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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Dritten Theils 42. Capitel/
[Spaltenumbruch] kommen, sondern sein Lebtage ein elender
Mann bleiben; und ob er gleich etwan eine
Zeitlang einig Glück haben mögte, so wird
es ihn doch endlich verlassen, ja das Glück
selbst wird ihm über Vermuthen zu einem
Fall dienen. Diesemnach wird ein Christ-
licher und redlicher Weydemann sich vor
solchen Teufels-Bannen, wie ich in dem
gantzen Wercke treulich verwarnet, be-
stens zu hüten wissen.

§. 2.

Nächst der Gottesfurcht ist die
Treue und Redlichkeit ein nothwendig
Requisitum an einem Jäger. Denn wenn
er noch so klug und gescheut wäre, und
wüste alle Jäger-Streiche auf das genau-
este, vervortheilte aber seinen Herrn, so
würde sein Herr von einem solchen Jäger
schlechten Nutzen zu erwarten haben. Die
Treue ist, wie bey allen Bedienten, also
auch insonderheit an einem Weydemann,
sehr löblich, und hoch zu achten, immassen
er tausend Gelegenheit hat, seinen Herrn
auf mancherley Weise, daß es nicht so leicht
herauskommt, zu berücken. Jst ein sol-
cher gottloser Jäger interessiret, so ist ein
schlimmer Bock zum Gärtner gesetzt, da
wird er manchen Hasen wegschiessen,
manch Rebhuhn und andere Arten vom
Wildpräth oder Vögeln wegfangen, und
solches heimlich verparthieren, und ver-
kauffen, oder mit seinen guten Schmau-
se-Brüdern verzehren. Wenn er Holtz
anweiset und verkaufft, so behält ein solcher
untreuer Forst-Bedienter an den Holtz
Tägen manchen Thaler, der vor seinem
Herrn kommen solte, zurück, oder ver-
kaufft, um von dem Käuffer ein gut
Trinck-Geld davon zu tragen, oder dem-
selben auf seines Herrn Unkosten einen
Freundschaffts-Dienst zu erweisen, einen
starcken Baum, der wohl noch einmahl so
viel von Rechtswegen gelten solte, vor ei-
nen schwachen. Und wer wolte alle die
Betrügereyen anführen, zu denen ein
solcher Ehr-vergeßner Jäger Gelegenheit
hat. Jst aber ein Weydemann der Got-
tesfurcht ergeben, und hat GOtt für Au-
gen und im Hertzen, so wird er alles die-
ses lassen, zumahl, wenn er sich die Exem-
pel derjenigen untreuen Leute, mit denen
es gar einen schlechten Ausgang gewon-
nen, und deren Kinder, ob ihnen die El-
tern gleich noch so viel verlassen, dennoch
an den Bettelstab gerathen, fleißig vor
Augen stellet, und zu Gemüthe führet.

§. 3.

