Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

Des Ersten Theils 3. Capitel/
[Spaltenumbruch] find wie die Treppen formiret, so, daß
man Staffel-weise auf denselben aufstei-
gen kan. Wenn man sie von weiten er-
blickt, so gleichen die Felsen-Gebürge den
grossen Städten und Schlössern, und ge-
ben dieselben bey hellem Wetter ein gar
besonder Ansehen. Es sind aber die
Stein-Gebürge, die mit Felsen und Wa-
cken vermischt sind, von besonderer Na-
tur. Manche generiren pure harte und
gemeine Steine, andere diejenigen, die
von einer etwas kostbarern Natur sind,
als den Porphyr, den buntscheckigten,
schwartzen, grauen, und mit mancher-
ley Adern durchzogenen Marmor, den
Alabaster, u. s. w. noch andere haben nur
weiche Sand-Steine.

§. 2.

In unserm Sachsen-Lande ob-
servi
ret man ebenfalls unterschiedene Fel-
sen, als um die Weltberühmte Berg-Ve-
stung Königstein, auf welcher mein see-
liger Vater die Ehre gehabt, biß an sei-
nen Tod Commendant zu seyn, und auf
welcher ich erzogen worden. Um diese
Vestung herum sind unterschiedliche Fel-
sen von besondern Nahmen, als der Pfaf-
fenstein an der Böhmischen Grentze;
der Qverl, unter welchem eine hohle
Klufft von zwölff Schritten breit und
funffzig Schritten lang zu befinden, wel-
cher des Sommers gar offters von guten
Freunden mit vieler Ergötzlichkeit zur an-
genehmen Refraichirung frequentiret
wird; der Nonnenstein, auf welchen
vor alten Zeiten eine Nonne, um ihre
Devotion auf demselben zu verrichten, ge-
stiegen; der Lilienstein, auf welchem ein-
mahls ein Jäger einen Keller mit einer
offenen Thüre angetroffen, aus Furcht
aber nicht hineingehen wollen, sondern
den Ort bemercket, als er aber zur an-
dern Zeit wieder dahin gekommen, hat
er weder den Ort, noch den Keller, noch
sonst einiges Merckmahl finden können.
Es stehen viele in den Gedancken, daß auf
dem Lilienstein ein grosser Schatz verbor-
gen liege. Der Cunersdorfer-Stein, in
dessen Nachbarschafft ein Königliches und
Churfürstliches Forst-Hauß zu befinden;
der Pabstdorf-Stein, der grosse Stein,
der Circulstein, der Falckenstein, der
Bärstein, von welchem in dem dreyßigjäh-
rigen Kriege eine Jungfrau, da sie in
Furcht gestanden, von einem Schwedi-
schen Soldaten geschändet zu werden, sich
herabgestürtzet. Nicht weniger erblickt
man viel Felsen um Lohmen, Hohen-
stein, Wehlen, Dohnen, Rathen, Gieß-
[Spaltenumbruch] hübel, Gottleube, und der Orten, biß
in das Königreich Böhmen hinein, welche
ietzund zu beschreiben, meiner gegenwär-
tigen Absicht zuwider läufft.

§. 3.

Eine jede Art Steine hat ihre
besondere Eigenschafften, Kräffte und
Würckungen, die ihr die Natur mitge-
theilet, und sind sie zu allerhand oeco-
nomi
schen und medicinischen Nutzen zu
gebrauchen. Einige Steine werden in
der Lufft und in den Wolcken generiret,
als die so genandten Donnerkeile; wie-
wohl es bey diesen erstlich noch eine ziem-
liche Untersuchung braucht, ob es mit
denselben allenthalben seine Richtigkeit
hätte; Andere in denen Wassern, noch
andere in den Cörpern der Menschen
und Thiere, die meisten aber in dem
Schooß der Erden. Ob die Steinfelsen,
die mit ihren Adern und Wurtzeln in der
tieffen Erde gegründet seyn, nach der
Meynung einiger Physicorum noch be-
ständig fortwachsen, laß ich an seinen
Ort gestellt seyn. A priori scheint es
zwar nicht so gar ungereimt und un-
möglich zu seyn, a posteriori aber dürffte
es gar schwer fallen zu beweisen, daß
ein Steinfelsen jetzund höher sey, denn er
vor funffzig Jahren gewesen; es wer-
den auch die Observationes, die Gelehrte
und Ungelehrte hierinnen solten gemacht
haben, gewiß gar rar seyn.

