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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Vom Abnehmen einer Waldung.
[Spaltenumbruch] Schwellen-Bäume anzuweisen. Es ist
demnach viel besser, wenn die Untertha-
nen dahin angehalten werden, daß sie die
Schwellen wenigstens zwey Schuh hoch
legen müssen. Den Vogelstellern ist nicht
zu gestatten, daß sie zu ihren Fuß-Rei-
sern und Fallen das grüne Holtz ohne
Unterscheid abschneiden, sondern sie müs-
sen sich nur des dürren und der Brü-
che bedienen. Sie sollen auch nicht auf
jungen Schlägen die Sommer-Latten
und Spieß-Ruthen zu ihren Schweiß-
Bügeln abschneiden, und den jungen
Schlag mercklich dadurch schmählern.
Wie durch die Hirten-Feuer offtmahls
auf den Wäldern ein solcher Brand ent-
stehe, daß hernach fast alles drauf gehet,
hat man schon offt mit Schaden erfahren,
und ist daher auch, um dergleichen Ubel
so viel als möglich, durch menschliche Vor-
sichtigkeit abzuwenden, alle Sorgfalt vor-
zukehren. Nächst dem werden auch die
wilden Obst- und Qvitschen-Beer-Bäu-
me offt gar sehr beschädiget, wenn die
Leute darnach steigen, und das Obst samm-
len wollen. Wie aber dieses Obst dem
Wildpräth eine gar gute Nahrung, die
Bäume auch gemeiniglich von den Leu-
ten dabey sehr zerbrochen werden; Also
ist dieses eine Sache, die ohne Schaden
nicht gar wohl zugelassen werden kan.

§. 20.

Wenn die Eichel- und Buch-
Mast geräth, treiben die Beamten und
Jäger offt viel Schweine ein, oder geben
unterschiedlichen Leuten Lese-Zeddul, die
ihnen Eicheln und Buch-Eckern um die
Helffte lesen, und halten hierinnen keine
Maaß, die Herrschafft mag deswegen ver-
ordnen, was sie will. Desgleichen wei-
sen sie nach Belieben Holtz an, wenn gleich
der Wald im Grund verderbet werden
solte, nur, daß sie ihre Accidentien, Nach-
meß- und Anweise-Gebühren bekommen.
Die Grentz-Wege werden durch das brü-
chige Holtz offt verbrochen, daß man in
der Grentze nicht mehr fahren kan, sondern
zuweilen Seiten-Wege in das Holtz ge-
macht werden. Es wird hiedurch nicht
allein der Herrschafft viel Holtz zu Schan-
den gefahren, sondern es gehen auch off-
ters die Grentz-Wege hierüber verloh-
ren, und entstehen hieraus unter Herr-
schafften und Unterthanen mancherley
Zwistigkeiten, wo nicht ein vorsichtiger
Jäger solche verbrochene Grentz-Wege
bey Zeiten aufschneiden lässet.

§. 21.

Das harte Holtz kan gar sehr
ruiniret werden, wenn man es unor-
[Spaltenumbruch] dentlich abhauet, und die rechte Zeit im
Herbst und Früh-Jahr nicht observirt,
oder man auch hier und da Bäume aus-
hauet, wo vieler Unterwuchs von 1. biß
2. Ellen herumstehet, da die grossen um-
geschlagenen Bäume zu hundert Latten
mit umschlagen. Geschiehet nun dieses
nicht an einem, sondern an viel Orten, so
kan man leicht erachten, daß ein gar gros-
ser Schaden daraus entstehen müsse. Biß-
weilen werden auch aus Nachläßigkeit
der Holtzhauer die grösten Stücken Holtz,
so da zum Malter-Holtz geschlagen wer-
den könten, zum Affterschlag gebracht,
und so und so viel lange Stöcke mit unter
die Wellen gelegt. Gleichwie es aber
sehr ungewiß und betrüglich ist, wenn
man solch Holtz nach der Grösse einer Wel-
le mit den Augen ausmessen will, also
wächst auch der Herrschafft dieser Nach-
theil zu, daß, wenn das Holtz im Malter
gelegt würde, solches mit größern Vor-
theil verkaufft werden könte. Ungetreue
Diener befördern auch darinnen den
Schaden der Herrschafft, wenn sie ohne
Unterscheid und ohne Ansehen, ob das
Holtz wüchsig, oder nicht, oder ob es noch
ins Geld wachsen könne, solches wegschla-
gen, und den Schlag so reine machen, daß
man auch einen Wurm darauf könte
kriechen sehen. Allein diß geschiehet des
eigenen Interesse halber, indem es viel
Accidentien dabey setzt. So gedencken
sie auch im geringsten nicht weder an den
Ecker-Kamm, noch Fortpflantzung des
harten Holtzes, sondern sind nur bemü-
het, fein viel Capitalia in ihrem Beutel
zu pflantzen.

