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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Andern Theils 38. Capitel/ vom Hanff und Flachse.
[Spaltenumbruch] Herbst-Zeit offters unnöthiger Weise
Feuer an, mitten in dem Holtze, um ihre
diebische Hände dabey zu wärmen, und
haben an allen diesen Boßheiten ihre be-
sondere Freude.

§. 3.

Hauptsächlich zielet ihre gottlo-
se Intention dahin, daß sie mit ihrem Zug
der Heerde an die Grentzen schleichen, mit
den Schäfern der Nachbarn sich bereden,
die Lämmer vertauschen, verkauffen und
verkaupeln können, damit der Herr vor
seine schöne Lämmer, die von weicher
Wollen-Art, von andern Bauer-Läm-
mern, die von geringern Sorten sind, an-
dere Lämmer bekomme, und sie hingegen
sich hievor einigen Nutzen schaffen. Jm-
mittelst leidet der Eigenthums-Herr gros-
sen Schaden, das Vieh frißt die jungen
aufgeschossenen Eichen- und Büchen-
Pfläntzgen bey der Erde glatt weg, des
andern Laub-Holtzes zu geschweigen, die
Ziegen bescheelen nicht selten die Bäume,
die Schäfer-Jungen schneiden aus Muth-
willen die besten Spißruthen aus, machen
sich auch wohl aus Bircken und andern
jungen Bäumen Hüte zu rechte; Also
werden die Gehäue und Gehöltze verwü-
stet, daß sie sich nicht recht wieder erholen
können. Es heißt zwar, das Tangel-
Holtz sey bitter, und werde von dem Rind-
Vieh im geringsten nicht beschädiget; ich
habe aber selbst mit meinen Augen gese-
hen, daß das Rind- und Schaf-Vieh die
Kiefern und Fichten, auch die Bircken-
Zweige, die Fingers dicke gewesen, abge-
bissen und gefressen, so ich den Hirten zu
unterschiedenen mahlen gezeiget habe. Es
ist daher am sichersten, daß weder das
Rind-noch Schaf-Vieh in die Oerter
kömmt, wo das Wild entweder gehalten
und gehäget, oder das Gehöltze zum An-
wuchs gebracht werden soll, oder doch zum
wenigsten nicht eher, biß die Giebel der
Bäume so hoch in die Höhe geschossen, daß
das Vieh die Zweige der Bäume nicht
mehr erreichen kan. Trifft man einen
Schäfer an, der sich hierinnen leichtfertig,
und vor die Herrschafft schädlich erweiset,
so kan der Herr ihm zur Strafe, und da-
mit er vor seiner Boßheit ein Nota Bene
bekommen möge, einige fette Hämmel
aus der Heerde wegnehmen; So wer-
den denn andere Bösewichter hernach
ein Beyspiel nehmen können.

Das 38. Capitel/
Von Hanff und Flachse.
[Spaltenumbruch]
§. 1.

Es ist zwar an dem, daß diese Materien
sich eher in ein Haußwirthschaffts,
als in ein Jägerey-Buch schicken. Nach-
dem aber die Jagd-Zeuge aus solchen zu-
bereitet werden, so wird diese Verwand-
schafft mit der Jägerey erfordern, daß
ich von solchen auch mit wenigen handle.
Es verlangt der Hanff, aus welchen die
Seyler allerhand Arten grober und zärte-
rer Leinen, Stränge und Stricke zu berei-
ten pflegen, ein gutes und fruchtbares Erd-
reich. Je fruchtbarer der Grund, je dickere
runde Stengel überkommt der Hanff; des-
wegen pflegt in den ausgetrockneten und
abgelassenen Fisch-Teichen der beste Hanff
zu wachsen. Je dicker der Stengel, desto
stärcker Hanffwerck pflegen sie hernach zu
geben. Jn den gegrabenen Aeckern pfleget
er auch viel besser zu wachsen, als wenn man
ihn ins Feld dem Pfluge nach säet, weil
die Erde mit den Graben weit besser, als
mit dem Pfluge durchgearbeitet wird.
Den Acker dünget man zu dem Hanff
insgemein vor Winters, man schlägt den
Mist auf zwey Beeten, und läst ihn bald
breiten.