Nach der Treue kan sich ein
Jäger, oder ein anderer Bedienter, bey
seiner Herrschafft durch nichts so sehr re-
[Spaltenumbruch] commandi
ren, als durch Mäßigkeit und
Nüchternheit. Befleißiget er sich dieser
beyden Tugenden, so wird er in seinen
Verrichtungen viel munterer und wach-
samer seyn, bey rechter früher Tages-Zeit,
wenn andere noch in ihren Betten faulen-
tzen, seine Beruffs-Geschäffte anfangen
und fortsetzen; er wird zu der Zeit, da an-
dere in den Schencken sitzen und sauffen,
die Reviren belauffen, und auf alle Art,
wenn er auch an manchem Tage in seiner
Profession nichts zu thun hätte, Schaden
und Nachtheil abzuwenden suchen. Er
wird mit dem Gewehr viel vorsichtiger
umgehen, da hingegen ein anderer in der
Trunckenheit sich oder andern gar leicht
einen Schaden zu wege bringen kan; Er
wird in seinem Schiessen viel accurater
und vorsichtiger seyn, und nicht so leicht-
lich das Wild zu Holtz schiessen; Bey dem
Auspfänden derjenigen, so er in seiner
Herrschafft Gehöltze und Reviren antrifft,
mehr Behutsamkeit gebrauchen, als ein
anderer, der ohne Noth hierbey grosse
Excesse begehet, und sich und seinem Herrn
dadurch offters schwere Verantwortung
über den Hals ziehet. Bey der Nüchtern-
heit wird einem Jäger seine gantze Ver-
richtung und Profession viel leichter ar-
kommen, als einem andern, der sich an
das Sauffen gewöhnt hat. Man frage
nur einen Tagelöhner, Drescher, oder
Graß-Mäder, ob ihm seine saure Arbeit,
die er mit der Sense, dem Dreschflegel,
und sonsten vornimmt, bey Wasser und
Kofent, oder bey Bier leichter ankommt,
so werden sie gewiß zur Antwort geben,
daß es viel leichter sey, bey Wasser und
Kofent; Es ist aber hier die Rede von dem
vielen Bier-trincken, indem dasselbe grobe
und viscose Spiritus macht, dadurch die
Leute in ihrer Arbeit viel verdroßner wer-
den. Ob sich nun wohl ein Jäger vor dem
Laster der Trunckenheit vorzusehen hat,
so ist ihm doch wohl zu gönnen, daß er zu
Zeiten auf dem Abend, wenn er an seinen
ordentlichen Beruffs-Geschäfften nichts
versäumet, sich eine Veränderung macht,
und in aller Stille eine Kanne Bier trincket.
Er kan bißweilen daselbst in der Schencke
hinter eine und andere Nachricht kommen,
die ihm gar angenehm, und dadurch er
auch seiner Herrschafft einigen Nutzen zu
wege bringen kan.

§. 4.

Ferner ist die Verschwiegenheit
an einem Jäger gar hoch zu schätzen. Es
geschiehet offters, daß den Jägern anbe-
sohlen wird, und zwar in aller Stille, daß

sie

Des Dritten Theils 42. Capitel/
[Spaltenumbruch] kommen, ſondern ſein Lebtage ein elender
Mann bleiben; und ob er gleich etwan eine
Zeitlang einig Gluͤck haben moͤgte, ſo wird
es ihn doch endlich verlaſſen, ja das Gluͤck
ſelbſt wird ihm uͤber Vermuthen zu einem
Fall dienen. Dieſemnach wird ein Chriſt-
licher und redlicher Weydemann ſich vor
ſolchen Teufels-Bannen, wie ich in dem
gantzen Wercke treulich verwarnet, be-
ſtens zu huͤten wiſſen.

§. 2.

Naͤchſt der Gottesfurcht iſt die
Treue und Redlichkeit ein nothwendig
Requiſitum an einem Jaͤger. Denn wenn
er noch ſo klug und geſcheut waͤre, und
wuͤſte alle Jaͤger-Streiche auf das genau-
eſte, vervortheilte aber ſeinen Herrn, ſo
wuͤrde ſein Herr von einem ſolchen Jaͤger
ſchlechten Nutzen zu erwarten haben. Die
Treue iſt, wie bey allen Bedienten, alſo
auch inſonderheit an einem Weydemann,
ſehr loͤblich, und hoch zu achten, immaſſen
er tauſend Gelegenheit hat, ſeinen Herrn
auf mancherley Weiſe, daß es nicht ſo leicht
herauskommt, zu beruͤcken. Jſt ein ſol-
cher gottloſer Jaͤger intereſſiret, ſo iſt ein
ſchlimmer Bock zum Gaͤrtner geſetzt, da
wird er manchen Haſen wegſchieſſen,
manch Rebhuhn und andere Arten vom
Wildpraͤth oder Voͤgeln wegfangen, und
ſolches heimlich verparthieren, und ver-
kauffen, oder mit ſeinen guten Schmau-
ſe-Bruͤdern verzehren. Wenn er Holtz
anweiſet und verkaufft, ſo behaͤlt ein ſolcher
untreuer Forſt-Bedienter an den Holtz
Taͤgen manchen Thaler, der vor ſeinem
Herrn kommen ſolte, zuruͤck, oder ver-
kaufft, um von dem Kaͤuffer ein gut
Trinck-Geld davon zu tragen, oder dem-
ſelben auf ſeines Herrn Unkoſten einen
Freundſchaffts-Dienſt zu erweiſen, einen
ſtarcken Baum, der wohl noch einmahl ſo
viel von Rechtswegen gelten ſolte, vor ei-
nen ſchwachen. Und wer wolte alle die
Betruͤgereyen anfuͤhren, zu denen ein
ſolcher Ehr-vergeßner Jaͤger Gelegenheit
hat. Jſt aber ein Weydemann der Got-
tesfurcht ergeben, und hat GOtt fuͤr Au-
gen und im Hertzen, ſo wird er alles die-
ſes laſſen, zumahl, wenn er ſich die Exem-
pel derjenigen untreuen Leute, mit denen
es gar einen ſchlechten Ausgang gewon-
nen, und deren Kinder, ob ihnen die El-
tern gleich noch ſo viel verlaſſen, dennoch
an den Bettelſtab gerathen, fleißig vor
Augen ſtellet, und zu Gemuͤthe fuͤhret.

