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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Dritten Theils 38. Capitel/
[Spaltenumbruch]
Vom Qväcker.
§. 20.

Es ist dieser Vogel an der Far-
be viel schöner als ein Fincke, von auror-
gelber und meist gesprenckelter Farbe am
Bauche, meistentheils aber unter dem
Halse; auf dem Rücken ist er dergestalt
braun, weiß und gelbe eingesprenckt, daß
er mit Lust zu schauen. Er brütet nicht
bey uns, sondern in hohen Gebürgen
und kalten Ländern, von welchen er erst
nach Michaelis unter unsere Fincken ver-
mengt zu uns herstreicht, weiter in Win-
ter hinein aber, wenn unsere Fincken
gantz verstrichen sind, mit solchen Hauffen
kommt, daß man öffters tausend auf ei-
nem Zug fängt; denn dieser Vogel fällt
gar dick zusammen, wie die Sperlinge,
und kan man auf einem Zug mehr als
fünffhundert fangen. Das Männlein
ist von dem Weiblein sehr kenntlich, selbi
ges pfleget sich so gar in der Wildniß zu
Zeiten an unsere Fincken zu gatten. Wer
ein Männlein-Finck zu einem Weiblein-
Qväcker thut, wird junge Vögel von sehr
schöner Farbe ziehen, aber nichts dabey
gewinnen, weil sie nicht so gelernig sind,
als die rechten Fincken. Aus- und ein-
zufliegen läßt sich ein Qväcker auch viel
leichter gewöhnen, als ein Fincke, und
braucht es gar nicht, daß man ihn vorhero
zahm mache, wie die Fincken, sondern man
kan ihn, noch ehe er gefangen wird, gar
leicht an das Fenster gewöhnen, durch
welches er künfftig aus- und einfliegen
soll.

Vom Stieglitzen.
§. 21.

Der Stieglitz ist ein mit hoch-
rothen, gelben, weissen, schwartzen, brau-
nen und grauen Farben sonderbar von
der Natur ausgeziertes Vögelein, an der
Grösse eines Zeißleins, doch etwas schlan-
cker. Es nehret sich mit Gesämig, wel-
ches er mehrentheils, zumahl Winters-
Zeit, wenn er zurück bleibet, aus den Distel-
Knöpffen sucht. Er hat einen sonderbaren
schönen Gesang. Sein Nestlein setzt er auf
hohe Bäume, und zwar gerne auf die Lin-
den, zu äusserst auf die Aeste ins Laub ver-
borgen, welches er mit Wolle und Mooß
so künstlich zu befestigen weiß, daß dassel-
be bey den stärcksten Winden unversehrt
stehet. Es läßt sich der Stieglitz so wohl
wenn er jung, als wenn er schon in die
Wildniß geflogen ist, sehr zahm machen,
und auf eine solche Weise, daß, wenn er
[Spaltenumbruch] gleich in seinem Vogel-Haus zu fressen
hat, er doch, so bald man ihm das Thür-
lein aufthut, gleichsam aus Liebe auf sei-
nen Herrn zueilet; Doch kan man die
aus dem Nest genommen werden, mit
viel leichterer Mühe dazu bringen, als die
andern, die man nur mit Hunger zwin-
gen muß. Die Gelernigkeit dieses Vo-
gels erstreckt sich nicht so weit, als des
Hänflings Geschicklichkeit, welcher alle
Lieder nachpfeiffen lernt; hingegen aber
bleibt er viel beständiger bey dem, was er
einmahl kan, und weil er so wohl, als der-
selbige, das gantze Jahr singet, ist es der
Mühe werth, daß man ihn zu solchen ver-
haltenen Vögeln, die nur im Sommer
singen, als Fincken, Emmerlingen, und
dergleichen, in seiner Jugend hänget, da-
mit er von ihnen lerne, und man alsdenn
derselben Gesang auch im Winter hören
könne, als von welchem er nimmer ab-
läßt, er höre denn gar zu offt seines glei-
chen singen.

Vom Hänfling.
§. 22.