§. 4.

Die angenehmsten unter allen
Steinen sind die so genandten Edelsteine,
welchen die Thorheit der Menschen ein be-
sonder Pretium beygelegt. Sie sind nach
dem Unterscheid der Länder von gerin-
gern oder fürtrefflichern Ansehen, von ge-
geringern oder höhern Kräfften. Was ih-
ren Ursprung anlangt, so scheinet es am al-
lerwahrscheinlichsten, daß dieselben aus ei-
nem sehr reinen und plötzlich coagulirten
Liquore oder Wasser entstanden. Nach-
dem nun dieser Liquor reine, oder mit er-
digten Theilen vermischt, oder auch mit ge-
wissen Mineralischen Säfften impraegnirt
ist, nachdem sind die Edelsteine reiner o-
der unreiner, gantz helle, als wie die
Diamante, oder mit besondern Farben
überzogen, oder vielmehr durchzogen, als
wie der Rubin, der Jaspis, der Ame-
thyst, u. s. w. Es giebt Steine von be-
sondern medicinischen Eigenschafften, als
der Serpentinstein, der dem Gifft wider-
stehet, und den Schweiß vortrefflich aus-
treibet; der Blutstein, der das Blut des
Menschen stillend und gerinnend macht;
der Krötenstein, der dem Gifft resistiren

soll;

Des Erſten Theils 3. Capitel/
[Spaltenumbruch] find wie die Treppen formiret, ſo, daß
man Staffel-weiſe auf denſelben aufſtei-
gen kan. Wenn man ſie von weiten er-
blickt, ſo gleichen die Felſen-Gebuͤrge den
groſſen Staͤdten und Schloͤſſern, und ge-
ben dieſelben bey hellem Wetter ein gar
beſonder Anſehen. Es ſind aber die
Stein-Gebuͤrge, die mit Felſen und Wa-
cken vermiſcht ſind, von beſonderer Na-
tur. Manche generiren pure harte und
gemeine Steine, andere diejenigen, die
von einer etwas koſtbarern Natur ſind,
als den Porphyr, den buntſcheckigten,
ſchwartzen, grauen, und mit mancher-
ley Adern durchzogenen Marmor, den
Alabaſter, u. ſ. w. noch andere haben nur
weiche Sand-Steine.

§. 2.

In unſerm Sachſen-Lande ob-
ſervi
ret man ebenfalls unterſchiedene Fel-
ſen, als um die Weltberuͤhmte Berg-Ve-
ſtung Koͤnigſtein, auf welcher mein ſee-
liger Vater die Ehre gehabt, biß an ſei-
nen Tod Commendant zu ſeyn, und auf
welcher ich erzogen worden. Um dieſe
Veſtung herum ſind unterſchiedliche Fel-
ſen von beſondern Nahmen, als der Pfaf-
fenſtein an der Boͤhmiſchen Grentze;
der Qverl, unter welchem eine hohle
Klufft von zwoͤlff Schritten breit und
funffzig Schritten lang zu befinden, wel-
cher des Sommers gar offters von guten
Freunden mit vieler Ergoͤtzlichkeit zur an-
genehmen Refraichirung frequentiret
wird; der Nonnenſtein, auf welchen
vor alten Zeiten eine Nonne, um ihre
Devotion auf demſelben zu verrichten, ge-
ſtiegen; der Lilienſtein, auf welchem ein-
mahls ein Jaͤger einen Keller mit einer
offenen Thuͤre angetroffen, aus Furcht
aber nicht hineingehen wollen, ſondern
den Ort bemercket, als er aber zur an-
dern Zeit wieder dahin gekommen, hat
er weder den Ort, noch den Keller, noch
ſonſt einiges Merckmahl finden koͤnnen.
Es ſtehen viele in den Gedancken, daß auf
dem Lilienſtein ein groſſer Schatz verbor-
gen liege. Der Cunersdorfer-Stein, in
deſſen Nachbarſchafft ein Koͤnigliches und
Churfuͤrſtliches Forſt-Hauß zu befinden;
der Pabſtdorf-Stein, der groſſe Stein,
der Circulſtein, der Falckenſtein, der
Baͤrſtein, von welchem in dem dreyßigjaͤh-
rigen Kriege eine Jungfrau, da ſie in
Furcht geſtanden, von einem Schwedi-
ſchen Soldaten geſchaͤndet zu werden, ſich
herabgeſtuͤrtzet. Nicht weniger erblickt
man viel Felſen um Lohmen, Hohen-
ſtein, Wehlen, Dohnen, Rathen, Gieß-
[Spaltenumbruch] huͤbel, Gottleube, und der Orten, biß
in das Koͤnigreich Boͤhmen hinein, welche
ietzund zu beſchreiben, meiner gegenwaͤr-
tigen Abſicht zuwider laͤufft.

