerliebsten jagen, deswe-
gen ihnen auch die Natur gelehret, wie sie
den Hunden listiglich entkommen mögen.
Ein Reh, wenn es von Hunden aufgejagt
wird, streichet anfänglich flüchtig fort, dar-
nach wendet es sich mit einem grossen
Sprunge auf die Seite, es hüpffet etli-
che Schritte hinter einen dicken Strauch,
und bleibet still stehen, biß ihm der Hund
gantz nahe ist, dann springet es wieder
über die Sträucher, und wendet sich bald
hie, bald da über die vorige Fährd. Also
muß sich der Hund endlich verirren, und
confus davon werden.

§. 3.

Die jungen Rehe kan man eben-
falls wie die jungen Hirsche mit Ziegen-
Milch aufziehen, allein sie sind sehr zärt-
lich, und wenn sie nur ein wenig Saltz be-
kommen, so sterben sie leicht, und fallen da-
hin, wiewohl sie sehr begierig nach dem
Saltze sind. Jhre Brunfft verrichten sie
Paarweise, der Bock mit seiner Hülle un-
gehindert; massen kein Rehbock den an-
dern stöhret, oder ein Geschrey thut, wie
die Hirsche, sondern es geschiehet alles in
der Stille und Einsamkeit, sie geben nur
einen kurtzen Laut. Jn der Hitze kühlen
sie sich offt im Prudel und Morast, und
bekommen von der Hitze etwas schwartze
Haare am Bauche und am Halse, iedoch
nicht so starck, wie die Hirsche. Wenn die
Rücken oder Hüllen auf die Brunfft ge-
hen wollen, stehlen sie sich heimlich, um
ihr Liebes-Werck desto besser zu vollbrin-
gen, von ihren jungen Kälbern weg; So
dieselben aber ihnen nachgehen, und sie
wieder finden, jagen sie solche mit Gewalt
und Schlägen wieder fort, so lange, biß
sie sich selbst auch vor sich alleine paaren
können, und das Zusammenbleiben ge-
wohnen. Wenn der Bock die Ziege ja-
get, so pfleget er sehr zu keichen, daß man
ihn bey stiller Zeit wohl 50. und mehr

Schritte

Des Andern Th. 20. Cap. von dem Nutzen der wilden Schweine ꝛc.
[Spaltenumbruch] Eſſen dienen, jetzund aber weiß man ſie
beſſer anzuwenden, als daß man ſie als
Schau-Gerichte aufſetzen ſolte. Es hat
das Wildpraͤth von den wilden Schwei-
nen einen beſondern Geſchmack, der et-
was bockenzend iſt, und den alle Leute
nicht vertragen koͤnnen. Wenn man es
kochet, muß mans entweder mit Eßig
und Zwiebeln, oder mit Kirſch-Muß zu-
richten.

Das 20. Capitel/
Von dem Nutzen der wilden
Schweine in der Medicin.
§. 1.

Das Gehirne von wilden Schweinen
ſammt dem Blute wird wider die
Schlangen gebraucht, item wider die hi-
tzige Geſchwaͤre der Schaam; Die Urin
von wilden Schweinen iſt gut vor Ohren-
Weh, ſolches mit Roſen-Waſſer vermi-
ſchet; die Blaſe, wenn ſie im Rauche de-
ſtilli
ret, iſt gut vor den Blaſen-Stein,
wenn ſie gegeſſen wird; die Galle vor den
Stein, zertreibet die Kroͤpffe, ſie befoͤrdert
auch die Verdauung. Die Steinichen,
ſo ſie in der Leber haben, in Wein getrun-
cken, treiben den Stein fort.

§. 2.

Das Fett von den wilden Schwei-
nen nimmt man zur Waffen-Salbe, und
wird inſonderheit gebraucht in Seiten-
Schmertzen, die Materie dadurch zu er-
weichen, ſtillt das Blut-Auswerffen,
wenn mans in Eßig oder Wein einnim̃t,
tauget vor Zerſtoſſung und Verkruͤm-
mung, wenn mans in Eßig trincket, und
heilet die verrenckten Glieder. Der Zahn
heilet inſonderheit das Seiten-Stechen
und Halß-Geſchwaͤr, wenn man ihn ein-
nimmt, oder mit Lein-Oehl vermiſcht,
und den Halß wohl ſchmieret. Einige
deſtilliren auch das Gebluͤte von Friſch-
lingen, mit Schnecken, Krebſen und ei-
genen Kraͤutern, und gebrauchen es in
der Atrophia. Der duͤnne Koth getrun-
cken ſoll das Blut-Auswerffen ſtillen,
dergleichen verrichtet er auch aͤuſſerlich.

Das 21. Capitel/
Von den Eigenſchafften des
Rehes und deſſen Gefaͤhrd.
§. 1.