§. 22.

Daß durch das häuffige Ver-
dorren offters gantze Waldungen aus-
sterben und verwüstet werden, ist aus der
kläglichen Erfahrung bekandt. Nun
habe ich zwar von den Ursachen derglei-
chen Verdorrungen in dieser II. Haupt-
Abtheilung p. 76. allbereits gehandelt; ich
werde aber doch noch eine andere Anmer-
ckung hinzu zu setzen vor nöthig erachten.
Eine von den vornehmsten Ursachen sind
wohl die dürren Sommer, denn wenn die
Regen aussenbleiben, wird man bey der-
gleichen Jahren, zumahl an Sommer-
Wenden und Bergen, gar bald mercken
können, daß das fichtene Holtz vertrocknet.
Doch dieser Schade betrifft nur die hin und
her stehenden einzelnen Bäume, welche
an Wurtzeln entblösset, oder sonst auf
magerm Erdreich stehen, und dieser Wär-
me unterworffen sind. Solche verwel-

cken
O o (Anderer Haupt-Theil.)

Vom Abnehmen einer Waldung.
[Spaltenumbruch] Schwellen-Baͤume anzuweiſen. Es iſt
demnach viel beſſer, wenn die Untertha-
nen dahin angehalten werden, daß ſie die
Schwellen wenigſtens zwey Schuh hoch
legen muͤſſen. Den Vogelſtellern iſt nicht
zu geſtatten, daß ſie zu ihren Fuß-Rei-
ſern und Fallen das gruͤne Holtz ohne
Unterſcheid abſchneiden, ſondern ſie muͤſ-
ſen ſich nur des duͤrren und der Bruͤ-
che bedienen. Sie ſollen auch nicht auf
jungen Schlaͤgen die Sommer-Latten
und Spieß-Ruthen zu ihren Schweiß-
Buͤgeln abſchneiden, und den jungen
Schlag mercklich dadurch ſchmaͤhlern.
Wie durch die Hirten-Feuer offtmahls
auf den Waͤldern ein ſolcher Brand ent-
ſtehe, daß hernach faſt alles drauf gehet,
hat man ſchon offt mit Schaden erfahren,
und iſt daher auch, um dergleichen Ubel
ſo viel als moͤglich, durch menſchliche Vor-
ſichtigkeit abzuwenden, alle Sorgfalt vor-
zukehren. Naͤchſt dem werden auch die
wilden Obſt- und Qvitſchen-Beer-Baͤu-
me offt gar ſehr beſchaͤdiget, wenn die
Leute darnach ſteigen, und das Obſt ſam̃-
len wollen. Wie aber dieſes Obſt dem
Wildpraͤth eine gar gute Nahrung, die
Baͤume auch gemeiniglich von den Leu-
ten dabey ſehr zerbrochen werden; Alſo
iſt dieſes eine Sache, die ohne Schaden
nicht gar wohl zugelaſſen werden kan.

§. 20.

Wenn die Eichel- und Buch-
Maſt geraͤth, treiben die Beamten und
Jaͤger offt viel Schweine ein, oder geben
unterſchiedlichen Leuten Leſe-Zeddul, die
ihnen Eicheln und Buch-Eckern um die
Helffte leſen, und halten hierinnen keine
Maaß, die Herrſchafft mag deswegen ver-
ordnen, was ſie will. Desgleichen wei-
ſen ſie nach Belieben Holtz an, wenn gleich
der Wald im Grund verderbet werden
ſolte, nur, daß ſie ihre Accidentien, Nach-
meß- und Anweiſe-Gebuͤhren bekom̃en.
Die Grentz-Wege werden durch das bruͤ-
chige Holtz offt verbrochen, daß man in
der Grentze nicht mehr fahren kan, ſondern
zuweilen Seiten-Wege in das Holtz ge-
macht werden. Es wird hiedurch nicht
allein der Herrſchafft viel Holtz zu Schan-
den gefahren, ſondern es gehen auch off-
ters die Grentz-Wege hieruͤber verloh-
ren, und entſtehen hieraus unter Herr-
ſchafften und Unterthanen mancherley
Zwiſtigkeiten, wo nicht ein vorſichtiger
Jaͤger ſolche verbrochene Grentz-Wege
bey Zeiten aufſchneiden laͤſſet.

§. 21.