Der Hänfling ist von Farbe
grau-sprenckelich, vom vortrefflichen Ge-
sang, und kan mit der Flöte zur Nachah-
mung allerhand Lieder angewöhnet wer-
den. Seine Jungen bringet er auf dem
Busche aus, und zwar meistens vier biß
fünffe, welche er wie der Stieglitz liebet,
und in Vogelbauern oder Kefigten auf-
erziehet. Sein Zug ist wie jener, ausser
daß er meistens eintzeln ziehet, der Stie-
glitz aber hält sich mehr zusammen; seine
Nahrung ist Gesämig, wie dem Stie-
glitz. Der Hänfling badet sich so wohl im
Sande, als im Wasser, und trägt seinen
Jungen das Geätze im Kropffe zu, wie die
meisten Vögel, die sich vom Saamen neh-
ren. Sein Auffenthalt ist, ausser der
Bruth-Zeit, bey Tage stets im freyen
Felde, allwo er auf Bäumen, so bald er
den Frühling mercket, seinen lieblichen
Gesang verrichtet, im Sommer aber ist
er an den Vor-Wäldern, wo junge, ie-
doch nicht dick-stehende Schläge, und Wa-
cholder-Gebüsche sind, anzutreffen. Von
dem Locken ist zu wissen, daß es darinnen
sehr begierig ist; im Frühling färbt es sei-
nen Schnabel blaulicht, auch seinen Kopff
und Brust roth, welche letzte, wenn es in
der Freyheit ist, zwar das gantze Jahr in
etwas roth bleibet, weil es auch das gan-
tze Jahr durch singet. Wer einen aus-
und einfliegenden Hänfling hat, kan sich

alle
Des Dritten Theils 38. Capitel/
[Spaltenumbruch]
Vom Qvaͤcker.
§. 20.

Es iſt dieſer Vogel an der Far-
be viel ſchoͤner als ein Fincke, von auror-
gelber und meiſt geſprenckelter Farbe am
Bauche, meiſtentheils aber unter dem
Halſe; auf dem Ruͤcken iſt er dergeſtalt
braun, weiß und gelbe eingeſprenckt, daß
er mit Luſt zu ſchauen. Er bruͤtet nicht
bey uns, ſondern in hohen Gebuͤrgen
und kalten Laͤndern, von welchen er erſt
nach Michaelis unter unſere Fincken ver-
mengt zu uns herſtreicht, weiter in Win-
ter hinein aber, wenn unſere Fincken
gantz verſtrichen ſind, mit ſolchen Hauffen
kommt, daß man oͤffters tauſend auf ei-
nem Zug faͤngt; denn dieſer Vogel faͤllt
gar dick zuſammen, wie die Sperlinge,
und kan man auf einem Zug mehr als
fuͤnffhundert fangen. Das Maͤnnlein
iſt von dem Weiblein ſehr kenntlich, ſelbi
ges pfleget ſich ſo gar in der Wildniß zu
Zeiten an unſere Fincken zu gatten. Wer
ein Maͤnnlein-Finck zu einem Weiblein-
Qvaͤcker thut, wird junge Voͤgel von ſehr
ſchoͤner Farbe ziehen, aber nichts dabey
gewinnen, weil ſie nicht ſo gelernig ſind,
als die rechten Fincken. Aus- und ein-
zufliegen laͤßt ſich ein Qvaͤcker auch viel
leichter gewoͤhnen, als ein Fincke, und
braucht es gar nicht, daß man ihn vorhero
zahm mache, wie die Fincken, ſondern man
kan ihn, noch ehe er gefangen wird, gar
leicht an das Fenſter gewoͤhnen, durch
welches er kuͤnfftig aus- und einfliegen
ſoll.

Vom Stieglitzen.
§. 21.

Der Stieglitz iſt ein mit hoch-
rothen, gelben, weiſſen, ſchwartzen, brau-
nen und grauen Farben ſonderbar von
der Natur ausgeziertes Voͤgelein, an der
Groͤſſe eines Zeißleins, doch etwas ſchlan-
cker. Es nehret ſich mit Geſaͤmig, wel-
ches er mehrentheils, zumahl Winters-
Zeit, wenn er zuruͤck bleibet, aus den Diſtel-
Knoͤpffen ſucht. Er hat einen ſonderbaren
ſchoͤnen Geſang. Sein Neſtlein ſetzt er auf
hohe Baͤume, und zwar gerne auf die Lin-
den, zu aͤuſſerſt auf die Aeſte ins Laub ver-
borgen, welches er mit Wolle und Mooß
ſo kuͤnſtlich zu befeſtigen weiß, daß daſſel-
be bey den ſtaͤrckſten Winden unverſehrt
ſtehet. Es laͤßt ſich der Stieglitz ſo wohl
wenn er jung, als wenn er ſchon in die
Wildniß geflogen iſt, ſehr zahm machen,
und auf eine ſolche Weiſe, daß, wenn er
[Spaltenumbruch] gleich in ſeinem Vogel-Haus zu freſſen
hat, er doch, ſo bald man ihm das Thuͤr-
lein aufthut, gleichſam aus Liebe auf ſei-
nen Herrn zueilet; Doch kan man die
aus dem Neſt genommen werden, mit
viel leichterer Muͤhe dazu bringen, als die
andern, die man nur mit Hunger zwin-
gen muß. Die Gelernigkeit dieſes Vo-
gels erſtreckt ſich nicht ſo weit, als des
Haͤnflings Geſchicklichkeit, welcher alle
Lieder nachpfeiffen lernt; hingegen aber
bleibt er viel beſtaͤndiger bey dem, was er
einmahl kan, und weil er ſo wohl, als der-
ſelbige, das gantze Jahr ſinget, iſt es der
Muͤhe werth, daß man ihn zu ſolchen ver-
haltenen Voͤgeln, die nur im Sommer
ſingen, als Fincken, Emmerlingen, und
dergleichen, in ſeiner Jugend haͤnget, da-
mit er von ihnen lerne, und man alsdenn
derſelben Geſang auch im Winter hoͤren
koͤnne, als von welchem er nimmer ab-
laͤßt, er hoͤre denn gar zu offt ſeines glei-
chen ſingen.

