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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Historische Anmerckungen vom Hasen.
[Spaltenumbruch] miae Naturae Curiosorum antrifft Dec. 1.
An. 1. ad Observat. 199. p.
301.

§. 6.

Weil die Hasen iederzeit vor ein
Bild und Zeichen eines furchtsamen Men-
schens gehalten worden, so erzehlet Cro-
merus de rebus Polonorum lib. 5. p.
92.
daß der König in Pohlen Boleslaus III.
als er aus einer mit den Russen sehr
scharff gehaltenen Schlacht wieder zurück
gekommen, einem seiner Officirer, wel-
cher mit seiner unanständigen Flucht zu-
wege gebracht, daß ein groß Theil der
Armee Noth gelitten, und der König bald
selbst darüber wäre massacriret worden,
zur Discretion einen Hasen-Balg, nebst
Rocken und Spindel zugeschickt, um sein
furchtsames und weibisches Gemüthe
hierdurch anzuzeigen, welche Beschimpf-
fung dem Officier so zu Hertzen gegan-
gen, daß er sich gar darüber selbst er-
hencket.

§. 7.

Es ist bekandt, daß die Boßheit
der Menschen einfältigen Leuten den Ha-
sen-Nahmen beyzulegen pflegt, und er-
zehlet Gabriel Rollenhagen in dem XI.
Capitel seines Tractats von den wahr-
hafften Lügen, den Ursprung hiervon,
wie folget: Es hätte einstens D. Eber-
hard Schnepf zu Anfang einer gewissen
Academie auf der Cantzel in einer Pre-
digt die Historie von dem Elisaeo, und sei-
nem Diener dem Gehasi erkläret gehabt,
davon jener den aussätzigen Naeman wie-
der zu seiner vorigen Gesundheit verholf-
fen, dieser aber wider Wissen und Willen
des Propheten die Leute um das Geld
gebracht, wie zu lesen in dem II. Buch der
Könige am V. Hlerauf hätte D. Schnepf
angefangen zu fragen, ob es nicht unter
seinen Zuhörern auch welche gäbe, die dem
Gehasi gleich wären, das ist, die den Ge-
winn höher achten, als das Ansehen ih-
rer Lehrer, Ehrlichkeit, Gottesfurcht, ja
unsern HErrn GOtt selbst; und geant-
wortet: Ach ja leyder! giebt es ihrer mehr
als zu viel: Jch bin Gehasi, du bist Ge-
hasi, er ist Gehasi, wir sind fast alle Ge-
hasi. Weil er sich nun bey dieser Ma-
terie ein wenig allzu lange aufgehalten,
so haben lose Leute Gelegenheit genom-
men, darüber zu critisiren, und es un-
ter die Leute zu bringen, biß es endlich
nach und nach unter bösen Leuten recht
allgemein geworden.

§. 8.

Jn der Medicin werden von
den Hasen auch unterschiedene Stücke gar
nützlich gebrauchet. Wenn man sich hin-
ter den Ohren mit Hasen-Fett schmieret,
[Spaltenumbruch] so soll solches denjenigen, die geschwollene
Mandeln haben, überaus wohl zu stat-
ten kommen. Das Geblüt von einem
Hasen, der im Mertzen gefangen, und
durch Schrecken getödtet worden, tauget
zur rothen Ruhr. Die Lunge vors Kei-
chen und den schweren Athem, sie soll die
schwere Noth lindern, wenn man sie mit
Meer-Saltz einmacht, und davon alle
Tage ein wenig mit Myrrhen isset, hei-
let die erfrohrnen Glieder, wenn man sie
drauf leget.

§. 9.

Wenn man mit dem Gehirn
der Kinder Zahn-Fleisch reibet, so zahnen
sie viel leichter, es nimmt auch das Zit-
tern der Glieder hinweg, wenn mans
brätet und ißt; die Hasen-Zähne hängt
man den Kindern ebener massen an, da-
mit sie desto leichter zahnen, wenn sie das
Zahn-Fleisch damit reiben. Der Koth
tauget vor den Stein, wenn man dessen
Asche gebrauchet, vor die rothe Ruhr,
wenn man davon trincket, und verbrann-
te Sachen, das Horn tauget vor das übe-
le Gehör. Die Haare werden mit de-
nen Blutstillenden Linimenten vermi-
schet, sie stillen auch das Nasenbluten,
wenn man sie in die Nase thut. Der
Balg soll mit dem Fett gleiche Tugend
haben, und legt man selben in Zipperlein
und denen Catarrhen über die schmertz-
hafften Theile.

§. 10.