Das harte Holtz kan gar ſehr
ruiniret werden, wenn man es unor-
[Spaltenumbruch] dentlich abhauet, und die rechte Zeit im
Herbſt und Fruͤh-Jahr nicht obſervirt,
oder man auch hier und da Baͤume aus-
hauet, wo vieler Unterwuchs von 1. biß
2. Ellen herumſtehet, da die groſſen um-
geſchlagenen Baͤume zu hundert Latten
mit umſchlagen. Geſchiehet nun dieſes
nicht an einem, ſondern an viel Orten, ſo
kan man leicht erachten, daß ein gar groſ-
ſer Schaden daraus entſtehen muͤſſe. Biß-
weilen werden auch aus Nachlaͤßigkeit
der Holtzhauer die groͤſten Stuͤcken Holtz,
ſo da zum Malter-Holtz geſchlagen wer-
den koͤnten, zum Affterſchlag gebracht,
und ſo und ſo viel lange Stoͤcke mit unter
die Wellen gelegt. Gleichwie es aber
ſehr ungewiß und betruͤglich iſt, wenn
man ſolch Holtz nach der Groͤſſe einer Wel-
le mit den Augen ausmeſſen will, alſo
waͤchſt auch der Herrſchafft dieſer Nach-
theil zu, daß, wenn das Holtz im Malter
gelegt wuͤrde, ſolches mit groͤßern Vor-
theil verkaufft werden koͤnte. Ungetreue
Diener befoͤrdern auch darinnen den
Schaden der Herrſchafft, wenn ſie ohne
Unterſcheid und ohne Anſehen, ob das
Holtz wuͤchſig, oder nicht, oder ob es noch
ins Geld wachſen koͤnne, ſolches wegſchla-
gen, und den Schlag ſo reine machen, daß
man auch einen Wurm darauf koͤnte
kriechen ſehen. Allein diß geſchiehet des
eigenen Intereſſe halber, indem es viel
Accidentien dabey ſetzt. So gedencken
ſie auch im geringſten nicht weder an den
Ecker-Kamm, noch Fortpflantzung des
harten Holtzes, ſondern ſind nur bemuͤ-
het, fein viel Capitalia in ihrem Beutel
zu pflantzen.

§. 22.

Daß durch das haͤuffige Ver-
dorren offters gantze Waldungen aus-
ſterben und verwuͤſtet werden, iſt aus der
klaͤglichen Erfahrung bekandt. Nun
habe ich zwar von den Urſachen derglei-
chen Verdorrungen in dieſer II. Haupt-
Abtheilung p. 76. allbereits gehandelt; ich
werde aber doch noch eine andere Anmer-
ckung hinzu zu ſetzen vor noͤthig erachten.
Eine von den vornehmſten Urſachen ſind
wohl die duͤrren Sommer, denn wenn die
Regen auſſenbleiben, wird man bey der-
gleichen Jahren, zumahl an Sommer-
Wenden und Bergen, gar bald mercken
koͤnnen, daß das fichtene Holtz vertrocknet.
Doch dieſer Schade betrifft nur die hin und
her ſtehenden einzelnen Baͤume, welche
an Wurtzeln entbloͤſſet, oder ſonſt auf
magerm Erdreich ſtehen, und dieſer Waͤr-
me unterworffen ſind. Solche verwel-