§. 3.

Eine jede Art Steine hat ihre
beſondere Eigenſchafften, Kraͤffte und
Wuͤrckungen, die ihr die Natur mitge-
theilet, und ſind ſie zu allerhand œco-
nomi
ſchen und mediciniſchen Nutzen zu
gebrauchen. Einige Steine werden in
der Lufft und in den Wolcken generiret,
als die ſo genandten Donnerkeile; wie-
wohl es bey dieſen erſtlich noch eine ziem-
liche Unterſuchung braucht, ob es mit
denſelben allenthalben ſeine Richtigkeit
haͤtte; Andere in denen Waſſern, noch
andere in den Coͤrpern der Menſchen
und Thiere, die meiſten aber in dem
Schooß der Erden. Ob die Steinfelſen,
die mit ihren Adern und Wurtzeln in der
tieffen Erde gegruͤndet ſeyn, nach der
Meynung einiger Phyſicorum noch be-
ſtaͤndig fortwachſen, laß ich an ſeinen
Ort geſtellt ſeyn. A priori ſcheint es
zwar nicht ſo gar ungereimt und un-
moͤglich zu ſeyn, a poſteriori aber duͤrffte
es gar ſchwer fallen zu beweiſen, daß
ein Steinfelſen jetzund hoͤher ſey, denn er
vor funffzig Jahren geweſen; es wer-
den auch die Obſervationes, die Gelehrte
und Ungelehrte hierinnen ſolten gemacht
haben, gewiß gar rar ſeyn.

§. 4.

Die angenehmſten unter allen
Steinen ſind die ſo genandten Edelſteine,
welchen die Thorheit der Menſchen ein be-
ſonder Pretium beygelegt. Sie ſind nach
dem Unterſcheid der Laͤnder von gerin-
gern oder fuͤrtrefflichern Anſehen, von ge-
geringern oder hoͤhern Kraͤfften. Was ih-
ren Uꝛſprung anlangt, ſo ſcheinet es am al-
lerwahrſcheinlichſten, daß dieſelben aus ei-
nem ſehr reinen und ploͤtzlich coagulirten
Liquore oder Waſſer entſtanden. Nach-
dem nun dieſer Liquor reine, oder mit er-
digten Theilen vermiſcht, oder auch mit ge-
wiſſen Mineraliſchen Saͤfften imprægnirt
iſt, nachdem ſind die Edelſteine reiner o-
der unreiner, gantz helle, als wie die
Diamante, oder mit beſondern Farben
uͤberzogen, oder vielmehr durchzogen, als
wie der Rubin, der Jaſpis, der Ame-
thyſt, u. ſ. w. Es giebt Steine von be-
ſondern mediciniſchen Eigenſchafften, als
der Serpentinſtein, der dem Gifft wider-
ſtehet, und den Schweiß vortrefflich aus-
treibet; der Blutſtein, der das Blut des
Menſchen ſtillend und gerinnend macht;
der Kroͤtenſtein, der dem Gifft reſiſtiren