Vom Haͤnfling.
§. 22.

Der Haͤnfling iſt von Farbe
grau-ſprenckelich, vom vortrefflichen Ge-
ſang, und kan mit der Floͤte zur Nachah-
mung allerhand Lieder angewoͤhnet wer-
den. Seine Jungen bringet er auf dem
Buſche aus, und zwar meiſtens vier biß
fuͤnffe, welche er wie der Stieglitz liebet,
und in Vogelbauern oder Kefigten auf-
erziehet. Sein Zug iſt wie jener, auſſer
daß er meiſtens eintzeln ziehet, der Stie-
glitz aber haͤlt ſich mehr zuſammen; ſeine
Nahrung iſt Geſaͤmig, wie dem Stie-
glitz. Der Haͤnfling badet ſich ſo wohl im
Sande, als im Waſſer, und traͤgt ſeinen
Jungen das Geaͤtze im Kropffe zu, wie die
meiſten Voͤgel, die ſich vom Saamen neh-
ren. Sein Auffenthalt iſt, auſſer der
Bruth-Zeit, bey Tage ſtets im freyen
Felde, allwo er auf Baͤumen, ſo bald er
den Fruͤhling mercket, ſeinen lieblichen
Geſang verrichtet, im Sommer aber iſt
er an den Vor-Waͤldern, wo junge, ie-
doch nicht dick-ſtehende Schlaͤge, und Wa-
cholder-Gebuͤſche ſind, anzutreffen. Von
dem Locken iſt zu wiſſen, daß es darinnen
ſehr begierig iſt; im Fruͤhling faͤrbt es ſei-
nen Schnabel blaulicht, auch ſeinen Kopff
und Bruſt roth, welche letzte, wenn es in
der Freyheit iſt, zwar das gantze Jahr in
etwas roth bleibet, weil es auch das gan-
tze Jahr durch ſinget. Wer einen aus-
und einfliegenden Haͤnfling hat, kan ſich