§. 3.

Nach der Treue kan ſich ein
Jaͤger, oder ein anderer Bedienter, bey
ſeiner Herrſchafft durch nichts ſo ſehr re-
[Spaltenumbruch] commandi
ren, als durch Maͤßigkeit und
Nuͤchternheit. Befleißiget er ſich dieſer
beyden Tugenden, ſo wird er in ſeinen
Verrichtungen viel munterer und wach-
ſamer ſeyn, bey rechter fruͤher Tages-Zeit,
wenn andere noch in ihren Betten faulen-
tzen, ſeine Beruffs-Geſchaͤffte anfangen
und fortſetzen; er wird zu der Zeit, da an-
dere in den Schencken ſitzen und ſauffen,
die Reviren belauffen, und auf alle Art,
wenn er auch an manchem Tage in ſeiner
Profeſſion nichts zu thun haͤtte, Schaden
und Nachtheil abzuwenden ſuchen. Er
wird mit dem Gewehr viel vorſichtiger
umgehen, da hingegen ein anderer in der
Trunckenheit ſich oder andern gar leicht
einen Schaden zu wege bringen kan; Er
wird in ſeinem Schieſſen viel accurater
und vorſichtiger ſeyn, und nicht ſo leicht-
lich das Wild zu Holtz ſchieſſen; Bey dem
Auspfaͤnden derjenigen, ſo er in ſeiner
Herrſchafft Gehoͤltze und Reviren antrifft,
mehr Behutſamkeit gebrauchen, als ein
anderer, der ohne Noth hierbey groſſe
Exceſſe begehet, und ſich und ſeinem Herrn
dadurch offters ſchwere Verantwortung
uͤber den Hals ziehet. Bey der Nuͤchtern-
heit wird einem Jaͤger ſeine gantze Ver-
richtung und Profeſſion viel leichter ar-
kommen, als einem andern, der ſich an
das Sauffen gewoͤhnt hat. Man frage
nur einen Tageloͤhner, Dreſcher, oder
Graß-Maͤder, ob ihm ſeine ſaure Arbeit,
die er mit der Senſe, dem Dreſchflegel,
und ſonſten vornimmt, bey Waſſer und
Kofent, oder bey Bier leichter ankommt,
ſo werden ſie gewiß zur Antwort geben,
daß es viel leichter ſey, bey Waſſer und
Kofent; Es iſt aber hier die Rede von dem
vielen Bier-trincken, indem daſſelbe grobe
und viſcoſe Spiritus macht, dadurch die
Leute in ihrer Arbeit viel verdroßner wer-
den. Ob ſich nun wohl ein Jaͤger vor dem
Laſter der Trunckenheit vorzuſehen hat,
ſo iſt ihm doch wohl zu goͤnnen, daß er zu
Zeiten auf dem Abend, wenn er an ſeinen
ordentlichen Beruffs-Geſchaͤfften nichts
verſaͤumet, ſich eine Veraͤnderung macht,
und in aller Stille eine Kañe Bier trincket.
Er kan bißweilen daſelbſt in der Schencke
hinter eine und andere Nachricht kommen,
die ihm gar angenehm, und dadurch er
auch ſeiner Herrſchafft einigen Nutzen zu
wege bringen kan.

§. 4.

Ferner iſt die Verſchwiegenheit
an einem Jaͤger gar hoch zu ſchaͤtzen. Es
geſchiehet offters, daß den Jaͤgern anbe-
ſohlen wird, und zwar in aller Stille, daß

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/376>, abgerufen am 25.04.2024.