ſoll;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0046" n="6"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Des Er&#x017F;ten Theils 3. Capitel/</hi></fw><lb/><cb/>
find wie die Treppen <hi rendition="#aq">formi</hi>ret, &#x017F;o, daß<lb/>
man Staffel-wei&#x017F;e auf den&#x017F;elben auf&#x017F;tei-<lb/>
gen kan. Wenn man &#x017F;ie von weiten er-<lb/>
blickt, &#x017F;o gleichen die Fel&#x017F;en-Gebu&#x0364;rge den<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Sta&#x0364;dten und Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern, und ge-<lb/>
ben die&#x017F;elben bey hellem Wetter ein gar<lb/>
be&#x017F;onder An&#x017F;ehen. Es &#x017F;ind aber die<lb/>
Stein-Gebu&#x0364;rge, die mit Fel&#x017F;en und Wa-<lb/>
cken vermi&#x017F;cht &#x017F;ind, von be&#x017F;onderer Na-<lb/>
tur. Manche <hi rendition="#aq">generi</hi>ren pure harte und<lb/>
gemeine Steine, andere diejenigen, die<lb/>
von einer etwas ko&#x017F;tbarern Natur &#x017F;ind,<lb/>
als den Porphyr, den bunt&#x017F;checkigten,<lb/>
&#x017F;chwartzen, grauen, und mit mancher-<lb/>
ley Adern durchzogenen Marmor, den<lb/>
Alaba&#x017F;ter, u. &#x017F;. w. noch andere haben nur<lb/>
weiche Sand-Steine.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 2.</head>
            <p>In un&#x017F;erm Sach&#x017F;en-Lande <hi rendition="#aq">ob-<lb/>
&#x017F;ervi</hi>ret man ebenfalls unter&#x017F;chiedene Fel-<lb/>
&#x017F;en, als um die Weltberu&#x0364;hmte Berg-Ve-<lb/>
&#x017F;tung Ko&#x0364;nig&#x017F;tein, auf welcher mein &#x017F;ee-<lb/>
liger Vater die Ehre gehabt, biß an &#x017F;ei-<lb/>
nen Tod <hi rendition="#aq">Commendant</hi> zu &#x017F;eyn, und auf<lb/>
welcher ich erzogen worden. Um die&#x017F;e<lb/>
Ve&#x017F;tung herum &#x017F;ind unter&#x017F;chiedliche Fel-<lb/>
&#x017F;en von be&#x017F;ondern Nahmen, als der Pfaf-<lb/>
fen&#x017F;tein an der Bo&#x0364;hmi&#x017F;chen Grentze;<lb/>
der Qverl, unter welchem eine hohle<lb/>
Klufft von zwo&#x0364;lff Schritten breit und<lb/>
funffzig Schritten lang zu befinden, wel-<lb/>
cher des Sommers gar offters von guten<lb/>
Freunden mit vieler Ergo&#x0364;tzlichkeit zur an-<lb/>
genehmen <hi rendition="#aq">Refraichi</hi>rung <hi rendition="#aq">frequenti</hi>ret<lb/>
wird; der Nonnen&#x017F;tein, auf welchen<lb/>
vor alten Zeiten eine Nonne, um ihre<lb/><hi rendition="#aq">Devotion</hi> auf dem&#x017F;elben zu verrichten, ge-<lb/>
&#x017F;tiegen; der Lilien&#x017F;tein, auf welchem ein-<lb/>
mahls ein Ja&#x0364;ger einen Keller mit einer<lb/>
offenen Thu&#x0364;re angetroffen, aus Furcht<lb/>
aber nicht hineingehen wollen, &#x017F;ondern<lb/>
den Ort bemercket, als er aber zur an-<lb/>
dern Zeit wieder dahin gekommen, hat<lb/>
er weder den Ort, noch den Keller, noch<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t einiges Merckmahl finden ko&#x0364;nnen.<lb/>
Es &#x017F;tehen viele in den Gedancken, daß auf<lb/>
dem Lilien&#x017F;tein ein gro&#x017F;&#x017F;er Schatz verbor-<lb/>
gen liege. Der Cunersdorfer-Stein, in<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Nachbar&#x017F;chafft ein Ko&#x0364;nigliches und<lb/>