§. 2.

Man säet den Hanff insgemein
im Mertz, doch dependirt dieses von der
Gewohnheit eines jeden Landes, und einer
jedweden Gegend; an etlichen Orten wird
er vor Urbani, an andern hingegen nach
Philippi Jacobi gesäet. Man säet ihn fein
dicke, damit er ein gutes und klares Ge-
spinst bekomme, denn wenn man ihn
dünne säet, wird er zwar groß, und be-
kommt viel Körner, aber das Gespinst
davon kan hernach nicht gut werden. Ver-
langt man aber grobes, so kan man ihn
dünne säen, denn so treibt die Krafft der
Erden in dicke starcke Stengel, daß grobe
Tücher und Seylwerck daraus zubereitet
werden können. Wenn der Fimmel anfängt
zu blühen und zu stieben, so ist es ein Zei-
chen, daß er reiff sey; alsdenn ziehet man
ihn heraus, und nennen die Haußwirthe
diese Arbeit Fimmeln. Es kömmt der Fim-
mel eher zu seiner Zeitigung, als der
Hanff. Er pflegt allezeit unter dem Hanff
mit zu wachsen, und wird nicht gesäet.

§. 3.

Wenn der Saame zeitig, muß
man den Hanff ausziehen, in Büschel bin-
den, Schoberweise zehlen und zusammen
stellen, biß er wohl ausgetrucknet, ihn
nachgehends in die Scheuren zum aus-
dreschen führen, und wenn der Saame
wohl ausgetrocknet, ihn unter ein ver-
wahrtes Dach, oder wo er sonst wohl auf-

geho-

Des Andern Theils 38. Capitel/ vom Hanff und Flachſe.
[Spaltenumbruch] Herbſt-Zeit offters unnoͤthiger Weiſe
Feuer an, mitten in dem Holtze, um ihre
diebiſche Haͤnde dabey zu waͤrmen, und
haben an allen dieſen Boßheiten ihre be-
ſondere Freude.

§. 3.

Hauptſaͤchlich zielet ihre gottlo-
ſe Intention dahin, daß ſie mit ihrem Zug
der Heerde an die Grentzen ſchleichen, mit
den Schaͤfern der Nachbarn ſich bereden,
die Laͤmmer vertauſchen, verkauffen und
verkaupeln koͤnnen, damit der Herr vor
ſeine ſchoͤne Laͤmmer, die von weicher
Wollen-Art, von andern Bauer-Laͤm-
mern, die von geringern Sorten ſind, an-
dere Laͤmmer bekomme, und ſie hingegen
ſich hievor einigen Nutzen ſchaffen. Jm-
mittelſt leidet der Eigenthums-Herr groſ-
ſen Schaden, das Vieh frißt die jungen
aufgeſchoſſenen Eichen- und Buͤchen-
Pflaͤntzgen bey der Erde glatt weg, des
andern Laub-Holtzes zu geſchweigen, die
Ziegen beſcheelen nicht ſelten die Baͤume,
die Schaͤfer-Jungen ſchneiden aus Muth-
willen die beſten Spißruthen aus, machen
ſich auch wohl aus Bircken und andern
jungen Baͤumen Huͤte zu rechte; Alſo
werden die Gehaͤue und Gehoͤltze verwuͤ-
ſtet, daß ſie ſich nicht recht wieder erholen
koͤnnen. Es heißt zwar, das Tangel-
Holtz ſey bitter, und werde von dem Rind-
Vieh im geringſten nicht beſchaͤdiget; ich
habe aber ſelbſt mit meinen Augen geſe-
hen, daß das Rind- und Schaf-Vieh die
Kiefern und Fichten, auch die Bircken-
Zweige, die Fingers dicke geweſen, abge-
biſſen und gefreſſen, ſo ich den Hirten zu
unterſchiedenen mahlen gezeiget habe. Es
iſt daher am ſicherſten, daß weder das
Rind-noch Schaf-Vieh in die Oerter
koͤmmt, wo das Wild entweder gehalten
und gehaͤget, oder das Gehoͤltze zum An-
wuchs gebracht werden ſoll, oder doch zum
wenigſten nicht eher, biß die Giebel der
Baͤume ſo hoch in die Hoͤhe geſchoſſen, daß
das Vieh die Zweige der Baͤume nicht
mehr erreichen kan. Trifft man einen
Schaͤfer an, der ſich hierinnen leichtfertig,
und vor die Herrſchafft ſchaͤdlich erweiſet,
ſo kan der Herr ihm zur Strafe, und da-
mit er vor ſeiner Boßheit ein Nota Bene
bekommen moͤge, einige fette Haͤmmel
aus der Heerde wegnehmen; So wer-
den denn andere Boͤſewichter hernach
ein Beyſpiel nehmen koͤnnen.