Wenn ſich die Rehe vom wilden Obſte,
Eicheln und Buch-Maſt genehret,
ſo werden ſie noch viel feiſter, als andere
wilde Thiere welches ihnen auch den Win-
ter uͤber, um ihre Natur zu conſerviren,
[Spaltenumbruch] gar wohl zu ſtatten kommt. Weil ſie all-
zu hitziger Complexion, und ſie im Fruͤh-
ling mit den neu heraus gewachſenen
Sproſſen ihren Magen allzu geitzig und
begierig anfuͤllen, ſo will ſich dieſer neue
Chylus mit dem vorigen nicht allezeit recht
vertragen, ſondern es entſtehet hiedurch
bey ihnen, da ſie ohne dem ſchwaͤchlicher
Conſtitution, eine ſolche Antipathie der
Lebens-Geiſter, daß ſie gar offters des
Fruͤhlings hinfallen.

§. 2.

Ob das Reh gleich noch ſo klein
iſt, ſo hat es dennoch vor allen andern Thie-
ren eine uͤberaus angenehme und ſuͤſſe
Witterung, welche Spuhr oder Gefaͤhrd
die Hunde am allerliebſten jagen, deswe-
gen ihnen auch die Natur gelehret, wie ſie
den Hunden liſtiglich entkommen moͤgen.
Ein Reh, wenn es von Hunden aufgejagt
wird, ſtreichet anfaͤnglich fluͤchtig fort, dar-
nach wendet es ſich mit einem groſſen
Sprunge auf die Seite, es huͤpffet etli-
che Schritte hinter einen dicken Strauch,
und bleibet ſtill ſtehen, biß ihm der Hund
gantz nahe iſt, dann ſpringet es wieder
uͤber die Straͤucher, und wendet ſich bald
hie, bald da uͤber die vorige Faͤhrd. Alſo
muß ſich der Hund endlich verirren, und
confus davon werden.

§. 3.

Die jungen Rehe kan man eben-
falls wie die jungen Hirſche mit Ziegen-
Milch aufziehen, allein ſie ſind ſehr zaͤrt-
lich, und wenn ſie nur ein wenig Saltz be-
kommen, ſo ſterben ſie leicht, und fallen da-
hin, wiewohl ſie ſehr begierig nach dem
Saltze ſind. Jhre Brunfft verrichten ſie
Paarweiſe, der Bock mit ſeiner Huͤlle un-
gehindert; maſſen kein Rehbock den an-
dern ſtoͤhret, oder ein Geſchrey thut, wie
die Hirſche, ſondern es geſchiehet alles in
der Stille und Einſamkeit, ſie geben nur
einen kurtzen Laut. Jn der Hitze kuͤhlen
ſie ſich offt im Prudel und Moraſt, und
bekommen von der Hitze etwas ſchwartze
Haare am Bauche und am Halſe, iedoch
nicht ſo ſtarck, wie die Hirſche. Wenn die
Ruͤcken oder Huͤllen auf die Brunfft ge-
hen wollen, ſtehlen ſie ſich heimlich, um
ihr Liebes-Werck deſto beſſer zu vollbrin-
gen, von ihren jungen Kaͤlbern weg; So
dieſelben aber ihnen nachgehen, und ſie
wieder finden, jagen ſie ſolche mit Gewalt
und Schlaͤgen wieder fort, ſo lange, biß
ſie ſich ſelbſt auch vor ſich alleine paaren
koͤnnen, und das Zuſammenbleiben ge-
wohnen. Wenn der Bock die Ziege ja-
get, ſo pfleget er ſehr zu keichen, daß man
ihn bey ſtiller Zeit wohl 50. und mehr