Churfu&#x0364;r&#x017F;tliches For&#x017F;t-Hauß zu befinden;<lb/>
der Pab&#x017F;tdorf-Stein, der gro&#x017F;&#x017F;e Stein,<lb/>
der Circul&#x017F;tein, der Falcken&#x017F;tein, der<lb/>
Ba&#x0364;r&#x017F;tein, von welchem in dem dreyßigja&#x0364;h-<lb/>
rigen Kriege eine Jungfrau, da &#x017F;ie in<lb/>
Furcht ge&#x017F;tanden, von einem Schwedi-<lb/>
&#x017F;chen Soldaten ge&#x017F;cha&#x0364;ndet zu werden, &#x017F;ich<lb/>
herabge&#x017F;tu&#x0364;rtzet. Nicht weniger erblickt<lb/>
man viel Fel&#x017F;en um Lohmen, Hohen-<lb/>
&#x017F;tein, Wehlen, Dohnen, Rathen, Gieß-<lb/><cb/>
hu&#x0364;bel, Gottleube, und der Orten, biß<lb/>
in das Ko&#x0364;nigreich Bo&#x0364;hmen hinein, welche<lb/>
ietzund zu be&#x017F;chreiben, meiner gegenwa&#x0364;r-<lb/>
tigen Ab&#x017F;icht zuwider la&#x0364;ufft.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 3.</head>
            <p>Eine jede Art Steine hat ihre<lb/>
be&#x017F;ondere Eigen&#x017F;chafften, Kra&#x0364;ffte und<lb/>
Wu&#x0364;rckungen, die ihr die Natur mitge-<lb/>
theilet, und &#x017F;ind &#x017F;ie zu allerhand <hi rendition="#aq">&#x0153;co-<lb/>
nomi</hi>&#x017F;chen und <hi rendition="#aq">medicini</hi>&#x017F;chen Nutzen zu<lb/>
gebrauchen. Einige Steine werden in<lb/>
der Lufft und in den Wolcken <hi rendition="#aq">generir</hi>et,<lb/>
als die &#x017F;o genandten Donnerkeile; wie-<lb/>
wohl es bey die&#x017F;en er&#x017F;tlich noch eine ziem-<lb/>
liche Unter&#x017F;uchung braucht, ob es mit<lb/>
den&#x017F;elben allenthalben &#x017F;eine Richtigkeit<lb/>
ha&#x0364;tte; Andere in denen Wa&#x017F;&#x017F;ern, noch<lb/>
andere in den Co&#x0364;rpern der Men&#x017F;chen<lb/>
und Thiere, die mei&#x017F;ten aber in dem<lb/>
Schooß der Erden. Ob die Steinfel&#x017F;en,<lb/>
die mit ihren Adern und Wurtzeln in der<lb/>
tieffen Erde gegru&#x0364;ndet &#x017F;eyn, nach der<lb/>
Meynung einiger <hi rendition="#aq">Phy&#x017F;icorum</hi> noch be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndig fortwach&#x017F;en, laß ich an &#x017F;einen<lb/>
Ort ge&#x017F;tellt &#x017F;eyn. <hi rendition="#aq">A priori</hi> &#x017F;cheint es<lb/>
zwar nicht &#x017F;o gar ungereimt und un-<lb/>
mo&#x0364;glich zu &#x017F;eyn, <hi rendition="#aq">a po&#x017F;teriori</hi> aber du&#x0364;rffte<lb/>
es gar &#x017F;chwer fallen zu bewei&#x017F;en, daß<lb/>
ein Steinfel&#x017F;en jetzund ho&#x0364;her &#x017F;ey, denn er<lb/>
vor funffzig Jahren gewe&#x017F;en; es wer-<lb/>
den auch die <hi rendition="#aq">Ob&#x017F;ervationes,</hi> die Gelehrte<lb/>
und Ungelehrte hierinnen &#x017F;olten gemacht<lb/>
haben, gewiß gar rar &#x017F;eyn.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 4.</head>
            <p>Die angenehm&#x017F;ten unter allen<lb/>
Steinen &#x017F;ind die &#x017F;o genandten Edel&#x017F;teine,<lb/>
welchen die Thorheit der Men&#x017F;chen ein be-<lb/>
&#x017F;onder <hi rendition="#aq">Pretium</hi> beygelegt. Sie &#x017F;ind nach<lb/>
dem Unter&#x017F;cheid der La&#x0364;nder von gerin-<lb/>
gern oder fu&#x0364;rtrefflichern An&#x017F;ehen, von ge-<lb/>