Die Asche wird aus dem gan-
tzen Hasen bereitet, der im Frühling ge-
fangen worden, oder aus dem schwartz
calcinirten Balge. Jst ein vortreffliches
Mittel vorm Stein, Dos. anderthalb
Scrupel, äusserlich tauget sie vor das
Haar-Ausfallen, und die erfrohrnen
Füsse. Laurembergius calciniret den
Hasen nicht, sondern hauet ihm den Kopff
ab, thut ihn in einen Haafen, trocknet
ihn im Ofen, und giebet das Pulver da-
von. Allein einige Medici halten die
Hasen-Verbrennung vielmehr vor eine
Verderbung, denn eine wahre Bereitung,
und nichts anders, denn eine todte Erde,
und ziehen das im Ofen getrocknete Pul-
ver derselben weit vor. S. Schröders
Medicin. Chymische Apothecke Fünffte
Buch I. Class. p. 1311.

§. 11.

Sonst ist auch notorisch, daß sich
Leichtgläubige einbilden, wenn ihnen auf
ihren Reisen oder bey ihrem Ausgehen
zu erst ein Hase begegnet, oder ihnen qver
über den Weg läufft, es werde ihnen den-
selben Tag ihre Sachen nicht recht von stat-
ten gehen. Es rühret dieses sonder Zwei-

fel

Hiſtoriſche Anmerckungen vom Haſen.
[Spaltenumbruch] miæ Naturæ Curioſorum antrifft Dec. 1.
An. 1. ad Obſervat. 199. p.
301.

§. 6.

Weil die Haſen iederzeit vor ein
Bild und Zeichen eines furchtſamen Men-
ſchens gehalten worden, ſo erzehlet Cro-
merus de rebus Polonorum lib. 5. p.
92.
daß der Koͤnig in Pohlen Boleslaus III.
als er aus einer mit den Ruſſen ſehr
ſcharff gehaltenen Schlacht wieder zuruͤck
gekommen, einem ſeiner Officirer, wel-
cher mit ſeiner unanſtaͤndigen Flucht zu-
wege gebracht, daß ein groß Theil der
Armee Noth gelitten, und der Koͤnig bald
ſelbſt daruͤber waͤre maſſacriret worden,
zur Diſcretion einen Haſen-Balg, nebſt
Rocken und Spindel zugeſchickt, um ſein
furchtſames und weibiſches Gemuͤthe
hierdurch anzuzeigen, welche Beſchimpf-
fung dem Officier ſo zu Hertzen gegan-
gen, daß er ſich gar daruͤber ſelbſt er-
hencket.

§. 7.

Es iſt bekandt, daß die Boßheit
der Menſchen einfaͤltigen Leuten den Ha-
ſen-Nahmen beyzulegen pflegt, und er-
zehlet Gabriel Rollenhagen in dem XI.
Capitel ſeines Tractats von den wahr-
hafften Luͤgen, den Urſprung hiervon,
wie folget: Es haͤtte einſtens D. Eber-
hard Schnepf zu Anfang einer gewiſſen
Academie auf der Cantzel in einer Pre-
digt die Hiſtorie von dem Eliſæo, und ſei-
nem Diener dem Gehaſi erklaͤret gehabt,
davon jener den ausſaͤtzigen Naeman wie-
der zu ſeiner vorigen Geſundheit verholf-
fen, dieſer aber wider Wiſſen und Willen
des Propheten die Leute um das Geld
gebracht, wie zu leſen in dem II. Buch der
Koͤnige am V. Hlerauf haͤtte D. Schnepf
angefangen zu fragen, ob es nicht unter
ſeinen Zuhoͤrern auch welche gaͤbe, die dem
Gehaſi gleich waͤren, das iſt, die den Ge-
winn hoͤher achten, als das Anſehen ih-
rer Lehrer, Ehrlichkeit, Gottesfurcht, ja
unſern HErrn GOtt ſelbſt; und geant-
wortet: Ach ja leyder! giebt es ihrer mehr
als zu viel: Jch bin Gehaſi, du biſt Ge-
haſi, er iſt Gehaſi, wir ſind faſt alle Ge-
haſi. Weil er ſich nun bey dieſer Ma-
terie ein wenig allzu lange aufgehalten,
ſo haben loſe Leute Gelegenheit genom-
men, daruͤber zu critiſiren, und es un-
ter die Leute zu bringen, biß es endlich
nach und nach unter boͤſen Leuten recht
allgemein geworden.

§. 8.