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[108/0186] Des Andern Th. 20. Cap. von dem Nutzen der wilden Schweine ꝛc. Eſſen dienen, jetzund aber weiß man ſie beſſer anzuwenden, als daß man ſie als Schau-Gerichte aufſetzen ſolte. Es hat das Wildpraͤth von den wilden Schwei- nen einen beſondern Geſchmack, der et- was bockenzend iſt, und den alle Leute nicht vertragen koͤnnen. Wenn man es kochet, muß mans entweder mit Eßig und Zwiebeln, oder mit Kirſch-Muß zu- richten. Das 20. Capitel/ Von dem Nutzen der wilden Schweine in der Medicin. §. 1. Das Gehirne von wilden Schweinen ſammt dem Blute wird wider die Schlangen gebraucht, item wider die hi- tzige Geſchwaͤre der Schaam; Die Urin von wilden Schweinen iſt gut vor Ohren- Weh, ſolches mit Roſen-Waſſer vermi- ſchet; die Blaſe, wenn ſie im Rauche de- ſtilliret, iſt gut vor den Blaſen-Stein, wenn ſie gegeſſen wird; die Galle vor den Stein, zertreibet die Kroͤpffe, ſie befoͤrdert auch die Verdauung. Die Steinichen, ſo ſie in der Leber haben, in Wein getrun- cken, treiben den Stein fort. §. 2. Das Fett von den wilden Schwei- nen nimmt man zur Waffen-Salbe, und wird inſonderheit gebraucht in Seiten- Schmertzen, die Materie dadurch zu er- weichen, ſtillt das Blut-Auswerffen, wenn mans in Eßig oder Wein einnim̃t, tauget vor Zerſtoſſung und Verkruͤm- mung, wenn mans in Eßig trincket, und heilet die verrenckten Glieder. Der Zahn heilet inſonderheit das Seiten-Stechen und Halß-Geſchwaͤr, wenn man ihn ein- nimmt, oder mit Lein-Oehl vermiſcht, und den Halß wohl ſchmieret. Einige deſtilliren auch das Gebluͤte von Friſch- lingen, mit Schnecken, Krebſen und ei- genen Kraͤutern, und gebrauchen es in der Atrophia. Der duͤnne Koth getrun- cken ſoll das Blut-Auswerffen ſtillen, dergleichen verrichtet er auch aͤuſſerlich. Das 21. Capitel/ Von den Eigenſchafften des Rehes und deſſen Gefaͤhrd. §. 1. Wenn ſich die Rehe vom wilden Obſte, Eicheln und Buch-Maſt genehret, ſo werden ſie noch viel feiſter, als andere wilde Thiere welches ihnen auch den Win- ter uͤber, um ihre Natur zu conſerviren, gar wohl zu ſtatten kommt. Weil ſie all- zu hitziger Complexion, und ſie im Fruͤh- ling mit den neu heraus gewachſenen Sproſſen ihren Magen allzu geitzig und begierig anfuͤllen, ſo will ſich dieſer neue Chylus mit dem vorigen nicht allezeit recht vertragen, ſondern es entſtehet hiedurch bey ihnen, da ſie ohne dem ſchwaͤchlicher Conſtitution, eine ſolche Antipathie der Lebens-Geiſter, daß ſie gar offters des Fruͤhlings hinfallen. §. 2. Ob das Reh gleich noch ſo klein iſt, ſo hat es dennoch vor allen andern Thie- ren eine uͤberaus angenehme und ſuͤſſe Witterung, welche Spuhr oder Gefaͤhrd die Hunde am allerliebſten jagen, deswe- gen ihnen auch die Natur gelehret, wie ſie den Hunden liſtiglich entkommen moͤgen. Ein Reh, wenn es von Hunden aufgejagt wird, ſtreichet anfaͤnglich fluͤchtig fort, dar- nach wendet es ſich mit einem groſſen Sprunge auf die Seite, es huͤpffet etli- che Schritte hinter einen dicken Strauch, und bleibet ſtill ſtehen, biß ihm der Hund gantz nahe iſt, dann ſpringet es wieder uͤber die Straͤucher, und wendet ſich bald hie, bald da uͤber die vorige Faͤhrd. Alſo muß ſich der Hund endlich verirren, und confus davon werden. §. 3. Die jungen Rehe kan man eben- falls wie die jungen Hirſche mit Ziegen- Milch aufziehen, allein ſie ſind ſehr zaͤrt- lich, und wenn ſie nur ein wenig Saltz be- kommen, ſo ſterben ſie leicht, und fallen da- hin, wiewohl ſie ſehr begierig nach dem Saltze ſind. Jhre Brunfft verrichten ſie Paarweiſe, der Bock mit ſeiner Huͤlle un- gehindert; maſſen kein Rehbock den an- dern ſtoͤhret, oder ein Geſchrey thut, wie die Hirſche, ſondern es geſchiehet alles in der Stille und Einſamkeit, ſie geben nur einen kurtzen Laut. Jn der Hitze kuͤhlen ſie ſich offt im Prudel und Moraſt, und bekommen von der Hitze etwas ſchwartze Haare am Bauche und am Halſe, iedoch nicht ſo ſtarck, wie die Hirſche. Wenn die Ruͤcken oder Huͤllen auf die Brunfft ge- hen wollen, ſtehlen ſie ſich heimlich, um ihr Liebes-Werck deſto beſſer zu vollbrin- gen, von ihren jungen Kaͤlbern weg; So dieſelben aber ihnen nachgehen, und ſie wieder finden, jagen ſie ſolche mit Gewalt und Schlaͤgen wieder fort, ſo lange, biß ſie ſich ſelbſt auch vor ſich alleine paaren koͤnnen, und das Zuſammenbleiben ge- wohnen. Wenn der Bock die Ziege ja- get, ſo pfleget er ſehr zu keichen, daß man ihn bey ſtiller Zeit wohl 50. und mehr Schritte

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/186>, abgerufen am 19.04.2024.