Das 38. Capitel/
Von Hanff und Flachſe.
[Spaltenumbruch]
§. 1.

Es iſt zwar an dem, daß dieſe Materien
ſich eher in ein Haußwirthſchaffts,
als in ein Jaͤgerey-Buch ſchicken. Nach-
dem aber die Jagd-Zeuge aus ſolchen zu-
bereitet werden, ſo wird dieſe Verwand-
ſchafft mit der Jaͤgerey erfordern, daß
ich von ſolchen auch mit wenigen handle.
Es verlangt der Hanff, aus welchen die
Seyler allerhand Arten grober und zaͤrte-
rer Leinen, Straͤnge und Stricke zu berei-
ten pflegen, ein gutes und fruchtbaꝛes Erd-
reich. Je fruchtbarer der Grund, je dickere
runde Stengel uͤberkom̃t der Hanff; des-
wegen pflegt in den ausgetrockneten und
abgelaſſenen Fiſch-Teichen der beſte Hanff
zu wachſen. Je dicker der Stengel, deſto
ſtaͤrcker Hanffwerck pflegen ſie hernach zu
geben. Jn den gegrabenen Aeckern pfleget
er auch viel beſſer zu wachſen, als weñ man
ihn ins Feld dem Pfluge nach ſaͤet, weil
die Erde mit den Graben weit beſſer, als
mit dem Pfluge durchgearbeitet wird.
Den Acker duͤnget man zu dem Hanff
insgemein vor Winters, man ſchlaͤgt den
Miſt auf zwey Beeten, und laͤſt ihn bald
breiten.

§. 2.

Man ſaͤet den Hanff insgemein
im Mertz, doch dependirt dieſes von der
Gewohnheit eines jeden Landes, und einer
jedweden Gegend; an etlichen Orten wird
er vor Urbani, an andern hingegen nach
Philippi Jacobi geſaͤet. Man ſaͤet ihn fein
dicke, damit er ein gutes und klares Ge-
ſpinſt bekomme, denn wenn man ihn
duͤnne ſaͤet, wird er zwar groß, und be-
kommt viel Koͤrner, aber das Geſpinſt
davon kan hernach nicht gut werden. Ver-
langt man aber grobes, ſo kan man ihn
duͤnne ſaͤen, denn ſo treibt die Krafft der
Erden in dicke ſtarcke Stengel, daß grobe
Tuͤcher und Seylwerck daraus zubereitet
werden koͤnnen. Wenn der Fim̃el anfaͤngt
zu bluͤhen und zu ſtieben, ſo iſt es ein Zei-
chen, daß er reiff ſey; alsdenn ziehet man
ihn heraus, und nennen die Haußwirthe
dieſe Arbeit Fimmeln. Es koͤm̃t der Fim-
mel eher zu ſeiner Zeitigung, als der
Hanff. Er pflegt allezeit unter dem Hanff
mit zu wachſen, und wird nicht geſaͤet.

§. 3.

Wenn der Saame zeitig, muß
man den Hanff ausziehen, in Buͤſchel bin-
den, Schoberweiſe zehlen und zuſammen
ſtellen, biß er wohl ausgetrucknet, ihn
nachgehends in die Scheuren zum aus-
dreſchen fuͤhren, und wenn der Saame
wohl ausgetrocknet, ihn unter ein ver-
wahrtes Dach, oder wo er ſonſt wohl auf-

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/212>, abgerufen am 25.04.2024.