Jn der Medicin werden von
den Haſen auch unterſchiedene Stuͤcke gar
nuͤtzlich gebrauchet. Wenn man ſich hin-
ter den Ohren mit Haſen-Fett ſchmieret,
[Spaltenumbruch] ſo ſoll ſolches denjenigen, die geſchwollene
Mandeln haben, uͤberaus wohl zu ſtat-
ten kommen. Das Gebluͤt von einem
Haſen, der im Mertzen gefangen, und
durch Schrecken getoͤdtet worden, tauget
zur rothen Ruhr. Die Lunge vors Kei-
chen und den ſchweren Athem, ſie ſoll die
ſchwere Noth lindern, wenn man ſie mit
Meer-Saltz einmacht, und davon alle
Tage ein wenig mit Myrrhen iſſet, hei-
let die erfrohrnen Glieder, wenn man ſie
drauf leget.

§. 9.

Wenn man mit dem Gehirn
der Kinder Zahn-Fleiſch reibet, ſo zahnen
ſie viel leichter, es nimmt auch das Zit-
tern der Glieder hinweg, wenn mans
braͤtet und ißt; die Haſen-Zaͤhne haͤngt
man den Kindern ebener maſſen an, da-
mit ſie deſto leichter zahnen, wenn ſie das
Zahn-Fleiſch damit reiben. Der Koth
tauget vor den Stein, wenn man deſſen
Aſche gebrauchet, vor die rothe Ruhr,
wenn man davon trincket, und verbrañ-
te Sachen, das Horn tauget vor das uͤbe-
le Gehoͤr. Die Haare werden mit de-
nen Blutſtillenden Linimenten vermi-
ſchet, ſie ſtillen auch das Naſenbluten,
wenn man ſie in die Naſe thut. Der
Balg ſoll mit dem Fett gleiche Tugend
haben, und legt man ſelben in Zipperlein
und denen Catarrhen uͤber die ſchmertz-
hafften Theile.

§. 10.

Die Aſche wird aus dem gan-
tzen Haſen bereitet, der im Fruͤhling ge-
fangen worden, oder aus dem ſchwartz
calcinirten Balge. Jſt ein vortreffliches
Mittel vorm Stein, Doſ. anderthalb
Scrupel, aͤuſſerlich tauget ſie vor das
Haar-Ausfallen, und die erfrohrnen
Fuͤſſe. Laurembergius calciniret den
Haſen nicht, ſondern hauet ihm den Kopff
ab, thut ihn in einen Haafen, trocknet
ihn im Ofen, und giebet das Pulver da-
von. Allein einige Medici halten die
Haſen-Verbrennung vielmehr vor eine
Verderbung, denn eine wahre Bereitung,
und nichts anders, denn eine todte Erde,
und ziehen das im Ofen getrocknete Pul-
ver derſelben weit vor. S. Schroͤders
Medicin. Chymiſche Apothecke Fuͤnffte
Buch I. Claſſ. p. 1311.

§. 11.

Sonſt iſt auch notoriſch, daß ſich
Leichtglaͤubige einbilden, wenn ihnen auf
ihren Reiſen oder bey ihrem Ausgehen
zu erſt ein Haſe begegnet, oder ihnen qver
uͤber den Weg laͤufft, es werde ihnen den-
ſelben Tag ihre Sachen nicht recht von ſtat-
ten gehen. Es ruͤhret dieſes ſonder Zwei-