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[214/0340] Des Dritten Theils 38. Capitel/ Vom Qvaͤcker. §. 20. Es iſt dieſer Vogel an der Far- be viel ſchoͤner als ein Fincke, von auror- gelber und meiſt geſprenckelter Farbe am Bauche, meiſtentheils aber unter dem Halſe; auf dem Ruͤcken iſt er dergeſtalt braun, weiß und gelbe eingeſprenckt, daß er mit Luſt zu ſchauen. Er bruͤtet nicht bey uns, ſondern in hohen Gebuͤrgen und kalten Laͤndern, von welchen er erſt nach Michaelis unter unſere Fincken ver- mengt zu uns herſtreicht, weiter in Win- ter hinein aber, wenn unſere Fincken gantz verſtrichen ſind, mit ſolchen Hauffen kommt, daß man oͤffters tauſend auf ei- nem Zug faͤngt; denn dieſer Vogel faͤllt gar dick zuſammen, wie die Sperlinge, und kan man auf einem Zug mehr als fuͤnffhundert fangen. Das Maͤnnlein iſt von dem Weiblein ſehr kenntlich, ſelbi ges pfleget ſich ſo gar in der Wildniß zu Zeiten an unſere Fincken zu gatten. Wer ein Maͤnnlein-Finck zu einem Weiblein- Qvaͤcker thut, wird junge Voͤgel von ſehr ſchoͤner Farbe ziehen, aber nichts dabey gewinnen, weil ſie nicht ſo gelernig ſind, als die rechten Fincken. Aus- und ein- zufliegen laͤßt ſich ein Qvaͤcker auch viel leichter gewoͤhnen, als ein Fincke, und braucht es gar nicht, daß man ihn vorhero zahm mache, wie die Fincken, ſondern man kan ihn, noch ehe er gefangen wird, gar leicht an das Fenſter gewoͤhnen, durch welches er kuͤnfftig aus- und einfliegen ſoll. Vom Stieglitzen. §. 21. Der Stieglitz iſt ein mit hoch- rothen, gelben, weiſſen, ſchwartzen, brau- nen und grauen Farben ſonderbar von der Natur ausgeziertes Voͤgelein, an der Groͤſſe eines Zeißleins, doch etwas ſchlan- cker. Es nehret ſich mit Geſaͤmig, wel- ches er mehrentheils, zumahl Winters- Zeit, wenn er zuruͤck bleibet, aus den Diſtel- Knoͤpffen ſucht. Er hat einen ſonderbaren ſchoͤnen Geſang. Sein Neſtlein ſetzt er auf hohe Baͤume, und zwar gerne auf die Lin- den, zu aͤuſſerſt auf die Aeſte ins Laub ver- borgen, welches er mit Wolle und Mooß ſo kuͤnſtlich zu befeſtigen weiß, daß daſſel- be bey den ſtaͤrckſten Winden unverſehrt ſtehet. Es laͤßt ſich der Stieglitz ſo wohl wenn er jung, als wenn er ſchon in die Wildniß geflogen iſt, ſehr zahm machen, und auf eine ſolche Weiſe, daß, wenn er gleich in ſeinem Vogel-Haus zu freſſen hat, er doch, ſo bald man ihm das Thuͤr- lein aufthut, gleichſam aus Liebe auf ſei- nen Herrn zueilet; Doch kan man die aus dem Neſt genommen werden, mit viel leichterer Muͤhe dazu bringen, als die andern, die man nur mit Hunger zwin- gen muß. Die Gelernigkeit dieſes Vo- gels erſtreckt ſich nicht ſo weit, als des Haͤnflings Geſchicklichkeit, welcher alle Lieder nachpfeiffen lernt; hingegen aber bleibt er viel beſtaͤndiger bey dem, was er einmahl kan, und weil er ſo wohl, als der- ſelbige, das gantze Jahr ſinget, iſt es der Muͤhe werth, daß man ihn zu ſolchen ver- haltenen Voͤgeln, die nur im Sommer ſingen, als Fincken, Emmerlingen, und dergleichen, in ſeiner Jugend haͤnget, da- mit er von ihnen lerne, und man alsdenn derſelben Geſang auch im Winter hoͤren koͤnne, als von welchem er nimmer ab- laͤßt, er hoͤre denn gar zu offt ſeines glei- chen ſingen. Vom Haͤnfling. §. 22. Der Haͤnfling iſt von Farbe grau-ſprenckelich, vom vortrefflichen Ge- ſang, und kan mit der Floͤte zur Nachah- mung allerhand Lieder angewoͤhnet wer- den. Seine Jungen bringet er auf dem Buſche aus, und zwar meiſtens vier biß fuͤnffe, welche er wie der Stieglitz liebet, und in Vogelbauern oder Kefigten auf- erziehet. Sein Zug iſt wie jener, auſſer daß er meiſtens eintzeln ziehet, der Stie- glitz aber haͤlt ſich mehr zuſammen; ſeine Nahrung iſt Geſaͤmig, wie dem Stie- glitz. Der Haͤnfling badet ſich ſo wohl im Sande, als im Waſſer, und traͤgt ſeinen Jungen das Geaͤtze im Kropffe zu, wie die meiſten Voͤgel, die ſich vom Saamen neh- ren. Sein Auffenthalt iſt, auſſer der Bruth-Zeit, bey Tage ſtets im freyen Felde, allwo er auf Baͤumen, ſo bald er den Fruͤhling mercket, ſeinen lieblichen Geſang verrichtet, im Sommer aber iſt er an den Vor-Waͤldern, wo junge, ie- doch nicht dick-ſtehende Schlaͤge, und Wa- cholder-Gebuͤſche ſind, anzutreffen. Von dem Locken iſt zu wiſſen, daß es darinnen ſehr begierig iſt; im Fruͤhling faͤrbt es ſei- nen Schnabel blaulicht, auch ſeinen Kopff und Bruſt roth, welche letzte, wenn es in der Freyheit iſt, zwar das gantze Jahr in etwas roth bleibet, weil es auch das gan- tze Jahr durch ſinget. Wer einen aus- und einfliegenden Haͤnfling hat, kan ſich alle

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/340>, abgerufen am 25.04.2024.