geringern oder ho&#x0364;hern Kra&#x0364;fften. Was ih-<lb/>
ren U&#xA75B;&#x017F;prung anlangt, &#x017F;o &#x017F;cheinet es am al-<lb/>
lerwahr&#x017F;cheinlich&#x017F;ten, daß die&#x017F;elben aus ei-<lb/>
nem &#x017F;ehr reinen und plo&#x0364;tzlich <hi rendition="#aq">coagulir</hi>ten<lb/><hi rendition="#aq">Liquore</hi> oder Wa&#x017F;&#x017F;er ent&#x017F;tanden. Nach-<lb/>
dem nun die&#x017F;er <hi rendition="#aq">Liquor</hi> reine, oder mit er-<lb/>
digten Theilen vermi&#x017F;cht, oder auch mit ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en Minerali&#x017F;chen Sa&#x0364;fften <hi rendition="#aq">imprægnirt</hi><lb/>
i&#x017F;t, nachdem &#x017F;ind die Edel&#x017F;teine reiner o-<lb/>
der unreiner, gantz helle, als wie die<lb/>
Diamante, oder mit be&#x017F;ondern Farben<lb/>
u&#x0364;berzogen, oder vielmehr durchzogen, als<lb/>
wie der Rubin, der Ja&#x017F;pis, der Ame-<lb/>
thy&#x017F;t, u. &#x017F;. w. Es giebt Steine von be-<lb/>
&#x017F;ondern <hi rendition="#aq">medicini</hi>&#x017F;chen Eigen&#x017F;chafften, als<lb/>
der Serpentin&#x017F;tein, der dem Gifft wider-<lb/>
&#x017F;tehet, und den Schweiß vortrefflich aus-<lb/>
treibet; der Blut&#x017F;tein, der das Blut des<lb/>
Men&#x017F;chen &#x017F;tillend und gerinnend macht;<lb/>
der Kro&#x0364;ten&#x017F;tein, der dem Gifft <hi rendition="#aq">re&#x017F;i&#x017F;ti</hi>ren<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;oll;</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0046] Des Erſten Theils 3. Capitel/ find wie die Treppen formiret, ſo, daß man Staffel-weiſe auf denſelben aufſtei- gen kan. Wenn man ſie von weiten er- blickt, ſo gleichen die Felſen-Gebuͤrge den groſſen Staͤdten und Schloͤſſern, und ge- ben dieſelben bey hellem Wetter ein gar beſonder Anſehen. Es ſind aber die Stein-Gebuͤrge, die mit Felſen und Wa- cken vermiſcht ſind, von beſonderer Na- tur. Manche generiren pure harte und gemeine Steine, andere diejenigen, die von einer etwas koſtbarern Natur ſind, als den Porphyr, den buntſcheckigten, ſchwartzen, grauen, und mit mancher- ley Adern durchzogenen Marmor, den Alabaſter, u. ſ. w. noch andere haben nur weiche Sand-Steine. §. 2. In unſerm Sachſen-Lande ob- ſerviret man ebenfalls unterſchiedene Fel- ſen, als um die Weltberuͤhmte Berg-Ve- ſtung Koͤnigſtein, auf welcher mein ſee- liger Vater die Ehre gehabt, biß an ſei- nen Tod Commendant zu ſeyn, und auf welcher ich erzogen worden. Um dieſe Veſtung herum ſind unterſchiedliche Fel- ſen von beſondern Nahmen, als der Pfaf- fenſtein an der Boͤhmiſchen Grentze; der Qverl, unter welchem eine hohle Klufft von zwoͤlff Schritten breit und funffzig Schritten lang zu befinden, wel- cher des Sommers gar offters von guten Freunden mit vieler Ergoͤtzlichkeit zur an- genehmen Refraichirung frequentiret wird; der Nonnenſtein, auf welchen vor alten Zeiten eine Nonne, um ihre Devotion auf demſelben zu verrichten, ge- ſtiegen; der Lilienſtein, auf welchem ein- mahls ein Jaͤger einen Keller mit einer offenen Thuͤre angetroffen, aus Furcht aber nicht hineingehen wollen, ſondern den Ort bemercket, als er aber zur an- dern Zeit wieder