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[135/0223] Hiſtoriſche Anmerckungen vom Haſen. miæ Naturæ Curioſorum antrifft Dec. 1. An. 1. ad Obſervat. 199. p. 301. §. 6. Weil die Haſen iederzeit vor ein Bild und Zeichen eines furchtſamen Men- ſchens gehalten worden, ſo erzehlet Cro- merus de rebus Polonorum lib. 5. p. 92. daß der Koͤnig in Pohlen Boleslaus III. als er aus einer mit den Ruſſen ſehr ſcharff gehaltenen Schlacht wieder zuruͤck gekommen, einem ſeiner Officirer, wel- cher mit ſeiner unanſtaͤndigen Flucht zu- wege gebracht, daß ein groß Theil der Armee Noth gelitten, und der Koͤnig bald ſelbſt daruͤber waͤre maſſacriret worden, zur Diſcretion einen Haſen-Balg, nebſt Rocken und Spindel zugeſchickt, um ſein furchtſames und weibiſches Gemuͤthe hierdurch anzuzeigen, welche Beſchimpf- fung dem Officier ſo zu Hertzen gegan- gen, daß er ſich gar daruͤber ſelbſt er- hencket. §. 7. Es iſt bekandt, daß die Boßheit der Menſchen einfaͤltigen Leuten den Ha- ſen-Nahmen beyzulegen pflegt, und er- zehlet Gabriel Rollenhagen in dem XI. Capitel ſeines Tractats von den wahr- hafften Luͤgen, den Urſprung hiervon, wie folget: Es haͤtte einſtens D. Eber- hard Schnepf zu Anfang einer gewiſſen Academie auf der Cantzel in einer Pre- digt die Hiſtorie von dem Eliſæo, und ſei- nem Diener dem Gehaſi erklaͤret gehabt, davon jener den ausſaͤtzigen Naeman wie- der zu ſeiner vorigen Geſundheit verholf- fen, dieſer aber wider Wiſſen und Willen des Propheten die Leute um das Geld gebracht, wie zu leſen in dem II. Buch der Koͤnige am V. Hlerauf haͤtte D. Schnepf angefangen zu fragen, ob es nicht unter ſeinen Zuhoͤrern auch welche gaͤbe, die dem Gehaſi gleich waͤren, das iſt, die den Ge- winn hoͤher achten, als das Anſehen ih- rer Lehrer, Ehrlichkeit, Gottesfurcht, ja unſern HErrn GOtt ſelbſt; und geant- wortet: Ach ja leyder! giebt es ihrer mehr als zu viel: Jch bin Gehaſi, du biſt Ge- haſi, er iſt Gehaſi, wir ſind faſt alle Ge- haſi. Weil er ſich nun bey dieſer Ma- terie ein wenig allzu lange aufgehalten, ſo haben loſe Leute Gelegenheit genom- men, daruͤber zu critiſiren, und es un- ter die Leute zu bringen, biß es endlich nach und nach unter boͤſen Leuten recht allgemein geworden. §. 8. Jn der Medicin werden von den Haſen auch unterſchiedene Stuͤcke gar nuͤtzlich gebrauchet. Wenn man ſich hin- ter den Ohren mit Haſen-Fett ſchmieret, ſo ſoll ſolches denjenigen, die geſchwollene Mandeln haben, uͤberaus wohl zu ſtat- ten kommen. Das Gebluͤt von einem Haſen, der im Mertzen gefangen, und durch Schrecken getoͤdtet worden, tauget zur rothen Ruhr. Die Lunge vors Kei- chen und den ſchweren Athem, ſie ſoll die ſchwere Noth lindern, wenn man ſie mit Meer-Saltz einmacht, und davon alle Tage ein wenig mit Myrrhen iſſet, hei- let die erfrohrnen Glieder, wenn man ſie drauf leget. §. 9. Wenn man mit dem Gehirn der Kinder Zahn-Fleiſch reibet, ſo zahnen ſie viel leichter, es nimmt auch das Zit- tern der Glieder hinweg, wenn mans braͤtet und ißt; die Haſen-Zaͤhne haͤngt man den Kindern ebener maſſen an, da- mit ſie deſto leichter zahnen, wenn ſie das Zahn-Fleiſch damit reiben. Der Koth tauget vor den Stein, wenn man deſſen Aſche gebrauchet, vor die rothe Ruhr, wenn man davon trincket, und verbrañ- te Sachen, das Horn tauget vor das uͤbe- le Gehoͤr. Die Haare werden mit de- nen Blutſtillenden Linimenten vermi- ſchet, ſie ſtillen auch das Naſenbluten, wenn man ſie in die Naſe thut. Der Balg ſoll mit dem Fett gleiche Tugend haben, und legt man ſelben in Zipperlein und denen Catarrhen uͤber die ſchmertz- hafften Theile. §. 10. Die Aſche wird aus dem gan- tzen Haſen bereitet, der im Fruͤhling ge- fangen worden, oder aus dem ſchwartz calcinirten Balge. Jſt ein vortreffliches Mittel vorm Stein, Doſ. anderthalb Scrupel, aͤuſſerlich tauget ſie vor das Haar-Ausfallen, und die erfrohrnen Fuͤſſe. Laurembergius calciniret den Haſen nicht, ſondern hauet ihm den Kopff ab, thut ihn in einen Haafen, trocknet ihn im Ofen, und giebet das Pulver da- von. Allein einige Medici halten die Haſen-Verbrennung vielmehr vor eine Verderbung, denn eine wahre Bereitung, und nichts anders, denn eine todte Erde, und ziehen das im Ofen getrocknete Pul- ver derſelben weit vor. S. Schroͤders Medicin. Chymiſche Apothecke Fuͤnffte Buch I. Claſſ. p. 1311. §. 11. Sonſt iſt auch notoriſch, daß ſich Leichtglaͤubige einbilden, wenn ihnen auf ihren Reiſen oder bey ihrem Ausgehen zu erſt ein Haſe begegnet, oder ihnen qver uͤber den Weg laͤufft, es werde ihnen den- ſelben Tag ihre Sachen nicht recht von ſtat- ten gehen. Es ruͤhret dieſes ſonder Zwei- fel

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/223>, abgerufen am 29.03.2024.