cken
O o (Anderer Haupt-Theil.)
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[289/0433] Vom Abnehmen einer Waldung. Schwellen-Baͤume anzuweiſen. Es iſt demnach viel beſſer, wenn die Untertha- nen dahin angehalten werden, daß ſie die Schwellen wenigſtens zwey Schuh hoch legen muͤſſen. Den Vogelſtellern iſt nicht zu geſtatten, daß ſie zu ihren Fuß-Rei- ſern und Fallen das gruͤne Holtz ohne Unterſcheid abſchneiden, ſondern ſie muͤſ- ſen ſich nur des duͤrren und der Bruͤ- che bedienen. Sie ſollen auch nicht auf jungen Schlaͤgen die Sommer-Latten und Spieß-Ruthen zu ihren Schweiß- Buͤgeln abſchneiden, und den jungen Schlag mercklich dadurch ſchmaͤhlern. Wie durch die Hirten-Feuer offtmahls auf den Waͤldern ein ſolcher Brand ent- ſtehe, daß hernach faſt alles drauf gehet, hat man ſchon offt mit Schaden erfahren, und iſt daher auch, um dergleichen Ubel ſo viel als moͤglich, durch menſchliche Vor- ſichtigkeit abzuwenden, alle Sorgfalt vor- zukehren. Naͤchſt dem werden auch die wilden Obſt- und Qvitſchen-Beer-Baͤu- me offt gar ſehr beſchaͤdiget, wenn die Leute darnach ſteigen, und das Obſt ſam̃- len wollen. Wie aber dieſes Obſt dem Wildpraͤth eine gar gute Nahrung, die Baͤume auch gemeiniglich von den Leu- ten dabey ſehr zerbrochen werden; Alſo iſt dieſes eine Sache, die ohne Schaden nicht gar wohl zugelaſſen werden kan. §. 20.Wenn die Eichel- und Buch- Maſt geraͤth, treiben die Beamten und Jaͤger offt viel Schweine ein, oder geben unterſchiedlichen Leuten Leſe-Zeddul, die ihnen Eicheln und Buch-Eckern um die Helffte leſen, und halten hierinnen keine Maaß, die Herrſchafft mag deswegen ver- ordnen, was ſie will. Desgleichen wei- ſen ſie nach Belieben Holtz an, wenn gleich der Wald im Grund verderbet werden ſolte, nur, daß ſie ihre Accidentien, Nach- meß- und Anweiſe-Gebuͤhren bekom̃en. Die Grentz-Wege werden durch das bruͤ- chige Holtz offt verbrochen, daß man in der Grentze nicht mehr fahren kan, ſondern zuweilen Seiten-Wege in das Holtz ge- macht werden. Es wird hiedurch nicht allein der Herrſchafft viel Holtz zu Schan- den gefahren, ſondern es gehen auch off- ters die Grentz-Wege hieruͤber verloh- ren, und entſtehen hieraus unter Herr- ſchafften und Unterthanen mancherley Zwiſtigkeiten, wo nicht ein vorſichtiger Jaͤger ſolche verbrochene Grentz-Wege bey Zeiten aufſchneiden laͤſſet. §. 21.Das harte Holtz kan gar ſehr ruiniret werden, wenn man es unor- dentlich abhauet, und die rechte Zeit im Herbſt und Fruͤh-Jahr nicht obſervirt, oder man auch hier und da Baͤume aus- hauet, wo vieler Unterwuchs von 1. biß 2. Ellen herumſtehet, da die groſſen um- geſchlagenen Baͤume zu hundert Latten mit umſchlagen. Geſchiehet nun dieſes nicht an einem, ſondern an viel Orten, ſo kan man leicht erachten, daß ein gar groſ- ſer Schaden daraus entſtehen muͤſſe. Biß- weilen werden auch aus Nachlaͤßigkeit der Holtzhauer die groͤſten Stuͤcken Holtz, ſo da zum Malter-Holtz geſchlagen wer- den koͤnten, zum Affterſchlag gebracht, und ſo und ſo viel lange Stoͤcke mit unter die Wellen gelegt. Gleichwie es aber ſehr ungewiß und betruͤglich iſt, wenn man ſolch Holtz nach der Groͤſſe einer Wel- le mit den Augen ausmeſſen will, alſo waͤchſt auch der Herrſchafft dieſer Nach- theil zu, daß, wenn das Holtz im Malter gelegt wuͤrde, ſolches mit groͤßern Vor- theil verkaufft werden koͤnte. Ungetreue Diener befoͤrdern auch darinnen den Schaden der Herrſchafft, wenn ſie ohne Unterſcheid und ohne Anſehen, ob das Holtz wuͤchſig, oder nicht, oder ob es noch ins Geld wachſen koͤnne, ſolches wegſchla- gen, und den Schlag ſo reine machen, daß man auch einen Wurm darauf koͤnte kriechen ſehen. Allein diß geſchiehet des eigenen Intereſſe halber, indem es viel Accidentien dabey ſetzt. So gedencken ſie auch im geringſten nicht weder an den Ecker-Kamm, noch Fortpflantzung des harten Holtzes, ſondern ſind nur bemuͤ- het, fein viel Capitalia in ihrem Beutel zu pflantzen. §. 22.Daß durch das haͤuffige Ver- dorren offters gantze Waldungen aus- ſterben und verwuͤſtet werden, iſt aus der klaͤglichen Erfahrung bekandt. Nun habe ich zwar von den Urſachen derglei- chen Verdorrungen in dieſer II. Haupt- Abtheilung p. 76. allbereits gehandelt; ich werde aber doch noch eine andere Anmer- ckung hinzu zu ſetzen vor noͤthig erachten. Eine von den vornehmſten Urſachen ſind wohl die duͤrren Sommer, denn wenn die Regen auſſenbleiben, wird man bey der- gleichen Jahren, zumahl an Sommer- Wenden und Bergen, gar bald mercken koͤnnen, daß das fichtene Holtz vertrocknet. Doch dieſer Schade betrifft nur die hin und her ſtehenden einzelnen Baͤume, welche an Wurtzeln entbloͤſſet, oder ſonſt auf magerm Erdreich ſtehen, und dieſer Waͤr- me unterworffen ſind. Solche verwel- cken O o (Anderer Haupt-Theil.)

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/433>, abgerufen am 29.03.2024.