dahin gekommen, hat er weder den Ort, noch den Keller, noch ſonſt einiges Merckmahl finden koͤnnen. Es ſtehen viele in den Gedancken, daß auf dem Lilienſtein ein groſſer Schatz verbor- gen liege. Der Cunersdorfer-Stein, in deſſen Nachbarſchafft ein Koͤnigliches und Churfuͤrſtliches Forſt-Hauß zu befinden; der Pabſtdorf-Stein, der groſſe Stein, der Circulſtein, der Falckenſtein, der Baͤrſtein, von welchem in dem dreyßigjaͤh- rigen Kriege eine Jungfrau, da ſie in Furcht geſtanden, von einem Schwedi- ſchen Soldaten geſchaͤndet zu werden, ſich herabgeſtuͤrtzet. Nicht weniger erblickt man viel Felſen um Lohmen, Hohen- ſtein, Wehlen, Dohnen, Rathen, Gieß- huͤbel, Gottleube, und der Orten, biß in das Koͤnigreich Boͤhmen hinein, welche ietzund zu beſchreiben, meiner gegenwaͤr- tigen Abſicht zuwider laͤufft. §. 3. Eine jede Art Steine hat ihre beſondere Eigenſchafften, Kraͤffte und Wuͤrckungen, die ihr die Natur mitge- theilet, und ſind ſie zu allerhand œco- nomiſchen und mediciniſchen Nutzen zu gebrauchen. Einige Steine werden in der Lufft und in den Wolcken generiret, als die ſo genandten Donnerkeile; wie- wohl es bey dieſen erſtlich noch eine ziem- liche Unterſuchung braucht, ob es mit denſelben allenthalben ſeine Richtigkeit haͤtte; Andere in denen Waſſern, noch andere in den Coͤrpern der Menſchen und Thiere, die meiſten aber in dem Schooß der Erden. Ob die Steinfelſen, die mit ihren Adern und Wurtzeln in der tieffen Erde gegruͤndet ſeyn, nach der Meynung einiger Phyſicorum noch be- ſtaͤndig fortwachſen, laß ich an ſeinen Ort geſtellt ſeyn. A priori ſcheint es zwar nicht ſo gar ungereimt und un- moͤglich zu ſeyn, a poſteriori aber duͤrffte es gar ſchwer fallen zu beweiſen, daß ein Steinfelſen jetzund hoͤher ſey, denn er vor funffzig Jahren geweſen; es wer- den auch die Obſervationes, die Gelehrte und Ungelehrte hierinnen ſolten gemacht haben, gewiß gar rar ſeyn. §. 4. Die angenehmſten unter allen Steinen ſind die ſo genandten Edelſteine, welchen die Thorheit der Menſchen ein be- ſonder Pretium beygelegt. Sie ſind nach dem Unterſcheid der Laͤnder von gerin- gern oder fuͤrtrefflichern Anſehen, von ge- geringern oder hoͤhern Kraͤfften. Was ih- ren Uꝛſprung anlangt, ſo ſcheinet es am al- lerwahrſcheinlichſten, daß dieſelben aus ei- nem ſehr reinen und ploͤtzlich coagulirten Liquore oder Waſſer entſtanden. Nach- dem nun dieſer Liquor reine, oder mit er- digten Theilen vermiſcht, oder auch mit ge- wiſſen Mineraliſchen Saͤfften imprægnirt iſt, nachdem ſind die Edelſteine reiner o- der unreiner, gantz helle, als wie die Diamante, oder mit beſondern Farben uͤberzogen, oder vielmehr durchzogen, als wie der Rubin, der Jaſpis, der Ame- thyſt, u. ſ. w. Es giebt Steine von be- ſondern mediciniſchen Eigenſchafften, als der Serpentinſtein, der dem Gifft wider- ſtehet, und den Schweiß vortrefflich aus- treibet; der Blutſtein, der das Blut des Menſchen ſtillend und gerinnend macht; der Kroͤtenſtein, der dem Gifft reſiſtiren ſoll;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/46
Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/46>, abgerufen am 19.04.2024.